Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 354/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]          
9C_354/2014 {T 0/2}     

Urteil vom 16. Januar 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer,
Bundesrichterin Pfiffner,
Bundesrichter Parrino,
Bundesrichterin Moser-Szeless,
Gerichtsschreiber Fessler.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Fürsprecher Gerhard Lanz,
Beschwerdeführerin,

gegen

Pensionskasse B.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Isabelle Vetter-Schreiber,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Berufliche Vorsorge (Invalidenleistungen),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern
vom 8. April 2014.

Sachverhalt:

A. 
A.________ arbeitete seit ........ in der Firma C.________ AG. Im Rahmen dieser
Anstellung war sie bei der Pensionskasse B.________ berufsvorsorgeversichert.
Im April 2002 kündigte ihr die Arbeitgeberin auf Ende Juli 2002. Infolge
Schwangerschaft und Geburt verlängerte sich das Arbeitsverhältnis bis Ende
August 2003.
Im Januar 2001 hatte sich A.________ (ein zweites Mal) bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug angemeldet. Nach Abklärungen sprach
ihr die IV-Stelle Bern mit Verfügung vom 25. September 2003 aufgrund eines
Invaliditätsgrades von 50 % eine halbe Invalidenrente samt Zusatzrente für den
Ehemann ab 1. April 2001 zu. Die Pensionskasse B.________ richtete ab 1.
September 2003 Invalidenleistungen der beruflichen Vorsorge (Invalidenrente und
eine Invaliden-Kinderrente) aus.
Als Ergebnis des 2006 eingeleiteten Revisionsverfahrens hob die IV-Stelle mit
Verfügung vom 4. März 2008 die Rente auf Ende April 2008 auf. Die neu
angewendete gemischte Methode der Invaliditätsbemessung hatte einen
Invaliditätsgrad von 10 % ergeben. Auf denselben Zeitpunkt stellte die
Pensionskasse B.________ ihre Leistungen ein (Schreiben vom 14. März 2008). Das
Gesuch von A.________ vom 26. Oktober 2012 um Ausrichtung einer 30
%-Invalidenrente ab 1. Mai 2008 sowie Nachzahlung der Invalidenrenten für die
Zeit vom 1. April 2001 bis 31. August 2003 lehnte sie ab (Schreiben vom 14.
November 2012).

B. 
Am 31. Januar 2013 liess A.________ beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern
Klage gegen die Pensionskasse B.________ einreichen, welche die
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung nach Klageantwort und zweitem
Schriftenwechsel mit Entscheid vom 8. April 2014 abwies.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________
zur Hauptsache, der Entscheid vom 8. April 2014 sei aufzuheben und die
Pensionskasse B.________ "teilklageweise" zu verpflichten, ab 1. August 2002
eine Hauptrente sowie ab März 2003 Kinderrenten zu bezahlen, zuzüglich
Verzugszins von 5 % auf dem Saldobetrag seit wann rechtens; es sei Akt zu
nehmen, dass Mehrforderungen vorbehalten blieben.
Die Pensionskasse B.________ ersucht um Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt
für Sozialversicherungen hat keine Vernehmlassung eingereicht.

Erwägungen:

1. 
Streitgegenstand gemäss den Begehren in der Beschwerde (Urteil 1C_330/2013 vom
15. Oktober 2013 E. 2.1) bildet der Anspruch der Beschwerdeführerin gegenüber
der Beschwerdegegnerin auf Invalidenleistungen der beruflichen Vorsorge. Dabei
geht es entsprechend den Beschwerdeanträgen um die Zeiträume vom 1. August 2002
bis 31. August 2003, vom 1. September 2003 bis 30. April 2008 sowie ab 1. Mai
2008.

