Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 486/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_486/2014

Urteil vom 21. Mai 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Frésard, Bundesrichterinnen Pfiffner, Moser-Szeless,
Gerichtsschreiberin Bollinger Hammerle.

Verfahrensbeteiligte
PensFlex - Sammelstiftung für die ausserobligatorische berufliche Vorsorge,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jacques-André Schneider,
Beschwerdeführerin,

gegen

Zentralschweizer BVG- und Stiftungsaufsicht (ZBSA),
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Berufliche Vorsorge,

Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung III,
vom 7. Mai 2014.

Sachverhalt:

A. 
Die PensFlex - Sammelstiftung für die ausserobligatorische berufliche Vorsorge,
Luzern (nachfolgend Sammelstiftung), bietet ihren Versicherten Vorsorgelösungen
mit grundsätzlich frei wählbarer, der individuellen Risikofähigkeit angepasster
Anlagestrategie an. Sie untersteht der Zentralschweizer BVG- und
Stiftungsaufsicht (ZBSA), Luzern. Am 16. Januar 2012 fand zwischen Vertretern
der ZBSA, der Sammelstiftung und der kantonalen Steuerverwaltung eine unter
anderem die Angemessenheitsprüfung der Anlagestrategien betreffende Besprechung
und im Anschluss daran ein schriftlicher Austausch zwischen der Sammelstiftung
und der ZBSA statt. Auf Ersuchen der Sammelstiftung stellte die ZBSA mit
Verfügung vom 1. Mai 2012 fest, die von der Sammelstiftung im Rahmen von Art.
1e BVV2 angebotenen individuellen Anlagestrategien seien vorgängig durch den
Experten für berufliche Vorsorge auf deren Angemessenheit hin zu überprüfen.

B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde der Sammelstiftung wies das
Bundesverwaltungsgericht mit Entscheid vom 7. Mai 2014 ab.

C. 
Die Sammelstiftung erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
und beantragt, der angefochtene Entscheid sowie die Verfügung der ZBSA vom 1.
Mai 2012 seien aufzuheben. Es sei festzustellen, dass die Bestätigungen ihrer
Experten für berufliche Vorsorge die gesetzlichen Bedingungen für die
jährlichen Kontrollen der Revisionsstelle bzw. für die periodischen Kontrollen
des Experten erfüllten. Eventualiter sei die Sache an das
Bundesverwaltungsgericht zurückzuweisen.

Die ZBSA schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.
Das BSV beantragt sinngemäss ebenfalls die Abweisung der Beschwerde.

Die Sammelstiftung ersucht am 30. Oktober 2014 um Fristerstreckung zur
Einreichung einer Replik, die ihr am 31. Oktober 2014 gewährt wird. Am 13.
November 2014 reicht die Sammelstiftung ihre Rechtsschrift und am 19. November
2014 eine weitere Eingabe ein. 

Erwägungen:

1. 
Gegen Beschwerdeentscheide des Bundesverwaltungsgerichts betreffend Verfügungen
der Aufsichtsbehörden im Bereich der beruflichen Vorsorge (Art. 61 f. und 74
BVG) ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an die II.
sozialrechtliche Abteilung des Bundesgerichts zulässig (Art. 82 lit. a und Art.
86 Abs. 1 lit. a BGG; Art. 35 lit. e BGerR).

2.

