Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 585/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_585/2014

Urteil vom 8. September 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Parrino,
Gerichtsschreiber Attinger.

Verfahrensbeteiligte
 A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Daniel P. Candrian,
Beschwerdeführerin,

gegen

Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen, Brauerstrasse 54, Postfach,
9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Ergänzungsleistung zur AHV/IV (gehörige Besetzung des Gerichts),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 3. Juni 2014.

Sachverhalt:

A. 
Mit Verfügung vom 10. November 2010 sprach die Sozialversicherungsanstalt des
Kantons St. Gallen (nachfolgend: SVA) der 1956 geborenen A.________ ab November
2010 Ergänzungsleistungen zur Invalidenrente in der Höhe von monatlich Fr.
2165.- zu. Auf Einsprache der Versicherten hin erhöhte die SVA diese Leistung
mit Wirkung ab Januar 2011 auf Fr. 3374.- pro Monat (Einspracheentscheid vom
25. Februar 2011). Mit Vorbescheid vom 16. März 2011 eröffnete die IV-Stelle
des Kantons St. Gallen dem Ehemann der Versicherten, B.________, dass er
rückwirkend ab November 2009 Anspruch auf eine ganze Rente der
Invalidenversicherung habe (Invaliditätsgrad: 85 %). In einer vom 1. Mai 2011
datierten Aktennotiz der SVA wurde dieser Vorbescheid erwähnt und gleichzeitig
festgehalten, die mit der Berechnung der Invalidenrente befassten
Sachbearbeiter (der Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen) "informieren uns,
sobald die Verfügung erlassen ist". Bereits in der an A.________ gerichteten
EL-Verfügung vom 10. November 2010 hatte die SVA mit Bezug auf den Ehemann
ausdrücklich vermerkt: "Bitte informieren Sie uns, sobald [Sie ...] einen
IV-Entscheid erhalten haben". Mit Verfügung vom 9. Juni 2011 sprach die
IV-Stelle B.________ entsprechend ihrem Vorbescheid eine ordentliche ganze
Invalidenrente ab 1. November 2009 zu. Im vorliegenden Aktendossier findet sich
kein Hinweis darauf, dass die mit der Durchführung der Ergänzungsleistung
betrauten Mitarbeiter der SVA von irgendeiner Seite her auf den Erlass dieser
Rentenverfügung aufmerksam gemacht worden wären. Erst im Formular "Periodische
Überprüfung der Ergänzungsleistungen", welches von A.________ und B.________ im
Mai 2012 unterzeichnet wurde, sind sowohl dessen IV-Rente als auch diejenige
der beruflichen Vorsorge betraglich aufgeführt. Daraufhin nahm die SVA eine
Neuberechnung vor, verneinte einen Leistungsanspruch sowohl für die Zukunft
(Verfügung vom 27. September 2012) als auch rückwirkend ab Beginn der
EL-Ausrichtung und forderte gleichzeitig sämtliche zu Unrecht bezogenen
EL-Betreffnisse von A.________ zurück (Verfügung vom 30. November 2012). Auf
Einsprache hin reduzierte die SVA den verfügten Rückerstattungsbetrag von Fr.
75'400.- geringfügig auf Fr. 75'153.70 (Einspracheentscheid vom 14. Mai 2013).

B. 
Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen wies die dagegen eingereichte
Beschwerde ab (einzelrichterlicher Entscheid des Vizepräsidenten vom 3. Juni
2014).

C. 
A.________ lässt Beschwerde ans Bundesgericht führen mit dem Rechtsbegehren, es
sei von einer Rückforderung der unrechtmässig ausgerichteten
Ergänzungsleistungen zufolge Verwirkung gänzlich abzusehen; eventuell sei die
Sache zur Durchführung des bereits vorinstanzlich beantragten Beweisverfahrens
und zu anschliessendem neuen Entscheid an das kantonale Gericht zurückzuweisen.
Überdies lässt A.________ um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege
(unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung) ersuchen.

SVA, Vorinstanz und Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten alle auf eine
Vernehmlassung zur Beschwerde.

Erwägungen:

1. 
In formeller Hinsicht wird beanstandet, dass der angefochtene Entscheid als
einzelrichterlicher Entscheid und damit nicht in verfassungsmässiger Besetzung
(Art. 30 Abs. 1 BV) ergangen sei. Diese Rüge der funktionellen Unzuständigkeit
des Einzelrichters ist vorab zu prüfen, da bei deren Begründetheit der
angefochtene Entscheid ohne Prüfung der materiell streitigen Fragen aufzuheben
ist (vgl. BGE 125 V 499 E. 2c S. 502).

2.

2.1. Die Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der willkürlichen
Anwendung von kantonalem Recht und Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung;
BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 255) prüft das Bundesgericht nicht von Amtes wegen,
sondern nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und
begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232 mit
Hinweisen).

