Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 586/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_586/2014

Urteil vom 3. März 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Pfiffner, Bundesrichter Parrino,
Bundesrichterin Moser-Szeless,
Gerichtsschreiber Fessler.

Verfahrensbeteiligte
1.       A.________,
2. Politische Gemeinde B.________,                            Soziale Dienste,
beide vertreten durch Rechtsagent C.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Ausgleichskasse des Kantons Thurgau, Rechts- und Einsprachedienst,
St. Gallerstrasse 13, 8501 Frauenfeld,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Ergänzungsleistung zur AHV/IV
(Berechnung des Leistungsanspruchs),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau
vom 4. Juni 2014.

Sachverhalt:

A. 
Der in der Gemeinde B.________ wohnhafte A.________ ist geschieden. Seine
beiden 2000 und 2001 geborenen Kinder, D.________ und E.________, leben in
einer Pflegefamilie. Im August 2011 stellten die Sozialen Dienste der
Politischen Gemeinde B.________ ein Gesuch um Ergänzungsleistungen (EL) für die
beiden Söhne von A.________, der seit ... 2011 eine ganze Rente der
Invalidenversicherung bezog. Die Ausgleichskasse des Kantons Thurgau berechnete
für D.________ eine Ergänzungsleistung von monatlich Fr. 1'140.- ab 1. August
2011 und Fr. 1'141.- ab 1. Januar 2012, für E.________ Fr. 1'015.- und Fr.
1'016.- für die nämlichen Zeitspannen. Am 30. September 2011 erliess sie
entsprechende Verfügungen. Mit Verfügung vom selben Tag verneinte die
Ausgleichskasse einen EL-Anspruch von A.________. Die Berechnung ohne
Berücksichtigung der Ausgabenüberschüsse der fremdplatzierten Kinder hatte
einen Einnahmenüberschuss ergeben. Mit Verfügungen vom 8. Januar 2013 setzte
die Ausgleichskasse die jährliche Ergänzungsleistung für 2013 für D.________
auf Fr. 1'139.-, für E.________ auf Fr. 1'014.- im Monat fest. Mit Verfügungen
vom 6. September 2013 stellte die Ausgleichskasse die Leistungen auf Ende des
Monats ein, wobei sie zur Begründung auf den fehlenden EL-Anspruch ihres Vater
hinwies. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 6. Februar 2013 fest.

B. 
Dagegen erhoben A.________ und die Politische Gemeinde B.________ Beschwerde,
welche das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau als Versicherungsgericht nach
Einholung einer Stellungnahme des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) zu
der mit Wirkung ab 1. Januar 2012 geänderten Ziff. 2220.01 der Wegleitung über
die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV (WEL), wozu die Parteien sich äussern
konnten, mit Entscheid vom 4. Juni 2014 abwies.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen A.________
und die Politische Gemeinde B.________, der Entscheid vom 4. Juni 2014 sei
aufzuheben, sein Anspruch auf Ergänzungsleistungen ab 1. Oktober 2013 sei zu
bejahen und die gesondert berechneten Ergänzungsleistungen für seine beiden
Kinder, E.________ und D.________, seien rückwirkend ab diesem Zeitpunkt und
fortlaufend im bisherigen Umfang auszurichten; eventualiter sei die Sache an
die Ausgleichskasse oder an das kantonale Verwaltungsgericht zurückzuweisen zur
Abklärung des Sachverhalts und zur neuen Berechnung der jährlichen
Ergänzungsleistung für die Kinder ab 1. Oktober 2013 sowie zur Ermittlung
seines EL-Anspruchs und zu neuer Verfügung.
Die Ausgleichskasse ersucht um Abweisung der Beschwerde, das BSV um Gutheissung
des Rechtsmittels.
A.________ und die Politische Gemeinde B.________ haben sich in einer weiteren
Eingabe (vom 3. November 2014) zur Sache geäussert.

