Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 729/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_729/2014

Urteil vom 16. April 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Parrino,
Gerichtsschreiber Furrer.

Verfahrensbeteiligte
A.________, vertreten durch
Prof. Dr. Hardy Landolt,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau,
Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Hilflosenentschädigung; gewöhnlicher Aufenthalt),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom
12. August 2014.

Sachverhalt:

A. 
Der 1954 geborene A.________ ist seit einem Autounfall im Jahre 1972
Tetraplegiker und bezog - nebst Leistungen der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) - mit Wirkung ab 1. Dezember 1973 eine ganze
Invalidenrente der Invalidenversicherung sowie eine Entschädigung für
Hilflosigkeit schweren Grades (Verfügungen der IV-Stelle des Kantons Aargau
[fortan: IV-Stelle] vom 18. Juni 1974).

Mit Verfügung vom 27. August 2013 sistierte die IV-Stelle die
Hilflosenentschädigung aufgrund des Verdachts auf unrechtmässigen
Leistungsbezug per sofort. Nach weiteren Abklärungen und Durchführung des
Vorbescheidverfahrens hob sie mit Verfügung vom 11. Februar 2014 die
Hilflosenentschädigung per 31. August 2013 auf, weil A.________ seinen Wohnsitz
und gewöhnlichen Aufenthalt in Thailand habe und er seit 30. November 1975 eine
Hilflosenentschädigung der SUVA beziehe, wobei nach Art. 66 Abs. 3 ATSG eine
Leistungskumulation ausgeschlossen sei.

B. 
Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau vereinigte mit Entscheid vom 12.
August 2014 die gegen die Verfügungen vom 27. August 2013 und 11. Februar 2014
erhobenen Beschwerden, schrieb das Verfahren betreffend die Verfügung vom 27.
August 2013 (Leistungssistierung) als gegenstandslos geworden ab und wies die
Beschwerde gegen die Verfügung vom 11. Februar 2014 (Aufhebung der
Hilflosenentschädigung) ab.

C. 
Hiegegen erhebt A.________ Beschwerde öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
mit dem Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei festzustellen,
dass er über den 31. August 2013 hinaus Anspruch auf eine
Hilflosenentschädigung schweren Grades habe.

Während die Beschwerdegegnerin auf Abweisung der Beschwerde schliesst, lässt
sich das Bundesamt für Sozialversicherungen nicht vernehmen.

Erwägungen:

1. 
Der Beschwerdeführer stellt im Hauptstandpunkt ein Feststellungsbegehren, das
indes im Lichte der Beschwerdebegründung (vgl. in BGE 130 V 61 nicht
publizierte E. 3.2.1 des Urteils I 138/02 vom 27. Oktober 2003) als
Leistungsbegehren auf Weiterausrichtung der Hilflosenentschädigung über den 31.
August 2013 hinaus zu interpretieren und als solches zulässig ist.

2. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), die Feststellung
des Sachverhalts nur, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG),
doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und
Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), nur die geltend gemachten
Vorbringen, falls allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind. Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten gilt eine
qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 f.
mit Hinweisen).

3. 
Versicherte mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt (Art. 13 ATSG) in der
Schweiz, die hilflos (Art. 9 ATSG) sind, haben Anspruch auf eine
Hilflosenentschädigung (Art. 42 Abs. 1 Satz 1 IVG).
Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der
Absicht dauernden Verbleibens aufhält (Art. 1 Abs. 1 IVG i.V.m. Art. 13 Abs. 1
ATSG und Art. 23 Abs. 1 ZGB). Ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat eine Person an
dem Ort, an dem sie während längerer Zeit lebt, selbst wenn diese Zeit zum
Vornherein befristet ist (Art. 13 Abs. 2 ATSG). Nach der Rechtsprechung ist für
den "gewöhnlichen Aufenthalt" der tatsächliche Aufenthalt in der Schweiz und
der Wille, diesen Aufenthalt aufrechtzuerhalten, massgebend; zusätzlich dazu
muss sich der Schwerpunkt aller Beziehungen in der Schweiz befinden (BGE 119 V
98 E. 6c S. 108, 111 E. 7b S. 117; 112 V 164 E. 1a S. 166). Die in objektivem
Sinne zu verstehende Voraussetzung des tatsächlichen Aufenthalts wird in der
Regel nach der Ausreise ins Ausland nicht mehr erfüllt. Bei vorübergehendem
Aufenthalt ohne Absicht, die Schweiz für immer zu verlassen, lässt das
Aufenthaltsprinzip jedoch die beiden Ausnahmen des voraussichtlich
kurzfristigen und des voraussichtlich längerfristigen Auslandaufenthaltes zu.
Ein in diesem Sinne kurzfristiger Auslandaufenthalt ist gegeben, wenn und
soweit sich dieser im Rahmen des allgemein Üblichen bewegt, aus triftigen
Gründen, z.B. zu Besuchs-, Ferien-, Geschäfts-, Kur- oder Ausbildungszwecken,
erfolgt und ein Jahr nicht übersteigt, wobei diese Maximaldauer nur bei
Vorliegen eines (wirklich) triftigen Grundes voll ausgeschöpft werden darf. Der
Ausnahmegrund des längerfristigen Auslandaufenthaltes ist gegeben, wenn ein
grundsätzlich als kurzfristig beabsichtigter Auslandaufenthalt wegen zwingender
unvorhergesehener Umstände wie Erkrankung oder Unfall über ein Jahr hinaus
verlängert werden muss oder wenn von vornherein zwingende Gründe wie
Fürsorgemassnahmen, Ausbildung oder Krankheitsbehandlung einen voraussichtlich
überjährigen Aufenthalt erfordern (BGE 111 V 180 E. 4 S. 183; Urteil P 25/06
vom 23. August 2007 E. 4.1).

