Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 548/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_548/2014

Urteil vom 19. Februar 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Parrino,
Gerichtsschreiber Traub.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Jürg Gasche Bühler,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle Schwyz,
Rubiswilstrasse 8, 6438 Ibach,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz
vom 5. Juni 2014.

Sachverhalt:

A. 
A.________ (geb. 1966), gelernter Maurer, später als Speditionsangestellter
erwerbstätig, gelangte durch Verfügung vom 7. Juli 1999 bei einem
Invaliditätsgrad von 100 % mit Wirkung ab 1. Januar 1998 in den Genuss einer
ganzen Invalidenrente, welche 2002 und 2008 revisionsweise bestätigt wurde.
Eine Verfügung vom 1. Oktober 2009, welche auf revisionsweise Aufhebung der
Rente zufolge eines Invaliditätsgrades von noch 27 % lautete, widerrief die
IV-Stelle Schwyz mit Verfügung vom 15. März 2010.
Nach Inkrafttreten der IV-Revision 6a am 1. Januar 2012 leitete die IV-Stelle
Schwyz eine eingliederungsorientierte Rentenrevision ein (Schreiben vom 8.
Februar 2012). Mit Zwischenverfügung vom 10. Juli 2012 wurde eine
zufallsbasierte polydisziplinäre Begutachtung angeordnet, welche die MEDAS
vornahm (Expertise vom 9. Oktober 2013). Mit Schreiben vom 18. Oktober 2013
setzte die IV-Stelle dem Versicherten Frist bis zum 8. November 2013, sich zu
erklären, ob er willens sei, an zumutbaren beruflichen Massnahmen teilzunehmen
sowie daran aktiv und uneingeschränkt mitzuwirken. Dem opponierte A.________
mit Eingabe vom 22. November 2013. Mit Schreiben vom 3. Januar 2014 hielt die
IV-Stelle an ihrer Vorgehensweise fest, wobei sie die Frist zur Abgabe der
Erklärung bis zum 27. Januar 2014 verlängerte.

B. 
Am 27. Januar 2014 reichte A.________ beim Verwaltungsgericht des Kantons
Schwyz Rechtsverweigerungsbeschwerde ein. Der IV-Stelle sei zu untersagen, vor
gerichtlicher Überprüfung des MEDAS-Gutachtens vom 9. Oktober 2013 die mit
Schreiben vom 8. Februar 2012 eingeleitete eingliederungsorientierte
Rentenrevision fortzuführen, insbesondere die Rente herabzusetzen. Seine
Einwendungen gegen das MEDAS-Gutachten und gegen die Einleitung beruflicher
Massnahmen seien (gerichtlich) zu prüfen und es sei von der Anordnung solcher
Massnahmen abzusehen; eventualiter sei die IV-Stelle anzuweisen, zur Anordnung
von beruflichen Integrationsmassnahmen eine beschwerdefähige Verfügung zu
erlassen. Ferner sei ein Vorgutachten aus dem Jahre 2009 (Dr. med. B.________)
im vorliegenden Verfahren aus dem Recht zu weisen, andernfalls sei ihm
Gelegenheit einzuräumen, dazu Stellung zu nehmen. Mit Entscheid vom 5. Juni
2014 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat.

C. 
Unter Erneuerung des im kantonalen Verfahren gestellten Rechtsbegehrens
beantragt A.________ mit "Rechtsverweigerungsbeschwerde" die Aufhebung des
kantonalen Gerichtsentscheides.
Die IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherungen sehen von einer
Vernehmlassung ab.

Erwägungen:

1. 
Die Noveneingabe vom 2. Oktober 2014 betreffend Alkoholerkrankung ist
unzulässig (Art. 99 Abs. 1 BGG).

2. 
Streitig und zu prüfen ist einzig, ob das Verwaltungsgericht dadurch
Bundesrecht verletzt (Art. 95 lit. a BGG) hat, dass es die am 27. Januar 2014
bei ihm anhängig gemachte Rechtsverweigerungsbeschwerde abgewiesen hat, soweit
es darauf eintrat.

