Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 509/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]          
9C_509/2014 {T 0/2}     

Urteil vom 20. Februar 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer,
Bundesrichterin Pfiffner,
Bundesrichter Parrino,
Bundesrichterin Moser-Szeless,
Gerichtsschreiberin Dormann.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Karl Kümin,
Beschwerdeführer,

gegen

Vorsorgestiftung der B.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Rösler,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Berufliche Vorsorge (Altersleistung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts
des Kantons Uri vom 28. März 2014.

Sachverhalt:

A. 
Der am 21. Februar 1953 geborene A.________ war als Mitarbeiter der C.________
bei der BVG-Sammelstiftung Swiss Life für die berufliche Vorsorge versichert.
Dieser teilte er am 19. September 2011 mit, dass er im Zeitpunkt seiner
Pensionierung die Hälfte des Altersguthabens in Kapitalform beziehen wolle. Mit
der Übernahme der Arbeitgeberin durch die B.________ AG trat er auf den 1.
Januar 2012 in die Vorsorgestiftung der B.________ AG (nachfolgend:
Vorsorgestiftung) ein. Auf ein entsprechendes Ersuchen des Versicherten resp.
dessen Anwalts hin verneinte sie mit Schreiben vom 6. Dezember 2012 die
Möglichkeit des (teilweisen) Kapitalbezuges.
Zusätzlich war A.________ bei der Stiftung für den flexiblen Altersrücktritt im
Bauhauptgewerbe (Stiftung FAR) für die weitergehende Vorsorge versichert. Er
gab seine Erwerbstätigkeit Ende Februar 2013 auf und bezieht seither eine
"Überbrückungsrente" von der Stiftung FAR; diese erbringt zudem einen
jährlichen "Sparbeitrag gemäss BVG". Auf den gleichen Zeitpunkt überwies die
Vorsorgestiftung das Altersguthaben des A.________ an die Stiftung
Auffangeinrichtung BVG (nachfolgend: Auffangeinrichtung).

B. 
A.________ liess mit Klage vom 27. März 2013 beantragen, die Vorsorgestiftung
sei zu verpflichten, ihm das halbe Vorsorgekapital, abgerechnet per 28. Februar
2013, nebst Zins zu 5 % seit 1. März 2013 auszubezahlen. Das Obergericht des
Kantons Uri wies die Klage mit Entscheid vom 28. März 2014 ab.

C. 
A.________ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten um
Aufhebung des Entscheids vom 28. März 2014 ersuchen und das vorinstanzliche
Rechtsbegehren erneuern.
Die Vorsorgestiftung schliesst auf Abweisung, das Bundesamt für
Sozialversicherungen auf Gutheissung der Beschwerde. A.________ lässt eine
weitere Eingabe einreichen.

Erwägungen:

1. 
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist - wozu auch Unvollständigkeit gehört (Urteil
9C_395/2009 vom 16. März 2010 E. 2.4) - oder auf einer Rechtsverletzung im
Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Es wendet das Recht von
Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Folglich ist das Bundesgericht weder an
die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der
Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem
angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation
der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 134 V 250 E. 1.2 S. 252
mit Hinweisen; 133 III 545 E. 2.2 S. 550; 130 III 136 E. 1.4 S. 140).

2. 
Die Vorinstanz ist der Auffassung, das Risiko "Alter" habe sich nicht mit der
Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 28. Februar 2013 verwirklicht. Die
Stiftung FAR erbringe aufgrund des Gesamtarbeitsvertrags für den flexiblen
Altersrücktritt im Bauhauptgewerbe (GAV FAR; durch Bundesratsbeschlüsse vom 5.
Juni 2003, 8. August und 26. Oktober 2006, 1. November 2007 und 6. Dezember
2012 teilweise allgemeinverbindlich erklärt [AVE GAV FAR; BBl 2003 4039; 2006
6751, 8865; 2007 7881; 2012 3076]) nicht nur Überbrückungsrenten, sondern äufne
weiterhin das Altersguthaben der Versicherten. Dadurch werde die
Erwerbstätigkeit "faktisch" bis zum ordentlichen Rentenalter hinausgeschoben
und der Vorsorgefall "Alter" sei noch nicht eingetreten. Folglich sei "im
Geltungsbereich des GAV FAR" keine Altersleistung, insbesondere keine
Kapitalabfindung, geschuldet. Vielmehr liege ein Freizügigkeitsfall vor.

