Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 597/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_597/2014

Urteil vom 10. Dezember 2014

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Kernen, Präsident,
Bundesrichterinnen Pfiffner, Glanzmann,
Gerichtsschreiber Grünenfelder.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

SUPRA-1846 SA,
Chemin des Plaines 2, 1007 Lausanne,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Krankenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern
vom 19. Juni 2014.

Sachverhalt:

A. 
Der 1976 geborene A.________ ist bei der SUPRA-1846 SA (nachfolgend: SUPRA)
obligatorisch krankenversichert. Er meldete sich für deren elektronische
Plattform "SUPRAnet" an, welche die Korrespondenz via Internet vorsieht. Die
SUPRA leitete zwei Betreibungen für die ausstehenden Prämien vom 1. Januar bis
31. März 2013 einerseits und vom 1. April bis 31. Mai 2013 andererseits ein.
Gegen beide Zahlungsbefehle Nr. xxx und Nr. yyy erhob der Versicherte jeweils
Rechtsvorschlag. Diese beseitigte die SUPRA mit Verfügungen vom 24. Juli und
25. September 2013. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 13. Dezember
2013 fest.

B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern
mit Entscheid vom 19. Juni 2014 ab.

C. 
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und
beantragt, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben, die erhobenen
Rechtsvorschläge seien zu bestätigen und das Betreibungsamt sei anzuweisen, die
Betreibungen zu löschen; eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz
zurückzuweisen.
Die SUPRA beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit
verzichtet auf eine Vernehmlassung. A.________ lässt sich mit einer ergänzenden
Stellungnahme zur Sache vernehmen.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung
der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig
ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105
Abs. 2 BGG).

2. 
Gemäss Art. 64a Abs. 1 KVG hat der Versicherer einer versicherten Person, die
fällige Prämien oder Kostenbeteiligungen nicht bezahlt, nach mindestens einer
schriftlichen Mahnung eine Zahlungsaufforderung zuzustellen, ihr eine Nachfrist
von 30 Tagen einzuräumen und sie auf die Folgen des Zahlungsverzuges (Abs. 2)
hinzuweisen.
Ziffer 5e der Nutzungsbestimmungen von "SUPRAnet" (nachfolgend:
Nutzungsbestimmungen) lautet wie folgt:

"Mit der Beitrittserklärung zum Online-Vertrag SUPRAnet verzichtet die
Vertragspartei auf jeglichen Versand via Postweg. Es liegt in ihrer
Verantwortung, SUPRAnet zu konsultieren und ihren finanziellen Verpflichtungen
gegenüber der SUPRA mit Hilfe eines elektronischen Zahlungsverkehrssystems der
Post oder der Bank oder per Lastschriftverfahren fristgerecht nachzukommen. Die
Vertragspartei wird darauf aufmerksam gemacht, dass ihr die SUPRA mit Ausnahme
von Dokumenten, die nicht auf elektronischem Weg übermittelt werden können,
keine Informationen auf dem Postweg zukommen lässt. Es ist Sache der
Vertragspartei, die auf SUPRAnet publizierten Dokumente wie Policen,
Versicherungsbedingungen, Einzahlungsscheine, Leistungsabrechnungen,
Kontoauszüge u.ä. zur Kenntnis zu nehmen."

3.

3.1. Die Vorinstanz hat hinsichtlich der Prämien für die Monate Januar bis März
2013 festgestellt, dass die Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführer mit den als
"Zahlungserinnerung" bezeichneten Schreiben vom 21. Februar und 13. März 2013
erstmals auf die ausstehenden Prämienzahlungen hingewiesen habe. Am 27. März
2013 habe sie ihre Prämienforderungen unter Einräumung einer dreissigtägigen
Nachzahlungsfrist gemahnt, verbunden mit der Androhung einer Betreibung, sollte
die Zahlung nicht innert der angesetzten Frist erfolgen. Die Schreiben seien
dem Beschwerdeführer via "SUPRAnet" in seinen elektronischen Briefkasten
zugestellt worden. Dies hat das Verwaltungsgericht als hinreichend erachtet.
In Bezug auf die Prämien für die Monate April und Mai 2013 geht aus dem
angefochtenen Entscheid in sachverhaltlicher Hinsicht hervor, dass die
Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführer im Schreiben vom 24. Mai 2013 erstmals
an die ausstehenden Zahlungen erinnert habe. Mit "letzter Mahnung" sei der
Beschwerdeführer am 27. Juni 2013 zur Prämienzahlung aufgefordert worden. Diese
Mitteilung habe die Betreibungsandrohung und die dreissigtägige Zahlungsfrist
beinhaltet. In der Einsprache vom 25. Oktober 2013 habe der Beschwerdeführer
auf ein Schreiben vom 19. September 2013 und in der Beschwerde vom 14. Januar
2014 auf ein solches vom 31. Oktober 2013 verwiesen, die ihm die
Beschwerdegegnerin beide mit gewöhnlicher Post zugestellt habe. Es erscheine
damit wenig plausibel, dass er ausgerechnet die Mahnungen für die Prämien der
Monate April und Mai 2013 nicht erhalten haben soll.

