Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 331/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]               
{T 1/2}
                             
9C_331/2014, 9C_332/2014

Urteil vom 23. März 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Pfiffner, Moser-Szeless,
Gerichtsschreiber Traub.

Verfahrensbeteiligte
Bundesamt für Sozialversicherungen, Effingerstrasse 20, 3003 Bern 3,
Beschwerdeführer,

gegen

9C_331/2014
Sammelstiftung Berufliche Zusatzvorsorge der Allianz Suisse
Lebensversicherungs-Gesellschaft, Bleicherweg 19, 8022 Zürich,
Beschwerdegegnerin 1,

und

9C_332/2014
Sammelstiftung BVG der Allianz Suisse Lebensversicherungs-Gesellschaft,
Richtiplatz 1, 8304 Wallisellen,
Beschwerdegegnerin 2.

Gegenstand
Berufliche Vorsorge,

Beschwerde gegen die Entscheide C-941+942/2012 des Bundesverwaltungsgerichts
vom 7. März 2014.

Sachverhalt:

A. 

A.a. Mit Verfügung vom 23. Januar 2012 übertrug das Bundesamt für
Sozialversicherungen (BSV) die bis anhin bei ihm liegende Aufsicht über die
Sammelstiftung BVG der Allianz Suisse Lebensversicherungs-Gesellschaft mit Sitz
im Kanton Zürich an die BVG- und Stiftungsaufsicht des Kantons Zürich
(Dispositiv-Ziff. 1). Es legte Aufsichtsgebühren für das Jahr 2011 (Ziff. 3)
sowie solche für die Oberaufsichtskommission des Bundes im Jahr 2012 in Höhe
von Fr. 56'523.- (Ziff. 4) fest.

A.b. Ebenfalls mit Verfügung vom 23. Januar 2012 übertrug das BSV die bis anhin
bei ihm liegende Aufsicht über die Sammelstiftung Berufliche Zusatzvorsorge der
Allianz Suisse Lebensversicherungs-Gesellschaft mit Sitz im Kanton Zürich an
die BVG- und Stiftungsaufsicht des Kantons Zürich (Dispositiv-Ziff. 1). Es
legte Aufsichtsgebühren für das Jahr 2011 (Ziff. 2) sowie solche für die
Oberaufsichtskommission des Bundes im Jahr 2012 in Höhe von Fr. 2'362.- (Ziff.
3) fest.

B. 
Die beiden Vorsorgeeinrichtungen führten beim Bundesverwaltungsgericht je
Beschwerde mit dem Rechtsbegehren, die angefochtenen Verfügungen seien insoweit
aufzuheben, als sie die Auferlegung einer Abgabe unter dem Titel der
Oberaufsicht vorsähen. Das Bundesverwaltungsgericht hiess die Beschwerden gut
und hob die betreffenden Dispositiv-Ziffern der strittigen Verfügungen vom 23.
Januar 2012 auf (Entscheide vom 7. März 2014).

C. 
Das BSV führt in beiden Verfahren Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, der jeweilige Entscheid des
Bundesverwaltungsgerichts sei aufzuheben.

Die Vorsorgeeinrichtungen schliessen jeweils auf Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen:

1. 
Da den beiden Beschwerden gleichartige Sachverhalte zugrunde liegen, sich die
gleichen Rechtsfragen stellen und die Beschwerdegegnerinnen organisatorisch
verbunden sind, rechtfertigt es sich, die Verfahren zu vereinigen und in einem
Urteil zu erledigen (vgl. BGE 128 V 124 E. 1 S. 126).

2. 

