Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 740/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
9C_740/2014        
{T 0/2}

Urteil vom 9. März 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Pfiffner, Moser-Szeless,
Gerichtsschreiber Williner.

Verfahrensbeteiligte
Stadt Zürich, Amt für Zusatzleistungen zur AHV/IV, Amtshaus Helvetiaplatz,
Molkenstrasse 5/9, 8004 Zürich,
Beschwerdeführerin,

gegen

A.A.________,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Ergänzungsleistung zur AHV/IV (familienrechtliche Unterhaltsbeiträge),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 28. August 2014.

Sachverhalt:

A. 
Das Kantonsgericht Nidwalden schied mit Urteil vom 2. April 2003 die Ehe des
1938 geborenen A.A.________ und B.A.________ und genehmigte dabei eine
umfassende Einigung über die Scheidungsnebenfolgen, in welcher sich
A.A.________ verpflichtete, seiner geschiedenen Frau an den nachehelichen
Unterhalt einen monatlichen, vorauszahlbaren und zu 5 % je seit Fälligkeit
verzinslichen Unterhaltsbeitrag von Fr. 1'500.--, zeitlich unbefristet, zu
bezahlen.

A.A.________ bezieht sei 1. Mai 2003 eine Altersrente der AHV. Am 30. Januar
2012 stellte er bei der Stadt Zürich, Amt für Zusatzleistungen zur AHV/IV, ein
Gesuch um Ergänzungsleistungen. Mit Verfügung vom 19. November 2012 und
Einspracheentscheid vom 4. Februar 2013 verneinte die EL-Durchführungsstelle
einen Anspruch zufolge eines Einnahmenüberschusses, wobei die nachehelichen
Unterhaltsbeiträge nicht als anerkannte Ausgaben berücksichtigt wurden.

B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 28. August 2014 gut, hob den
Einspracheentscheid der Stadt Zürich, Amt für Zusatzleistungen zur AHV/IV, vom
4. Februar 2013 auf und stellte fest, dass die von A.A.________ bezahlten
nachehelichen Unterhaltsbeiträge im Betrag von monatlich Fr. 1'500.-- bei der
Bemessung seines Anspruchs auf Ergänzungsleistungen für das Jahr 2012 als
anerkannte Ausgaben zu berücksichtigen seien.

C. 
Die Stadt Zürich, Amt für Zusatzleistungen zur AHV/IV, führt Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, es seien bei der
Berechnung der Ergänzungsleistungen für das Jahr 2012 keine nachehelichen
Unterhaltsbeiträge als anerkannte Ausgaben zu berücksichtigen, eventuell solche
in Höhe von monatlich Fr. 500.-- entsprechend den bis 2011 geleisteten
Zahlungen.

A.A.________ schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen (BSV) verzichtete auf eine Stellungnahme.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes
wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder
auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2
BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG). Mit Blick auf diese Kognitionsregelung ist
aufgrund der Vorbringen in der Beschwerde ans Bundesgericht zu prüfen, ob der
angefochtene Gerichtsentscheid in der Anwendung der massgeblichen materiell-
und beweisrechtlichen Grundlagen (u.a.) Bundesrecht verletzt (Art. 95 lit. a
BGG), einschliesslich einer allfälligen rechtsfehlerhaften
Tatsachenfeststellung (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG).

2. 
Die Vorinstanz hat die gesetzlichen Bestimmungen und die von der Rechtsprechung
entwickelten Grundsätze, namentlich diejenigen über den Anspruch auf jährliche
Ergänzungsleistungen und deren Höhe (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 4 bis
6 ELG; Art. 9 Abs. 1 ELG), zum anrechenbaren Einkommen, insbesondere die
Einkünfte und Vermögenswerte, auf die verzichtet worden ist (Art. 11 Abs. 1
lit. g ELG), sowie zu den zeitlich massgebenden Bemessungsgrundlagen (Art. 23
ELV [SR 831.301]) zutreffend dargelegt. Richtig sind auch die Ausführungen zur
Anrechenbarkeit von geleisteten familienrechtlichen Unterhaltsbeiträgen (Art.
10 Abs. 3 lit. e ELG). Darauf wird verwiesen.