2.1. Gemäss Art. 62 Abs. 1 BVG (in Verbindung mit Art. 62 Abs. 2 BVG und Art.
84 Abs. 2 ZGB) hat die Aufsichtsbehörde darüber zu wachen, dass die
Vorsorgeeinrichtung die gesetzlichen und statutarischen Vorschriften einhält
und das Stiftungsvermögen seinem Zweck gemäss verwendet wird, indem sie
insbesondere die Übereinstimmung der reglementarischen Bestimmungen mit den
gesetzlichen Vorschriften (einschliesslich Normen auf Verordnungsstufe) prüft
(lit. a) und die Massnahmen zur Behebung von Mängeln trifft (lit. c). Die
Aufsichtsbehörde verfügt über weitreichende Kompetenzen präventiver und
repressiver Art (BGE 140 V 348 E. 2.2 S. 350 mit Hinweisen). In reinen
Ermessensfragen hat sie sich allerdings grösste Zurückhaltung aufzuerlegen und
nur dann einzugreifen, wenn die Stiftungsorgane bei der Ausführung des
Stifterwillens das ihnen zustehende Ermessen überschritten oder missbraucht
haben, das heisst, wenn ein Entscheid unhaltbar ist, weil er auf sachfremden
Kriterien beruht oder einschlägige Kriterien ausser Acht lässt. Greift die
Aufsichtsbehörde ohne gesetzliche Grundlage in den Autonomiebereich der
Stiftungsorgane ein, so verletzt sie Bundesrecht (BGE a.a.O. mit Hinweisen).

2.2. Ob die Voraussetzungen für ein aufsichtsrechtliches Einschreiten erfüllt
und die angeordneten Massnahmen angebracht sind, überprüft das Bundesgericht
als Rechtsfrage ohne Einschränkung der Kognition frei (Art. 95 lit. a BGG).
Hingegen ist die Feststellung der Verhältnisse, welche den
aufsichtsbehördlichen Anordnungen zugrunde liegen, tatsächlicher Natur und vom
Bundesgericht lediglich auf ihre offensichtliche Unrichtigkeit hin zu prüfen
(Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 1 BGG; BGE 140 V 348 E. 2.3 S. 351 mit
weiteren Verweisen).

3. 
Streitig und zu prüfen ist, ob das Bundesverwaltungsgericht bei der von der
Beschwerdeführerin gewählten individuellen Ausgestaltung der Anlagestrategien
zu Recht die Vorab-Prüfung jeder einzelnen Strategie auf ihre Angemessenheit
hin verlangt hat oder ob die Prüfung lediglich des Anlagemodells den
gesetzlichen Anforderungen genügt.

3.1. Die Vorinstanz stellte fest, gemäss Reglement sei eine individuelle Anlage
pro Versicherten vorgesehen und es würden individuelle Wertschwankungsreserven
gebildet. Sie erwog, damit werde die Kollektivität vollständig verlassen,
weshalb die a priori-Bestätigung eines Modells den rechtlichen Anforderungen
nicht genüge. Bei vollständigem Einkauf oder von Anfang an vollständig
geäufneten Altersguthaben und anschliessender Mitgabe der individuellen
Wertschwankungsreserven würden beim Austritt des Versicherten die Limiten von
Art. 1 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 BVV 2 offensichtlich überschritten. Die
reglementarischen Einkaufsbegrenzungen vermöchten ein Überschreiten des
Leistungsziels nicht zu verhindern. Das reglementarische Modell der
Beschwerdeführerin sei nicht bestätigungsfähig, soweit die Bestätigung vorab im
Rahmen einer schematischen Prüfung erfolgen solle. Im Übrigen sei die
Angemessenheitsprüfung kein unübertragbares und unentziehbares Recht des
Stiftungsrates, sondern sie gehöre zu den Pflichten der Experten. Der
Selbstständigkeitsbereich oder die Organisationsautonomie der
Beschwerdeführerin seien daher nicht verletzt.

Nachdem die Beschwerdegegnerin zu Recht festgestellt habe, die beiden
Experten-Bestätigungen vom 24. Mai 2012 genügten den rechtlichen Vorgaben
nicht, sei sie verpflichtet gewesen, eine aufsichtsrechtliche Massnahme zu
ergreifen. Die in der Feststellungsverfügung vom 1. Mai 2012 in Aussicht
gestellte Zulassung der umstrittenen Reglementsbestimmung unter der
Voraussetzung, es werde jede einzelne Anlagestrategie individuell vom Experten
bestätigt, sei notwendig, angemessen und verhältnismässig. Nur eine
individuelle Prüfung jeder einzelnen Anlagestrategie gewährleiste, dass die -
steuerlich begünstigte - berufliche Vorsorge nicht zur Erzielung von
Vermögenserträgen eingesetzt werde, die nicht oder nicht allein der Fortsetzung
der gewohnten Lebenshaltung dienten. Schliesslich unterscheide sich die
Beschwerdeführerin von den "übrigen Stiftungen und Sammeleinrichtungen"
dadurch, dass sie für jeden einzelnen Versicherten ein individuelles Konto
führe und individuelle Wertschwankungsreserven zuschreibe. Eine Verletzung des
Gleichbehandlungsgebotes sei nicht ersichtlich, ebenso wenig eine
Gehörsverletzung.

