Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 593/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_593/2014

Urteil vom 8. April 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Pfiffner,
Gerichtsschreiberin Dormann.

Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Beat Meyer,
Beschwerdeführerin,

gegen

Kanton Basel-Stadt, Gesundheitsdepartement, Gerbergasse 13, 4001 Basel,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Krankenversicherung (Tarifstreitigkeit),

Beschwerde gegen den Entscheid des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt
vom 6. Juni 2014.

Sachverhalt:

A. 
B.________ wohnte im Kanton Basel-Stadt, als sie vom 1. bis zum 27. Januar 2012
in der im Kanton Aargau gelegenen Privat-Klinik C.________ stationär behandelt
wurde. Hierfür stellte die A.________ AG dem Kanton Basel-Stadt den kantonalen
Beitrag (55 %) für 27 Behandlungstage in Rechnung (Fr. 10'617.75), wobei sie
eine Tagespauschale von Fr. 715.- berücksichtigte. Der Kanton Basel-Stadt
bezahlte einen Anteil an den Behandlungskosten (Fr. 9'058.50) auf der Basis
einer Tagespauschale von Fr. 610.-; diese entsprach dem (damals provisorischen)
KVG-Tarif für die Behandlung von Patienten, die im Kanton Aargau wohnen. Das
Gesundheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt, Bereich Gesundheitsversorgung,
lehnte es mit Verfügung vom 3. August 2012 ab, die geltend gemachte
Restforderung der Leistungserbringerin (Fr. 1'559.25) zu begleichen. Daran
hielt das Gesundheitsdepartement mit Rekursentscheid vom 9. September 2013
fest.

 Am 3. Juli 2013 genehmigte der Regierungsrat des Kantons Aargau einen neuen,
rückwirkend ab 1. Januar 2012 geltenden Tarifvertrag zwischen der A.________ AG
und dem Krankenversicherer von B.________ (Amtsblatt Nr. 28 vom 22. Juli 2013).
Damit wurde die Tagespauschale von Fr. 610.- auf Fr. 655.- angehoben, weshalb
der Kanton Basel-Stadt der Leistungserbringerin eine Nachzahlung von Fr. 668.25
leistete.

B. 
Das gegen den Rekursentscheid vom 9. September 2013 ergriffene Rechtsmittel
wies das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt mit Entscheid vom 6. Juni
2014 ab.

C. 
Die A.________ AG lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten beantragen, der Entscheid vom 6. Juni 2014 sei aufzuheben; der
Beitrag des Kantons Basel-Stadt an die Kosten der ausserkantonalen
Wahlhospitalisation der B.________ sei auf Fr. 10'617.75 festzusetzen und der
Kanton Basel-Stadt sei zu verpflichten, den noch offenen Restbetrag von Fr.
891.- zu bezahlen.

Das Gesundheitsdepartement des Kantons BaselStadt, das kantonale Gericht und
das Bundesamt für Gesundheit beantragen die Abweisung des Rechtsmittels. Die
A.________ AG lässt dazu mit einer weiteren Eingabe Stellung nehmen.

Erwägungen:

1.

1.1. Es steht fest, dass es sich bei der streitbetroffenen Leistung um eine
sogenannte "ausserkantonale Wahlbehandlung" im Sinne von Art. 41 Abs. 1bis KVG
handelt, da die von der Beschwerdeführerin betriebene Klinik zwar auf der
Spitalliste des Kantons Aargau (vgl. Art. 39 Abs. 1 lit. e KVG), nicht aber des
Wohnkantons der Patientin aufgeführt ist, und zudem die ausserkantonale
Hospitalisierung nicht medizinisch begründet war (vgl. Art. 41 Abs. 3 und 3bis
KVG). Weiter spricht nichts gegen die Annahme, dass der Spitalaufenthalt
medizinisch notwendig war und dem Standard der allgemeinen Abteilung (Art. 25
Abs. 2 lit. e KVG) entspricht.

1.2. Die Vorinstanz ist der Auffassung, die ausserkantonale Wahlbehandlung
stelle keine Pflichtleistung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung
(OKP) dar. Mit Kantonsgeldern dürfe keine Nichtpflichtleistung bezahlt werden.
Auch im Rahmen der Austauschbefugnis gehe es nicht an, dass der Kanton ein
ausserkantonales Spital über die Deckung von Kosten, die nicht durch
OKP-Pflichtleistungen anfielen, subventioniere. Daher sei für die
Kostenbeteiligung des Wohnkantons einer Patientin gleichwohl der KVG-Tarif des
Leistungserbringers, wie er für Einwohner seines Standortkantons gilt
("Standorttarif"), massgeblich.

2.

2.1. Die versicherte Person kann für die stationäre Behandlung unter den
Spitälern frei wählen, die auf der Spitalliste ihres Wohnkantons oder jener des
Standortkantons aufgeführt sind (Listenspital). Der Versicherer und der
Wohnkanton übernehmen bei stationärer Behandlung in einem Listenspital die
Vergütung anteilsmässig nach Artikel 49a höchstens nach dem Tarif, der in einem
Listenspital des Wohnkantons für die betreffende Behandlung gilt (Art. 41 Abs.
1bis KVG). Diese Bestimmung trat mit der Änderung vom 21. Dezember 2007 des
Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; Spitalfinanzierung; AS 2008
2049) auf den 1. Januar 2009 in Kraft und ist, laut den entsprechenden
Übergangsbestimmungen, seit 1. Januar 2012 umzusetzen.

 Das Bundesgericht hat sich in E. 3.3 des zur Publikation vorgesehenen Urteils
9C_96/2014 vom 25. März 2015 erstmals einlässlich mit der Bestimmung von Art.
41 Abs. 1bis KVG befasst und in deren Auslegung entschieden, dass die
ausserkantonale Wahlbehandlung - im Gegensatz zur früheren Rechtslage - der
Grundversorgung zuzurechnen und als Pflichtleistung der OKP zu qualifizieren
ist. Als solche untersteht sie insofern dem Tarifschutz, als dafür höchstens
der KVG-Tarif des Leistungserbringers verrechnet werden darf.

2.2. An dieser Rechtsprechung ändern die Vorbringen der Beschwerdeführerin, die
auf weiten Strecken die abweichende Auffassung ihres Rechtsvertreters enthalten
(vgl. BEAT MEYER, Ausserkantonale Wahlbehandlung - Tarifschutz und
Tarifgestaltung gemäss 3. KVG-Revision, SZS 2012 S. 391 ff.), nichts. Es ist
unbestritten, dass der Referenztarif (vgl. BGE 133 V 123 E. 8 S. 131 f.) des
Beschwerdegegners höher ist als die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte
Pauschale. Mit Blick auf die Kostenentwicklung im Gesundheitswesen und eine
möglichst freie Spitalwahl (vgl. Urteil 9C_96/2014 vom 25. März 2015 E. 3.3.2
Abs. 2 und 3) spricht nichts dagegen, dass der Wohnkanton gegebenenfalls von
einem KVG-Tarif, der unter seinem Referenztarif liegt, profitieren kann.
Angesichts der Rechtsnatur der umstrittenen Leistung ist auch auf die
Argumentation mit der Austauschbefugnis nicht weiter einzugehen.

Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz im Ergebnis zu Recht die Tagespauschale
von Fr. 655.- für massgeblich gehalten und einen weitergehenden Anspruch der
Beschwerdeführerin verneint. Die Beschwerde ist unbegründet.

3. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Appellationsgericht des Kantons
Basel-Stadt und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 8. April 2015

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Die Gerichtsschreiberin: Dormann

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