2. 
Die Vorinstanz hat eine allfällige Leistungspflicht der Beschwerdegegnerin bis
31. Januar 2008 infolge Anspruchsverjährung verneint    (Art. 41 Abs. 1 und 2
BVG sowie aArt. 41 Abs. 1 BVG, in der bis Ende 2004 geltenden Fassung; zum
intertemporalrechtlichen Verhältnis dieser Bestimmungen vgl. BGE 140 V 213 E. 4
S. 216). Die Beschwerdeführerin rügt, die Erhebung der Einrede der Verjährung
durch die Beschwerdegegnerin verstosse gegen Treu und Glauben. Die
Vorsorgeeinrichtung habe ihre Pflicht zur korrekten Information über zustehende
Ansprüche verletzt und zu tiefe Leistungen behauptet.
Die Vorinstanz hat die Gründe dargelegt, weshalb Art. 2 Abs. 2 ZGB, wonach der
offenbare Missbrauch eines Rechtes keinen Rechtsschutz findet, nicht anwendbar
ist. Dabei hat sie auf die Rechtsprechung hingewiesen, wonach die
Verjährungseinrede nicht schon deshalb rechtsmissbräuchlich ist, weil der
Schuldner weiss, dass der eingeklagte Anspruch zu Recht besteht (Urteil 4A_590/
2009 vom 14. Mai 2010 E. 5.1; vgl. auch BGE 137 V 394 E. 7.1 S. 403). Die
Beschwerdeführerin vermag den vorinstanzlichen Erwägungen nichts Substanzielles
entgegenzuhalten. Insbesondere vermag sie keine gesetzliche oder
reglementarische Grundlage anzugeben, aus der sich spezielle Pflichten der
Beschwerdegegnerin betreffend Aufklärung, Beratung und Information bezüglich
der ab 1. September 2003 ausgerichteten Invalidenleistungen ergeben könnten
(vgl. Urteil B 160/06 vom 7. November 2007, in: SVR 2008 BVG Nr. 30 S. 121,
sowie BGE 136 V 331 zu dem am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Art. 86b BVG).
Der in der Beschwerde erwähnte BGE 117 V 33, der von der Information bei
Eintritt des Freizügigkeitsfalles handelt, ist nicht einschlägig. Im Übrigen
unterliegen Ansprüche aus Vertrauenshaftung nach Art. 2 ZGB der einjährigen
relativen Verjährungsfrist nach Art. 60 OR (BGE 134 III 390). Ob diese Frist
gewahrt wäre, erscheint fraglich (zur Beweislastverteilung vgl. Urteil 5A_563/
2009 vom 29. Januar 2010 E. 3 mit Hinweisen auf die Lehre), kann nach dem
Gesagten indessen offenbleiben.

3. 
In Bezug auf die Monate Februar bis April 2008 beantragt die Beschwerdeführerin
höhere Leistungen als von der Beschwerdegegnerin ausgerichtet. Die Frage hängt
davon ab, ob das Reglement 1999 oder 2001, gültig ab 1. Januar 2002, anwendbar
ist bzw. in welchem Zeitpunkt der Anspruch auf Invalidenleistungen der
beruflichen Vorsorge entstanden war. Gemäss Vorinstanz gilt die
anspruchsbegründende Invalidität mit Ablauf der Wartezeit nach aArt. 29 Abs. 1
lit. b IVG, in Kraft gestanden bis 31. Dezember 2007, bzw. mit Beginn der
halben Rente der Invalidenversicherung am 1. April 2001 als eingetreten. Somit
sei das Reglement 1999 anwendbar. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin gilt
dies allenfalls für den Obligatoriumsbereich. Ein Anspruch auf reglementarische
Leistungen sei bis 31. Dezember 2001 jedoch nicht entstanden, sondern erst mit
Auflösung des Arbeitsverhältnisses Ende August 2003, wie sich aus Art. 14 Abs.
1, 3 und 5 Reglement 1999 ergebe.