3.2. Die Beschwerdeführerin rügt in verschiedener Hinsicht eine unrichtige
Sachverhaltsfeststellung. In ihrer umfangreichen, zahlreiche Wiederholungen
enthaltenden Beschwerdeschrift macht sie insbesondere geltend, die Vorinstanz
verlange zu Unrecht tausende von Bestätigungen des Experten mit entsprechender
Kostenfolge, ohne deren praktische Durchführbarkeit zu prüfen oder näher zu
konkretisieren. Art. 1 Abs. 2 BVV 2 setze nur eine "modellmässige" Einhaltung
der Angemessenheit voraus. Die vorinstanzlich geschützten Prüfanforderungen
gemäss Feststellungsverfügung vom 1. Mai 2012 seien daher nicht nur
unverhältnismässig, sondern widersprächen auch dem "pauschalen Ansatz", wonach
es genüge, die aggressivste Anlagestrategie (mit einem Aktienanteil von 40 %)
auf ihre Angemessenheit zu überprüfen, da die anderen Strategien in
langfristiger Prognose generell geringere Erträge erwarten liessen. Indem der
Experte bestätigt habe, ein Aktienanteil von 40 % könne zu einem -
gesetzmässigen - Ertrag von 2 % über der durchschnittlichen Lohnentwicklung
führen, sei den rechtlichen Anforderungen Genüge getan. Die von ihr vorgesehene
pauschale Kontrolle mittels Begrenzung der Einkaufsmöglichkeiten, sobald die
Rendite 2 % pro Jahr übersteige, und der Berücksichtigung eines "vorsichtigen"
Umwandlungssatzes habe die Vorinstanz zu Unrecht für ungenügend erachtet. Eine
Prüfung und Bestätigung pro Anlagestrategie sei ein Leerlauf und unterliege der
irrigen Annahme, dass sich Renditen einigermassen zuverlässig voraussagen
liessen, wozu aber selbst Experten nicht in der Lage seien. Würde von ihnen
eine entsprechende Prognose verlangt, verstiesse dies gegen Art. 52e BVG. Im
Übrigen habe das Portfeuille mit dem höchsten Aktienbestand während eines
Zeitraums von 20 Jahren eine geringere Performance aufgewiesen als jenes mit
einem durchschnittlichen Aktienanteil. Die Vorinstanz unterstelle ausgehend von
einigen erfolgreichen Anlagejahren und einem vollständig geäufneten
Altersguthaben - was beides realitätsfremde Vorgaben seien - zu Unrecht viel zu
hohe Renditen. Die Forderung, das individuelle Altersguthaben der Versicherten
sei um die Wertschwankungsreserve zu kürzen, verstosse gegen Art. 1e BVV 2 und
Art. 15 Abs. 1 und 2 FZG und schliesslich sei das Prinzip der Kollektivität
eingehalten.

4. 
Die Rüge des fehlerhaft festgestellten Sachverhalts bedarf einer qualifizierten
Begründung. Es reicht nicht aus, in allgemeiner Form Kritik zu üben, einen von
den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu
behaupten oder seine eigene Beweiswürdigung zu erläutern (Urteile 9C_735/2010
vom 21. Oktober 2010 E. 3 und 9C_688/2007 vom 22. Januar 2008 E. 2.3). Die Rüge
und ihre qualifizierte Begründung müssen in der Beschwerdeschrift selber
enthalten sein. Der blosse Verweis auf Ausführungen in anderen Rechtsschriften
oder auf die Akten genügt nicht (Urteile 8C_260/2010 vom 12. Januar 2011 E.
2.2.2 und 4A_28/2007 vom 30. Mai 2007 E. 1.3, nicht publ. in: BGE 133 III 421).
Soweit die Beschwerde diesen Anforderungen nicht genügt und sich auf
Sachverhalte bezieht, die für die allein strittige Frage nach der Intensität
der Angemessenheitskontrolle nicht entscheidrelevant sind, ist darauf nicht
weiter einzugehen.