Erwägungen:

1. 
Die Vorinstanz hat die Beschwerdelegitimation nach Art. 59 ATSG des Vaters von
D.________ und E.________ sowie von dessen Wohnsitzgemeinde als zuständige
Sozialbehörde nach § 4 des thurgauischen Sozialhilfegesetzes vom 29. März 1984
(RB 850.1) bejaht, in Bezug auf letztere u.a. unter Hinweis auf das Urteil
8C_624/2007 vom 20. Mai 2008 E. 3.1.2. Dem ist nichts beizufügen. In der
Beschwerde wird auf § 19a des Sozialhilfegesetzes verwiesen, der besagt:
"Bevorschusst die Fürsorgebehörde Versicherungsleistungen oder
vermögensrechtliche Forderungen gegenüber Dritten, gehen die betreffenden
Ansprüche der Sozialhilfebedürftigen im Umfang der geleisteten Zahlungen mit
allen Rechten auf die Fürsorgebehörde über. Diese kann verlangen, dass ihr
diese Leistungen direkt ausbezahlt werden." Damit ist auch die Berechtigung zur
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den angefochtenen
Entscheid gegeben, der den Einspracheentscheid der Beschwerdegegnerin vom 6.
Februar 2013 betreffend die Einstellung der gestützt auf Art. 7 Abs. 1 lit. c
ELV berechneten jährlichen Ergänzungsleistung für die beiden Kinder des
Beschwerdeführers bestätigt (vgl. BGE 136 V 7 E. 2.1 S. 9 mit Hinweisen; Urteil
9C_861/2013 vom 22. Oktober 2014 E. 1.1; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts
P 37/04 vom 26. November 2004 E. 1, in: SVR 2005 EL Nr. 7 S. 15).
Die Vorinstanz hat - mangels eines Anfechtungsgegenstandes zu Recht - nicht
geprüft, ob der Beschwerdeführer Anspruch auf Ergänzungsleistungen hat. Auf die
diesbezüglichen Begehren in der Beschwerde ist somit nicht einzutreten (BGE 125
V 413 E. 1a S. 414).

2. 
Die Beschwerdeführer haben sich in ihrer Eingabe vom 3. November 2014 zur Sache
geäussert, ohne auf die Ausführungen in den Vernehmlassungen der
Beschwerdegegnerin und des BSV einzugehen. Insoweit ergänzen sie ihre
Vorbringen in der Beschwerde, was im Rahmen des Replikrechts nicht zulässig ist
und daher unbeachtet zu bleiben hat.

3. 
Die beiden Söhne des Beschwerdeführers, der eine ganze Rente der
Invalidenversicherung bezieht, begründen einen Anspruch auf eine Kinderrente
der IV im Sinne der Überschrift zu Art. 7 ELV. Sie leben nicht bei den Eltern,
weder beim Vater noch bei der Mutter, die nicht rentenberechtigt ist und für
die auch kein Anspruch auf eine Zusatzrente besteht. Nach Abs. 1 lit. c dieser
Verordnungsbestimmung ist daher die jährliche Ergänzungsleistung gesondert zu
berechnen. Dabei ist laut Abs. 2 das Einkommen der Eltern soweit zu
berücksichtigen, als es deren eigenen Unterhalt und den der übrigen
unterhaltsberechtigten Familienangehörigen übersteigt. Auf die so berechnete
Ergänzungsleistung haben die betreffenden Kinder keinen eigenen Anspruch. Ein
solcher steht, sofern die übrigen Voraussetzungen gegeben sind, nur den in Art.
4 ELG erwähnten Personen zu. Dazu gehören nach Abs. 1 lit. c u.a. Personen, die
Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung haben (BGE 139 V 170 E. 5.2
S. 174 mit Hinweisen u.a. auf die Urteile 9C_371/2011 vom 5. September 2011 E.
2.3 und 2.4.2, in: SVR 2012 EL Nr. 2 S. 4, und 8C_624/2007 vom 20. Mai 2008 E.
5.2; 122 V 300 E. 4b S. 304). Insoweit besteht unter den Verfahrensbeteiligten
Einigkeit. Die Meinungen gehen darüber auseinander, welche Folgerungen sich
daraus ergeben.
Nach Auffassung der Vorinstanz setzt der Anspruch auf im Sinne von Art. 7 Abs.
1 lit. c ELV gesondert berechnete Ergänzungsleistungen voraus, dass der (IV-)
rentenberechtigte Elternteil Anspruch auf Ergänzungsleistungen hat, und zwar
nicht bloss einen hypothetischen, sondern sinngemäss einen rechtskräftig
festgesetzten. Dies ergebe sich klar aus BGE 122 V 300 E. 4b und c S. 304 f.
und sei vom Bundesgericht im Urteil 9C_371/2011 vom 5. September 2011 E. 2.4.1
und 2.4.2 bestätigt worden. Rz. 2220.01 Satz 3 WEL stehe hiezu im Widerspruch.
Die Leistungsausrichtung ab 1. August 2011 sei somit ohne Rechtsgrund erfolgt,
somit zweifellos unrichtig im Sinne von Art. 53 Abs. 2 ATSG gewesen und daher
die Verfügung vom 8. Januar 2013 zu Recht aufgehoben worden.
Die Beschwerdeführer bestreiten vorab, dass die erwähnte Rechtsprechung des
Eidg. Versicherungsgerichts und des Bundesgerichts den vorinstanzlichen
Standpunkt stützen sollen. Abgesehen davon widerspreche es der gesetzlichen
Konzeption der Ergänzungsleistung und der ratio legis, bei der Berechnung des
EL-Anspruchs des (IV-) rentenberechtigten Elternteils die anrechenbaren
Einnahmen und anerkannten Ausgaben der nicht bei ihnen lebenden Kinder ausser
Acht zu lassen mit der Folge, dass bei einem Einnahmenüberschuss kein Anspruch
auf eine im Sinne von Art. 7 Abs. 1 lit. c ELV gesondert berechnete
Ergänzungsleistung besteht.