3.1. Gemäss Art. 18 Abs. 1 OR bestimmt sich der Inhalt des Vertrags nach dem
übereinstimmenden wirklichen Willen der Parteien. Die empirische oder
subjektive hat gegenüber der normativen oder objektivierten Vertragsauslegung
den Vorrang. Nur wenn der übereinstimmende wirkliche Wille der Parteien
unbewiesen bleibt, ist deren mutmasslicher Wille zu ermitteln, indem ihre
Erklärungen aufgrund des Vertrauensprinzips so auszulegen sind, wie sie nach
ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten Umständen verstanden werden
durften und mussten (zum Ganzen BGE 138 III 659 E. 4.2.1 S. 666 f. mit
Hinweisen; Urteil 2C_941/2012 vom 9. November 2013 E. 3.3). Diese Grundsätze
gelten auch für Statuten und Reglemente privater Vorsorgeeinrichtungen (BGE 134
V 369 E. 6.2 S. 375 mit Hinweisen). Da in Bezug auf Art. 14 Abs. 1 und 3
Reglement 1999 kein übereinstimmender wirklicher Parteiwille festzustellen ist,
muss somit nach dem objektiven Sinn des Erklärungsverhaltens der Parteien
gefragt werden. Dabei sind unklare, mehrdeutige oder ungewöhnliche Wendungen im
Zweifel zu Lasten der Vorsorgeeinrichtung auszulegen (Urteile 9C_88/2011 vom
15. Februar 2012 E. 4.2, 9C_1024/2010 vom 2. September 2011 E. 4.1 in: SVR 2012
BVG Nr. 3 S. 11 und   9C_177/2010 vom 25. Mai 2010 E. 2.2.1, in: SVR 2011 BVG
Nr. 1    S. 1).

3.2. Art. 14 Abs. 1, 3 und 5 Reglement 1999 ('Invalidenrente') lauten wie
folgt:

"1 Ist das Mitglied nach Feststellung des Vertrauensarztes seines Arbeitgebers
für seine bisherige oder für eine andere ihm zumutbare Beschäftigung nicht mehr
tauglich (Invalidität), so hat es Anspruch auf eine Invalidenrente, wenn das
Arbeitsverhältnis aus diesem Grunde vom Arbeitgeber aufgelöst wird.
2 (...)
3 Der Anspruch auf die Invalidenrente beginnt mit der Auflösung des
Arbeitsverhältnisses oder (...).
4 (...)
5 Mit dem Beginn einer Invalidenrente entfällt die Beitragspflicht nach
Massgabe des Invaliditätsgrades."
Der Anspruch auf eine Invalidenrente setzt somit voraus, dass das
Arbeitsverhältnis wegen der Invalidität in dem in Teilsatz 1 von Abs. 1
umschriebenen Sinne vom Arbeitgeber aufgelöst wird. Dies kann nur so verstanden
werden, dass der Anspruch frühestens im Zeitpunkt der Kündigung entstehen kann.
Ob aufgrund von Abs. 3 und 5 das rechtliche Ende des Anstellungsverhältnisses
massgebend ist, wie in der Beschwerde geltend gemacht wird, kann hier
offenbleiben. Ebensowenig braucht auf die Kritik der Beschwerdegegnerin an der
Rechtsprechung betreffend den Rentenaufschub, wenn Taggelder der Kranken- oder
Unfallversicherung nach Beginn der Rente der Invalidenversicherung gekürzt oder
zurückfordert werden (vgl. Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts B 27/04 vom
21. Februar 2005 und BGE 128 V 243 sowie Hans-Ulrich Stauffer, Berufliche
Vorsorge, 2. Aufl. 2012,   S. 369 N. 1008), eingegangen zu werden. Der
Beschwerdeführerin war nach unbestrittener Feststellung der Vorinstanz im April
2002 auf Ende Juli 2002 gekündigt worden. Infolge Schwangerschaft und Geburt
der ersten Tochter verlängerte sich das Arbeitsverhältnis bis Ende August 2003.
Bei dessen Auflösung durch den Arbeitgeber im April 2002 stand jedoch bereits
das Reglement 2001 in Kraft, welches somit mangels anders lautender
übergangsrechtlicher Bestimmung anwendbar ist (Urteil 9C_954/2011 vom 22. März
2012 E. 2.2, in: SVR 2012 BVG Nr. 36 S. 138).