2.2. Rechtsverletzungen im Sinne von Art. 95 lit. a und b BGG prüft das
Bundesgericht grundsätzlich frei, einschliesslich der Frage, ob die Auslegung
und Anwendung des kantonalen Rechts zu einer Bundesrechtswidrigkeit führt. Im
Übrigen prüft das Bundesgericht die Handhabung kantonalen Rechts -
vorbehältlich der in Art. 95 lit. c und d BGG genannten Fälle - bloss auf
Willkür hin (Art. 9 BV; E. 2.3 hinach). Mit freier Kognition beurteilt es
indessen die Frage, ob die als vertretbar erkannte Auslegung des kantonalen
Prozessrechts mit den Garantien der Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK
vereinbar ist.

2.3. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts liegt Willkür in der
Rechtsanwendung vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar
ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm
oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender
Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen
Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das
Ergebnis unhaltbar ist; dass eine andere Lösung ebenfalls vertretbar oder gar
zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 140 III 16 E. 2.1 S. 18 mit
Hinweisen).

3. 

3.1. Die Rechtspflegebestimmung des Art. 61 ATSG enthält keine Vorschrift über
die Zusammensetzung der kantonalen Versicherungsgerichte. Die Regelung dieser
Frage obliegt somit den Kantonen. Sowohl Art. 30 Abs. 1 BV als auch Art. 6
Ziff. 1 EMRK geben dem Einzelnen Anspruch auf richtige Besetzung des Gerichts
und Einhaltung der jeweils geltenden staatlichen Zuständigkeitsordnung (BGE 129
V 335 E. 1.3.1 S. 338; 128 V 82 E. 2a S. 84; 127 I 128 E. 3c S. 130; Urteil
8C_107/2010 E. 4.1).

3.2. Nach Art. 17 Abs. 2 des st. gallischen Gerichtsgesetzes vom 2. April 1987
(sGS 941.1) in Verbindung mit Art. 10 Abs. 2 und Art. 19 Abs. 1 der Verordnung
über die Organisation und den Geschäftsgang des Versicherungsgerichtes vom 2.
Dezember 2010 (OrgV; sGS 941.114) können in einfachen Fällen Präsidial- und
Einzelrichterentscheide ergehen. Als einfache Fälle gelten insbesondere
Streitsachen mit einem unbestrittenen oder eindeutigen Sachverhalt, die
aufgrund einer klaren Rechtslage und einer feststehenden Gerichtspraxis
beurteilt werden können (Art. 19 Abs. 2 OrgV). Mit dieser Umschreibung sind
nicht nur offensichtlich unzulässige oder offensichtlich unbegründete
Beschwerden erfasst, sondern allgemein Fälle, die in tatsächlicher und
rechtlicher Hinsicht einfach sind, d.h. keine Rechtsfragen von grundsätzlicher
Bedeutung aufwerfen und in Bezug auf Tatfragen liquid sind (Urteile 9C_867/2008
vom 6. April 2009 E. 4.2.1 und 9C_836/2008 vom 30. Oktober 2008 E. 3.4, je mit
Hinweisen).

4. 
Die Beschwerdeführerin macht eine offensichtliche Missachtung der angeführten
kantonalen Zuständigkeitsregelung geltend, indem der Vizepräsident des
Versicherungsgerichts als Einzelrichter entschieden habe, obwohl sich der
Sachverhalt mitnichten als eindeutig oder unbestritten präsentiere und zudem
offenkundig weder von einer klaren Rechtslage noch von einer konstanten
Gerichtspraxis gesprochen werden könne. Weil die Garantie des
verfassungsmässigen Richters nach Art. 30 Abs. 1 BV keinen Anspruch auf
Beurteilung durch ein Kollegialgericht begründet, ist im Folgenden - unter dem
Blickwinkel der Willkür - die vorinstanzliche Handhabung von Art. 19 OrgV/SG zu
prüfen.

4.1. 