3. 
Streitig ist der Anspruch des Beschwerdegegners auf eine jährliche
Ergänzungsleistung für das Jahr 2012.

3.1. Die Vorinstanz stellte fest, der Beschwerdegegner sei auf Grund des
rechtskräftigen Urteils des Kantonsgerichts Nidwalden vom 2. April 2003
verpflichtet gewesen, an den nachehelichen Unterhalt seiner geschiedenen
Ehegattin einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von Fr. 1'500.-- zu bezahlen.
Somit habe ein Zivilgericht die vom Versicherten zu entrichtenden
Unterhaltsbeiträge rechtskräftig beurteilt. Das kantonale Gericht erwog, die
Organe der Sozialversicherung und damit auch das Amt für Zusatzleistungen zur
AHV/IV der Stadt Zürich seien an dieses zivilrechtliche Urteil gebunden und
zwar unabhängig von dessen materieller Richtigkeit. Die Vorinstanz räumte ein,
der Beschwerdegegner habe im Jahre 2012 im Vergleich zu seinen finanziellen
Möglichkeiten zweifelsohne zu hohe Unterhaltsbeiträge an seine geschiedene
Ehegattin bezahlt, verwies die Verwaltung in diesem Zusammenhang jedoch auf die
ihr offen stehende Möglichkeit, vom Beschwerdegegner die Einleitung eines
Abänderungsverfahrens zu verlangen.

3.2. Die Beschwerdeführerin rügt demgegenüber, gemäss Art. 10 Abs. 3 lit. e ELG
würden nur "geleistete" familienrechtliche Unterhaltsbeiträge anerkannt.
Diesbezüglich habe das Bundesgericht im Urteil 5P.173/2002 vom 29. Mai 2002,
FamPra.ch 2002 S. 806, geschlossen, dass Unterhaltsverpflichtungen in der
Berechnung der Ergänzungsleistungen nicht berücksichtigt werden könnten, wenn
der Unterhaltsschuldner zu der entsprechenden Zahlung gar nicht in der Lage
gewesen, sprich diese nicht bezahlt worden sei. Es komme demnach aus dem ELG
ein faktisches Element hinzu, wonach im Einzelfall zu prüfen sei, ob die
vereinbarten Unterhaltsleistungen überhaupt geleistet worden seien. Unter
Hinweis auf einen Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 13. August 1998 wendet die Beschwerdeführerin weiter ein, es dürften in
Anwendung des Prinzips der Subsidiarität der Ergänzungsleistungen diejenigen
Unterhaltsverpflichtungen in der EL-Berechnung nicht angerechnet werden, welche
in der Scheidungskonvention so festgesetzt worden seien, dass sie nur
eingefordert werden könnten, wenn und soweit sie für den Pflichtigen über die
Ergänzungsleistungen erhältlich zu machen seien. Die Beschwerdeführerin rügt
zudem ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Beschwerdegegners, weil dieser
die Unterhaltsleistungen im Jahre 2012 einzig im Hinblick auf zu erwartende
Ergänzungsleitungen erhöht habe. Schliesslich kritisiert sie in genereller
Weise die Bindungswirkung der Scheidungsurteile für die
EL-Durchführungsstellen.

4.