3.3. Für die Monate Februar bis April 2008 wird die Vorinstanz die
Invalidenrente der Beschwerdeführerin und die Kinderrente neu auf der Grundlage
von Reglement 2001 zu berechnen haben. Soweit für die Bestimmung des
versicherten Verdienstes von Bedeutung, wird sie zu prüfen haben, ob der
Anspruch im April 2002 oder erst Ende August 2003 entstanden ist (vgl. Urteil
des Eidg. Versicherungsgerichts         B 42/03 vom 16. Oktober 2003 E. 3.1,
in: SVR 2004 BVG Nr. 8 S. 24). Für die Zeit vor Februar 2008 sind infolge
Verjährung keine (weiteren) Leistungen geschuldet (vorne E. 2).

4. 
Für die Zeit ab 1. Mai 2008 hat die Vorinstanz einen Anspruch der
Beschwerdeführerin auf Invalidenleistungen (Invalidenrente, Kinderrenten)
verneint. Zur Begründung hat sie ausgeführt, nach Art. 15 Abs. 2 Reglement 2006
sei die Beschwerdegegnerin befugt gewesen, die Verfügung vom 4. März 2008,
womit die halbe Rente der Invalidenversicherung der Beschwerdeführerin auf Ende
April 2008 aufgehoben worden sei, nachzuvollziehen und ihre Leistungen auf
diesen Zeitpunkt einzustellen. Daran ändere nichts, dass der revisionsweisen
Rentenaufhebung die gemischte Methode zugrunde gelegen habe, zumal sich die
Arbeitsfähigkeit im Erwerbsbereich in anspruchsrelevanter Weise von
ursprünglich 50 % auf 70 % verbessert habe. Nach der Konzeption der beruflichen
Vorsorge als Erwerbsausfallversicherung sei das hypothetische zeitliche Pensum
massgebend, das die versicherte Person leisten würde, wenn sie gesund wäre, und
nicht das vor Eintritt der gesundheitlichen Beeinträchtigung tatsächlich
ausgeübte. Bezogen auf das erwerbliche Arbeitspensum von 50 % resultiere bei
einer Arbeitsfähigkeit von 70 % keine Erwerbseinbusse und somit keine
Invalidität, weder im Sinne der IV noch des Reglements.
Die Beschwerdeführerin hält dagegen, der invalidenversicherungsrechtliche
Statuswechsel stelle berufsvorsorgerechtlich keinen Anpassungsgrund dar, weil
dies für eine Erwerbsausfallversicherung wesensfremd wäre. Jedenfalls bedürfte
es hiefür einer klaren reglementarischen Grundlage, woran es indessen im
Reglement 2001 fehle. Der in Art. 15 Abs. 2 Reglement 2006 vorgesehene
Nachvollzug von Revisionsentscheiden der Invalidenversicherung sei hier
lediglich zulässig, soweit sie mit einer Verbesserung der Arbeitsfähigkeit im
Erwerbsbereich begründet werde. Der Erwerbsausfall gemessen an der vor Eintritt
der gesundheitlichen Beeinträchtigung ausgeübten Vollerwerbstätigkeit werde
nicht kleiner, wenn sie zu einem späteren Zeitpunkt Mutter eines Kindes werde.
Eine Änderung in den persönlichen Verhältnissen sei kein neuer
Versicherungsfall und habe nichts mit dem seinerzeitigen Versicherungsfall
Invalidität zu tun. Die Rechtsauffassung der Vorinstanz stehe auch im
Widerspruch zur Lehre.

