Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 656/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_656/2014

Urteil vom 16. Dezember 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Parrino,
nebenamtlicher Bundesrichter An. Brunner,
Gerichtsschreiberin Dormann.

Verfahrensbeteiligte
CoOpera Sammelstiftung PUK,
Talweg 17, 3063 Ittigen,
vertreten durch lic. iur. Daniel C. Bürgi,
Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,
vertreten durch Advokat Dr. Andreas Noll,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Berufliche Vorsorge,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Basel-Stadt vom 24. Juni 2014.

Sachverhalt:

A. 
Der 1955 geborene A.________ war als selbstständig erwerbender Bildhauer tätig,
als er sich auf den 1. Juli 2003 der Gemeinschaftsstiftung Pensionskasse für
Unternehmen, Künstler und Freischaffende PUK (nachfolgend: PUK) für die
berufliche Vorsorge anschloss. Im entsprechenden Vorsorgeausweis per 1. Juli
2003 ist ein versicherter Jahresverdienst von Fr. 20'000.- vermerkt.
A.________ meldete sich im September 2004 unter Verweis auf eine depressive
Störung, Neurodermitis und Alkoholabhängigkeit bei der Invalidenversicherung
zum Leistungsbezug an. Nachdem die IV-Stelle Basel-Stadt das Leistungsgesuch
abgewiesen hatte (Verfügung vom 11. Juni 2007), verpflichtete sie das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt mit Entscheid vom 18. Juni
2008, dem Versicherten ab dem 1. Juni 2005 eine halbe Rente auszurichten
(Invaliditätsgrad von 59 %).
In der Folge erbrachte die PUK eine Invalidenrente von monatlich Fr. 614.35 ab
1. Juni 2006 resp. von Fr. 630.80 ab 1. Januar 2010. Am 18. November 2010
teilte sie dem Versicherten per E-Mail mit, sie habe ihm versehentlich
Rentenleistungen auf der Basis eines Invaliditätsgrades von 100 % statt von 59
% ausgerichtet; die Äufnung des Altersguthabens und die künftigen Leistungen
korrigiere sie sofort, zudem biete sie Hand, die Verrechnung über einen
angemessenen Zeitraum zu erstrecken. Ab Dezember 2010 bezahlte sie eine
Teilrente von monatlich Fr. 316.40.
Nach erfolglosen telefonischen Kontaktversuchen wandte sich die PUK am 28. Juni
2012 per E-Mail wegen der Rückforderung von zu viel bezahlten Rentenleistungen
an den Versicherten. Dieser stellte sich auf den Standpunkt, der
Rückforderungsanspruch sei seit dem 18. November 2011 verjährt und könne auch
nicht verrechnet werden. Am 31. Juli 2012 teilte die PUK dem Versicherten mit,
sie werde die laufende Rente ab dem 1. September 2012 bis zur vollständigen
Verrechnung der zu Unrecht bezogenen Leistungen einstellen und gleichzeitig den
Rentenanspruch grundsätzlich überprüfen.

B. 
Am 17. Oktober 2013 liess A.________ Klage beim Sozialversicherungsgericht des
Kantons Basel-Stadt erheben mit dem Rechtsbegehren, die PUK sei zur
Fortleistung einer 59%igen Invalidenrente ab 1. September 2012 zuzüglich Zins
zu verurteilen. Die PUK beantragte, es sei auf die Klage nicht einzutreten, sie
sei vollumfänglich abzuweisen und die bereits ausgerichteten Rentenbetreffnisse
seien zurückzuerstatten.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt hiess die Klage mit
Entscheid vom 24. Juni 2014 gut und verpflichtete die PUK, dem Kläger ab
September 2012 weiterhin eine Rente entsprechend einem Invaliditätsgrad von 59
% auszurichten und überdies auf den ab September 2012 geschuldeten
Rentenbetreffnissen ab dem 18. Oktober 2013 und auf den nach der
Klageeinreichung fällig gewordenen Rentenbetreffnissen ab deren Fälligkeit
einen Verzugszins von 5 % zu bezahlen.