2.1. Die  direkte Aufsicht über landesweit tätige Vorsorgeeinrichtungen
erfolgte bis zum 31. Dezember 2011 grundsätzlich durch das BSV; die Kantone
beaufsichtigten die in ihrem Gebiet tätigen Vorsorgeeinrichtungen. Am 1. Januar
2012 trat eine Änderung des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982 über die
berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG; SR 831.40) in
Kraft ("Strukturreform"). Im Rahmen dieser Gesetzesrevision wurde die direkte
Aufsicht (unter anderem) über die national tätigen Vorsorgeeinrichtungen
dezentralisiert, das heisst sitzabhängig auf die kantonalen (oder regionalen;
Art. 61 Abs. 2 BVG) Aufsichtsbehörden übertragen (vgl. Art. 61 Abs. 1 BVG).
Vorsorgeeinrichtungen, die bisher unter Bundesaufsicht standen, mussten bis
spätestens Ende 2014 der direkten Aufsicht der kantonalen oder regionalen
Instanz übergeben werden (vgl. Übergangsbestimmung zur Änderung des BVG vom 19.
März 2010; Art. 25 Abs. 5 der Verordnung vom 10. und 22. Juni 2011 über die
Aufsicht in der beruflichen Vorsorge [BVV 1; SR 831.435.1]). Für die
Beschwerdegegnerinnen geschah dies per 23. Januar 2012.

Für die  Oberaufsicht über die kantonalen Aufsichtsbehörden war bis zum
Inkrafttreten der Strukturreform der Bundesrat zuständig. Sie wird nunmehr von
einer unabhängigen Oberaufsichtskommission (OAK) wahrgenommen (vgl. Art. 64 ff.
BVG; zum Ganzen: Botschaft vom 15. Juni 2007 zur Änderung des Bundesgesetzes
über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge, BBl 2007
5681 ff. und 5703 ff.; Erläuternder Bericht des BSV zu den Änderungen der
Verordnungen im Rahmen der Strukturreform in der beruflichen Vorsorge vom Juni
2011; Jürg Brechbühl, Neuordnung von Aufsicht und Oberaufsicht in der
beruflichen Vorsorge, in: HAVE 2012 S. 318 ff.; Kucera/ Ruppen, Strukturreform
beschleunigt Kulturwandel, in: Soziale Sicherheit CHSS 1/2011 S. 8 f., sowie
Barbara Brosi, Die neue Oberaufsichtskommission in der beruflichen Vorsorge,
a.a.O., S. 11 ff.).

2.2. 

2.2.1. Die Kosten der OAK und ihres Sekretariates werden durch eine jährliche
Aufsichtsabgabe und durch Gebühren für Verfügungen und Dienstleistungen gedeckt
(Art. 64c Abs. 1 BVG). Schuldner der Aufsichtsabgabe und der Gebühren sind die
kantonalen Aufsichtsbehörden sowie die von der OAK direkt beaufsichtigten
Institutionen (Sicherheitsfonds, Auffangeinrichtung, Anlagestiftungen; Art. 64a
Abs. 2 BVG). Die jährliche Aufsichtsabgabe der Aufsichtsbehörden bemisst sich
nach der Zahl der beaufsichtigten Vorsorgeeinrichtungen und der Anzahl der
Versicherten (Art. 64c Abs. 2 lit. a BVG). Art. 64c Abs. 3 BVG gibt dem
Bundesrat auf, die anrechenbaren Aufsichtskosten zu bestimmen und das
Berechnungsverfahren im Einzelnen sowie den Gebührentarif festzulegen. Nach
Art. 7 Abs. 1 BVV 1 beträgt die jährliche Aufsichtsabgabe der Aufsichtsbehörden
300 Franken für jede beaufsichtigte Vorsorgeeinrichtung (lit. a) und 80 Rappen
für jede bei der beaufsichtigten Vorsorgeeinrichtung versicherte Person (lit.
b). In den Schlussbestimmungen der BVV 1 ist festgelegt, dass bis zum Ende des
Jahres, in dem die Aufsicht an die kantonale Aufsichtsbehörde übergeben wird,
das BSV die an die OAK zu entrichtende Aufsichtsabgabe schuldet (Art. 25 Abs. 4
und 5).

