Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 646/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
9C_646/2014        
{T 0/2}

Urteil vom 17. Dezember 2014

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Kernen, Präsident,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Glanzmann,
Gerichtsschreiber Schmutz.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Simon Krauter,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente; Revision),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 11. Juli 2014.

Sachverhalt:

A.

A.a. Der 1964 geborene A.________ war ab 1990 bis zur Auflösung seines letzten
Arbeitsverhältnisses Ende 1999 auf dem Bau tätig. Am 23. Oktober 2000 meldete
er sich unter Angabe von Rückenschmerzen bei der Invalidenversicherung zum
Leistungsbezug an. Gestützt auf ein Gutachten der MEDAS vom 14. August 2003
sprach ihm die IV-Stelle des Kantons Zürich mit Verfügung vom 3. März 2004 ab
dem 1. April 2001 eine halbe Härtefallrente zu (Invaliditätsgrad von 42 %).
Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 24. November 2004 fest. Die
hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich mit Entscheid vom 25. Juli 2005 ab.

A.b. Im Zuge einer im Februar 2006 eingeleiteten Rentenrevision liess die
IV-Stelle A.________ durch die Integrierte Psychiatrie B.________ begutachten
(Expertise vom 24. April 2007). Mit Verfügung vom 26. Juli 2007 sprach sie ihm
basierend auf einem Invaliditätsgrad von 62 % ab 1. Juli 2007 eine
Dreiviertelsrente zu. Anlässlich einer weiteren Revision bestätigte sie am 3.
Februar 2009 den bisherigen Rentenanspruch.

A.c. Im Juni 2012 ordnete die IV-Stelle eine bidisziplinäre Begutachtung durch
Dr. med. C.________, Facharzt für Rheumatologie und Innere Medizin, und Dr.
med. D.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, an (Gutachten vom
18. Oktober 2012). Nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren stellte sie die
Rentenleistungen mit Verfügung vom 26. April 2013 ein (Invaliditätsgrad von 30
%).

B. 
Die von A.________ eingereichte Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht
des Kantons Zürich mit Entscheid vom 11. Juli 2014 ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen.
Er beantragt, der kantonale Entscheid und die angefochtene Verfügung seien
aufzuheben; es sei ihm weiterhin eine Dreiviertelsrente auszurichten;
eventualiter sei die Streitsache zur Durchführung weiterer medizinischer
Abklärungen an die Vorinstanz bzw. die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen.
Die IV-Stelle beantragt die Abweisung der Beschwerde. Die Vorinstanz und das
Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 
Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG).
Seinem Urteil legt es den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz,
auf Rüge hin oder von Amtes wegen, berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht, und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 105 Abs. 2 BGG).

2. 
Streitgegenstand bildet die vorinstanzlich betätigte revisionsweise Aufhebung
der Dreiviertelsrente.

2.1. Ändert sich der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines
Rentenbezügers erheblich, so wird die Rente von Amtes wegen oder auf Gesuch hin
für die Zukunft entsprechend erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben (Art. 17 Abs.
1 ATSG; vgl. auch Art. 87 Abs. 2 und 3, Art. 88a und Art. 88bis IVV). Anlass
zur Rentenrevision gibt jede Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen, die
geeignet ist, den Invaliditätsgrad und damit den Rentenanspruch zu
beeinflussen. Die Invalidenrente ist daher nicht nur bei einer wesentlichen
Veränderung des Gesundheitszustandes, sondern auch dann etwa revidierbar, wenn
sich die erwerblichen Auswirkungen des an sich gleich gebliebenen
Gesundheitszustandes erheblich verändert haben oder eine andere Art der
Bemessung der Invalidität zur Anwendung gelangt (BGE 130 V 343 E. 3.5 S. 349).

2.2. Als Vergleichsbasis für die Beurteilung der Frage, ob bis zum Abschluss
des aktuellen Verwaltungsverfahrens eine anspruchserhebliche Änderung des
Invaliditätsgrades eingetreten ist, dient die letzte rechtskräftige Verfügung,
welche auf einer materiellen Prüfung des Rentenanspruchs mit rechtskonformer
Sachverhaltsabklärung, Beweiswürdigung und Durchführung eines
Einkommensvergleichs (bei Anhaltspunkten für eine Änderung in den erwerblichen
Auswirkungen des Gesundheitszustands) beruht (BGE 133 V 108; vgl. auch SVR 2010
IV Nr. 54 S. 167, 9C_899/2009 E. 2.1). Dabei braucht es sich nicht um eine
formelle Verfügung (Art. 49 ATSG) zu handeln. Ändert sich nämlich nach
durchgeführter Rentenrevision als Ergebnis einer materiellen Prüfung des
Rentenanspruchs nichts und eröffnet die IV-Stelle deswegen das
Revisionsergebnis gestützt auf Art. 74ter lit. f IVV auf dem Weg der blossen
Mitteilung (Art. 51 ATSG), ist im darauf folgenden Revisionsverfahren zeitlich
zu vergleichender Ausgangssachverhalt derjenige, welcher der Mitteilung
zugrunde lag (SVR 2010 IV Nr. 4 S. 7, 9C_46/2009 E. 3.1; Ulrich Meyer/Marco
Reichmuth, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum IVG, 3. Aufl. 2014, S. 430).