C. 
Die PUK lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
beantragen, unter Aufhebung des Entscheids vom 24. Juni 2014 sei festzustellen,
dass "der IV-Entscheid" keine Bindungswirkung entfalte und sie nicht zuständig
zur Ausrichtung von Invalidenleistungen sei; eventualiter seien der
Invaliditätsgrad und die Rentenhöhe festzulegen. Im Weiteren sei festzustellen,
dass ihr die bereits ausgerichteten Rentenbetreffnisse zurückzuerstatten seien.
A.________ schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten
sei. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.

1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann
namentlich die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG).
Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG),
doch prüft es unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und
Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG) grundsätzlich nur die geltend gemachten
Rechtswidrigkeiten (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Dabei legt es seinem
Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105
Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes
wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf
einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

1.2. Das Bundesgericht prüft insbesondere seine Zuständigkeit und die
(weiteren) Eintretensvoraussetzungen sowie diejenigen des vorinstanzlichen
Verfahrens von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 140 V 22 E. 4 S. 26;
138 V 339 E. 1 S. 340; 136 V 7 E. 2 S. 9).

2.

2.1. Arbeitnehmer und Selbstständigerwerbende, die der obligatorischen
Versicherung nicht unterstellt sind, können sich nach dem BVG freiwillig
versichern lassen (Art. 4 Abs. 1 BVG; vgl. auch Art. 44 BVG). Die Bestimmungen
über die obligatorische Versicherung gelten sinngemäss für die freiwillige
Versicherung (Art. 4 Abs. 2 BVG). Gewährt eine Vorsorgeeinrichtung mehr als die
Mindestleistungen ("umhüllende Vorsorgeeinrichtung"), so gelten die im
Verweiskatalog von Art. 49 Abs. 2 BVG aufgezählten BVG-Normen auch für die
weitergehende, d.h. die über-, unter- und vorobligatorische (vgl. GÄCHTER/
SANER, in: BVG und FZG, 2010, N. 10 zu Art. 49 BVG) Vorsorge.

2.2. Streitig war und ist in erster Linie die Leistungspflicht der PUK als
registrierte Vorsorgeeinrichtung (vgl. Art. 5 Abs. 2 und Art. 48 Abs. 1 BVG;
Art. 3 und 4 des Vorsorgereglements der PUK vom 22. März 2005 [nachfolgend:
Reglement]). Zwar beanstandet die Beschwerdeführerin u.a., das kantonale
Gericht habe nicht berücksichtigt (vgl. dazu E. 4.2), dass der Beschwerdegegner
in seiner Gesundheitserklärung vom 18. Juni 2003 eine falsche Deklaration
vorgenommen habe. Indessen ist nicht ersichtlich und macht die PUK auch nicht
geltend, dass darum dessen Anschluss nicht zustande gekommen oder sie
rechtzeitig, d.h. innert der in Art. 6 VVG (SR 221.229.1) genannten Frist (vgl.
Urteil 9C_1003/2009 vom 27. April 2010 E. 4.3), vom Vertrag zurückgetreten sei.
Sie stellt denn auch nicht (substanziiert) in Abrede, dass der Beschwerdegegner
bei ihr als Selbstständigerwerbender freiwillig versichert war - und zwar
angesichts der Höhe des versicherten Verdienstes im weitergehenden, d.h.
unterobligatorischen Bereich.
Damit geht es hier um eine vorsorgerechtliche Streitigkeit im Sinne von Art. 73
Abs. 1 BVG (in Verbindung mit Art. 4 Abs. 2 resp. Art. 49 Abs. 2 Ziff. 22 BVG).
Letztinstanzlich ist zu deren Beurteilung die II. sozialrechtliche Abteilung
des Bundesgerichts zuständig (Art. 35 lit. e des Reglements für das
Bundesgericht vom 20. November 2006 [BGerR; SR 173.110.131]; vgl. BGE 141 V 439
E. 1.1 S. 441 mit weiteren Hinweisen). Das gilt auch für die Beantwortung der
hier ebenfalls aufgeworfenen (Vor-) Frage (vgl. SZS 2008 487, 9C_211/2008 E.
4.5) nach der örtlichen Zuständigkeit im kantonalen Klageverfahren (vgl. dazu
E. 3).