3.

3.1.

3.1.1. Bei der Vorsorgestiftung handelt es sich um eine im Register für
berufliche Vorsorge eingetragene Vorsorgeeinrichtung (vgl. Art. 48 BVG), die
über das Obligatorium hinaus Leistungen erbringt (umhüllende
Vorsorgeeinrichtung). Rechtliche Grundlagen für das Rechtsverhältnis zwischen
dem Beschwerdeführer und der Vorsorgestiftung bilden in Bezug auf das
Obligatorium die Bestimmungen des BVG (vgl. Art. 5 Abs. 2 BVG).
Im Bereich der weitergehenden beruflichen Vorsorge werden die Rechtsbeziehungen
zwischen versichertem Arbeitnehmer und privater Vorsorgeeinrichtung durch den
Vorsorgevertrag geregelt. Auf diesen den Innominatverträgen sui generis
zugeordneten Vertrag ist der Allgemeine Teil des Obligationenrechts anwendbar
(Art. 1-183 OR). Reglement oder Statuten stellen den vorformulierten Inhalt des
Vorsorgevertrages dar, vergleichbar Allgemeinen Vertrags- oder
Versicherungsbedingungen, denen sich der Versicherte konkludent, durch Antritt
des Arbeitsverhältnisses und unwidersprochen gebliebene Entgegennahme von
Versicherungsausweis und Vorsorgereglement, unterzieht. Die Vertragsparteien
sind an den durch Statuten und Reglement vorgegebenen Vertragsinhalt gebunden,
zumal auch im Bereich der weitergehenden beruflichen Vorsorge die Grundsätze
der Gleichbehandlung der Destinatäre, der Angemessenheit, Kollektivität und
Planmässigkeit gelten (BGE 132 V 149 E. 5.2.5 S. 154). Zudem sind auch im
Rahmen der erweiterten beruflichen Vorsorge Vertragsvereinbarungen nur im
Rahmen der zwingend zu beachtenden gesetzlichen Bestimmungen (vgl. insbesondere
Art. 49 BVG) zulässig (BGE 138 V 366 E. 4 S. 370; 134 V 223 E. 3.1 S. 227 f.;
Urteil 9C_388/2008 vom 29. September 2008 E. 3.1).

3.1.2. In concreto bildet ein Anspruch gegenüber der Vorsorgestiftung
Streitgegenstand, weshalb deren Vorsorgereglement vom 22. Oktober 2010
(nachfolgend: Reglement) anwendbar ist. Entgegen der Auffassung des
Beschwerdeführers kann ihr das Vorsorgereglement der früheren, bis Ende 2011
zuständigen Vorsorgeeinrichtung mangels entsprechender Willenserklärung nicht
entgegengehalten werden. Eine solche lässt sich auch dem Begleitschreiben der
Vorsorgestiftung zu ihrem Jahresbericht 2011, wonach die "erworbenen Rechte der
(durch die B.________ AG übernommenen) Mitarbeitenden vollumfänglich gewahrt
blieben", nicht entnehmen: Es stellt keine Vertrauensgrundlage im Sinne des
Grundsatzes von Treu und Glauben dar und die blosse Anwartschaft auf eine
Kapitalzahlung bei der späteren Pensionierung ist kein wohlerworbenes Recht
(vgl. Art. 9 BV; BGE 137 II 182 E. 3.6.2 S. 193 mit Hinweisen; 130 V 18 E. 3.3
S. 29; vgl. auch BGE 127 V 252 E. 3b S. 256).

3.2.

