Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 658/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_658/2014

Urteil vom 11. Februar 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichterin Moser-Szeless, nebenamtlicher Bundesrichter Weber,
Gerichtsschreiber Fessler.

Verfahrensbeteiligte
IV-Stelle Basel-Landschaft,
Hauptstrasse 109, 4102 Binningen,
Beschwerdeführerin,

gegen

A.________, vertreten durch
Advokat André Baur,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 15. Mai
2014.

Sachverhalt:

A.

A.a. A.________ verletzte sich am ... bei einem Sturz zuhause an der linken
Hand (Diagnose: Ruptur des radialen Seitenbandes MP-Gelenk linker Daumen
Distorsion PIP-Gelenk Dig. II links; Bericht Orthopädische Klinik, Orthopädie
und Traumatologie des Bewegungsapparates, Spital B.________ vom 21. Juli 2004).
Der obligatorische Unfallversicherer erbrachte die gesetzlichen Leistungen,
u.a. Taggelder. Gestützt auf die Gutachten des Dr. med. C.________, Chirurgie
FMH, vom 21. August 2008 und der Dres. med. D.________ und E.________,
Leitender Arzt und Oberarzt Klinik für Wiederherstellungschirurgie Spital
F.________, vom 30. Juli 2010 wurden die Taggeldleistungen zum 31. August 2008
eingestellt (Einspracheentscheid vom 5. Dezember 2008, Verfügung vom 13. August
2010).

A.b. Im Mai 2005 hatte sich A.________ bei der Invalidenversicherung zum Bezug
von Leistungen (Wiedereingliederung in die bisherige Tätigkeit) angemeldet. Die
IV-Stelle Basel-Landschaft holte beim Zentrum G.________ ein interdisziplinäres
Gutachten vom 20. März 2012 ein. Dr. med. H.________, Facharzt für Innere
Medizin FMH, und pract. med. I.________, Facharzt Psychiatrie und
Psychotherapie, Co-Leiter und Leiter des regionalen ärztlichen Dienstes (RAD),
nahmen am 5. Juli 2012 zur Expertise Stellung, wobei der Internist darüber
hinaus auch eine Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit ab 25. April 2004 abgab. Am
28. August 2012 äusserte sich Dr. med. H.________ nochmals zur Arbeitsfähigkeit
des Versicherten in einer angepassten Tätigkeit. Nach Durchführung des
Vorbescheidverfahrens sprach die IV-Stelle mit Verfügungen vom 5. Juli 2013
A.________ ab 1. August 2005 bis 31. Dezember 2005 und ab 1. Juli bis 31.
August 2007 eine ganze Rente samt zwei Kinderrenten zu.

B. 
Die Beschwerde des A.________ hiess das Kantonsgericht Basel-Landschaft,
Abteilung Sozialversicherungsrecht, in Aufhebung der angefochtenen Verfügungen
mit Entscheid vom 15. Mai 2014 in dem Sinne gut, als es feststellte, dass vom
1. August 2005 bis 31. Mai 2006 und vom 1. Juli bis 30. November 2007 Anspruch
auf eine ganze Rente sowie vom 1. Juni 2006 bis 30. Juni 2007 und vom 1.
Dezember 2007 bis 31. März 2012 Anspruch auf eine halbe Invalidenrente besteht
(Dispositiv-Ziffer 1).

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die
IV-Stelle Basel-Landschaft, die Verfügung vom 5. Juli 2013 sei insofern wieder
herzustellen, als dem Versicherten zwischen dem 1. Januar 2006 und dem 30. Juni
2007 keine Rente zuzusprechen sei; überdies sei die ganze Rente ab 1. Juli 2007
bis Ende November 2007 zu befristen und festzustellen, dass ab Dezember 2007
kein Rentenanspruch mehr besteht.

A.________ ersucht um Abweisung der Beschwerde, eventualiter Rückweisung der
Sache an die Vorinstanz zur Vornahme weiterer Abklärungen und zur
Neuentscheidung. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine
Vernehmlassung.