2.3. Die Beschwerdeführerin hat Feststellungsanträge formuliert, was mit Blick
auf Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG näher zu betrachten ist. Aus der
Beschwerdebegründung, die für die Auslegung der Rechtsbegehren heranzuziehen
ist (vgl. MEYER/DORMANN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl.
2011, N. 7 zu Art. 107 BGG), geht klar hervor, dass sie ihre Leistungspflicht
gegenüber dem Beschwerdegegner bestreitet und daher in Bezug auf die Zeit ab
September 2012 die Abweisung von dessen Klage und im Übrigen die Rückerstattung
aller bereits ausgerichteten Rentenzahlungen verlangt. Während Ersteres ohne
Weiteres zulässig ist, ist bei Letzterem fraglich, ob die Vorinstanz auch über
die (umfassende) Rückforderung dispositivmässig entschieden hat und
diesbezüglich für das bundesgerichtliche Verfahren ein Anfechtungsobjekt
vorliegt (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG; vgl. BGE 125 V 413 E. 1 S. 414 f.; 139 V
297 E. 3.2 S. 304). Dieser Frage braucht indessen nicht weiter nachgegangen zu
werden (vgl. nachfolgend E. 5.6).

3.

3.1. Die Vorinstanz hat (verbindlich; E. 1.1) festgestellt, dass der
Beschwerdegegner ab Januar 2002 als Selbstständigerwerbender der
Ausgleichskasse Basel-Stadt angeschlossen gewesen sei und seine
Einzelunternehmung in Basel geführt habe. Weiter hat es eine örtliche
Zuständigkeit des Berufsvorsorgegerichts am Ort des Betriebes, an dem ein
Selbstständigerwerbender seine Erwerbstätigkeit ausübt, angenommen, weshalb es
auf die Klage vom 17. Oktober 2013 eingetreten ist.
Die Beschwerdeführerin hält das Berufsvorsorgegericht des Kantons Bern für
zuständig, wobei sie sich auf den Wortlaut von Art. 73 Abs. 3 BVG beruft.

3.2. Das Gesetz ist in erster Linie aus sich selbst heraus auszulegen, das
heisst nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden
Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode. Die
Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der
Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und
konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im
normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio legis
(BGE 140 I 305 E. 6.1 S. 310 f.; 140 IV 1 E. 3.1 S. 5; 140 V 8 E. 2.2.1 S. 11).

3.3.

3.3.1. Nach dem Wortlaut von Art. 73 Abs. 3 BVG besteht ein Gerichtsstand für
das kantonale Klageverfahren einerseits am schweizerischen Sitz resp. Wohnsitz
des Beklagten und anderseits am Ort des Betriebes, bei dem der Versicherte
angestellt wurde ("au lieu de l'exploitation dans laquelle l'assuré a été
engagé"; "nel luogo dell'azienda presso la quale l'assicurato fu assunto"). Der
zweitgenannte Gerichtsstand bezieht sich somit auf ein Arbeitsverhältnis (Art.
319 ff. OR); er beruht insofern auf dem "Arbeitsort", als der Betrieb des
Arbeitgebers massgeblich ist.

3.3.2. Bei der freiwilligen Versicherung eines Selbstständigerwerbenden liegt
es in der Natur der Sache, dass ein Arbeitsverhältnis fehlt. Im Rahmen der
gesetzlich angeordneten (Art. 4 Abs. 2 BVG) sinngemässen Anwendung der
Gerichtsstandsbestimmung ergibt sich ohne Weiteres, dass in einem solchen Fall
auf den Ort, an dem der Selbstständigerwerbende seinen Betrieb führt,
abzustellen ist. Soweit es um die weitergehende Vorsorge geht, schreibt das
Gesetz (Art. 49 BVG) nicht explizit ein analoges Verständnis der Bestimmung von
Art. 73 Abs. 3 BVG vor. Indessen leuchtet nicht ein, weshalb in diesem Bereich
etwas anderes als im (sinngemässen) Obligatorium gelten soll, zumal auch bei
der Versicherung von Arbeitnehmern in Bezug auf die örtliche Zuständigkeit
nicht zwischen obligatorischer und weitergehender Vorsorge zu differenzieren
ist.
Für diese Lösung spricht auch die ratio legis: Art. 73 Abs. 3 BVG verfolgt -
vor dem Hintergrund des Prinzips des einfachen und raschen Verfahrens (Abs. 2)
- den Zweck, den Zugang zum Gericht im sachlichen Zuständigkeitsbereich gemäss
Abs. 1 möglichst zu vereinfachen. Zudem war es der Wille des Gesetzgebers, die
rechtsuchende Person nicht auf einen alleinigen Gerichtsstand am Sitz der
beklagten Partei zu verweisen, sondern einen alternativen Gerichtsstand zur
Verfügung zu stellen (SVR 2011 BVG Nr. 43 S. 162, 9C_1016/2010 E. 2.3.3). Es
ist daher sachgerecht, für eine Streitigkeit im Rahmen der freiwilligen
Versicherung eines Selbstständigerwerbenden einen Gerichtsstand am Ort, an dem
er seinen Betrieb führt, anzunehmen. Demzufolge hat die Vorinstanz ihre
(örtliche) Zuständigkeit zu Recht bejaht.