3.2. Es ist nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht den Sachverhalt
offensichtlich unrichtig oder unvollständig festgestellt hat. Insbesondere
liegt nicht schon dann eine offensichtliche Unrichtigkeit vor, wenn es
allenfalls im Bereich des Möglichen liegt, dass die erwähnte Korrespondenz dem
Beschwerdeführer nicht zugegangen sein könnte (vgl. BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9;
Urteil 9C_967/2008 vom 5. Januar 2009 E. 5.1). Das Fehlen eines
"Postrückläufers" bringt diesbezüglich keine verwertbaren Erkenntnisse. Eine
Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes ist nicht ersichtlich. Ebenso liegen
keine Anhaltspunkte für eine willkürliche Beweiswürdigung vor. Damit sind die
vorinstanzlichen Tatsachenfeststellungen für das Bundesgericht verbindlich (E.
1).

4. 
Die Vorinstanz hat in rechtlicher Hinsicht erwogen, dass Schriftlichkeit im
Sinne von Art. 64a Abs. 1 KVG einzig als Gegensatz zu blosser Mündlichkeit zu
verstehen sei. Ob der Krankenversicherer seine Mahnungen in Papierform oder via
"SUPRAnet" als PDF-Dokument zustellen wolle, bleibe ihm überlassen. Der
Beschwerdeführer rügt, die als PDF via "SUPRAnet" hinterlegte Mahnung genüge
dem Formerfordernis der Schriftlichkeit nicht. Den auf "SUPRAnet" hinterlegten
PDF-Dokumenten fehle es ausserdem an einer elektronischen Signatur und an der
Urkundenqualität. Streitig ist damit, ob die von der Beschwerdegegnerin
gewählte Zustellung als PDF-Dokument den formellen Anforderungen gemäss Art.
64a Abs. 1 KVG genügt.

4.1. Die Auslegung des Gesetzes ist auf die Regelungsabsicht des Gesetzgebers
und die von ihm erkennbar getroffenen Wertentscheidungen auszurichten.
Ausgangspunkt der Auslegung einer Norm bildet ihr Wortlaut. Vom daraus
abgeleiteten Sinn ist abzuweichen, wenn triftige Gründe dafür bestehen, dass
der Gesetzgeber diesen nicht gewollt haben kann (vgl. BGE 136 V 84 E. 4.3.2.1
S. 92). Solche Gründe können sich insbesondere aus der Entstehungsgeschichte
der Norm, aus ihrem Zweck oder aus dem Zusammenhang mit anderen Vorschriften
ergeben (BGE 135 IV 113 E. 2.4.2 S. 116; 135 V 382 E. 11.4.1 S. 404; 127 III
318 E. 2b S. 322 f.).

4.2. Nach dem Wortlaut von Art. 64a Abs. 1 KVG muss die Mahnung des
Versicherers "schriftlich" erfolgen ( "un rappel écrit"; "un sollecito
scritto"). Darunter ist gemäss dem alltäglichen Sprachgebrauch die
Überlieferung eines Textes auf Papier zu verstehen.