2.2.2. In Anwendung von Art. 7 Abs. 1 BVV 1 erzielte die OAK in den Jahren 2012
und 2013 deutliche Überschüsse. Um dies fortan zu vermeiden, änderte der
Bundesrat die BVV 1 (Beschluss vom 2. Juli 2014). Nunmehr richten sich die
Aufsichtsabgaben nach den effektiven Kosten der OAK (Mélanie Sauvain,
Sozialversicherungen: Neuerungen per 1. Januar 2015 und laufende Reformen, in:
SZS 2015 S. 49). Mit Wirkung ab dem 1. Januar 2015 setzt die OAK die jährlichen
Aufsichtsabgaben nach Art. 7 Abs. 1 lit. b BVV 1 auf der Grundlage der Kosten
fest, die ihr und ihrem Sekretariat im Geschäftsjahr entstanden sind (neuer
Art. 6 Abs. 3 BVV 1). An die Stelle der bisherigen fixen Pro Kopf-Abgabe (von
80 Rappen für jede bei der beaufsichtigten Vorsorgeeinrichtung versicherte
Person) tritt eine Zusatzabgabe von  höchstens 80 Rappen für jede aktiv
versicherte Person sowie jede von der beaufsichtigten Vorsorgeeinrichtung
ausbezahlte Rente (neuer Art. 7 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 BVV 1).

2.3. Mit Verfügungen vom 23. Januar 2012 belastete das BSV den
Beschwerdegegnerinnen für das (gesamte) Jahr 2012 Aufsichtsgebühren, die es an
die OAK abzuführen haben würde. Diese - mit Blick auf die Übergabe der Aufsicht
an die kantonale Behörde im Januar 2012 einmaligen - Abgaben bilden den
Streitgegenstand. Nicht strittig sind die gleichzeitig erhobenen Gebühren aus
der bis zum Datum der Übergabe an die kantonale Behörde ausgeübten direkten
Aufsicht durch das BSV (vgl. Art. 25 Abs. 2 und 3 BVV 1; Verordnung vom 17.
Oktober 1984 über die Gebühren für die Beaufsichtigung von Einrichtungen der
beruflichen Vorsorge [VGBV; SR 831.435.2]).

3. 

3.1. Zur Frage, ob das BSV die von ihm an die OAK zu entrichtende Abgabe für
das Jahr 2012 grundsätzlich zu Recht auf die Beschwerdegegnerinnen überwälzt
hat, hielt das Bundesverwaltungsgericht jeweils fest, nach Gesetz und
Verordnung bestehe keine Rechtsgrundlage für eine Weitergabe an die
Vorsorgeeinrichtungen. Die Allgemeine Gebührenverordnung (SR 172.041.1) sei
nicht anwendbar; ohnehin müsste sich eine Abgabe auf ein formelles Gesetz
stützen können. Seien die Verfügungen vom 23. Januar 2012 schon aus diesem
Grund nicht rechtmässig, erübrige es sich zu prüfen, ob die Abgabe richtig
bemessen sei (E. 7 der angefochtenen Entscheide).

3.2. Das beschwerdeführende Bundesamt wendet sich gegen die vorinstanzliche
Auslegung des Gesetzes, wonach die Aufsichtsabgabe abschliessend zu Lasten der
Aufsichtsbehörden, also der öffentlichen Hand, gehen solle. Der Gesetzgeber
könne nicht beabsichtigt haben, die Steuerzahler die Aufsichtsabgaben für die
OAK tragen zu lassen. Eine rein wörtliche Auslegung von Art. 64c Abs. 2 lit. a
BVG und Art. 7 Abs. 1 und 2 BVV 1 führe nicht zur sachlich richtigen Lösung.
Vielmehr folge aus den Materialien der Gesetzgebung, dass die Aufsichtsbehörde
als Zahlstelle fungiere; als solche erhebe sie die Aufsichtsabgabe bei den
Vorsorgeeinrichtungen und leite sie an die OAK weiter. Auch der Normzweck lege
nahe, dass die OAK nicht durch Bund oder Kantone, sondern durch die
Vorsorgeeinrichtungen finanziert werden solle. Verhielte es sich anders, so
wäre eine Gebührenerhebung nach Anzahl Vorsorgeeinrichtungen und Versicherte
nicht sinnvoll. Gerade bei landesweit tätigen Vorsorgeeinrichtungen sei nicht
ersichtlich, weshalb (nach Implementierung der Strukturreform) der Kanton, in
welchem sich der Sitz solcher Stiftungen befinde, Gebühren nach Anzahl der
Versicherten aufbringen sollte.