4.

4.1. Die Vorinstanz erwog, der Beschwerdeführer reise gemäss eigenen Angaben
seit 2008 jährlich nach Thailand. Während er gemäss den Einträgen der
Reisepässe 2008 lediglich 41 Tage in Thailand verbracht habe, sei die Dauer
kontinuierlich auf über 200 Tage in den Jahren 2012 (224 Tage) und 2013 (215
Tage) angestiegen, womit eine klare Tendenz zu einem überwiegenden Aufenthalt
in Thailand zu erkennen sei. Im Zeitraum der Aufhebung der
Hilflosenentschädigung im Herbst 2013 habe der Beschwerdeführer ca. zwei
Drittel des Jahres in Thailand gelebt. Es sei davon auszugehen, dass der
Beschwerdeführer im Verfügungszeitpunkt mit seiner thailändischen Freundin
bereits verheiratet gewesen sei. Die sozialen Kontakte in der Schweiz
beschränkten sich laut der offerierten Zeugenliste auf seine Schwester, deren
Tochter (sein Patenkind), den Neffen, die Putzfrau/ Haushälterin seiner
Eigentumswohnung und einen inzwischen ausgewanderten Freund. In der Gesamtschau
überwiegten die Indizien für einen gewöhnlichen Aufenthalt in Thailand
deutlich. So lebe die Ehefrau dort im gemeinsamen (gemieteten) Haus und der
Beschwerdeführer verbringe in Thailand mehr Zeit als in der Schweiz. Es sei
davon auszugehen, dass die Pflegetätigkeiten, welche früher durch die Schwester
des Beschwerdeführers oder eine Spitex (ähnliche) Organisation durchgeführt
worden seien, nunmehr von der Ehefrau übernommen würden. Nachdem der
Beschwerdeführer seine Ehefrau seit Jahren kenne, bestünden keine Anhaltspunkte
dafür, dass die Ehe nicht tatsächlich gelebt werde. Auf der anderen Seite
verfüge der Beschwerdeführer zwar über eine 3,5-Zimmer Eigentumswohnung sowie
über die erwähnten Bezugspersonen in der Schweiz. Mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit sei die eheliche Beziehung aber von weit höherer Bedeutung
als der Kontakt zu diesen. Auch die Hinterlegung der Schriften und die
Steuerpflicht vermöchten keinen Schwerpunkt der Lebensverhältnisse in der
Schweiz zu begründen. Mangels gewöhnlichen Aufenthalts in der Schweiz seien die
Anspruchsvoraussetzungen für eine Hilflosenentschädigung der
Invalidenversicherung nicht mehr erfüllt und die Verfügung vom 11. Februar 2014
rechtens. Somit könne offen gelassen werden, ob die Eventualbegründung der
IV-Stelle (unzulässige Leistungskumulation) zutreffend sei.

4.2.

4.2.1. Zunächst rügt der Beschwerdeführer, die Vorinstanz habe die Beweise
offensichtlich unrichtig gewürdigt. Gemäss der vorinstanzlichen Auswertung der
Passdaten habe er insgesamt mehr Zeit in der Schweiz als in Thailand verbracht.
Es sei willkürlich, nur die Jahre 2012 und 2013 zu berücksichtigen, in welchen
die Verweildauer in Thailand ausnahmsweise überwiege. Dem kann nicht gefolgt
werden. Zum einen hat das kantonale Gericht die Jahre 2012 und 2013 nicht
isoliert betrachtet, sondern den gesamten Zeitraum von 2008 bis 2014 in seine
Beurteilung einbezogen, wobei es einen kontinuierlichen Anstieg der
Verweildauer in Thailand festgestellt hat. Zum anderen ist nicht erkennbar,
inwiefern der Durchschnittswert mehrerer Jahre für die Frage massgebend sein
soll, ob im Zeitpunkt der Aufhebung des Anspruchs auf eine
Hilflosenentschädigung der gewöhnliche Aufenthalt in der Schweiz gegeben war.
Vielmehr ist dies mit der Vorinstanz anhand des tatsächlichen Aufenthalts im
Jahr 2013 - nach verbindlicher Feststellung des kantonalen Gerichts hat der
Beschwerdeführer ca. zwei Drittel dieses Jahres in Thailand verbracht - sowie
des Schwerpunkts der Beziehungen zu beurteilen (E. 3 Abs. 2 hievor).