4.3. Im Obligationenrecht bedarf die Mahnung grundsätzlich keiner besonderen
Form, wenn sie genügend bestimmt und deutlich ist ( ROLF H. WEBER, in: Berner
Kommentar, 2000, N. 82 zu Art. 102 OR). Das Sozialversicherungsrecht weicht
schon in Art. 49 Abs. 1 ATSG vom obligationenrechtlichen Grundsatz ab. Daraus
geht hervor, dass der Leistungsträger über Leistungen, Forderungen und
Anordnungen, die erheblich sind oder mit denen die betroffene Person nicht
einverstanden ist, schriftlich Verfügungen zu erlassen hat. Die Rechtsprechung
hat das Erfordernis der Schriftlichkeit im Bereich der Massenverwaltung jedoch
erheblich relativiert. So stellt die Unterschrift bei Massenverfügungen kein
Gültigkeitserfordernis dar. Vielmehr muss die verfügende Instanz die
Möglichkeit haben, sich gedruckter Formulare zu bedienen oder Verfügungen auf
elektronischem Weg zu erlassen (Urteil 5P.178/2003 vom 2. Juni 2003 E. 3.3 mit
Hinweis auf BGE 105 V 248 E. 4b S. 252). Mit Blick auf diese Rechtsprechung
kann für die Mahnungen eines Krankenversicherers, die ebenfalls ein
Massengeschäft darstellen (vgl. BBl 2004 4340), nichts anderes gelten. Auch
hier kann die Unterschrift aus systematischen Überlegungen kein
Gültigkeitserfordernis für die Mahnung darstellen. Auch neuere Gesetze
verlangen lediglich eine Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht (vgl.
Art. 17 Abs. 2 ZPO; Art. 5 Abs. 1 und 178 Abs. 1 IPRG [SR 291]).

4.4. Der Zweck der in Art. 64a Abs. 1 KVG enthaltenen Vorgaben bezüglich des
Mahnverfahrens besteht in einer Warn- und Schutzfunktion. Die Versicherer
müssen gegen säumige Versicherte ein mehrstufiges Mahnverfahren durchführen,
bevor sie ihre Leistungen aufschieben und betreibungsrechtliche Schritte
einleiten (BBl 2004 4340). Hintergrund ist gemäss der Botschaft des Bundesrates
vom 26. Mai 2004, dass gemäss konstanter Rechtsprechung (vgl. BGE 125 V 266)
für Versicherte ungeachtet ausstehender Prämien und Kostenbeteiligungen die
Möglichkeit eines Versicherungswechsels bestand. Dies führte zur Aufhebung des
damaligen Art. 9 Abs. 3 KVV (SR 832.102) per 1. Januar 2003 (AS 2002 3908). Mit
Art. 64a KVG wurde eine neue gesetzliche Grundlage geschaffen. Das in Abs. 1
geregelte Mahnverfahren sollte einerseits angesichts der auf einem hohen Niveau
stabilen Zahlungsausstände den Vollzug der Prämienzahlungs- und
Kostenbeteiligungspflicht gewährleisten (BBl 2004 4340). Andererseits bietet es
den Versicherten den erwähnten Schutz vor der Zwangsvollstreckung. Sie haben
auch nach ein- oder mehrmaliger Mahnung durch den Krankenversicherer noch die
Möglichkeit, Vereinbarungen über die ausstehenden Zahlungen zu treffen oder
ihren Zahlungspflichten direkt nachzukommen, bevor der Krankenversicherer eine
Betreibung anheben darf (vgl. auch BBl 2009 6620). Die vom Gesetzgeber
bezweckte Warn- und Schutzfunktion ist bei einer Mahnung im PDF-Format ebenso
erfüllt wie in Papierform; die Möglichkeiten des betroffenen Versicherten, die
Betreibung abzuwenden, sind dadurch nicht beeinträchtigt.