5. 
Zu prüfen ist, ob der invalidenversicherungsrechtliche Statuswechsel (von
vollerwerbstätig [Verfügung vom 25. September 2003] zu teilerwerbstätig
[Verfügung vom 4. März 2008]; Urteil 8C_854/2011 vom 10. Februar 2012 E. 2.3)
bzw. der Wechsel der Methode der Invaliditätsbemessung (vom Einkommensvergleich
[Art. 16 ATSG i.V.m.    Art. 28a Abs. 1 IVG] zur gemischten Methode [Art. 28a
Abs. 3 IVG]) für die laufende Invalidenrente der beruflichen Vorsorge von
Bedeutung ist. Die unbestrittene Erhöhung der Arbeitsfähigkeit von 50 % auf 70
% aufgrund des verbesserten Gesundheitszustandes im Ver-gleichszeitraum macht
die Frage nicht obsolet, da nach Reglement ein Invaliditätsgrad von wenigstens
25 % Anspruch auf Invalidenleistungen gibt.

5.1. Entscheide der Invalidenversicherung über den erwerblichen Status einer
invaliden Person (voll erwerbstätig, teilerwerbstätig, nicht erwerbstätig) sind
für die Vorsorgeeinrichtungen, welche ins IV-Verfahren einbezogen worden waren,
bindend, und zwar sowohl im obligatorischen als auch im weiter gehenden Bereich
(BGE 129 V 150 E. 2.5 S. 156). Dies gilt auch, wenn sie, wie die
Beschwerdegegnerin, auf die invalidenversicherungsrechtliche Betrachtungsweise
abstellen (Urteil 9C_693/2009 vom 10. September 2010 E. 5.1, in: SVR 2011 BVG
Nr. 12 S. 44). Bei Teilerwerbstätigen mit einem Aufgabenbereich (im Sinne von
Art. 5 Abs. 1 IVG i.V.m. Art. 8 Abs. 3 ATSG und Art. 27 IVV) bzw. bei
Anwendbarkeit der gemischten Bemessungsmethode ist für die berufliche Vorsorge
grundsätzlich nur der Invaliditätsgrad massgebend, der für den erwerblichen
Bereich resultiert, unter Vorbehalt offensichtlicher Unhaltbarkeit. Einzig
insoweit ist eine Bindung an die Invaliditätsbemessung der
Invalidenversicherung gegeben (BGE 120 V 106 E. 4b S. 109 f.). Dies bedeutet,
dass unter Umständen Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung bestehen
kann, nicht aber auf Invalidenleistungen der beruflichen Vorsorge oder
umgekehrt. Sowohl BGE 120 V 106 als auch BGE 129 V 150 ergingen im Zusammenhang
mit der erstmaligen Zusprechung einer Rente der Invalidenversicherung.

5.2. Invalidenleistungen der beruflichen Vorsorge sind grundsätzlich
anzupassen, wenn sie den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen objektiv
nicht oder nicht mehr entsprechen (BGE 138 V 409). Nach Art. 15 Abs. 2
Reglement 2006 werden Anpassungen nur bei Revisionen der IV entsprechend den
neuen Verfügungen vorgenommen (Satz 3). Bei striktem Nachvollzug des
IV-Statusentscheids wäre für die Vorsorgeeinrichtung neu der Invaliditätsgrad
massgebend, der für den erwerblichen Bereich resultiert. Dieser beträgt im
vorliegenden Fall unbestritten 0 % (Arbeitsfähigkeit von 70 % bei einem
hypothetischen Arbeitspensum von 50 % im Gesundheitsfall). Nach der Lehre,
soweit sie sich zum Thema der Anpassung von Leistungen der beruflichen Vorsorge
an die Entscheide der Invalidenversicherung äussert, soll eine mit einer
Statusänderung verbundene Revision der Rente der Invalidenversicherung ohne
Einfluss auf den berufsvorsorgerechtlichen Rentenanspruch sein. Ein
Statuswechsel könne jedoch zu einer Neuberechnung der Überentschädigung führen
im Sinne der Anpassung der Überentschädigungsgrenze (nach Reglement oder Gesetz
[vgl. Art. 24 Abs. 1 BVV 2: "90 Prozent des mutmasslich entgangenen
Verdienstes"]; Marc Hürzeler, in: BVG und FZG, 2010, N. 15 zu Art. 24 BVG;
derselbe, Invaliditätsbemessung in der Invalidenversicherung und der
beruflichen Vorsorge, in: Personen-Schaden-Forum 2008, S. 213; Bernhard
Studhalter, Unfallbedingter Erwerbsausfall in der IV, UV und [obligatorischen]
BV, in: Personen-Schaden-Forum 2005, S. 115 und 122-124, unter Hinweis auf
Isabelle Vetter-Schreiber, Überentschädigung/Ungerechtfertigte Vorteile, in:
Neuere Entwicklungen in der beruflichen Vorsorge, 2000, S. 146, und auf BGE 129
V 150 E. 2.3 S. 155). Die Rechtsauffassung, dass ein Statuswechsel im Rahmen
eines IV-Revisionsverfahrens für sich allein genommen am
berufsvorsorgerechtlichen Rentenanspruch nichts ändert, wird damit begründet,
der neu - nach der gemischten Methode - ermittelte Invaliditätsgrad sei für die
Vorsorgeeinrichtung nicht verbindlich (vgl. Marc Hürzeler, in: BVG und FZG,
2010, N. 15 zu Art. 24 BVG).