5.

5.1. Mit dem 3. Paket der 1. BVG-Revision ist erstmals die freie Wahl der
Anlagestrategie im Gesetz verankert worden (vgl. auch Hans-Ulrich Stauffer,
Berufliche Vorsorge, 2. A. 2012 Rz. 2152 ff., 2166). Vorsorgeeinrichtungen, die
ausschliesslich Lohnanteile über dem vom Sicherheitsfonds garantierten
Leistungsbereich versichern, können ihren Versicherten innerhalb eines
Vorsorgeplans die Wahl zwischen unterschiedlichen Anlagestrategien ermöglichen
(Art. 1e BVV 2). Die in der beruflichen Vorsorge geltenden Gesetzes- und
Verordnungsbestimmungen, so etwa die Regeln betreffend Sicherheit der Anlagen
(Art. 71 BVG) und Berechnung der Austrittsleistung (Art. 15 und 17 des
Freizügigkeitsgesetzes vom 17. Dezember 1993, FZG) sind dabei gleichermassen
massgeblich wie bei den herkömmlichen Anlagen. Dies bedeutet, dass der
Versicherte bei seinem Austritt (derzeit noch; vgl. aber Botschaft zu einer
Änderung des Freizügigkeitsgesetzes [Ansprüche bei Wahl der Anlagestrategie
durch die versicherte Person] vom 15. Februar 2015 BBl 2015 1793) auch dann
Anspruch auf die nach den zwingenden gesetzlichen Vorschriften berechnete
Austrittsleistung hat, wenn sein Guthaben aufgrund der selbstgewählten
Anlagestrategie an Wert einbüsste. Das verbleibende Versichertenkollektiv hat
mit anderen Worten das Anlagerisiko zu tragen, welches mit der vom Versicherten
gewählten (möglicherweise risikoreichen) Anlagestrategie einhergeht, während er
das Ertragspotenzial ausschöpfen und die aufgrund solcher Anlagestrategien
erzielte Gewinne mitnehmen darf (vgl. Botschaft, a.a.O. 1794).

5.2. Vorsorgelösungen nach Art. 1e BVV 2 müssen des Weiteren die Grundsätze der
Angemessenheit, der Kollektivität, der Gleichbehandlung, der Planmässigkeit
sowie das Versicherungsprinzip einhalten (Art. 1 Abs. 3 BVG; Urteil 2C_309/2007
vom 11. Dezember 2007 E. 3.1 mit Hinweisen). Es entspricht zwar einem
generellen Trend in der beruflichen Vorsorge, Überlegungen eines individuellen
Äquivalenzprinzips zu Lasten der Errungenschaften einer Solidargemeinschaft
stärker zu gewichten (Stauffer, a.a.O., Rz. 2060; beabsichtigte Ergänzung des
FZG, vgl. vorangehende E. 5.1). Eine Vorsorgelösung, welche von allem Anfang an
keine Kollektivität und Solidarität beabsichtigt, dient indes nicht der
beruflichen Vorsorge, sondern der (individuellen) Selbstvorsorge. Diese ist
nicht ausgeschlossen, sie kann aber nicht über eine Einrichtung der 2. Säule
erfolgen (BGE 120 Ib 199 E. 4b S. 205). Auch die 1. BVG-Revision hat nichts
daran geändert, dass die Flexibilisierung im Bereich der zweiten Säule nur so
weit gehen kann, als nicht an den kollektiven Grundsätzen des Systems gerüttelt
wird (vgl. Machbarkeitsstudie zur freien Pensionskassenwahl, in: Beiträge zur
Sozialen Sicherheit, Forschungsbericht 10/05, Ziff. 6.2.9 S. 164). In
Nachachtung des Kollektivitätsprinzips darf eine Vorsorgeeinrichtung
insbesondere nicht derart viele Strategien anbieten, dass daraus praktisch eine
Individualisierung der Vorsorgeguthaben der einzelnen Versicherten (eine
Strategie "ad personam") resultiert. Das BSV geht davon aus, bei
Sammelstiftungen sei ein Angebot von fünf bis höchstens zehn Strategien pro
Vorsorgewerk mit Art. 1e BVV 2 zu vereinbaren (Mitteilung des BSV über die
berufliche Vorsorge Nr. 125 vom 14. Dezember 2011, Rz. 813 S. 12).