D. 
Mit Verfügung vom 3. November 2014 ist der Beschwerde die aufschiebende Wirkung
zuerkannt worden.

Erwägungen:

1.

1.1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung
der Vorinstanz, auf Rüge hin oder von Amtes wegen, berichtigen oder ergänzen,
wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne
von Artikel 95 beruht, und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. auch Art. 97 Abs.
1 BGG). Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich
unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und
augenfällig unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Es liegt noch keine
offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in
Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erschiene (vgl. BGE 129 I
8 E. 2.1 S. 9; Urteil 9C_311/2013 vom 12. November 2013 E. 2.1).

1.2. Diese Grundsätze gelten auch in Bezug auf die konkrete Beweiswürdigung
(vgl. Urteil 9C_999/2010 vom 14. Februar 2011 E. 1). Dem kantonalen
Versicherungsgericht steht als Sachgericht im Bereich der Beweiswürdigung ein
erheblicher Ermessensspielraum zu (vgl. BGE 120 Ia 31 E. 4b S. 40). Das
Bundesgericht greift auf Beschwerde hin nur ein, wenn es diesen missbraucht,
insbesondere offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche Beweise
übersieht oder solche willkürlich ausser Acht lässt (BGE 132 III 209 E. 2.1 S.
211; zum Begriff der Willkür BGE 137 I 1 E. 2.4 S. 5 mit Hinweisen). Inwiefern
das kantonale Gericht sein Ermessen missbraucht haben soll, ist in der
Beschwerde klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261). Auf
ungenügend begründete Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische
Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 134 II
244 E. 2.2 S. 246 mit Hinweis; Urteil 9C_311/2013 vom 12. November 2013 E.
2.2).

2. 
Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst
der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt, was in der Beschwerde näher
darzulegen ist (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 135 V 194 E. 3; Urteil 9C_61/2014 vom
23. Juli 2014 E. 2.3 mit Hinweisen). Die Beschwerdeführerin hat verschiedene
Dokumente eingereicht, welche sich indessen bereits in den vorinstanzlichen
Verfahrensakten befinden. Die betreffenden Unterlagen sind somit nicht neue
Tatsachen und Beweismittel im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG.

3. 
Streitgegenstand gemäss den Begehren in der Beschwerde (Urteil 1C_330/2013 vom
15. Oktober 2013 E. 2.1) bildet der Anspruch des Beschwerdegegners auf eine
Rente der Invalidenversicherung ab 1. Januar 2006 bis 30. Juni 2007 und vom 1.
Dezember 2007 bis 31. März 2012. Die von der Vorinstanz zugesprochene ganze
Rente für die Monate August bis Dezember 2005 und Juli bis November 2007 ist
nicht angefochten ebenso nicht, dass ab 1. April 2012 kein Rentenanspruch
besteht. Darauf ist letztinstanzlich nicht mehr einzugehen (Art. 107 Abs. 1
BGG).