4.1.1. Bereits im vorinstanzlichen Verfahren (wie auch gegenüber der
Verwaltung) hat die Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Verwirkung des
Rückforderungsanspruchs geltend gemacht, ihr Ehemann habe den zuständigen
EL-Sachbearbeiter C.________ am 7. September 2011 über seine am 9. Juni 2011
zugesprochene IV-Rente in Kenntnis gesetzt und sich nach deren Auswirkungen auf
den EL-Anspruch erkundigt. Der Mitarbeiter habe versichert, es sei alles
rechtens, die ausgerichteten Ergänzungsleistungen müssten nicht zurückbezahlt
werden. Zur Stützung ihrer Darstellung reichte die Versicherte einen Auszug der
Telefonrechnung ein, wonach am 7. September 2011 von ihrem Festnetzapparat aus
ein über 22-minütiges Telefongespräch mit einem Anschluss der SVA geführt wurde
(ausgewiesen wird deren Haupt- bzw. Eingangsnummer). Des Weitern legte die
Beschwerdeführerin drei schriftliche Bestätigungen von "Zeugen vom Hörensagen"
(Vorgesetzter und Berufskollege des Ehemannes, Hausarzt) ins Recht. Und
schliesslich verweist sie auf die bei den EL-Akten liegende interne
Stellungnahme des "Fachbereichs" zuhanden des Rechtsdienstes vom 11. April
2013, laut welcher C.________ nicht mehr "bei uns" (d.h. offenbar weder im
Fachbereich Ergänzungsleistungen, noch sonst bei der SVA) arbeite. Eine
Aktennotiz über den Telefonanruf finde sich weder bei den Akten der
Versicherten noch bei denjenigen ihres Ehemannes, weshalb die Richtigkeit des
Einwandes nicht überprüft werden könne. "Aufgrund der Art von Herr[n]
C.________ und seinen Telefonaussagen können wir [wohl der EL-Fachbereich] aber
nicht ausschliessen, dass er das [Vorgebrachte] dem Versicherten [gemeint ist
dem Ehemann der Beschwerdeführerin] so mitgeteilt hat." Die Beschwerdeführerin
beantragte, C.________ sei als Zeuge einzuvernehmen. Im Einspracheentscheid der
SVA vom 14. Mai 2013 (auf dessen Begründung sie vorinstanzlich vollumfänglich
verwies) bestritt die Verwaltung die geltend gemachte Falschaussage ihres
früheren Mitarbeiters (bzw. eine telefonische Mitteilung über die
zwischenzeitlich ergangene IV-Verfügung vonseiten der Versicherten).

4.1.2. Der Vizepräsident des Versicherungsgerichts hielt im angefochtenen
Entscheid fest, es könne offen gelassen werden, ob das behauptete Telefonat vom
7. September 2011 tatsächlich stattgefunden und den dargelegten Inhalt gehabt
habe. Falls dies zutreffen würde, hätte die Beschwerdegegnerin die
Ergänzungsleistungen fälschlicherweise nicht sofort angepasst. Diesen Fehler
hätte sie allerdings erst im Rahmen der im Mai 2012 erfolgten periodischen
Überprüfung des Anspruchs erkennen müssen. Die einjährige relative
Verwirkungsfrist nach Art. 25 Abs. 2 erster Satz ATSG hätte erst dann zu laufen
begonnen und wäre bei Erlass der Rückerstattungsverfügung vom 30. November 2012
noch nicht abgelaufen gewesen. Damit stützt sich die Vorinstanz auf die
ständige Rechtsprechung, wonach bei einem Fehler der Verwaltung für die
Fristauslösung nicht auf das erstmalige unrichtige Handeln des Versicherers
abzustellen ist, sondern auf jenen Tag, an dem die Versicherungseinrichtung
später - beispielsweise anlässlich einer Rechnungskontrolle - unter Anwendung
der ihr zumutbaren Aufmerksamkeit ihren Fehler hätte erkennen müssen (BGE 139 V
570 E. 3.1 S. 572; 124 V 380 E. 1 S. 382 f.; 122 V 270 E. 5b/aa S. 275; 110 V
304 E. 2b S. 306 f. in fine).

4.2. Die Beschwerdeführerin macht indessen - wie schon im vorinstanzlichen
Verfahren - geltend, dass die SVA nicht nur die EL-Durchführungsstelle, sondern
auch die Ausgleichskasse und die IV-Stelle des Kantons St. Gallen umfasse. Bei
ordnungsgemässer Handhabung der internen Abläufe hätten die mit den
Ergänzungsleistungen betrauten Mitarbeiter spätestens Ende August 2011 vom
Erlass der IV-Rentenverfügung an den Ehemann vom 9. Juni 2011 erfahren und sich
gleichzeitig Rechenschaft darüber gegeben müssen, dass die Voraussetzungen für
eine Rückerstattung von zu Unrecht bezogenen EL-Betreffnissen gegeben sind. Die
Versicherte beruft sich u.a. auf die eingangs erwähnte Aktennotiz vom 1. Mai
2011, wonach die EL-Mitarbeiter von den mit der Berechnung und Auszahlung der
Invalidenrente befassten Sachbearbeitern der Ausgleichskasse informiert würden,
sobald die Rentenverfügung ergangen sei (vgl. Sachverhalt lit. A).