4.2.2. Weiter macht der Beschwerdeführer geltend, dass die Verweildauer in
Thailand 2012 und 2013 überwogen habe, sei mit den - von der Vorinstanz nicht
berücksichtigten - tetraplegiespezifischen Umständen bzw. mit seinem insgesamt
schlechten Gesundheitszustand (u.a. wiederkehrende Gelenkschmerzen) zu
erklären. Aufgrund der täglichen Pflegebedürftigkeit und weil seine Freundin
bzw. nachmalige Ehefrau ihn nicht in die Schweiz habe begleiten können, sei er
"faktisch gezwungen" gewesen, sich 2012 und 2013 länger in Thailand als in der
Schweiz aufzuhalten.

Dem kantonalen Gericht sind die Pflegebedürftigkeit und die gesundheitlichen
Probleme nicht entgangen. Es hat hierzu erwogen, diese stellten keinen
Ausnahmegrund im Sinne der Rechtsprechung für einen längerfristigen (recte:
kurzfristigen; vgl. E. 3 hievor) Auslandaufenthalt dar. Vielmehr wiesen die
regelmässigen, stetig länger dauernden Thailandreisen auf eine Verschiebung des
Schwerpunkts der Lebensverhältnisse nach Thailand hin. Dies ist nicht zu
beanstanden: Dass sich der Beschwerdeführer 2012 und 2013 mehrheitlich in
Thailand aufhielt, lässt sich nicht mit der in Folge der Tetraplegie
notwendigen Pflege begründen, ist diese unbestrittenermassen auch in der
Schweiz sichergestellt. Von einem faktischen Zwang, sich in Thailand
aufzuhalten, kann daher nicht gesprochen werden. Ferner verbrachte der
Beschwerdeführer - bei einem Thailandaufenthalt von 224 bzw. 215 Tagen in den
Kalenderjahren 2012/2013 - mehr als bloss "den Winter" in Thailand. Nota bene
hielt er sich gemäss eigenen Angaben im Jahr 2012 auch im Frühling und sogar
praktisch den ganzen Sommer über in Thailand auf (Aktennotiz vom 14. Mai 2013).
Daher lässt sich die Dauer der Aufenthalte in Thailand - anders, als im Urteil
H 71/89 vom 14. Mai 1990 (ZAK 1992 S. 37), wobei in jenem Fall die
Aufenthaltsdauer in der Schweiz überwog - nicht (allein) mit den
gesundheitlichen Beschwerden (Gelenkschmerzen) bzw. den klimatischen
Verhältnissen erklären. Vielmehr untermauert der Umstand, dass der
Beschwerdeführer mehr Zeit in Thailand - mit seiner Freundin und späteren
Ehefrau - als in der Schweiz verbrachte, die Erwägung der Vorinstanz, diese
Beziehung sei von höherer Bedeutung als die Kontakte zu den Bezugspersonen in
der Schweiz. Mithin vermag der Beschwerdeführer nichts vorzubringen, was den
Schluss der Vorinstanz, der Schwerpunkt der Lebensverhältnisse habe sich -
unter Berücksichtigung der ehelichen Gemeinschaft, der getroffenen Vorkehrungen
(Miete eines Hauses) sowie der regelmässigen und langen Aufenthalte - im
massgebenden Zeitraum in Thailand befunden, als offensichtlich unrichtig bzw.
willkürlich (zum Begriff der Willkür: BGE 140 III 16 E. 2.1 S. 18 f. mit
Hinweisen) erscheinen liesse. Nicht zielführend ist der Einwand, er wolle sich
mit seiner thailändischen Ehefrau dauerhaft in der Schweiz niederlassen,
weshalb er eine - mittlerweile bewilligte - Aufenthaltsbewilligung für seine
Frau beantragt habe. Diese Umstände beschlagen nicht mehr den hier
massgebenden, bis zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung vom
11. Februar 2014 eingetretenen Sachverhalt (BGE 132 V 215 E. 3.1.1 S. 220 mit
Hinweisen) und wären daher allenfalls im Rahmen einer Neuanmeldung geltend zu
machen.