4.1. Die Vorinstanz hat zu Recht erwogen, dass die Organe der
Sozialversicherung an den Entscheid des Zivilgerichts, welches die
Unterhaltspflicht rechtskräftig beurteilt hat, gebunden und folglich nicht mehr
befugt sind, über die rechtskräftig entschiedene Frage selbständig zu befinden.
Der Verwaltung ist es daher grundsätzlich verwehrt, bei der EL-Berechnung vom
richterlich festgesetzten Unterhaltsbeitrag abzuweichen, unabhängig davon, ob
das entsprechende, in Rechtskraft getretene Urteil materiell richtig war (ZAK
1991 S. 138, P 4/89 E. 3b). Entgegen den Vorbringen der Beschwerdeführerin hat
ein Unterhaltsbeitrag unabhängig von dessen Angemessenheit auch dann als
richterlich festgesetzt zu gelten, wenn er auf einer gerichtlich genehmigten
Scheidungskonvention beruht. So verliert eine solche durch die erteilte
Genehmigung ihren vertraglichen Charakter und wird vollständiger Bestandteil
des Urteils. Im Rahmen dieser Genehmigung überprüft das Zivilgericht die
Vereinbarung über die Scheidungsfolgen nicht nur auf ihre Vollständigkeit und
Klarheit hin, sondern zusätzlich auf ihre rechtliche Zulässigkeit und ihre
sachliche Angemessenheit (Urteil 5A_661/2012 vom 17. Januar 2013 E. 5.1.2 mit
Hinweis auf BGE 138 III 532 E. 1.3 S. 535). In Anbetracht dieser
gewährleisteten Überprüfung ist unabhängig von der Frage, ob das Zivilgericht
über die im Scheidungsurteil festgelegten Unterhaltsbeiträge materiell
entschieden hat oder diese auf einer genehmigten Vereinbarung beruhen, an der
Bindungswirkung des Scheidungsurteils für die EL-Durchführungsstellen
festzuhalten, und es bleibt diesen verwehrt, vorfrageweise über die
Angemessenheit der Unterhaltsbeiträge nach eigenen Kriterien zu befinden. Dem
Umstand, dass die Prüfung der Angemessenheit durch das Zivilgericht beschränkt
ist, soweit lediglich die vermögensrechtlichen Scheidungsfolgen zwischen den
Ehegatten infrage stehen (BGE 138 III 532 E. 1.3 S. 535), wird dadurch
ausreichend Rechnung getragen, dass es der Verwaltung offen steht, den
Versicherten zur Einleitung eines Abänderungsverfahrens anzuhalten.

4.2. Insofern die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf das Urteil 5P.173/2002
vom 29. Mai 2002, FamPra.ch 2002 S. 806, einwendet, Unterhaltsverpflichtungen
könnten in der Berechnung der Ergänzungsleistungen dann nicht berücksichtigt
werden, wenn der Unterhaltsschuldner zu der entsprechenden Zahlung gar nicht in
der Lage gewesen sei, verkennt sie, dass in jenem Sachverhalt weder ein
Anspruch auf Ergänzungsleistungen streitig war noch die nachehelichen
Unterhaltsverpflichtungen rechtskräftig festgesetzt worden waren; vielmehr
bildeten diese gerade Gegenstand der zivilrechtlichen Streitigkeit. Darüber
hinaus kann die Beschwerdeführerin aus dem erwähnten Urteil auch deshalb nichts
zu ihren Gunsten ableiten, weil der Beschwerdegegner Unterhaltszahlungen - wenn
auch in unterschiedlicher Höhe - unbestrittenermassen "geleistet" hat, wie dies
Art. 10 Abs. 3 lit. e ELG voraussetzt. Auch der Hinweis auf den Entscheid des
Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 13. August 1998 (publ. in SVR
1998 EL Nr. 4) verfängt nicht. Ungeachtet der Frage nach der materiellen
Richtigkeit dieses kantonalen Entscheids, beschlug dieser nicht die
Angemessenheit richterlich festgesetzter Unterhaltsbeiträge bzw. das
Gebundensein der EL-Durchführungsstellen an diesen Ermessensentscheid. Vielmehr
lag ein Sachverhalt zu Grunde, bei dem das Zivilgericht eine
Scheidungskonvention genehmigt hatte, welche die Geltendmachung von
Unterhaltsleistungen in Verletzung des Grundsatzes der Subsidiarität der
Ergänzungsleistungen zu den familienrechtlichen Unterhaltsbeiträgen explizit an
die Erhältlichmachung von ersteren knüpfte und sich damit nicht an der
tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bzw. Bedürftigkeit der
Parteien orientierte.