4. 
Zu prüfen ist zunächst, ob die Vorinstanz zu Recht davon ausgegangen ist, die
Überwälzung der OAK-Aufsichtsabgabe bedürfe einer formellgesetzlichen
Grundlage.

4.1. Die Vorinstanz erwog, das Kostendeckungsprinzip (Art. 6 Abs. 2 BVV 1; vgl.
unten E. 5) vermöge allenfalls das Fehlen von formellgesetzlichen
Bemessungsvorgaben auszugleichen, nicht aber das Fehlen einer Grundlage für
Subjekt und Objekt der Abgabepflicht an sich (vgl. BGE 134 I 179 E. 6.1 S. 180;
Urteil 2C_160/2014 vom 7. Oktober 2014 E. 5.2.4 und 6.2.1). Dieser
Gesichtspunkt ist hier indessen nicht entscheidend. Das Aufsichtswesen ist als
funktionale Einheit zu begreifen; die Oberaufsicht erfolgt vorab im Hinblick
auf eine einheitliche (direkte) Aufsichtstätigkeit (Art. 64a Abs. 1 lit. a
BVG). Daher stellen die Abgaben der Aufsichtsbehörden an die
Oberaufsichtsbehörde eine neue (Botschaft, a.a.O., 5714) Aufwendung der unteren
Behörde dar, welche den Umfang der gegebenenfalls auf die Vorsorgeeinrichtungen
abzuwälzenden Kosten mitbestimmt. Die Rechtsgrundlage, gestützt auf welche die
direkte Aufsicht ausübende Behörde bei den Vorsorgeeinrichtungen Abgaben
erhebt, erfasst mit andern Worten auch die Oberaufsichtsabgabe, wie sie dieser
Behörde belastet worden ist. Somit fragt sich einzig, ob im Verhältnis zwischen
der unteren Aufsichtsbehörde und den Vorsorgeeinrichtungen eine
formellgesetzliche Grundlage besteht, um hier eine (die Aufsichtskosten
insgesamt abdeckende) Abgabe zu erheben.

4.2.  Vor der Strukturreform bestimmte Art. 63a Abs. 1 BVG (in der bis Ende
2011 gültigen Fassung), dass die Aufsichtsbehörde des Bundes (das BSV) von den
ihrer Aufsicht unterstellten Einrichtungen - darunter Vorsorgeeinrichtungen
"mit nationalem und internationalem Charakter" (Art. 3 Abs. 1 lit. a der bis
Ende 2011 in Kraft stehenden BVV 1) - zur Deckung der Aufsichtskosten unter
anderem eine jährliche Aufsichtsgebühr erhebt.  Nach der Dezentralisierung der
direkten Aufsicht (oben E. 2.1) richtet sich die Erhebung von allgemeinen (für
besondere Massnahmen: Art. 62a Abs. 3 BVG) Aufsichtsabgaben bei den
Vorsorgeeinrichtungen nach kantonalem Recht (vgl. Botschaft, a.a.O., 5689;
Amtl. Bull. S 2008 581). So sieht etwa der Kanton Zürich, in welchem die
Beschwerdegegnerinnen ihren Sitz haben, vor, dass unter anderem jährliche
Aufsichtsgebühren unabhängig vom Aufwand der Aufsichtsbehörde sowie eine
jährliche Abgabe gemäss Art. 64c Abs. 2 lit. a BVG erhoben werden (§ 18 Abs. 2
lit. a und b des Gesetzes vom 11. Juli 2011 über die BVG- und Stiftungsaufsicht
[BVSG]).