4. 
Die Vorinstanz hat die gesundheitlich bedingte Arbeitsunfähigkeit für die Zeit
vom 1. Januar 2006 bis 31. Dezember 2011 gestützt auf Berichte und
Unfallscheine der behandelnden Ärzte festgesetzt. Ob dies zulässig ist, kann
für die Zeit bis 23. Juli 2008 offen gelassen werden. Der RAD-Arzt Dr. med.
H.________ (und nicht, wie die Vorinstanz fälschlicherweise in E. 5.2 ihres
Entscheids angenommen hat, med. pract. I.________) listete in seiner
Stellungnahme vom 5. Juli 2012 zum Gutachten des Zentrums G.________ vom 20.
März 2012 die Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdegegners ab Unfalldatum (25.
April 2004) bis 23. Juli 2008 detailliert auf. Danach bestand vom 19. Dezember
2005 bis 21. Februar 2006 eine Arbeitsunfähigkeit von 75 % und vom 24.
September 2007 bis 23. Juli 2008 von 50 %. Unter diesen Umständen ist die
Zusprache einer ganzen Rente vom 1. Januar bis 31. Mai 2006 sowie einer halben
Rente vom 1. Dezember 2007 bis 31. Oktober 2008 (vgl. zur Änderung des
Anspruchs in zeitlicher Hinsicht Art. 88a Abs. 1 zweiter Satz IVV und Urteil
9C_901/2009 vom 5. Februar 2010 E. 3.5) nicht zu beanstanden. Der
dazwischenliegende Zeitraum mit Anspruch auf eine halbe Rente ist nicht von
Interesse (vorne E. 3). Dr. H.________ änderte zwar am 28. August 2012 seine
Einschätzung der Arbeitsunfähigkeit unter Berücksichtigung des
Belastungsprofils einer einhändigen Tätigkeit mit Einsatz der linken
adominanten Hand als Hilfshand ab. Indessen hatte er bei seiner früheren
Beurteilung vom 5. Juli 2012 erwähnt, dass Angaben zur Arbeitsunfähigkeit in
einer leidensangepassten Tätigkeit entfallen würden. Die Abweichung vom 28.
August 2008 begründete er nicht weiter. Bei dieser Sachlage ist die
vorinstanzliche Rentenzusprechung bis 31. Oktober 2008, soweit streitig, nicht
zu bemängeln, die Beschwerde insoweit unbegründet.

5. 
Für den Zeitraum vom 24. Juli 2008 bis zur Untersuchung vom 2. bis 6. Januar
2012 im Rahmen der Begutachtung des Zentrums G.________ hat die Vorinstanz auf
Berichte der behandelnden Ärzte abgestellt (E. 5.1). Die im
Unfallversicherungsverfahren erstellten Gutachten des Dr. med. C.________ vom
21. August 2008 und der Dres. med. D.________ und E.________ vom 30. Juli 2010,
auf welche Dr. med. H.________ in seiner Stellungnahme vom 5. Juli 2012
verwies, hat sie nicht als beweiskräftig erachtet (E. 5.2).

5.1. Frau Dr. med. J.________, Co-Chefärztin Klinik für Hand- und periphere
Nervenchirurgie, Spital K.________, bescheinigte im Unfallschein UVG mit
Eingangsstempel "10. Sept. 2008, LC NW-CH/ML" die ihres Erachtens ab 10. März
2008 bestandenen Arbeitsunfähigkeiten, ohne die Angaben zu begründen. Ebenso
wenig ist ersichtlich, wie lange die zuletzt am 27. August 2008 attestierten 50
% gelten sollten. Dr. med. L.________, Assistenzarzt Orthopädische Klinik,
Orthopädie und Traumatologie des Bewegungsapparates, Spital B.________,
äusserte sich im Bericht vom 5. August 2009 nicht zur Arbeitsunfähigkeit,
sondern gab lediglich an, dass er die Anstrengung des Patienten, weiterhin 50 %
zu arbeiten, sehr unterstützen würde. Das undatierte Arbeitsunfähigkeitszeugnis
des Dr. med. M.________, Arzt für Allgemeine Medizin FMH (von der Vorinstanz
"Arbeitsunfähigkeitszeugnis Nordwestschweiz" bezeichnet) enthielt keine
Begründung. Auch im Arztbericht vom 30. Mai 2011 äusserte er sich nicht zur
zumutbaren Arbeitsfähigkeit, sondern gab lediglich an, der Versicherte habe
seit drei Jahren eine 50%-Arbeitsstelle, die er nur unter Schmerzen bewältigen
könne; wegen den Schmerzen sei es ihm nicht möglich, mehr als 50 % zu arbeiten.
Dr. med. N.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, hielt in
seinem kurzen Bericht vom 26. Mai 2011 fest, der Beschwerdegegner sei zumindest
seit 19. Juni 2009 aus medizinisch-psychiatrischen Gründen zu 50 %
arbeitsunfähig, ohne dies zu begründen. Schliesslich enthielt auch das
Arztzeugnis von Frau Dr. med. O.________, FMH Allgemeinmedizin, Klinik
P.________, vom 8. Juni 2011 keine Begründung für die attestierte
Arbeitsunfähigkeit von 50 % vom 8. Juni bis 8. Juli 2011. Gemäss dem zusammen
mit Dr. med. Q.________, FMH Rheumatologie, verfassten Bericht vom 22. März
2011 war eine leichte Tätigkeiten ohne repetitive Abläufe und ohne langes
Sitzen/ Stehen wahrscheinlich möglich.