4.

4.1. Das kantonale Gericht ist der Auffassung, die PUK sei in Bezug auf den
Beginn des Wartejahres resp. den Eintritt der relevanten Arbeitsunfähigkeit wie
auch den Einkommensvergleich an die invalidenversicherungsrechtliche
Beurteilung gemäss seinem Entscheid vom 18. Juni 2008 gebunden. Folglich hat es
den Anspruch aus beruflicher Vorsorge ("ab September 2012 weiterhin") bejaht.
Sodann hat die Vorinstanz (verbindlich; E. 1.1) festgestellt, dass die PUK die
auf Juni 2006 bis November 2010 entfallenden Rentenbetreffnisse
fälschlicherweise auf der Grundlage eines Invaliditätsgrades von 100 % statt 59
% ausgerichtet habe. Diesbezüglich hat sie angenommen, dass die entsprechende
Rückforderung bereits am 19. November 2011 verjährt war.

4.2. Die Beschwerdeführerin rügt an diversen Stellen, die Vorinstanz habe sich
mit ihrer Argumentation im kantonalen Verfahren nicht oder ungenügend
auseinandergesetzt. Indessen war eine sachgerechte Anfechtung des Entscheids
vom 24. Juni 2014 möglich, weshalb nicht von einer Verletzung der - aus Art. 29
Abs. 2 BV und Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG abgeleiteten - Prüfungs- und
Begründungspflicht gesprochen werden kann (vgl. BGE 134 I 83 E. 4.1 S. 88; 133
III 439 E. 3.3 S. 445; 124 V 180 E. 1a S. 181).

5.

5.1.

5.1.1. Invalidenleistungen der obligatorischen beruflichen Vorsorge werden von
derjenigen Vorsorgeeinrichtung geschuldet, durch welche die ansprechende Person
bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat,
versichert war (Art. 23 lit. a BVG; BGE 135 V 13 E. 2.6 S. 17). Für die
Bestimmung der Leistungszuständigkeit ist eine dauerhafte Einbusse an
funktionellem Leistungsvermögen im bisherigen Beruf von mindestens 20 Prozent
massgebend (BGE 134 V 20 E. 3.2.2 S. 23; Urteile 9C_98/2013 vom 4. Juli 2013 E.
4.1 [SVR 2014 BVG Nr. 1 S. 1], 9C_297/2010 vom 23. September 2010 E. 2.1 [SVR
2011 BVG Nr. 14 S. 51], 9C_772/2007 vom 26. Februar 2008 E. 3.2; JÜRG
BRÜHWILER, Obligatorische berufliche Vorsorge, in: Meyer [Hrsg.], Soziale
Sicherheit, Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Band XIV, Basel 2007, S.
2042 Rz. 105).
Die Leistungspflicht setzt einen engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang
zwischen der während des Vorsorgeverhältnisses eingetretenen Arbeitsunfähigkeit
und der späteren Invalidität voraus. Der sachliche Konnex ist gegeben, wenn der
Gesundheitsschaden, welcher zur Arbeitsunfähigkeit geführt hat, im Wesentlichen
derselbe ist, wie er der Erwerbsunfähigkeit zugrunde liegt (BGE 134 V 20 E. 3.2
S. 22). Ein enger zeitlicher Zusammenhang liegt vor, wenn die versicherte
Person nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit nicht während längerer Zeit, d.h.
in der Regel während mindestens dreier Monate (vgl. Art. 88a Abs. 1 IVV [SR
831.201]), wieder (annähernd) vollständig arbeitsfähig war (Urteil 9C_98/2013
vom 4. Juli 2013 E. 4.1).