4.3. Sodann beruft sich der Beschwerdeführer auf den Vertrauensgrundsatz mit
der Begründung, er habe sich bei der SUVA erkundigt, ob er Leistungen,
insbesondere die Hilflosenentschädigung, "verliere", wenn er ins Ausland ginge.
Die SUVA habe dies verneint, womit er in guten Treuen habe annehmen dürfen,
dies gelte auch für die Hilflosenentschädigung der Invalidenversicherung.

Das in Art. 9 BV verankerte Recht auf Vertrauensschutz bewirkt unter anderem,
dass eine (selbst unrichtige) Zusicherung einer Behörde unter bestimmten
Umständen eine vom materiellen Recht abweichende Behandlung des Rechtsuchenden
gebietet. Nach der Rechtsprechung ist dies der Fall, 1. wenn die Behörde in
einer konkreten Situation mit Bezug auf bestimmte Personen gehandelt hat; 2.
wenn sie für die Erteilung der betreffenden Auskunft zuständig war oder wenn
die rechtsuchende Person die Behörde aus zureichenden Gründen als zuständig
betrachten durfte; 3. wenn die Person die Unrichtigkeit der Auskunft nicht ohne
weiteres erkennen konnte; 4. wenn sie im Vertrauen auf die Richtigkeit der
Auskunft Dispositionen getroffen hat, die nicht ohne Nachteil rückgängig
gemacht werden können, und 5. wenn die gesetzliche Ordnung seit der
Auskunftserteilung keine Änderung erfahren hat. Der unrichtigen Auskunft
gleichgestellt ist die Unterlassung einer behördlichen Auskunft, welche
gesetzlich vorgeschrieben oder nach den im Einzelfall gegebenen Umständen
geboten war. Die dritte Voraussetzung lautet diesfalls: wenn die Person den
Inhalt der unterbliebenen Auskunft nicht kannte oder deren Inhalt so
selbstverständlich war, dass sie mit einer anderen Auskunft nicht hätte rechnen
müssen (BGE 131 V 472 E. 5 S. 480; Urteil 8C_332/2011 vom 11. Oktober 2011 E.
5.2, in: SVR 2012 AlV Nr. 3 S. 5).

Der Beschwerdeführer unterlässt es, im Einzelnen darzulegen, dass und inwiefern
sämtliche dieser Voraussetzungen in seinem Fall erfüllt seien, womit fraglich
ist, ob diese Rüge den Anforderungen von Art. 42 Abs. 2 bzw. Art. 106 Abs. 2
BGG genügt. So oder anders ist ein Vertrauensschutz zu verneinen: Der
Beschwerdeführer hat sich im Rahmen eines Telefonats mit einem Sachbearbeiter
der SUVA, welches die Höhe des von der SUVA ausgerichteten Pflegebeitrags zum
Inhalt hatte, erkundigt, wie es sich mit dem Anspruch auf die
Hilflosenentschädigung verhalte, wenn er "ins Ausland ginge" (Aktennotiz vom
13. August 2010). Hierauf wurde ihm mitgeteilt, die Hilflosenentschädigung
werde auch "im Ausland" ausgerichtet. Allenfalls würden die Pflegekosten den
örtlichen Tarifen angepasst (E-Mail vom 13. August 2010 ). Damit liegt -
bereits mit Blick auf den Kontext, in welchem die Auskunft erfolgte, sowie
mangels Bezugnahme zu Leistungen anderer Sozialversicherungszweige - eine
Zusicherung einzig bezogen auf die "Hilflosenentschädigung" (recte:
Hilflosenrente) der Unfallversicherung vor. Mit anderen Worten erfolgte keine
(unrichtige) Auskunft hinsichtlich der Hilflosenentschädigung der
Invalidenversicherung; hierfür wäre die SUVA auch gar nicht zuständig. Soweit
das Vorbringen des Beschwerdeführers dahin gehend zu interpretieren ist, dass
er sich auf das Unterlassen einer behördlichen Auskunft beruft, kann er daraus
ebenfalls nichts zu seinen Gunsten ableiten. Weder hat der Beschwerdeführer bei
seiner Anfrage Leistungen der Invalidenversicherung erwähnt noch war für den
Sachbearbeiter der SUVA unter den konkreten Umständen erkennbar, dass die Frage
sich (auch) auf solche beziehen könnte. Damit bestand weder eine gesetzliche
noch anderweitige Pflicht, den Beschwerdeführer darauf aufmerksam zu machen,
dass er sich hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen von Leistungen der
Invalidenversicherung bei der IV-Stelle informieren müsse.

4.4. Schliesslich wirft der Beschwerdeführer der Vorinstanz eine Verletzung des
Diskriminierungsverbots (Art. 8 Abs. 2 BV) vor. Indes genügen seine
diesbezüglichen Ausführungen den Anforderungen der qualifizierten Rügepflicht
(E. 2 Abs. 2 hievor) offensichtlich nicht, weshalb auf diesen Punkt nicht
einzugehen ist.

5. 
Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 16. April 2015

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Furrer

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