5.3. Die Beschwerdeführerin ging in einer ersten Besprechung mit der
Beschwerdegegnerin von "etwa 100" anzubietenden Strategien aus und sah später
ein Angebot vor, das nach ihren eigenen Angaben mehr als 3'300 bzw. 3'465
mögliche Strategien umfasste. Letztinstanzlich gab sie an, es sei von "ca.
1'000 bis 1'200 unterschiedlichen Anwendungsanlagestrategien" auszugehen. Mit
Blick darauf, dass das BSV pro Vorsorgewerk bis zu zehn Strategien für zulässig
erachten, macht die Beschwerdeführerin geltend, bei 693 angeschlossenen
Vorsorgewerken lägen die von ihr angebotenen Strategien innerhalb der
zulässigen Grenzen.

Welche Zahl von Strategien - pro Vorsorgeplan oder Vorsorgewerk - noch
gesetzmässig ist, braucht hier nicht abschliessend geklärt zu werden. Auch wenn
der Bundesrat darauf verzichtet hat, die zulässigen Strategien in Art. 1e BVV 2
ziffernmässig festzulegen, darf die Verordnungsbestimmung jedenfalls nicht
durch exzessive Auslegung ausgehöhlt und auf diesem Weg der Grundsatz der
Kollektivität ausser Kraft gesetzt werden. Sammelstiftungen mit einer grossen
Zahl angeschlossener Vorsorgewerke ist es somit - nicht anders als "normalen"
Vorsorgeeinrichtungen - verwehrt, ein derart grosses Angebot vorzusehen, dass
die Kollektivität nurmehr theoretisch möglich, aber praktisch nicht mehr
realistisch ist (vgl. hiezu auch die Mitteilungen des BSV über die berufliche
Vorsorge Nr. 125 vom 14. Dezember 2011 Rz. 813: "Die Umsetzung [...] darf nicht
so ausgestaltet werden, dass sie zu einer gänzlichen Individualisierung führen
würde, also jegliche kollektiven Aspekte der Vorsorge abschaffen würde").
Selbst wenn die Aufnahme mehrerer Versicherter in dasselbe Kollektiv
theoretisch offen stünde, ist bei hunderten oder gar tausenden möglicher
Strategien weitgehend unrealistisch, dass mehrere Versicherte dieselbe
Strategie wählen. Wie die Vorinstanz zutreffend erwog, wird damit das Feld der
Kollektivität vollständig verlassen. Weil sich die Anfechtungsobjekt bildende
(Feststellungs-) Verfügung vom 1. Mai 2012 indes auf die Frage beschränkte, ob
für jede einzelne der individuell wählbaren Anlagestrategien eine
Vorabkontrolle der Angemessenheit mit einer Performanceprognose vorzunehmen ist
oder nicht (vgl. Schreiben der Beschwerdeführerin vom 28. Februar 2012), ist
auf entsprechende Folgen nicht weiter einzugehen und eine endgültige
Beurteilung erübrigt sich.

6.

6.1. Die Beschwerdeführerin sieht in ihrem Reglement vier Grundstrategien vor,
die sich durch unterschiedliche Anteile an Aktien und "Alternativanlagen"
unterscheiden. Innerhalb dieser Strategien sind gemäss Angaben der
Beschwerdeführerin "unzählige Variationen" möglich, indem etwa Aktien und
Alternativanlagen mit Immobilien und Obligationen variiert werden. Die
Versicherten können "unter Berücksichtigung ihrer Risikobereitschaft und ihrer
Risikofähigkeit die Anlagestrategie im Rahmen der Anlagevorschriften BVV 2 bzw.
des Anlagereglements" auswählen (Ziff. 2.2 Reglement). Es werden persönliche
Alterskonti geführt, welche unter anderem allfällige individuelle
Schwankungsreserven ausweisen. Diesen werden alle Wertentwicklungen der
gewählten Strategie gutgeschrieben oder belastet (Ziff. 7.1 Reglement).