5.3.

5.3.1. Der invalidenversicherungsrechtliche Status macht eine Aussage darüber,
ob und gegebenenfalls in welchem zeitlichen Umfang die versicherte Person ohne
gesundheitliche Beeinträchtigung einem Erwerb nachginge und daneben in einem
Aufgabenbereich nach Art. 5 Abs. 1 IVG i.V.m. Art. 8 Abs. 3 ATSG tätig wäre
(Urteil 9C_311/2013 vom 12. November 2013 E. 3.1). Der Status als solcher und
damit auch ein allfälliger Statuswechsel oder eine Änderung des
(zahlenmässigen) Verhältnisses der beiden massgeblichen Tätigkeitsbereiche
(Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 502/97 vom 8. März 1999    E. 3) im
Rahmen eines Revisionsverfahrens nach Art. 17 Abs. 1 ATSG sind für den Umfang
der Erwerbsfähigkeit nicht von Bedeutung, anders als etwa der
Gesundheitszustand bzw. eine Verbesserung oder eine Verschlechterung desselben.
Die damit verbundene Änderung des hypothetischen erwerblichen Arbeitspensums
hat indessen zur Folge, dass der diesbezügliche Invaliditätsgrad neu zu
bestimmen ist. Das führt bei im Übrigen unveränderten Umständen zu einem
anderen Invaliditätsgrad (vgl. BGE 131 V 51 E. 5.1.1 S. 53 und BGE 125 V 146 E.
5a S. 153 f.). Wäre dieser neue Invaliditätsgrad für die Vorsorgeeinrichtung
verbindlich, bliebe unberücksichtigt, dass eine Reduktion des
Beschäftigungsgrades und (regelmässig) damit einhergehende Lohnreduktion
berufsvorsorgerechtlich eine Austrittsleistung auslöste    (Art. 20 Abs. 1
FZG).