3.2.1. Männer, die das 65. Altersjahr zurückgelegt haben, haben Anspruch auf
Altersleistungen (Art. 13 Abs. 1 BVG). Die reglementari-schen Bestimmungen der
Vorsorgeeinrichtung können abweichend davon vorsehen, dass der Anspruch auf
Altersleistungen mit der Beendigung der Erwerbstätigkeit entsteht. In diesem
Fall ist der Umwandlungssatz (Art. 14) entsprechend anzupassen (Art. 13 Abs. 2
BVG).
Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenleistungen werden in der Regel als Rente
ausgerichtet (Art. 37 Abs. 1 BVG). Der Versicherte kann verlangen, dass ihm ein
Viertel seines Altersguthabens, das für die Berechnung der tatsächlich
bezogenen Altersleistungen massgebend ist, als einmalige Kapitalabfindung
ausgerichtet wird (Art. 37 Abs. 2 BVG). Die Vorsorgeeinrichtung kann in ihrem
Reglement vorsehen, dass die Anspruchsberechtigten eine Kapitalabfindung an
Stelle einer Alters-, Hinterlassenen- oder Invalidenrente wählen können und
dass die Anspruchsberechtigten eine bestimmte Frist für die Geltendmachung der
Kapitalabfindung einhalten müssen (Art. 37 Abs. 4 BVG). Ist der Versicherte
verheiratet oder lebt er in eingetragener Partnerschaft, so ist die Auszahlung
der Kapitalabfindung nach den Absätzen 2 und 4 nur zulässig, wenn der Ehegatte,
die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner schriftlich zustimmt
(Art. 37 Abs. 5 BVG).

3.2.2. Das Rücktrittsalter wird am Monatsersten nach Vollendung des 65.
Altersjahres erreicht (Art. 4 Reglement). Mit dem Erreichen des
Rücktrittsalters entsteht für jeden Versicherten ein Anspruch auf eine
lebenslängliche Altersrente (Art. 19 Abs. 1 Reglement). Gibt ein Versicherter
die Erwerbstätigkeit höchstens fünf Jahre vor Erreichen des Rücktrittsalters
auf, wird die Altersrente zu diesem Zeitpunkt fällig. Der Umwandlungssatz wird
aufgrund des erreichten Alters angepasst   (Art. 19 Abs. 4 Reglement). Tritt
ein Versicherter aus den Diensten des Arbeitgebers aus, ohne in den Genuss der
in diesem Reglement erwähnten Alters-, Todesfall- oder Invalidenleistungen der
Stiftung zu gelangen, so hat er Anspruch auf eine Freizügigkeitsleistung (Art.
42 Reglement). Eine explizite Regelung der vorzeitigen Pensionierung im
Zusammenhang mit dem GAV FAR (vgl. STEFAN KELLER, Der flexible Altersrücktritt
im Bauhauptgewerbe, 2008, S. 634 f.) fehlt im Reglement.
Mit Erreichen des Rücktrittsalters bzw. mit der vorzeitigen Pensionierung kann
ein Versicherter sein Altersguthaben oder einen Teil davon als einmalige
Kapitalabfindung beziehen. Er hat dies der Stiftung spätestens 12 Monate vorher
schriftlich und, sofern er verheiratet ist, vom Ehegatten unterzeichnet bekannt
zu geben. Versicherte, welche die Frist von 12 Monaten nicht einhalten, haben
nur im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf Kapitalbezug ihrer
Altersleistungen (Art. 33 Abs. 1 Reglement). Mit der Ausrichtung einer
Kapitalabfindung gelten die entsprechenden reglementarischen Leistungen als
abgegolten (Art. 33 Abs. 4 Reglement).

3.3.

3.3.1. Die Auslegung des Vorsorgevertrags mit einer privatrechtlichen
Vorsorgeeinrichtung erfolgt nach dem Vertrauensprinzip. Es ist darauf
abzustellen, wie die zur Streitigkeit Anlass gebende Willenserklärung vom
Empfänger in guten Treuen verstanden werden durfte und musste. Dabei ist nicht
auf den inneren Willen des Erklärenden abzustellen, sondern auf den objektiven
Sinn seines Erklärungsverhaltens. Der Erklärende hat gegen sich gelten zu
lassen, was ein vernünftiger und korrekter Mensch unter der Erklärung verstehen
durfte. Weiter sind die besonderen Auslegungsregeln bei Allgemeinen Geschäfts-
oder Versicherungsbedingungen zu beachten, insbesondere die Unklarheits- und
die Ungewöhnlichkeitsregel (BGE 134 V 223 E. 3.1. S. 228; 132 V 149 E. 5 S. 150
mit Hinweisen).