Hinsichtlich des Jahres der Aufsichtsübergabe (hier: 2012) sieht die Verordnung
vor, dass für die pro rata temporis bis zum Datum der Übergabe geschuldete
Abgabe altes Recht massgebend ist (Art. 25 Abs. 3 BVV 1). Mit aArt. 63a BVG
besteht eine formellgesetzliche Grundlage, die nach dem Gesagten auch die
Oberaufsichtsabgabe des BSV (Art. 25 Abs. 4 BVV 1) abdeckt. Demnach durfte das
BSV diese Aufwendung grundsätzlich auf die Beschwerdegegnerinnen abwälzen. Dies
gilt trotz des Umstandes, dass die übergangsrechtliche Regelung hinsichtlich
der Oberaufsichtsabgabe des BSV das gesamte Jahr erfasst und nicht nur die Zeit
bis zum Übergang der (direkten) Aufsicht vom BSV an die kantonale Behörde.

5. 
Zu beurteilen bleibt, ob die Bemessung der Oberaufsichtsabgabe nach Art. 7 Abs.
1 BVV 1 übergeordnetem Recht standhält (zur Überprüfbarkeit von bundesrätlichen
Verordnungen vgl. BGE 136 I 197 E. 4.2 S. 201 mit Hinweisen). Dabei handelt es
sich um eine notwendigerweise zu beantwortende Vorfrage zur hier strittigen
Frage der Kostenüberwälzung.

5.1. Art. 64c Abs. 2 lit. a BVG, wonach sich die jährliche Aufsichtsabgabe nach
der Zahl der beaufsichtigten Vorsorgeeinrichtungen und der Anzahl der
Versicherten bemisst, ist der Sache nach nicht Bemessungs-, sondern
Verteilungsvorschrift. Dennoch ist davon auszugehen, dass der Bundesgesetzgeber
das Kostendeckungsprinzip eingehalten sehen wollte. Dies ergibt sich allgemein
aus der Zweckbindung der Abgabe (vgl. Art. 64c Abs. 1 Ingress BVG; Botschaft,
a.a.O., 5714), aber auch aus der Delegationsnorm von Art. 64c Abs. 3 BVG. Diese
enthält den Auftrag an den Verordnungsgeber, unter anderem die anrechenbaren
Aufsichtskosten zu bestimmen. Der Bundesrat verankerte denn auch in Art. 6 Abs.
2 BVV 1 das Kostendeckungsprinzip, wählte in Art. 7 Abs. 1 BVV 1 aber ein
numerisch fixes Bemessungsmodell. Die Abgabe wurde erst in der ab dem 1. Januar
2015 gültigen Fassung vom effektiven Aufwand der OAK abhängig gemacht, nachdem
während zweier Jahre ein erheblicher Überschuss erzielt worden war (oben E.
2.2.2).