4.5. Somit ist bis hierhin festzuhalten, dass die Beschwerdegegnerin den
Beschwerdeführer durch das auf "SUPRAnet" gespeicherte PDF-Dokument
grundsätzlich gültig gemahnt hat. Die elektronische Hinterlegung im PDF-Format,
entsprechend den Nutzungsbestimmungen des Online-Vertrags (vgl. E. 5
nachfolgend), genügt den formellen Anforderungen gemäss Art. 64a Abs. 1 KVG;
eine Mahnung in Papierform ist nicht erforderlich. Mit diesem
Auslegungsresultat stimmt auch die in der Literatur vertretene und von der
Vorinstanz zitierte Auffassung überein, wonach PDF-Dokumente die Erfordernisse
der Dauerhaftigkeit und Beständigkeit gleichermassen erfüllen wie
Papierdokumente (vgl. INGEBORG SCHWENZER, in: Basler Kommentar,
Obligationenrecht, 3. Aufl. 2003, N. 3 zu Art. 13 OR S. 130; CLAIRE HUGUENIN,
Obligationenrecht, 2. Aufl. 2014, S. 107). Was schliesslich den
zivilprozessualen Urkundenbegriff anbelangt, so ist dieser ohnehin weiter
gefasst als die einfache Schriftlichkeit und damit für die hier zu beurteilende
Frage ohne Belang (vgl. THOMAS WEIBEL, in: Kommentar zur Schweizerischen
Zivilprozessordnung [ZPO], 2010, N. 9 ff. zu Art. 177 ZPO S. 1063 f.).

5. 
Im Weiteren ist die Zulässigkeit von Ziffer 5e der Nutzungsbestimmungen (E. 2)
zu prüfen. Diesbezüglich erwog das Verwaltungsgericht, durch seine Anmeldung
für "SUPRAnet" habe sich der Beschwerdeführer mit der elektronischen Zustellung
von Mahnungen einverstanden erklärt und damit rechnen müssen. Zwar werde die
Mahnung in der bloss enumerativen Aufzählung von Ziffer 5e nicht explizit
erwähnt. Mangels einer konkreten Nennung derjenigen Dokumente, die per Post
zugestellt würden, sowie in Anbetracht des Wortlauts habe der Beschwerdeführer
aber nicht ohne Weiteres annehmen dürfen, dass die elektronische Zustellung von
Mahnungen ausgeschlossen sei. Vielmehr stünden diese in engem Zusammenhang mit
der durch "SUPRAnet" bezweckten, internetbasierten Abwicklung des Rechnungs-
und Zahlungswesens. Es sei daher vom Grundsatz der elektronischen Zustellung
auszugehen. Der Beschwerdeführer hält dem entgegen, die Vorinstanz hätte auf
Ziffer 5e die Ungewöhnlichkeits- und die Unklarheitsregel anwenden müssen. Die
Nichtaufzählung der Mahnung führe zur Unklarheit der fraglichen
Vertragsbestimmung. Dass die Beschwerdegegnerin von Art. 64a Abs. 1 KVG habe
abweichen wollen, sei für ihn nicht erkennbar gewesen.

5.1. Vorformulierte Vertragsbestimmungen sind grundsätzlich nach den gleichen
Regeln wie individuell verfasste Vertragsklauseln auszulegen (BGE 135 III 1 E.
2 S. 6). Die Ermittlung des mutmasslichen Parteiwillens erfolgt nach dem
Vertrauensgrundsatz. Dabei hat das Gericht vom Wortlaut auszugehen und die
Klauseln im Zusammenhang so auszulegen, wie sie nach den gesamten Umständen
verstanden werden durften und mussten (BGE 132 III 626 E. 3.1 S. 632 mit
Hinweisen); es hat dabei auch zu berücksichtigen, was sachgerecht erscheint.
Mehrdeutige Klauseln müssen gegen den Versicherer als deren Verfasser ausgelegt
werden. Die sog. Unklarheitsregel gelangt jedoch erst zur Anwendung, wenn die
übrigen Auslegungsmittel versagen (BGE 122 III 118 E. 2a S. 121; 124 III 155 E.
1b S. 158). Ungewöhnliche Bestimmungen sind nach der Ungewöhnlichkeitsregel
gänzlich unwirksam (vgl. BGE 140 V 50 E. 2.2 S. 51 f. mit Hinweisen).

5.2. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) enthalten keine
Bestimmungen zur "SUPRAnet"-Plattform. Art. 17.1 AVB ist bezüglich des
Zahlungsverzugs der versicherten Person Folgendes zu entnehmen (1. Satz) :

"Der Versicherte, der einer ersten Aufforderung zur Prämienzahlung keine Folge
leistet, wird gemahnt." 
Es fehlt an einer Vorschrift zur Form der Mahnung. Der Beschwerdeführer konnte
demnach aus den anwendbaren AVB selbst bei seinem Verständnis der
Schriftlichkeit nicht ohne Weiteres darauf schliessen, dass die Zustellung
einer Mahnung in Papierform erfolgt.