3.3.2. Das Bundesgericht prüft die Auslegung nach dem Vertrauensprinzip als
Rechtsfrage frei, wobei es lediglich an die Feststellungen der Vorinstanz über
die äusseren Umstände im Rahmen von Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG gebunden ist (BGE
133 III 61 E. 2.2.1 S. 67; SVR 2012 BVG Nr. 3 S. 11, 9C_1024/2010 E. 4.1 in
fine).

4. 

4.1. Es steht fest, dass der Beschwerdeführer die Erwerbstätigkeit nach
Vollendung seines 60. Altersjahres Ende Februar 2013 definitiv aufgab und das
Reglement die Weiterführung der Vorsorge nicht zulässt. Unbestritten ist auch,
dass damit entweder ein Freizügigkeits- oder ein Vorsorgefall eingetreten ist
(Art. 42 Reglement; vgl. auch Thomas Flückiger, in: BVG und FZG, 2010, N. 18 zu
Art. 13 BVG). Sodann sind sich die Parteien einig, dass der geltend gemachte
Anspruch einzig im Vorsorgefall begründet sein kann.

4.2. Aus Art. 19 Abs. 4 Reglement (E. 3.2.2) ergibt sich klar, dass der
Vorsorgefall Alter Ende Februar 2013 eingetreten ist. Ein entsprechendes Gesuch
des Versicherten um vorzeitige Pensionierung, das die Vorsorgestiftung für
erforderlich zu halten scheint, wird weder in dieser noch in einer anderen
Bestimmung vorausgesetzt. Der reglementarisch vorgesehene Eintritt des
Vorsorgefalls mit Anspruch auf Altersleistungen entsprach gleichwohl dem Willen
des Beschwerdeführers: Er hat weder die Erwerbstätigkeit - allenfalls bei einem
neuen Arbeitgeber - fortgeführt noch sich als arbeitslos gemeldet, was laut
Art. 2 Abs. 1 ^bis FZG (SR 831.42) für den Aufschub des Vorsorgefalls in
solchen Fällen vorausgesetzt wäre (vgl. FLÜCKIGER, a.a.O., N. 19 zu Art. 13
BVG; HANS-ULRICH STAUFFER, Berufliche Vorsorge, 2. Aufl. 2012, S. 277 Rz. 757).

4.3.

4.3.1. An diesem (Zwischen-) Ergebnis ändern die Leistungen der Stiftung FAR
nichts. Der GAV FAR regelt ausschliesslich die Beziehungen zwischen
Arbeitgeber, Arbeitnehmer und der Stiftung FAR; die Vorsorgestiftung wird von
dessen Geltungsbereich nicht erfasst (vgl. Art. 2 bis 4 GAV FAR und Art. 2 AVE
GAV FAR). Entgegen der Auffassung der Vorinstanz wird durch den Altersrücktritt
gemäss GAV FAR die Erwerbstätigkeit weder faktisch noch virtuell bis zum
ordentlichen Rentenalter hinausgeschoben. Auch wenn das vorzeitige Ausscheiden
aus der Vorsorgeeinrichtung und die Ausrichtung gekürzter Altersrenten von der
Stiftung FAR nicht erwünscht sein mag (diese strebt eine Weiterversicherung für
die Risiken Alter und Tod an [vgl. E. 4.3.2]), misst sich der
Versicherungsstatus resp. der geltend gemachte Anspruch an den gesetzlichen und
reglementarischen Bestimmungen. Diese werden durch den GAV FAR auch nicht
indirekt modifiziert, wie sich aus dem Folgenden ergibt.