5.3.2. Ein Anspruch auf Invalidenleistungen der beruflichen Vorsorge ist sodann
nur gegeben, sofern eine entsprechende Versicherungsdeckung vorhanden ist.
Deren Umfang bemisst sich nach dem Beschäftigungsgrad bei Eintritt der
Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat (Art. 23 lit. a
BVG; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts B 47/97 vom 15. März 1999 E. 2),
unter Berücksichtigung einer allfälligen vorbestandenen gesundheitlich
bedingten Arbeitsunfähigkeit (Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts B 7/01
vom   7. Februar 2003 E. 2.1). Versah die versicherte Person ein
Teilzeitpensum, besteht kein Anspruch auf Leistungen der beruflichen Vorsorge,
wenn und jedenfalls solange sie trotz gesundheitlicher Beeinträchtigung im
bisherigen Umfang weiterarbeiten kann oder könnte (Urteile 9C_821/2010 vom 7.
April 2011 E. 4.2 und 9C_634/2008 vom 19. Dezember 2008 E. 5.1 und E. 5.1.1;
Urteile des Eidg. Versicherungsgerichts B 34/05 vom 8. Juni 2006 E. 4.2 und B
46/03 vom 14. Februar 2005 E. 4; vgl. auch BGE 129 V 132 E. 4.3.2 S. 142); das
Risiko Invalidität hat sich lediglich in dem berufsvorsorgerechtlich nicht
versicherten Anteil einer Vollzeitbeschäftigung (100 % - Beschäfti-gungsgrad)
verwirklicht (Urteile 9C_821/2010 vom 7. April 2011 E. 4.2 und 9C_161/2007 vom
6. September 2007 E. 2). Eine (hypothetische) spätere Erhöhung des
Arbeitspensums im Gesundheitsfall etwa aufgrund veränderter persönlicher,
familiärer oder finanzieller Ver-hältnisse, selbst wenn "von Anfang an"
beabsichtigt, ist für die Frage der Leistungspflicht für die erwerblichen
Folgen der eingetretenen, im Wesentlichen unveränderten Arbeitsunfähigkeit ohne
Belang. Dadurch kann die Versicherungsdeckung nicht ausgeweitet werden (Urteil
9C_821/2010 vom 7. April 2011 E. 4.2). In gleicher Weise kann auch mit Blick
auf das in E. 5.3.1 hievor Gesagte - umgekehrt - die (hypothetische) Reduktion
des Arbeitspensums im Gesundheitsfall nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit im
Sinne von Art. 23 lit. a BVG keine Auswirkungen auf den Anspruch auf
Invalidenleistungen der beruflichen Vorsorge haben. Daraus ergibt sich, dass
eine im Sinne von Art. 17 Abs. 1 ATSG relevante Änderung des
invalidenversiche-rungsrechtlichen Status oder des Anteils der Erwerbstätigkeit
allein keinen berufsvorsorgerechtlichen Anpassungsgrund darstellt.

5.4. Soweit im vorliegenden Fall die revisionsweise Aufhebung der halben Rente
der Invalidenversicherung auf Ende April 2008 auf dem Statuswechsel (von
vollerwerbstätig zu teilerwerbstätig im zeitlichen Umfang von 50 %) beruht,
kann die Invalidenrente der beruflichen Vorsorge nicht gestützt auf Art. 15
Abs. 2 Reglement 2006 aufgehoben werden. Einzig die - unbestrittene -
Verbesserung der Arbeitsfähigkeit (von 50 % auf 70 %) ist Grund für eine
Neuberechnung der Leistung. Die Vorinstanz hat somit neben den Monaten Februar
bis April 2008 (vorne E. 3.3) auch über die Begehren in der Klage (präzisiert
in der Replik) betreffend die Zeit ab 1. Mai 2008 neu zu entscheiden.

6. 
Die Parteien haben nach Massgabe ihres Unterliegens die Gerichtskosten zu
tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdegegnerin hat der Beschwerdeführerin
eine Parteientschädigung zu bezahlen      (Art. 68 Abs. 2 BGG). Die
Beschwerdegegnerin hat keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3
BGG; Urteil 9C_702/2011 vom 28. Februar 2012 E. 5, in: SVR 2012 BVG Nr. 30 S.
121).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung,
vom 8. April 2014 wird, soweit die Zeit ab 1. Februar 2008 betreffend,
aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die
Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden zu zwei Fünfteln (Fr. 200.--) der
Beschwerdeführerin und zu drei Fünfteln (Fr. 300.--) der Beschwerdegegnerin
auferlegt.

3. 
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 1'700.-- zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen, Aufsicht Berufliche Vorsorge, schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 16. Januar 2015

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Fessler

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