3. 
Eine vor dem kantonalen Versicherungsgericht (Art. 56 Abs. 2 ATSG)
beschwerdeweise anfechtbare Rechtsverweigerung liegt vor, wenn sich der
zuständige Sozialversicherungsträger weigert, eine Verfügung zu erlassen,
obwohl er dazu nach gesetzlicher Vorschrift (Art. 49 Abs. 1 ATSG) verpflichtet
ist.

3.1. Die am 27. Januar 2014 beim kantonalen Gericht gestellten und
letztinstanzlich wiederholten Anträge sind, selbst wenn sie begründet wären,
nicht geeignet, den Tatbestand der Rechtsverweigerung zu erfüllen: Der
Beschwerdegegnerin gerichtlich zu untersagen, vor gerichtlicher Überprüfung des
MEDAS-Gutachtens vom 9. Oktober 2013 die mit Schreiben vom 8. Februar 2012
eingeleitete eingliederungsorientierte Rentenrevision fortzusetzen,
widerspräche der ständigen Rechtsprechung, wonach vor der IV-Stelle ein
nichtstreitiges, nach den Grundsätzen des Amtsbetriebes ablaufendes
Administrativverfahren stattfindet (BGE 137 V 210 E. 2.2.2 S. 232; BGE 136 V
376 E. 4.2.2 S. 380 mit zahlreichen Hinweisen). In dieses Einparteienverfahren,
über das die IV-Stelle die Herrschaft innehat, hat sich das kantonale
Versicherungsgericht so lange nicht einzumischen, als es nicht auf Beschwerde
hin mit einer End- oder Zwischenverfügung befasst ist.

3.2. Fragen kann sich einzig, ob die Beschwerdegegnerin dadurch eine
Rechtsverweigerung begangen hätte, indem sie bisher nicht über die Anordnung
konkreter beruflicher Integrationsmassnahmen eine beschwerdefähige Verfügung
erlassen hat. Dies wird die Beschwerdegegnerin indes ohne weiteres tun, sobald
der Beschwerdeführer die eingeforderte Erklärung, an entsprechenden Massnahmen
aktiv und uneingeschränkt mitzuwirken, abgegeben hat. Dass die
Beschwerdegegnerin ihre schriftlichen Aufforderungen zur Abgabe der
entsprechenden Willenserklärung gemäss Schreiben vom 18. Oktober 2013 und 3.
Januar 2014 nicht ihrerseits als anfechtbare Zwischenverfügungen erlassen hat,
verletzt Bundesrecht nicht (Art. 95 lit. a BGG). Die integrale
Verfügungspflicht im Bereich der medizinischen Gutachtensanordnung gemäss der
mit BGE 137 V 210 geänderten Rechtsprechung bedeutet keineswegs, dass jeder
Schritt im Abklärungsverfahren in Verfügungsform zu ergehen hätte (vgl. BGE 139
V 339, wonach die Ankündigung einer zufallsbasierten Bestimmung der
Gutachterstelle nicht in Verfügungsform zu kleiden ist). Das Bundesgericht hat
denn auch kürzlich seine Rechtsprechung bestätigt, dass die Aufforderung, sich
einem medizinischen Eingriff zu unterziehen, nicht selbstständig anfechtbar ist
(Urteil 8C_510/2011 vom 17. Oktober 2012 E. 3, SVR 2013 IV Nr. 10 S. 24). Das
Gleiche hat für die Aufforderung zu gelten, an beruflichen Abklärungsmassnahmen
teilzunehmen bzw. sein Einverständnis dazu zu erklären.

4. 
Der unterliegende Beschwerdeführer hat die Kosten des Verfahrens zu tragen
(Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 19. Februar 2015
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Traub

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