4. 
Nach Art. 9 ELG entspricht die jährliche Ergänzungsleistung dem Betrag, um den
die anerkannten Ausgaben die anrechenbaren Einnahmen übersteigen (Abs. 1). Die
anerkannten Ausgaben sowie die anrechenbaren Einnahmen von Ehegatten und von
Personen mit rentenberechtigten Waisen oder mit Kindern, die einen Anspruch auf
eine Kinderrente der AHV oder IV begründen, werden zusammengerechnet. Dies gilt
auch für rentenberechtigte Waisen, die im gleichen Haushalt leben (Abs. 2).
Kinder, deren anrechenbare Einnahmen die anerkannten Ausgaben übersteigen,
fallen für die Berechnung der jährlichen Ergänzungsleistung ausser Betracht
(Abs. 4). Der Bundesrat bestimmt u.a. die Zusammenrechnung der anerkannten
Ausgaben sowie der anrechenbaren Einnahmen von Familienmitgliedern; er kann
Ausnahmen von der Zusammenrechnung vorsehen, insbesondere bei Kindern, die
einen Anspruch auf eine Kinderrente der AHV oder IV begründen (Abs. 5 lit. a).
Art. 7 Abs. 1 lit. c (und Abs. 2) ELV stützen sich auf diese Delegationsnorm
(bis 31. Dezember 1997: Art. 3 Abs. 6 aELG; vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember
2007: Art. 3a Abs. 7 lit. a aELG).

4.1. In BGE 122 V 300 erkannte das Eidg. Versicherungsgericht, Art. 7 Abs. 1
lit. c ELV sei gesetzwidrig. Abgesehen davon, dass die Bestimmung von Art. 3
Abs. 6 aELG nicht gedeckt sei, verstosse sie gegen den in Art. 2 Abs. 3 aELG
festgehaltenen Grundsatz, wonach zu den Einkommensgrenzen für Alleinstehende
und Ehepaare die für Kinder, die einen Anspruch auf eine Zusatzrente der
Alters- und Hinterlassenen- oder der Invalidenversicherung begründen,
massgebenden Grenzbeträge hinzuzuzählen sind (E. 4c S. 305). Im Rahmen der am
1. Januar 1998 in Kraft getretenen 3. EL-Revision gemäss Bundesgesetz vom 20.
Juni 1997 (AS 1997 2952) wurde mit Art. 3a Abs. 7   lit. a aELG, welcher
inhaltlich gleich lautet wie Art. 9 Abs. 5 lit. a ELG, eine genügende Grundlage
für die gesonderte Berechnung der jährlichen Ergänzungsleistung für das oder
die nicht beim rentenberechtigten Elternteil lebenden Kinder geschaffen (Urteil
8C_624/2007 vom 20. Mai 2008 E. 5.2).