Die hier anwendbare, bis Ende 2014 geltende Fassung von Art. 7 Abs. 1 lit. b
BVV 1 leistet (im Gegensatz zur revidierten Fassung) konzeptionell keine
Gewähr, dass die erhobenen Abgaben wenigstens annähernd den effektiven Kosten
der OAK - und nur diesen - entsprechen. Zudem hat sich in einem mit heutigem
Datum ergangenen Urteil mit gleicher Fragestellung ergeben, dass auch die
konkreten Ansätze der Verordnung nicht darauf abgestimmt sind (Urteil 9C_349/
2014 E. 4.1). Zu beachten ist, dass die Kosten der OAK nicht allein durch die
Abgaben der Aufsichtsbehörden nach Art. 64c Abs. 1 lit. a BVG und Art. 7 BVV 1
sowie der direkt beaufsichtigten Einrichtungen (Art. 64a Abs. 2 BVG) nach Art.
8 BVV 1 zu decken sind, sondern überdies Gebühren für Verfügungen und
Dienstleistungen anfallen (Art. 64c Abs. 1 lit. b BVG und Art. 9 f. BVV 1). Die
in den Tätigkeitsberichten der OAK (<http://www.oak-bv.admin.ch/>)
ausgewiesenen  Gesamt beträge (unter Einbezug der Aufwendungen und Einkünfte
aus der direkten Aufsicht über Sicherheitsfonds, Auffangeinrichtung und
Anlagestiftungen) zeigen grosse Einnahmenüberschüsse, die sicher zu einem
erheblichen Teil struktureller Art - und nicht bloss der noch nicht
abgeschlossenen Aufbauphase geschuldet - sind; im Jahr 2012 ergab sich bei
Total-Ausgaben von Fr. 4'631'036.- ein Einnahmenüberschuss von Fr. 1'628'764.-,
im Jahr 2013 bei Ausgaben von Fr. 4'838'465.- gar ein solcher von Fr.
2'038'514.-.

5.2. Ein Überschuss wäre mit dem Kostendeckungsgrundsatz nur vereinbar, soweit
Rückstellungen, Abschreibungen und Reserven zu einem Gesamtaufwand führen, der
über die laufenden Ausgaben hinausgeht, und sofern eine entsprechende
formellgesetzliche Grundlage gegeben ist. Dagegen lässt es das
Kostendeckungsprinzip nicht zu, dass die Eingänge von vornherein höher als der
Gesamtaufwand ausfallen, dass also ein Gewinn erzielt wird (erwähntes Urteil
2C_160/2014 E. 6.2.2 mit Hinweisen). Hier besteht weder eine einschlägige
Rechtsgrundlage noch sind sachliche Gründe ersichtlich, welche einen derartigen
Mehrertrag rechtfertigen könnten.

5.3. Die Bemessungsvorgabe des Art. 7 BVV 1 (in der bis Ende 2014 gültigen
Fassung) verletzt somit das Kostendeckungsprinzip, was sich hier nicht nur bei
der primären Abgabe des BSV an die OAK auswirkt, sondern auch bei deren - hier
interessierenden - Weitergabe an die Beschwerdegegnerinnen.

6. 
Somit hat das BSV bei den Beschwerdegegnerinnen grundsätzlich zu Recht
OAK-Abgaben für das Übergangsjahr 2012 erhoben. Deren jeweilige Höhe ist
indessen nicht bundesrechtskonform ermittelt worden; die Beträge sind anhand
des effektiven Kostenaufkommens bei der OAK neu festzulegen. Dieser Entscheid
betrifft nicht auch die Abgaberegelung im Verhältnis zwischen OAK und BSV.

7. 
Angesichts des Verfahrensausgangs tragen das BSV einerseits und die
Beschwerdegegnerinnen anderseits die Gerichtskosten je zur Hälfte (Art. 66 Abs.
1 und 4 BGG), letztere den auf sie entfallenden Betrag zu gleichen Teilen und
unter solidarischer Haftung (Art. 66 Abs. 5 BGG). Parteientschädigungen sind
keine geschuldet.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Verfahren 9C_331/2014 und 9C_332/2014 werden vereinigt.

2. 
Die Beschwerden werden teilweise gutgeheissen. Die Entscheide des
Bundesverwaltungsgerichts vom 7. März 2014 werden aufgehoben. Die
sachbezüglichen Dispositiv-Ziffern der Verfügungen des BSV vom 23. Januar 2012
werden in masslicher Hinsicht aufgehoben. Das BSV wird die jeweiligen Abgaben
an die OAK neu festsetzen und darüber verfügen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.- werden dem BSV und den Beschwerdegegnerinnen
je zur Hälfte auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesverwaltungsgericht schriftlich
mitgeteilt.

Luzern, 23. März 2015
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Traub

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