5.3. Dies bestätigt Ziffer 5e der Nutzungsbestimmungen. Daraus geht eindeutig
hervor, dass der Vertragspartei keine Informationen auf dem Postweg zugestellt
werden und die Kenntnisnahme der auf "SUPRAnet" hinterlegten Dokumente in deren
Risikobereich fällt (E. 2). Auch in der Präsentation von "SUPRAnet" wirbt die
Beschwerdegegnerin explizit damit, dass durch den Abschluss eines
Online-Vertrages die Zustellung von Briefpost und Einzahlungsscheinen wegfällt.
Dem Beschwerdeführer und jedem anderen Versicherten musste klar sein, dass der
Sinn und Zweck von "SUPRAnet" in der Kostenersparnis liegt, welche die
Beschwerdegegnerin gerade dadurch erreicht, dass sie keine Korrespondenz auf
dem Postweg zustellt. Dieser Zweck würde durch den Ausschluss des Mahnwesens
als Massengeschäft (E. 4.2) vom Grundsatz der elektronischen Zustellung
vereitelt. Demnach ist mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass sich die
Anwendbarkeit von Ziffer 5e der Nutzungsbestimmungen auf Mahnungen für den
durchschnittlichen Leser ohne Weiteres aus der Gesamtbetrachtung ergibt. Da die
konkrete Vertragsauslegung nach dem Vertrauensprinzip somit zu einem klaren
Ergebnis führt, bleibt für die Anwendung der Unklarheitsregel von vornherein
kein Raum (BGE 133 III 61 E. 2.2.2.3 S. 69). Dass Mahnungen in der Aufzählung
der Vertragsziffer 5e nicht ausdrücklich erwähnt sind, ändert daran nichts.
Vielmehr ergibt sich aus deren letztem Satz ausdrücklich, dass sogar Policen
auf "SUPRAnet" hinterlegt werden können. Auch dies musste für den
Beschwerdeführer darauf hindeuten, dass für Mahnungen, an die geringere
Rechtswirkungen geknüpft sind, nichts anderes gilt. Daraus folgt, dass es sich
bei den in Ziffer 5e genannten Versicherungsdokumenten lediglich um Beispiele
für auf "SUPRAnet" hinterlegbare Korrespondenz handelt; dazu sind aus dem
Zusammenhang auch Mahnungen zu zählen. Im Weiteren legt der Beschwerdeführer
nicht dar, inwiefern Ziffer 5e ungewöhnlich sein soll. Schliesslich lässt sich
auch aus Ziffer 5a des Online-Vertrages, der die Verantwortlichkeit für die
technischen Mittel zum Inhalt hat, nichts zu Gunsten des Beschwerdeführers
ableiten. Schon der Wortlaut der Bestimmung besagt klar, dass die
Vertragspartei das Risiko für Zugriffsschwierigkeiten trägt. Auch diese
Regelung war für den Beschwerdeführer und jede andere Vertragspartei ohne
Weiteres verständlich und zu erwarten. Der Beschwerdeführer begründet auch
bezüglich Ziffer 5a nicht, worin deren Ungewöhnlichkeit liegen soll. Das
Verwaltungsgericht hat nach dem Dargelegten im Ergebnis weder die Grundsätze
der normativen Vertragsauslegung verkannt noch das rechtliche Gehör verletzt.

5.4. Insgesamt ergibt sich aus der Gesetzesauslegung, dass die Zustellung der
Mahnung via "SUPRAnet" mit Art. 64a Abs. 1 KVG vereinbar ist. Die
Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer somit formgültig gemahnt und ihre
Prämienforderungen zu Recht in Betreibung gesetzt. Die Beschwerde ist
unbegründet.

6. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Bei diesem Ergebnis
erübrigen sich weitere Ausführungen zu einer Parteientschädigung für sich
selber vertretende Rechtsanwälte sowie zu einer allfälligen, damit
zusammenhängenden Praxisänderung.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 10. Dezember 2014
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Kernen

Der Gerichtsschreiber: Grünenfelder

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