4.2. Grund für den Erlass von Art. 7 Abs. 1 lit. c ELV war, dass eine
Zusammenrechnung der damals massgebenden Einkommensgrenzen und anrechenbaren
Einkommen bei Personen, die nicht im gleichen Haushalt lebten, immer wieder zu
Schwierigkeiten geführt hatte. Die getrennte EL-Berechnung stellte eine klare
Vereinfachung dar, namentlich wenn eine Fürsorgebehörde die finanziellen
Angelegenheiten der in einem Heim, bei Verwandten, in einer Grossfamilien oder
bei Drittpersonen platzierten Kinder regelte. Deren Existenzbedarf sollte an
dem Ort gewährleistet sein, an welchem sie wohnten (vgl. BGE 122 V 300 E. 3b S.
303; vgl. auch Ralph Jöhl, Ergänzungsleistungen zur AHV/IV, in: Soziale
Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 2. Aufl. 2007, S. 1689 Rz. 75). In diesem
Zusammenhang von Bedeutung sind in erster Linie die Kosten der
Fremdplatzierung, etwa in einem Heim (vgl. Urteil 9C_334/2014 vom 10. November
2014).
Aus dieser Zwecksetzung, die in gleicher Weise auch für Art. 9 Abs. 5 lit. a
ELG gilt, ist zu folgern, dass der EL-Anspruch des rentenberechtigten
Elternteils jedenfalls im Grundsatz nicht geschmälert werden sollte, wenn er
Kinder hat, die einen Anspruch auf eine Kinderrente der AHV oder IV begründen,
die aber nicht bei ihm wohnen. Darauf liefe es indessen hinaus, wenn mit dem
Hinweis auf den fehlenden eigenen Anspruch der betreffenden Kinder deren
anrechenbaren Einnahmen und anerkannten Ausgaben bei der EL-Berechnung
unberücksichtigt blieben und bei einem Einnahmenüberschuss der Anspruch auf
Ergänzungsleistungen ungeachtet eines allfälligen Ausgabenüberschusses aus der
gesonderten Berechnung nach Art. 7 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 ELV verneint würde.
Damit würde der Zweck der Ergänzungsleistung der angemessenen Deckung des
Existenzbedarfs der rentenberechtigten Person (BGE 139 V 574 E. 3.3.3 S. 578)
unter Einbezug ihrer Kinder (Jöhl, a.a.O., S. 1685 Rz. 68) verfehlt. Überdies
würde eine Ungleichheit geschaffen je nachdem, wo die Kinder, die einen
Anspruch auf eine Kinderrente der AHV oder IV begründen, wohnen. Leben sie beim
rentenberechtigten Elternteil, werden ihre anrechenbaren Einnahmen und
anerkannten Ausgaben bei der EL-Berechnung berücksichtigt. Häufig führt erst
diese Zusammenrechnung zu einem anspruchsbegründenden Ausgabenüberschuss, wie
in der Beschwerde vorgebracht wird. Es kann nicht angenommen werden, dass der
Gesetzgeber eine solche Ungleichbehandlung gewollt haben konnte, und zwar umso
weniger, als nach Art. 9 Abs. 4 ELG an sich in die EL-Berechnung
einzubeziehende Kinder ausser Betracht fallen, wenn ihre anrechenbaren
Einnahmen die anerkannten Ausgaben übersteigen. Umgekehrt ist laut Art. 7 Abs.
2 ELV bei der gesonderten Berechnung der jährlichen Ergänzungsleistung für
Kinder, die nicht beim rentenberechtigten Elternteil leben, das Einkommen der
Eltern soweit zu berücksichtigen, als es deren eigenen Unterhalt und den der
übrigen unterhaltsberechtigten Familienangehörigen übersteigt.