2.3. Ist eine anspruchserhebliche Änderung des Sachverhalts nicht mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt, bleibt es nach dem Grundsatz der
materiellen Beweislast beim bisherigen Rechtszustand (SVR 2012 IV Nr. 18 S. 81,
9C_418/2010 E. 3.1; vgl. SVR 2010 IV Nr. 30 S. 94, 9C_961/2008 E. 6.3).

3. 
Die Verfügung vom 26. Juli 2007 bildet die Vergleichsbasis für die Beurteilung
der Frage, ob bis zum Abschluss des aktuellen Verwaltungsverfahrens eine
anspruchserhebliche Änderung des Invaliditätsgrades eingetreten ist. Nach dem
Gutachten der Dres. med. C.________ und D.________ vom 18. Oktober 2012 besteht
eine medizinisch ausgewiesene Restarbeitsfähigkeit von 30 % in der bisherigen
und 75 % in einer leidensangepassten Tätigkeit. Der Beschwerdeführer rügt,
gemäss der Rechtsprechung genüge eine abweichende ärztliche Beurteilung des
früheren Gesundheitszustandes und seiner Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit
für eine Rentenrevision nicht. Dieser Einwand ist dringt nicht durch. Es trifft
zwar zu, dass dem Beschwerdeführer seit 2003 eine depressive Störung attestiert
wird, so auch im neuesten Gutachten des Dr. med. D.________. Dieser
beantwortete die Zusatzfrage nach einer Veränderung des Gesundheitszustandes
aber dahingehend, dass sich die Gesamtproblematik entwickelt habe und die
psychosomatische Überlagerung stärker geworden sei. Seit Herbst 2011 habe sich
die psychische Störung auf eine leichtgradige depressive Episode reduziert. Die
psychosomatische Überlagerung könne mit Hilfe der Foerster-Kriterien beurteilt
werden. Hier habe sich die psychische Komorbidität seit Herbst 2011 gebessert.
Die Schmerzproblematik schränke die Arbeitsfähigkeit nicht um mehr als 25 %
ein. Die anlässlich der Begutachtung durch die Integrierte Psychiatrie
B.________ im Frühjahr 2007 festgestellten Konzentrations-, Merk-, Gedächtnis-,
Denk- und Antriebsstörungen lagen bei der Exploration durch Dr. med. D.________
ebenfalls nicht mehr vor. Auch hat der Beschwerdeführer nach dem Gutachten
ausgeführt, die Depression habe sich seit 2011 gebessert. Die Einschätzung, die
depressive Episode bestehe seither nur noch in leichtgradiger Ausprägung, ist
plausibel, denn der geschilderte Tagesablauf spricht gegen das Vorliegen eines
mittelgradigen depressiven Geschehens. Insgesamt hat sich somit der
Gesundheitszustand seit dem Frühjahr 2007 verbessert.

4. 
Der gerichtliche Überprüfungszeitraum erstreckt sich grundsätzlich nur auf den
Sachverhalt, wie er sich bis zum Erlass der streitigen Verfügung (hier: 26.
April 2013) verwirklicht hat (BGE 130 V 445 E. 1.2 S. 446). Seit dann waren
also bereits gut dreiviertel Jahre vergangen bis zum Bericht des Medizinischen
Zentrums E.________ vom 22. Januar 2014, in dem aus somatischer, d.h.
insbesondere aus anästhesiologischer, wirbelsäulenchirurgischer und
orthopädisch-chirurgischer Sicht eine Arbeitsunfähigkeit von 50 % attestiert
worden war. Auch konnte in antizipierter Beweiswürdigung darauf verzichtet
werden, ein polydisziplinäres Gutachten einzuholen. Wegen der unterschiedlichen
Natur von Behandlungsauftrag der therapeutisch tätigen (Fach-) Ärzte (wie der
Ärzte des Medizinischen Zentrums E.________) und Begutachtungsauftrag des
amtlich bestellten medizinischen Experten ist es nicht geboten, ein
Administrativ- oder Gerichtsgutachten stets in Frage zu stellen und zum Anlass
weiterer Abklärungen zu nehmen, wenn die behandelnden Ärzte zu anderen
Einschätzungen gelangen als die Experten (BGE 124 I 170 E. 4 S. 175). Entgegen
dem in der Beschwerde gemachten Hinweis finden seit der Begutachtung durch die
Integrierte Psychiatrie B.________ im Frühjahr 2007 keine anderen
versicherungsmedizinischen Beurteilungsparameter Anwendung.

5. 
Eine anspruchserhebliche Änderung des Sachverhaltes ist mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit erstellt und der Beschwerdeführer in einer
leidensangepassten Tätigkeit somit grundsätzlich wieder voll arbeitsfähig. Die
vorinstanzliche Würdigung der gutachterlichen Arbeitsunfähigkeitsschätzung
durch Dr. med. D.________ (25 % aus psychiatrischer Sicht) verletzt kein
Bundesrecht, da die verbindlich festgestellte leichtgradige depressive Episode
nicht invalidisierend ist.

6. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 17. Dezember 2014

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Kernen

Der Gerichtsschreiber: Schmutz

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