4.3. Das kantonale Gericht hat folglich zu Recht erwogen, dass die
Beschwerdeführerin die nachehelichen Unterhaltsbeiträge bei der Bemessung des
Anspruchs des Beschwerdegegners auf eine jährliche Ergänzungsleistung für das
Jahr 2012 grundsätzlich als anerkannte Ausgabe und nicht als Einkommensverzicht
hätte berücksichtigen müssen.

5. 
Zu prüfen bleibt, in welcher Höhe die nachehelichen Unterhaltsbeiträge hätten
berücksichtigt werden müssen.

5.1. Zeitlich massgebend für die Berechnung der jährlichen Ergänzungsleistung
sind in der Regel die während des vorausgegangenen Kalenderjahres erzielten
anrechenbaren Einnahmen sowie das am 1. Januar des Bezugsjahres vorhandene
Vermögen (Art. 23 Abs. 1 ELV). Es ist unstreitig, dass der Beschwerdegegner im
somit massgebenden Jahr 2011 monatliche Unterhaltszahlungen in Höhe von
lediglich Fr. 500.-- geleistet und diesen Betrag erst im Jahre 2012 auf die
tatsächlich geschuldeten Fr. 1'500.-- erhöht hat. Unter Berücksichtigung dessen
hätte die Beschwerdeführerin bei der Bemessung des Anspruchs auf eine jährliche
Ergänzungsleistung für das Jahr 2012 Unterhaltsbeiträge in Höhe von Fr. 500.--
pro Monat als zusätzliche Ausgabe anerkennen müssen.

5.2. In Abweichung von Art. 23 Abs. 1 ELV (vgl. zuvor E. 5.1) ist ausnahmsweise
auf die mutmasslichen, auf ein Jahr umgerechneten anrechenbaren Einnahmen
abzustellen, wenn die Person, die eine jährliche Ergänzungsleistung
beansprucht, mit der Anmeldung glaubhaft machen kann, dass sie während des
Zeitraums, für welchen sie die jährliche Ergänzungsleistung begehrt, wesentlich
kleinere anrechenbare Einnahmen erzielen werde als während des vorausgegangenen
Kalenderjahres (Art. 23 Abs. 4 ELV). Zusammen mit der Anmeldung führte der
Beschwerdegegner am 31. Januar 2012 aus, seine geschiedene Frau sei nun zufolge
Aufgabe ihrer Erwerbstätigkeit per Ende 2011 auf die Bezahlung der kompletten
Alimente ab Januar 2012 angewiesen. Eine Glaubhaftmachung, dass der
Beschwerdegegner willens und insbesondere imstande sei, ab Januar 2012
Unterhaltsbeiträge von monatlich Fr. 1'500.-- zu leisten, ist darin nicht zu
erblicken. Dies auf Grund der finanziellen Verhältnisse des Beschwerdegegners
im Zeitpunkt der Anmeldung sowie unter Berücksichtigung des Umstandes, dass er
zu keinem Zeitpunkt seit der Scheidung im Jahre 2003 die vollen
Unterhaltsbeiträge zu leisten im Stande gewesen war. Stattdessen hatte er
seiner geschiedenen Ehegattin jeweils nur einen Drittel der monatlich
geschuldeten Unterhaltsbeiträge, d.h. Fr. 500.--, überwiesen. Am Fehlen einer
Glaubhaftmachung im Zeitpunkt der Anmeldung im Sinne von Art. 23 Abs. 4 ELV
vermag auch nichts zu ändern, dass der Beschwerdegegner in der Folge im Jahre
2012 tatsächlich die vollen Unterhaltsbeiträge geleistet hat. Die
entsprechenden Zahlungen könnten damit gemäss Art. 23 Abs. 1 ELV allenfalls für
die Berechnung der vorliegend nicht strittigen jährlichen Ergänzungsleistungen
für das Jahr 2013 als anrechenbare Ausgaben massgebend sein (vgl. aber
nachfolgend E. 5.3).