4.3. Nach der gesetzlichen Konzeption sodann ist die EL-Berechnung sowohl für
die Anspruchsberechtigung an sich, als auch für die Höhe der Leistung von
Bedeutung. Im Umfang, in dem die anerkannten Ausgaben die anrechenbaren
Einnahmen übersteigen, besteht Anspruch auf Ergänzungsleistungen (Art. 9 Abs. 1
ELG). Ein Ausgabenüberschuss ist somit gleichzeitig anspruchsbegründend und
leistungsbestimmend. Aus dem Umstand, dass (auch) Kinder, die nicht
rentenberechtigte Waisen sind, keinen eigenen EL-rechtlichen Anspruch haben
(vgl. vorne E. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 lit. a bis ELG), ist weiter im
Umkehrschluss zu folgern, dass die gesondert berechnete jährliche
Ergänzungsleistung nach Art. 7 Abs. 1 lit. c ELV als Teil des EL-Anspruchs des
rentenberechtigten Elternteils (Vater oder Mutter) zu betrachten ist. Dieser
besteht somit aus zwei gleichartigen, dem selben Zweck der Deckung des
Existenzbedarfs dienenden Leistungen, die sich bestimmten Personen masslich,
aber nicht rechtlich zuordnen lassen. Darin liegt der einzige Unterschied zum
Fall, wo die Kinder, die Anspruch auf eine Kinderrente der AHV oder IV
begründen, beim rentenberechtigten Elternteil leben. Aus der Zusammenrechnung
der anrechenbaren Einnahmen und der anerkannten Ausgaben aller Personen
resultiert eine den Existenzbedarf aller angemessen deckende
Ergänzungsleistung.

4.4. Aufgrund des Gesagten ist Art. 9 Abs. 5 lit. a ELG in dem Sinne zu
verstehen, dass sich Ausnahmen von der Zusammenrechnung nach Art. 9 Abs. 2 ELG
nicht auf die Anspruchsberechtigung an sich auswirken dürfen. Konsequenterweise
besteht - unabhängig von der eigenen Rechtsposition - Anspruch auf
Ergänzungsleistungen für diejenigen nicht beim rentenberechtigten Elternteil
lebenden Kinder, für die aus der gesonderten Berechnung nach Art. 7 Abs. 1 lit.
c und Abs. 2 ELV ein Ausgabenüberschuss resultiert. In diesem Sinne lautet auch
Rz. 2220.01 (Satz 3) WEL. Danach wird für Kinder, deren EL gesondert berechnet
wird, und die einen Ausgabenüberschuss ausweisen, auch dann ein jährlicher
EL-Betrag ausgerichtet, wenn der EL-berechtigte Elternteil die wirtschaftliche
Anspruchsvoraussetzung nach Rz. 2500.01 (gesetzlich anerkannte Ausgaben
übersteigen die anrechenbaren Einnahmen) nicht erfüllt. Soweit sich aus dem
Urteil 9C_371/2011 vom 5. September 2011 (vgl. vorne E. 3 Abs. 2) eine
gegenteilige Auffassung ergibt, kann daran nicht festgehalten werden.
Aus dem Vorstehenden folgt insbesondere, dass die Zusprechung von nach Art. 7
Abs. 1 lit. c und Abs. 2 ELV gesondert berechneten Ergänzungsleistungen nicht
einen bestehenden EL-Anspruch des rentenberechtigten Elternteils voraussetzt.
Die mit dieser Begründung erfolgte Leistungseinstellung auf Ende September 2013
verletzt somit Bundesrecht (Art. 95 lit. a BGG). Die Beschwerdegegnerin wird
über den Anspruch des Beschwerdeführers auf Ergänzungsleistungen für seine
beiden Söhne ab 1. Oktober 2013 neu zu verfügen haben.

5. 
Ausgangsgemäss hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66
Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer hat Anspruch auf eine Parteientschädigung
(Art. 68 Abs. 2 BGG; Art. 9 des Reglements vom 31. März 2006 über die
Parteientschädigung und die Entschädigung für die amtliche Vertretung im
Verfahren vor dem Bundesgericht; Urteil 9C_10/2013 vom 4. März 2014 E. 8, in:
SVR 2014 BVG Nr. 42 S. 157).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau als Versicherungsgericht vom 4. Juni
2014 und der Einspracheentscheid vom 6. Februar 2013 werden aufgehoben. Die
Sache wird an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen, damit sie im Sinne der
Erwägungen über den Anspruch des Beschwerdeführers auf Ergänzungsleistungen für
seine beiden Söhne ab 1. Oktober 2013 neu verfüge. Im Übrigen wird die
Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 1'000.- zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 3. März 2015
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Fessler

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