4.3.2. Die Überbrückungsrenten (vgl. Art. 14 GAV FAR) können gekürzt werden,
soweit andere vertragliche oder gesetzliche Leistungen erbracht werden (Art. 18
GAV FAR). Art. 19 Abs. 2 und 3 GAV FAR vermitteln Anspruch auf (teilweisen)
Ersatz von BVG-Altersgutschriften. Diesbezüglich hat der Rentenberechtigte der
Stiftung anzugeben, ob er in der bisherigen Vorsorgeeinrichtung verbleiben
kann, oder ob er sich bei der Auffangeinrichtung BVG oder einer anderen
Freizügigkeitseinrichtung weiterversichert (Art. 20 Abs. 3 GAV FAR). Die
genannten Bestimmungen wurden allgemeinverbindlich erklärt.

4.3.3. Dass der Bezug einer Überbrückungsrente von der Stiftung FAR den
Vorsorgefall ausschliessen soll, wird zu Recht nicht geltend gemacht. So sieht
etwa Art. 18 Abs. 3 des Reglements FAR vom 4. Juli 2003 (nachfolgend: Reglement
FAR) in Konkretisierung von Art. 18 GAV FAR explizit vor, dass
Überbrückungsrenten mit Rentenleistungen der AHV und der beruflichen Vorsorge,
welche wegen vorzeitigem Altersrücktritt gekürzt wurden, kumuliert werden
dürfen (zu den Gründen für die Leistungskumulation vgl. KELLER, a.a.O., S.
585). Die Frage, ob und inwieweit die Leistungen der Stiftung FAR und jene der
Vorsorgestiftung einer Koordination resp. Kürzung zu unterziehen sind (vgl.
insbesondere Art. 31 Reglement und Art. 18 Abs. 4 Reglement FAR), bildet hier
nicht Klagefundament.

4.3.4. Die Vertragspartner des GAV FAR gehen prinzipiell von einem
vollständigen (für Ausnahmen vgl. Art. 15 GAV FAR) Altersrücktritt unter
gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Beitragspflicht aus ( STAUFFER, a.a.O., S.
252 Fn. 57; KELLER, a.a.O., S. 591, 595). Darin liegt insoweit ein gewisser
Widerspruch, als fraglich bleibt, ob nach dem hier gleichzeitig gegebenen
Eintritt des Vorsorgefalls "Alter" gemäss Reglement (vgl. E. 4.2) die Vorsorge
weitergeführt werden kann, obwohl weder ein Mindestlohn gemäss Art. 7 BVG
erzielt wird noch die Voraussetzungen von Art. 2 Abs. 1 ^bis FZG erfüllt sind.
Nach Auffassung der Beschwerdegegnerin ist die Weiterführung der Vorsorge nach
Art. 47 BVG nach der Pensionierung ausgeschlossen (so auch explizit GEISER/
SENTI, in: BVG und FZG, 2010, N. 12 zu Art. 47 BVG).
Wie es sich damit verhält und wie dem Problem der Weiterversicherung
gegebenenfalls zu begegnen ist, kann hier offenbleiben. Aus Art. 20 Abs. 3 GAV
FAR kann so oder anders keine Verpflichtung des Versicherten abgeleitet werden,
entgegen den (BVG-) reglementa-rischen Bestimmungen einen "Freizügigkeitsfall"
hinzunehmen, nachdem ihn die Vorsorgeeinrichtung faktisch geschaffen hat.
Vielmehr ist es Sache der Vorsorgestiftung, in ihrem Reglement die
entsprechenden klaren Grundlagen zu schaffen, wenn sie in vergleichbaren Fällen
keine Altersleistung erbringen will.

4.4. Nachdem der Anspruch auf Altersleistungen im Grundsatz feststeht, ist zu
prüfen, ob diese (teilweise) in Form einer Kapitalabfindung bezogen werden
können. Das ist auf der Grundlage von Art. 33 Abs. 1 Reglement (E. 3.2.2) zu
entscheiden (vgl. E. 3.1).

4.5.