5.2. Dr. med. C.________ hielt in seinem Gutachten vom 21. August 2008 fest,
der Beschwerdegegner sei als Mitarbeiter im Reinigungsdienst für neun Stunden
pro Tag ganztägig voll einsetzbar. Als unfallfremd seien die Symptomausweitung,
die Inkonsistenz und die Selbstlimitierung zu sehen. Dres. med. D.________ und
E.________ bezifferten in ihrem Gutachten vom 30. Juli 2010 die
Arbeitsfähigkeit auf acht Stunden im Tag. Die Vorinstanz hat den Expertisen
keine Beweiskraft zuerkannt. Auf die Begründung braucht an dieser Stelle nicht
näher eingegangen zu werden. Immerhin ist festzustellen, dass auch unter
Berücksichtigung der formalen Mängel des Gutachtens der Dres. med. D.________
und E.________ deren Ausführungen als unabhängige Experten der Klinik für
Wiederherstellungschirurgie des Spitals F.________ doch klar ein anderes,
jedenfalls kein geringeres Gewicht haben als die meist nicht einmal begründeten
Angaben der behandelnden Ärzte zur Arbeitsfähigkeit des Beschwerdegegners.

5.3.

5.3.1. Die Vorinstanz hat die Beurteilung von Gesundheitszustand und zumutbarer
Arbeitsfähigkeit durch die Gutachter des Zentrums G.________ als schlüssig
erachtet. Dieselben Experten verwarfen indessen die abweichende Einschätzung
der Arbeitsfähigkeit durch Dr. med. M.________ und Dr. med. N.________. Unter
"Kritische Würdigung vorhandener Arztberichte, vor allem bei Diskrepanzen in
der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit" hielten sie u.a. fest, namentlich der
psychiatrische Facharzt habe die anzuwendenden Überlegungen im Sinne der Frage
einer Prüfung der Zumutbarkeit der Überwindung eines psychosomatischen Leidens
nicht gestellt. Indem die Vorinstanz die Beurteilung des Zentrums G.________
als schlüssig begründet bezeichnet, trotzdem aber auf die von den Gutachtern
als nicht zutreffend erachtete abweichende Einschätzung der behandelnden Ärzte
abgestellt hat, begab sie sich in unlösbaren Widerspruch zu sich selber.
Jedenfalls hätte sie sich mit der diesbezüglichen Kritik in der Expertise
auseinandersetzen müssen. Dies gilt umso mehr, als die Angaben der behandelnden
Ärzte zur Arbeitsfähigkeit, insbesondere jene von Dr. med. J.________, Dr. med.
L.________, Dr. med. N.________ und Dr. med. O.________ gar keine Begründung
enthielten, soweit überhaupt ein Prozentwert genannt wurde. Es kommt dazu, dass
diese Ärzte die von den Gutachtern des Zentrums G.________ festgestellten
deutlichen demonstrativen und appellatorischen Komponenten im Verhalten
offensichtlich gänzlich unberücksichtigt liessen und - im Gegensatz zu Dr. med.
C.________ - nicht thematisierten. Unter diesen Umständen muss die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz als offensichtlich unrichtig bezeichnet
werden. Es besteht insofern somit keine Bindungswirkung. Vielmehr kann das
Bundesgericht den rechtserheblichen Sachverhalt selber frei feststellen (Art.
97 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 Abs. 2 BGG; Ulrich Meyer/Johanna Dormann, Basler
Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 52 zu Art. 105 BGG; Urteil
9C_258/2014 vom 3. September 2014 E. 6.2).