6.2. Eine günstige Performance der gewählten Strategie kann bei
Vorsorgelösungen mit Wahlmöglichkeit der Anlagestrategie nach Art. 1e BVV 2
ausnahmsweise bewirken, dass die Vorsorgeleistungen höher als gemäss Plan
ausfallen. Das Angemessenheitsprinzip gebietet indes bei längerfristig guter
Performance Anpassungen auf der Leistungsseite, um zu gewährleisten, dass die
gesetzlichen Angemessenheitsgrenzen von Art. 1 BVV 2 wieder regelmässig
eingehalten werden (vgl. Botschaft, a.a.O., 1799 f.). Dies gilt selbstredend
auch für eine Vorsorgeeinrichtung, welche im Rahmen der zweiten Säule gestützt
auf Art. 1e BVV 2 (maximal) individualisierte Anlagestrategien anbietet. Zwar
schreibt Art. 1 Abs. 3 BVV 2 die Angemessenheit lediglich des
Berechnungsmodells und nicht der Berechnung im Einzelfall vor. Die
Angemessenheit ist somit nicht unbedingt im individuellen Fall bei
nachträglicher Prüfung ("a posteriori") einzuhalten. Vielmehr muss ein
Vorsorgeplan von vornherein so konzipiert werden, dass die zu erwartenden
Leistungen die gesetzlichen Bedingungen erfüllen. Dies gilt nicht nur für den
konkreten Plan, sondern auch für allfällige Kombinationen verschiedener Pläne.
Konkret erfolgt eine theoretische Berechnung des Leistungsziels anhand einer
modellmässigen, auf fachlich anerkannten Grundsätzen basierenden Betrachtung
(vgl. Mitteilungen über die berufliche Vorsorge des BSV Nr. 86 vom 31. Oktober
2005 S. 3 [Antworten zu den Fragen 4 und 5]).

6.3. Mit Blick auf die weitestgehende Individualisierung der Anlagestrategien
und den direkten Konnex zwischen Ertrag und Leistungshöhe kann sich die
Beschwerdeführerin somit weder darauf berufen, bereits die
Angemessenheitsprüfung ihrer vier Hauptmodelle erfülle die rechtlichen
Vorgaben, noch vermag der von ihr postulierte pauschale Prüfansatz unter
Berücksichtigung einer (hypothetischen) Performance von 2 % die Einhaltung der
Angemessenheit rechtsgenüglich zu gewährleisten. Selbst wenn die
Einkaufstabelle der Beschwerdeführerin eine gewisse Korrektur bewirkte, indem
sich die Einkaufsmöglichkeiten reduzieren, sobald die Rendite die hypothetische
Grösse von 2 % jährlich übersteigt, wird die Angemessenheit der Leistungen
dadurch bereits deshalb nicht ausreichend sichergestellt, weil der Mechanismus
zum vornherein wirkungslos bleibt, sobald der Versicherte seine
Einkaufsmöglichkeiten ausgeschöpft hat.