4.5.1. Es ist nicht ersichtlich und der Beschwerdeführer macht auch nicht
geltend, dass er über den Umstand, dass die berufliche Vorsorge ab 1. Januar
2012 bei der Vorsorgestiftung durchgeführt wurde, nicht rechtzeitig informiert
worden sein soll und er deswegen (oder aus einem anderen Grund) die
zwölfmonatige Meldefrist nicht habe einhalten können. Ebenso wird nicht
vorgebracht, dass die Vorsorgestiftung spätestens ein Jahr vor Eintritt des
Vorsorgefalls, mithin bis zum 28. Februar 2012, Kenntnis von der gegenüber der
vormaligen Vorsorgeeinrichtung abgegebenen (und von der Ehefrau
mitunterzeichneten) Erklärung vom 19. September 2011 oder direkt eine
vergleichbare Deklaration erhalten haben soll. Sodann beruft sich der
Beschwerdeführer nicht auf eine Weiterleitungspflicht (vgl. Art. 30 ATSG, der
im Bereich des BVG ohnehin grundsätzlich nicht anwendbar ist [Art. 2 ATSG e
contrario]), zumal die Erklärung vom 19. September 2011 nicht versehentlich an
die vormalige Vorsorgeeinrichtung gelangte. Damit besteht lediglich im Rahmen
der gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf Bezug der Altersleistungen in Form
einer Kapitalabfindung (vgl. E. 3.2.2 Abs. 2).

4.5.2. Die gesetzlichen Bestimmungen, namentlich Art. 37 Abs. 2 BVG (E. 3.2.1),
sehen keine Frist für die Geltendmachung der Kapitalabfindung vor (vgl. BETTINA
KAHIL-WOLFF, in: BVG und FZG, 2010, N. 6 zu Art. 37 BVG). Immerhin gelangte der
Beschwerdeführer am 30. November 2012, mithin vor Beendigung seiner
Erwerbstätigkeit, mit einem entsprechenden Ersuchen an die Vorsorgestiftung.
Diesem lag eine Kopie der Erklärung vom 19. September 2011 bei. Die
Vorsorgestiftung stellt nicht in Abrede, dass die darin enthaltene schriftliche
Zustimmung der Ehefrau zur Auszahlung einer Kapitalabfindung (Art. 37 Abs. 5
BVG) den gesetzlichen Anforderungen genügt. Demzufolge ist der Anspruch auf
einen Viertel des am 28. Februar 2013 vorhandenen BVG- resp. obligatorischen
Altersguthabens zu bejahen.

5. 
Im Berufsvorsorgerecht werden sowohl im Leistungs- wie auch im Beitragsbereich
Verzugszinsen zugelassen. Da es nicht um eine verspätete Überweisung von
Austrittsleistungen (Art. 2 Abs. 4 FZG) geht, ergeben sich die zu bezahlenden
Verzugszinsen in erster Linie aus dem Reglement der Vorsorgeeinrichtung. Bei
Fehlen entsprechender Regelungen ist Art. 104 Abs. 1 OR heranzuziehen, wonach
ein Verzugszins von 5 % geschuldet ist. Reglementarische Leistungsansprüche
gelten als Forderungen mit einem bestimmten Verfalltag, weshalb die
Vorsorgeeinrichtung grundsätzlich in Verzug gerät, ohne dass eine Mahnung des
Versicherten nötig wäre (SVR 2014 BVG    Nr. 42 S. 157, 9C_10/2013 E. 7; 2012
BVG Nr. 44 S. 164, 9C_137/2012 E. 6.2).
Mangels anderweitiger Regelung ist die Forderung zu 5 % ab 1. März 2013 zu
verzinsen.

6. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Vorsorgeeinrichtung die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer hat
Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Obergerichts des
Kantons Uri vom 28. März 2014 wird aufgehoben. Die Beschwerdegegnerin hat dem
Beschwerdeführer einen Viertel seines am 28. Februar 2013 vorhandenen
BVG-Vorsorgekapitals nebst 5 % Zins seit 1. März 2013 auszurichten. Im Übrigen
werden die Beschwerde und die Klage abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.

4. 
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung für das vorangegangene
Verfahren an das Obergericht des Kantons Uri zurückgewiesen.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Uri,
Verwaltungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen,
Aufsicht Berufliche Vorsorge, schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 20. Februar 2015

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Die Gerichtsschreiberin: Dormann

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