5.1.2. Diese Grundsätze gelten ebenfalls, wenn eine Vorsorgeeinrichtung ihre
Leistungspflicht mit der Begründung verneinen will, eine
berufsvorsorgerechtlich bedeutsame Arbeitsunfähigkeit habe bereits vor Beginn
des Vorsorgeverhältnisses bestanden (vgl. Urteil 9C_394/2012 vom 18. Juli 2012
E. 3.1.2). Zudem finden sie auch in der weitergehenden Vorsorge Anwendung, wenn
Reglement oder Statuten nichts anderes vorsehen (BGE 136 V 65 E. 3.2 S. 69).

5.2. Ein Entscheid der IV-Stelle oder - im Beschwerdefall - des kantonalen
Sozialversicherungsgerichts (Art. 57 ATSG) ist für eine Einrichtung der
beruflichen Vorsorge verbindlich, sofern sie in das
invalidenversicherungsrechtliche Verfahren einbezogen wurde, die konkrete
Fragestellung für die Beurteilung des Rentenanspruchs gegenüber der
Invalidenversicherung entscheidend war und die invalidenversicherungsrechtliche
Betrachtungsweise aufgrund einer gesamthaften Prüfung der Akten nicht als
offensichtlich unhaltbar erscheint (BGE 133 V 67 E. 4.3.2 S. 69; 130 V 270 E.
3.1 S. 273). Diese Bindungswirkung findet ihre positivrechtliche Grundlage in
den Art. 23, 24 Abs. 1 und 26 Abs. 1 BVG, welche an die Regelung des IVG
anknüpfen oder diese übernehmen. Die Orientierung an der Invalidenversicherung
bezieht sich insbesondere auf die sachbezüglichen Voraussetzungen des
Rentenanspruchs, die Rentenhöhe und den Rentenbeginn (BGE 133 V 67 E. 4.3.2 S.
69).

5.3. Die Frage nach der Bindung der Vorsorgeeinrichtung an die
invalidenversicherungsrechtliche Betrachtungsweise ist eine vom Bundesgericht
frei zu prüfende Rechtsfrage. Dabei ist es grundsätzlich (E. 1.1) an die
vorinstanzlichen Feststellungen betreffend den Einbezug der Vorsorgeeinrichtung
in das invalidenversicherungsrechtliche Verfahren und die Umstände, die auf
eine Unhaltbarkeit des entsprechenden Entscheids schliessen lassen, gebunden.
Die Fragen, nach welchen Gesichtspunkten die Entscheidung über eine
Unhaltbarkeit erfolgt, und ob eine allfällige Unhaltbarkeit offensichtlich ist,
beschlagen indessen rechtliche Aspekte (vgl. Urteile 9C_599/2013 vom 24.
Februar 2014 E. 2 und 9C_140/2012 vom 12. April 2012 E. 3.2.1, je mit
Hinweisen).

5.4.

5.4.1. Die Vorinstanz hat zwar Feststellungen betreffend die Arbeitsfähigkeit
des Beschwerdegegners getroffen, indessen die von ihr bejahte (E. 4.1) Bindung
an die invalidenversicherungsrechlliche Betrachtungsweise nicht näher begründet
(vgl. E. 2.4.2 und 3.3.4 des angefochtenen Entscheids).

5.4.2. Im Entscheid vom 18. Juni 2008, mit dem das kantonale Gericht den
Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung abschliessend beurteilte,
wurde festgestellt, dass dem Versicherten die angestammte Tätigkeit als
selbstständiger Bildhauer und Museologe nicht mehr zumutbar sei, aber für eine
leidensangepasste Tätigkeit wie das Taxifahren eine Restarbeitsfähigkeit von 50
% bestehe. Den Beginn der Arbeitsunfähigkeit legte das Gericht auf den 16. Juni
2004 fest, d.h. auf den Zeitpunkt, als sich der Beschwerdegegner in eine
stationäre Behandlung begeben hatte. Für das Valideneinkommen von Fr. 65'819.65
stellte es auf das 1997 bis 2001 durchschnittlich bei einem
Restaurationsunternehmen tatsächlich erzielte Jahreseinkommen ab. Dabei
berücksichtigte es, dass das Ende der damaligen Tätigkeit mit der Aufnahme des
Nachdiplomstudiums in Museologie und einer ersten schweren depressiven Episode
zusammengefallen sei und der Versicherte (im Vergleichsjahr 2005) als Gesunder
- mit der inzwischen erfolgreich abgeschlossenen Zusatzausbildung - mindestens
wieder das frühere Einkommen erzielen würde. Aufgrund des errechneten
Invaliditätsgrades von 59 % sprach es dem Versicherten eine halbe Rente der
Invalidenversicherung ab 1. Juni 2005 zu.