5.3. Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin eingewendet, es sei
rechtsmissbräuchlich, wenn der Beschwerdegegner die Unterhaltsleistungen im
Jahre 2012 einzig im Hinblick auf zu erwartende Ergänzungsleitungen erhöht
habe. Art. 2 Abs. 2 ZGB gewährt offenbarem Rechtsmissbrauch keinen
Rechtsschutz. Das Rechtsmissbrauchsverbot gilt als allgemeiner Rechtsgrundsatz
auch im öffentlichen Recht. Es steht der Inanspruchnahme eines Rechtsinstituts
zu Zwecken entgegen, welche dieses nicht schützen will (BGE 134 I 65 E. 5.1 S.
72 f.; 131 I 166 E. 6.1 S. 177 mit Hinweisen), und lässt scheinbares Recht
weichen, wo offenbares Unrecht geschaffen würde (BGE 125 III 257 E. 2c S. 261).
Nur stossendes, zweckwidriges Verhalten erscheint aber rechtsmissbräuchlich und
soll über das Rechtsmissbrauchsverbot sanktioniert werden (vgl. SVR 2014 UV Nr.
9 S. 29, 8C_607/2013 E. 6.1 mit Hinweisen).

Ergänzungsleistungen bezwecken eine angemessene Deckung des Existenzbedarfs
bedürftiger Rentner der Alters- und Hinterlassenen- sowie der
Invalidenversicherung (BGE 131 V 263 E. 5.2.3 S. 268; SVR 2011 EL Nr. 4 S. 11,
9C_329/2010 E. 3.1). Der Beschwerdegegner leistete den vollen Umfang der
geschuldeten Unterhaltsbeiträge einzig im Jahre 2012, wohingegen er sich sowohl
in den davor liegenden Jahren 2003 bis 2011 sowie ab 2013 seinen finanziellen
Verhältnissen entsprechend mit einem Bruchteil begnügt hatte. Damit hat er im
Jahre 2012 im Vergleich zu seinen finanziellen Möglichkeiten zweifelsohne zu
hohe Unterhaltsbeiträge bezahlt. Seinen Ausführungen in der Einsprache vom 4.
Januar 2013 folgend tätigte er die Verdreifachung seiner Zahlungen bzw. den
damit einhergehenden Eingriff in sein Existenzminimum einzig im Vertrauen auf
die Gewährung von Ergänzungsleistungen. Diese bezwecken jedoch nicht, für
überhöht festgesetzte, nie den tatsächlichen Verhältnissen angepasste und seit
Jahren nicht geleistete Unterhaltsbeiträge aufzukommen. Folglich ist der
Beschwerdeführerin zuzustimmen, dass die einzig im Hinblick auf Gewährung von
Ergänzungsleistungen getätigte Erhöhung von bisher nie in der geschuldeten Höhe
geleisteten und den finanziellen Verhältnissen des Beschwerdegegners nicht
angepassten Unterhaltszahlungen das Rechtsmissbrauchsverbot verletzt.

6. 
Nach dem Gesagten ist in teilweiser Gutheissung der Beschwerde festzustellen,
dass die vom Beschwerdegegner bezahlten nachehelichen Unterhaltsbeiträge in
Höhe von Fr. 500.-- bei der Bemessung seines Anspruchs auf Ergänzungsleistungen
für das Jahr 2012 als anerkannte Ausgaben zu berücksichtigen sind.

7. 
Das teilweise Obsiegen der Beschwerdeführerin rechtfertigt, die Kosten hälftig
auf die Parteien zu verteilen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es sind keine
Parteientschädigungen zuzusprechen (Art. 68 Abs. 2 und 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des
Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 28. August 2014 wird
insoweit abgeändert, als die vom Beschwerdegegner bezahlten nachehelichen
Unterhaltsbeiträge lediglich im Betrag von monatlich Fr. 500.-- bei der
Bemessung seines Anspruchs auf Ergänzungsleistungen für das Jahr 2012 als
anerkannte Ausgaben zu berücksichtigen sind. Im Übrigen wird die Beschwerde
abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden zu Fr. 250.-- der Beschwerdeführerin
und zu Fr. 250.-- dem Beschwerdegegner auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, der Sicherheitsdirektion und dem Bundesamt für Sozialversicherungen
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 9. März 2015

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Williner

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