6.4. Ungenügend ist sodann die Beschränkung der Prüfung auf die "aggressivste"
Strategie mit dem höchsten Aktienanteil. Wie das BSV in seiner Vernehmlassung
zutreffend ausführte, kann nicht generell gesagt werden, dass Aktien im
Vergleich zu Investitionen in Obligationen, Immobilien oder andere Werte unter
allen Umständen eine höhere Performance ausweisen. Ob dies der Fall ist, hängt
vielmehr von einer Vielzahl makro- und mikroökonomischer Faktoren ab, welche
die starre 2 %-Grenze der Beschwerdeführerin nicht abzubilden vermag. Dass die
Prognose über eine zu erwartende Performance stets mit einer gewissen
Unsicherheit behaftet ist, liegt in der Natur der Sache. Entgegen den
Vorbringen der Beschwerdeführerin ist dies aber kein Grund, der gegen die
Angemessenheitsprüfung jeder einzelnen Strategie spräche. Auch ausserhalb der
beruflichen Vorsorge werden Vermögensanlagen mit vergleichbaren
Anlagestrategien angeboten, welche für die prognostische Beurteilung der
Angemessenheit einer Anlagestrategie der zweiten Säule herangezogen werden
können (Botschaft, a.a.O. S. 1800). Zu Recht hat die Beschwerdegegnerin darauf
hingewiesen, dass durchaus wissenschaftlich anerkannte Renditeerwartungsmodelle
bestehen, welche eine realistischere Abschätzung der Performance erwarten
lassen als die in der Beschwerde postulierte "reale hypothetische
Anlageperformance" von 2 %, die nicht zuletzt ebenfalls auf einer
prognostischen Beurteilung beruht. Eine lege artis, d.h. gestützt auf
wissenschaftlich anerkannte Modelle durchgeführte Performanceprognose gehört
sodann zu den Informationen, welche die versicherte Person bereits bei der Wahl
der Strategie benötigt und auf die im Übrigen auch die Beschwerdeführerin
selbst angewiesen ist, damit sie ihrer reglementarischen Pflicht nachkommen
kann, die Versicherten individuell über die Chancen und Gefahren der
gewünschten Anlagestrategien zu informieren (Art. 2.2 Anlagereglement). Eine
Prognose über die Entwicklung der vier Grundstrategien reicht hiezu ebenso
wenig aus wie die schematische Unterstellung einer Anlageperformance von 2 %.

6.5. Wie weit im (nicht zuletzt auch steuerlich) privilegierten Rahmen der 2.
Säule individuelle Spekulation zulässig sein soll und in welchem Rahmen es sich
rechtfertigt, maximal individualisierte Vorsorgelösungen unter das Dach der
beruflichen Vorsorge zu stellen, bleibe dahingestellt (vgl. E. 5.3).
Individuelle Anlagemöglichkeiten entsprechen jedenfalls einem Bedürfnis und
sind gesetzgeberisch gewollt. Die Flexibilität bei der Wahl von
Anlagestrategien wird mit der angestrebten Änderung des Freizügigkeitsgesetzes
hinsichtlich der Ansprüche der Versicherten bei selbst gewählter
Anlagestrategie (E. 5.1 hievor) weiter steigen. Auch solche Vorsorgelösungen
haben, wie dargelegt (vorangehende E. 5.2) die Grundsätze der beruflichen
Vorsorge, insbesondere die Angemessenheit der Vorsorge, stets einzuhalten. Wenn
die Vorinstanz die von der Beschwerdegegnerin verlangte Vorabprüfung jeder
einzeln Strategie durch den Experten (in Nachachtung seiner gesetzlichen
Pflichten gemäss Art. 52e BVG [seit 1. Januar 2012; bis 31. Dezember 2011:
aArt. 53 Abs. 2 BVG]) geschützt hat, ist dies weder unangemessen noch sonstwie
bundesrechtswidrig. Lediglich der Vollständigkeit halber sei darauf
hingewiesen, dass die Beschwerdegegnerin im Rahmen ihrer Aufsichtsbefugnisse
nicht nur die Zulassung des Reglements unter der Voraussetzung einer
individuellen Bestätigung jeder einzelnen Strategie durch den Experten hätte
verlangen dürfen, sondern durchaus auch - wesentlich einschneidender - die
Durchsetzung einer Reglementsänderung in Betracht gekommen wäre. Die Beschwerde
ist abzuweisen.

7. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden der
unterliegenden Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 65 Abs. 4 lit. a i.V. mit
Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 68
Abs. 3 BGG; in BGE 138 V 346 nicht publ. E. 7 des Urteils 9C_2/2012 vom 30.
August 2012).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 6'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung III,
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 21. Mai 2015

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Die Gerichtsschreiberin: Bollinger Hammerle

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