5.5.

5.5.1. Die PUK wurde nicht nur in das Verwaltungsverfahren der
Invalidenversicherung einbezogen, sondern auch zum entsprechenden gerichtlichen
Beschwerdeverfahren beigeladen.

5.5.2. Die Fragen, die sich in Bezug auf die Leistungspflicht der PUK stellen,
waren auch für die invalidenversicherungsrechtliche Beurteilung relevant: Art.
16 lit. a Abs. 1 Reglement vermittelt Anspruch auf eine Invalidenrente bei
"Erwerbsunfähigkeit im Sinne der Eidgenössischen Invalidenversicherung", wobei
die Auszahlung der Rente erst nach Ablauf der in Ziff. 3 des spezifischen
Vorsorgeplans vom 8. August 2003 aufgeführten Wartefrist von 24 Monaten
erfolgt. Art. 16 lit. a Abs. 2 Reglement verweist für den "Grad der
Erwerbsunfähigkeit" auf den "von der Eidg. IV festgesetzten Grad". Damit steht
fest, dass der reglementarische Invaliditätsbegriff jenem der
Invalidenversicherung entspricht. Was den Eintritt der relevanten
Arbeitsunfähigkeit und den Einkommensvergleich anbelangt, so gelten für die PUK
mangels (abweichender) reglementarischer Bestimmung ebenfalls die
invalidenversicherungsrechtlichen Vorgaben (Art. 28 Abs. 1 lit. b IVG resp.
Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG in der bis 31. Dezember 2007 geltenden Fassung; Art.
16 ATSG).
Die Ausführungen der Beschwerdeführerin zum Vorliegen einer "Mischverfügung"
und der in diesem Zusammenhang stehende Verweis auf das Urteil B 92/06 vom 13.
März 2007betreffen den sachlichen Konnex (E. 5.1.1; vgl. Urteile B 92/06 vom
13. März 2007 E. 4.2 in fine und E. 4.3; B 34/01 vom 15. November 2001 E. 2b;
HANS-ULRICH STAUFFER, Die berufliche Vorsorge BVG/FZG/ZGB/OR/FusG/ ZPO, 3.
Aufl. 2013, S. 60 f.). Die Vorinstanz sprach dem Beschwerdegegner die Rente der
Invalidenversicherung aufgrund seiner psychischen Beschwerden und einer
Neurodermitis zu. Es ist nicht ersichtlich und wird auch nicht (substanziiert)
geltend gemacht, dass diese Leiden die Arbeitsfähigkeit nicht auch schon
während der Versicherungsdauer einschränkten. Was die Phase vor
Versicherungsbeginn bei der Beschwerdeführerin (1. Juli 2003) anbelangt, so war
für die Invalidenversicherung hinsichtlich der Arbeits (un) fähigkeit die Zeit
ab September 2002 massgeblich, da nach der bis 31. Dezember 2007 geltenden
Bestimmung von Art. 48 Abs. 2 IVG eine Rentenzahlung bereits ab September 2003
in Betracht fiel.