Gemäss Art. 21 Abs. 2 ELG bezeichnen die Kantone die Organe, die für die
Entgegennahme der Gesuche und für die Festsetzung und die Auszahlung der
Ergänzungsleistungen zuständig sind; sie können die kantonalen
Ausgleichskassen, nicht aber die Sozialhilfebehörden mit diesen Aufgaben
betrauen. Im Kanton St. Gallen entscheidet die SVA über Anspruch und Höhe der
Ergänzungsleistungen (und somit auch über deren Rückerstattung; Art. 11 Abs. 1
des Ergänzungsleistungsgesetzes vom 22. September 1991 [ELG/SG; sGS 351.5]).
Laut Art. 3 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zur Bundesgesetzgebung über die
Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung vom 13. Januar 1994 (sGS
350.1) gliedert sich die SVA in die Ausgleichskasse, die IV-Stelle und weitere
Dienststellen (aktuell: Entwicklung und Services). Die Ausgleichskasse
ihrerseits ist unterteilt in die Fachbereiche (oder "Prozesslinien") Beiträge,
Zulagen, AHV/IV-Leistungen, Ergänzungsleistungen und Support (Organigramm der
SVA; abrufbar unter www.svasg.ch: Über die SVA > Organisation). Im
angefochtenen Entscheid wird dazu kurz und bündig festgestellt, dass die
Ausgleichskasse auch EL-Durchführungsstelle sei und die mit der Berechnung und
Auszahlung der Invalidenrente an den Ehemann betrauten Kassenmitarbeiter die
EL-Sachbearbeiter über den Erlass der IV-Rentenverfügung hätten intern
informieren können (ob eine solche Mitteilung zwingend gewesen wäre, lässt der
vorinstanzliche Einzelrichter offen).

4.3. Angesichts der dargelegten organisatorischen Gegebenheiten drängt sich
indessen die Frage auf, ob und inwieweit das im Fachbereich AHV/IV-Leistungen
vorhandene Wissen um den Erlass einer EL-relevanten Rentenverfügung innerhalb
der Ausgleichskasse auch dem Fachbereich Ergänzungsleistungen zuzurechnen ist,
oder ob und inwieweit die Ausgleichskasse für Fälle der vorliegenden Art
Vorkehrungen für den sachgerechten internen Datenfluss an die EL-Sachbearbeiter
zu treffen hat und, wenn ja, innert welcher Frist die Weiterleitung erfolgen
muss. Diese Fragen sind grundsätzlicher Natur, es existiert keine
letztinstanzliche Rechtsprechung dazu. Je nach deren Beantwortung käme auch der
umstrittenen, vorinstanzlich offen gelassenen Frage nach der geltend gemachten
telefonischen Mitteilung vom 7. September 2011 (E. 4.1 hievor)
entscheidwesentliche Bedeutung zu, insbesondere wenn das behauptete Telefonat
und eine allfällige "Weiterleitungspflicht" nicht als (zeitlich) koinzidentes
Moment verstanden werden könnten. Diesfalls könnte sich die SVA als
EL-Durchführungsstelle nicht ohne weiteres auf den Standpunkt stellen, es ginge
hier um das erstmalige unrichtige Handeln der Versicherungseinrichtung, welches
die einjährige Verwirkungsfrist noch nicht auslöse (vgl. vorstehende E. 4.1.2).

Nach dem Gesagten ist die einzelrichterliche Erledigung der Streitsache durch
die Vorinstanz offensichtlich unhaltbar. Von einer klaren Rechtslage oder einer
feststehenden Gerichtspraxis wie sie Art. 19 Abs. 2 OrgV/SG vorschreibt, kann
keine Rede sein. Bei richtiger Betrachtungsweise ist auch der
entscheidwesentliche Sachverhalt alles andere als unbestritten oder eindeutig.
Die willkürliche Anwendung der kantonalen Zuständigkeitsvorschriften durch den
Vizepräsidenten des Versicherungsgerichts führt zur Aufhebung des
einzelrichterlichen Entscheids. Die Vorinstanz wird die Sache in gehöriger
Besetzung erneut zu beurteilen haben.

5. 
Die Gerichtskosten sind dem Ausgang des Verfahrens entsprechend der
Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 erster Satz BGG).

Diese hat der anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerin ausserdem einen
angemessenen Parteikostenersatz zu leisten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Dessen
Höhe entspricht der vom Rechtsvertreter eingereichten Honorarnote vom 10.
November 2014 über Fr. 3472.- zuzüglich Mehrwertsteuer (Art. 12 des Reglements
über die Parteientschädigung und die Entschädigung für die amtliche Vertretung
im Verfahren vor dem Bundesgericht vom 31. März 2006 [SR 173.110.210.3]). Es
besteht kein Anlass, die Entschädigung tiefer anzusetzen, zumal sich der
geltend gemachte Betrag im Rahmen des bundesgerichtlichen Tarifs hält (vgl.
Art. 4 des erwähnten Reglements.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der Entscheid des
Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 3. Juni 2014 wird aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Entscheidung in gehöriger Besetzung an die Vorinstanz
zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 3750.- zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 8. September 2015
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Attinger

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