5.3.2. Die Gutachter des Zentrums G.________ stellten im Rahmen der
handchirurgischen Untersuchung sowie der neu erstellten Röntgenbilder lediglich
minimste tendinotische Veränderungen fest, welche die Beschwerden nicht
erklären könnten. Ebenso wenig seien die geklagten Beschwerden im LWS-Bereich
auf somatischer Ebene noch die Schulterschmerzen orthopädisch erklärbar. Es
bleibe letztlich nur die Erklärung einer psychosomatischen Entwicklung im
weitesten Sinne für die geklagten somatischen Beschwerden mit einer
Schmerzverarbeitungs- und Ausweitungsproblematik. Es bestehen keine Hinweise,
dass sich dieser Zustand erst im Zeitpunkt der Abfassung der Expertise
eingestellt hätte. Im Gegenteil zeigen die Gutachten des Dr. med. C.________
und der Dres. med. D.________ und E.________ auf, dass im Wesentlichen
dieselben Verhältnisse insbesondere im Bereiche der linken Hand schon seit Juli
2008 gegeben waren. Es ist keine Veränderung aktenkundig, die für eine
Verbesserung des Gesundheitszustandes erst in einem späteren Zeitpunkt sprechen
würde. Dies gilt auch in psychiatrischer Hinsicht. Nach nicht offensichtlich
unrichtiger Feststellung der Vorinstanz stimmen die Erkenntnisse von Dr. med.
Dipl.-Psych. R.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, in seinem
Gutachten vom 22. Dezember 2008 im Wesentlichen mit der Beurteilung des
psychiatrischen Gutachters des Zentrums G.________ überein in dem Sinne, dass
(auch) insofern keine Arbeitsunfähigkeit seit Juli 2008 angenommen werden kann.
Es ist somit davon auszugehen, dass überwiegend wahrscheinlich bereits seit der
Untersuchung im Rahmen der Begutachtung durch Dr. med. C.________ am 24. Juli
2008 die von den Gutachtern des Zentrums G.________ angenommene
Arbeitsfähigkeit von 100 % auch in der bisher ausgeübten Tätigkeit als
Reinigungsdienst-Mitarbeiter gegeben war. Damit ist ein Rentenanspruch nicht
erst seit 1. April 2012, sondern bereits ab 1. November 2008 (Art. 88a Abs. 1
zweiter Satz IVV) nicht mehr ausgewiesen. Insoweit ist die Beschwerde
begründet.

6. 
Die Parteien haben die Gerichtskosten nach Massgabe ihres Unterliegens zu
tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegner hat im Umfang seines
Obsiegens Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 2 BGG). Insoweit
ist sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos. Im Übrigen kann
seinem Begehren entsprochen werden (Art. 64 BGG; BGE 125 V 201 E. 4a S. 202).
Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG hingewiesen, wonach er der
Gerichtskasse Ersatz zu leisten hat, wenn er später dazu in der Lage ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Ziffer 1 des Entscheids des
Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 15. Mai 2014 wird dahingehend abgeändert,
dass der Beschwerdegegner keinen Anspruch auf eine halbe Invalidenrente vom 1.
November 2008 bis 31. März 2012 hat; Ziffer 3 und 4 (Verfahrenskosten,
Parteientschädigung) werden aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde
abgewiesen.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen, soweit es nicht
gegenstandslos geworden ist. Rechtsanwalt André Baur wird als unentgeltlicher
Anwalt des Beschwerdegegners bestellt.

3. 
Von den Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin Fr. 200.-
und dem Beschwerdegegner Fr. 600.- auferlegt. Der Anteil des Beschwerdegegners
wird einstweilen auf die Gerichtskasse genommen.

4. 
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 600.- zu entschädigen.

5. 
Dem Rechtsvertreter des Beschwerdegegners wird aus der Gerichtskasse eine
Entschädigung von Fr. 1'800.- ausgerichtet.

6. 
Das Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, hat
die Gerichtskosten und die Parteientschädigung für das vorangegangene Verfahren
neu festzusetzen.

7. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung
Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 11. Februar 2015

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Fessler

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