5.5.3. Das kantonale Gericht stützte sich im Entscheid vom 18. Juni 2008 für
seine Feststellungen zur Arbeitsunfähigkeit und deren Eintritt (E. 5.4.2) auf
die medizinische Aktenlage. Zwar litt der Beschwerdegegner schon vor Beginn des
Versicherungsverhältnisses unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen, und im
Bericht der psychiatrischen Universitätsklinik Basel vom 9. November 2004 wurde
ihm (retrospektiv; vgl. Urteil 9C_599/2013 vom 24. Februar 2014 E. 4.2.2) eine
Einschränkung der Arbeitsfähigkeit von "mind. 20 % seit Jahren" attestiert.
Diese Umstände genügen indessen nicht, die hier interessierenden Feststellungen
der Vorinstanz als offensichtlich unhaltbar erscheinen zu lassen, zumal dieser
keine echtzeitliche Bescheinigung einer vor Versicherungsbeginn eingetretenen
und seither ununterbrochen anhaltenden (E. 5.1.1 Abs. 2) Arbeitsunfähigkeit
vorlag.
Es ist auch nicht willkürlich, dass das Valideneinkommen wesentlich höher als
der 2003 bei der PUK versicherte Jahresverdienst festgesetzt wurde: Anders als
bei diesem handelt es sich bei jenem um das hypothetische Erwerbseinkommen, das
die versicherte Person erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre
(Art. 16 ATSG). Bei dessen Festsetzung - für das hier massgebliche
Vergleichsjahr 2005 (vgl. BGE 129 V 222 E. 4.2 S. 224) - griff das kantonale
Gericht auf ein früher tatsächlich erzieltes Einkommen und nicht auf die
Tätigkeit als Selbstständigerwerbender (vgl. BGE 135 V 58 E. 3.4.6 S. 64)
zurück. Indessen hätte es angesichts des Umstandes, dass die frühere Anstellung
(soweit ersichtlich) nicht krankheitsbedingt aufgegeben worden war,
praxisgemäss auch auf die Lohnstrukturerhebung des Bundesamtes für Statistik
(LSE) abstellen können. Dabei wäre dem beruflichen Werdegang und der durch das
Nachdiplomstudium gesteigerten beruflichen Qualifikation durch die Wahl des
entsprechenden Wirtschaftszweiges und die Berücksichtigung des
Anforderungsniveaus 1+2 (Verrichtung höchst anspruchsvoller und schwierigster
resp. selbstständiger und qualifizierter Arbeiten) Rechnung zu tragen gewesen.
Gemäss LSE 2004, Tabelle TA7, Position 13 (Restaurieren, Kunsthandwerk) hätte
sich ein monatlicher Bruttolohn von Fr. 5'438.- ergeben, woraus unter
Berücksichtigung der betriebsüblichen Wochenarbeitszeit (41,6 Stunden) und der
Teuerung (0,9 %) für das Jahr 2005 ein Jahreslohn von Fr. 68'477.- resultiert
hätte. Damit ist auch die invalidenversicherungsrechtliche
Invaliditätsbemessung nicht offensichtlich unhaltbar.

5.6. Bei diesem (Zwischen-) Ergebnis war die Vorinstanz nicht verpflichtet, im
Klageverfahren weitere Abklärungen und Feststellungen zum Beginn der
Arbeitsunfähigkeit oder zum Valideneinkommen zu treffen. Auf die entsprechenden
Vorbringen der Beschwerdeführerin ist nicht näher einzugehen. Die PUK ist
gegenüber dem Beschwerdegegner für eine Erwerbsunfähigkeit von 59 %
leistungspflichtig.

6. 
In Bezug auf die Rückforderung von zu hoch ausgefallenen Rentenzahlungen (E.
4.1) macht die Beschwerdeführerin einzig geltend, dass nicht die einjährige
Verjährungsfrist von Art. 35a Abs. 2 BVG, sondern die zehnjährige von Art. 127
OR zur Anwendung komme. Dabei übersieht sie, dass laut Art. 49 Abs. 2 Ziff. 4
BVG (in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 BVG) die Vorschriften über die
Rückerstattung zu Unrecht bezogener Leistungen gemäss Art. 35a BVG auch in der
weitergehenden Vorsorge Anwendung finden. Die Beschwerde ist auch in diesem
Punkt unbegründet.

7. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend werden die Gerichtskosten der
Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Ausnahmeregelung von
Art. 66 Abs. 4 BGG ist nicht anwendbar, da die Vorsorgeeinrichtung in ihrem
Vermögensinteresse handelt. Ausserdem hat der Beschwerdegegner Anspruch auf
eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 1'784.70 zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Basel-Stadt und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 16. Dezember 2015
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Die Gerichtsschreiberin: Dormann

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