Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.934/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_934/2014

Urteil vom 8. Januar 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Ursprung, Wirthlin,
Gerichtsschreiberin Schüpfer.

Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
vertreten durch ihren Sohn B.A.________,
Beschwerdeführerin,

gegen

Schweizerische National-Versicherungs-Gesellschaft, Steinengraben 41, 4051
Basel,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung
(Versicherungsdeckung; Rückfall/Spätfolge),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 25. November 2014.

Sachverhalt:

A.

A.a. Die 1946 geborene A.A.________ war seit dem 1. Juli 1974 als Verkäuferin
bei der B.________ AG angestellt und bei der Schweizerischen
National-Versicherungs-Gesellschaft gegen die Folgen von Unfällen obligatorisch
versichert. Am 17. Oktober 2001 stürzte sie auf der Strasse und zog sich dabei
unter anderem eine Contusio cerebri mit akutem Subduralhämatom parietal links
zu. Da in der Folge epileptische Anfälle auftraten, die gemäss Gutachten des
Dr. med. C.________, Facharzt FMH für Neurochirurgie, vom 23. Januar 2004 eine
Folge des versicherten Unfalls darstellten, sprach die National der
Versicherten mit Verfügung vom 4. Januar 2007 ab dem 1. Juli 2005 eine Rente
aufgrund eines Invaliditätsgrades von 60 % und eine Integritätsentschädigung
von 30 % zu. Zusätzlich gewährte sie weiterhin die Übernahme der Kosten der
medikamentösen antiepileptischen Behandlung.

A.b. Mit Schreiben vom 29. Oktober 2010 liess A.A.________ einen Rückfall
melden. Sie sei am 24. September 2010 aufgrund eines epileptischen Anfalles
gestürzt und habe sich dabei einen Schädelbruch zugezogen. Mit Verfügung vom
29. Mai 2012 verneinte die National ihre Leistungspflicht. Bei den Folgen des
Unfalls vom 24. September 2010 handle es sich nicht um einen Rückfall oder um
Spätfolgen des versicherten Unfalls vom 17. Oktober 2001. Da A.A.________ seit
März 2010 ordentlich pensioniert sei, habe im Zeitpunkt des Ereignisses vom 24.
September 2010 keine Versicherungsdeckung mehr bestanden. Daran hielt die
Unfallversicherung auch auf Einsprache hin fest (Entscheid vom 28. Februar
2013).

B. 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die dagegen erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 25. November 2014 ab.

C. 
A.A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und
stellt den Antrag, die National habe ihr die gesetzlichen Leistungen nach UVG -
namentlich Heilkosten und eine Integritätsentschädigung - auszurichten.
Die National schliesst auf Abweisung der Beschwerde, während das Bundesamt für
Gesundheit auf eine Stellungnahme verzichtet.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist
somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 132 II
257 E. 2.5 S. 262; 130 III 136 E. 1.4 S. 140).
Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen
der Unfallversicherung ist das Bundesgericht - anders als in den übrigen
Sozialversicherungsbereichen (Art. 97 Abs. 1 BGG) - nicht an die
vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art.
97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 
Streitgegenstand bildet die Frage, ob die für das Ereignis vom 17. Oktober 2001
leistungspflichtige Unfallversicherung auch Leistungen - insbesondere
Heilbehandlung, eventuell Ausrichtung von (weiterer) Integritätsentschädigung -
für die Folgen des Sturzes vom 24. September 2010 zu erbringen hat.

2.1. Die National stellte sich im Einspracheentscheid vom 28. Februar 2013 auf
den Standpunkt, beim Ereignis vom 24. September 2010 handle es sich um einen
neuen Unfall, für den sie keine Leistungen zu erbringen habe, da die
Beschwerdeführerin zu jenem Zeitpunkt nicht mehr bei ihr versichert gewesen
sei. Eine Leistungspflicht ergäbe sich einzig, wenn der Sturz beziehungsweise
der dabei erlittene Gesundheitsschaden einen Rückfall oder eine Spätfolge des
versicherten Unfalls von 2001 darstellte. Dies setzte voraus, dass zwischen den
nunmehr geltend gemachten Beschwerden und der seinerzeit beim versicherten
Unfall erlittenen Gesundheitsschädigung ein natürlicher und adäquater
Kausalzusammenhang bestehen würde, was nicht der Fall sei.

2.2. Das kantonale Gericht stützte seinen Entscheid auf einen bis zu jenem
Zeitpunkt nicht thematisierten Rechtsstandpunkt. Es gewährte den Parteien vor
der Urteilsfällung hiezu das rechtliche Gehör. Die Vorinstanz erwog, die Frage
nach einem kausalen Zusammenhang zwischen den Ereignissen vom Oktober 2001 und
vom September 2010, beziehungsweise deren Folgen, könne offen bleiben, da ihres
Erachtens auch bei Annahme einer Kausalität kein Leistungsanspruch bestehe. Es
sei eine Heilbehandlung nach Zusprache einer (Teil-) Rente aufgrund eines
Unfalls zu beurteilen. Dies sei in Art. 21 Abs. 1 UVG geregelt. Dessen literae
b und c setzten eine erwerbliche Eingliederungswirksamkeit voraus. Sinn und
Zweck dieser Bezugnahme könne nur sein, dass die Heilbehandlung nicht mehr
gewährt werde, sobald die Rente beziehende Person das Pensionsalter erreicht
habe. Entsprechend falle ein Heilbehandlungsanspruch der Beschwerdeführerin
gestützt auf Art. 21 Abs. 1 lit. b UVG ausser Betracht. Auch aus Abs. 3 des
Art. 21 UVG könne kein Anspruch abgeleitet werden, der über denjenigen aus Abs.
1 dieser Bestimmung hinausgehe. Zu dem im angefochtenen Einspracheentscheid
vertretenen Standpunkt nahm das kantonale Gericht keine Stellung.

2.3. Die Beschwerdeführerin argumentiert, bei ihren mehrfachen epileptischen
Anfällen, die auch nach der Verfügung vom 29. Mai 2012 beziehungsweise dem
Einspracheentscheid vom 28. Februar 2013 trotz regelmässiger Einnahme von
antiepileptischen Medikamenten weiterhin aufgetreten seien, handle es sich um
Spätfolgen des bei der National versicherten Unfalls vom Jahre 2001. Das
Ereignis vom 24. September 2010 stehe, ebenso wie die späteren epileptischen
Anfälle, in einem natürlichen und adäquaten kausalen Zusammenhang zum Unfall
vom 17. Oktober 2001. Gemäss Art. 21 Abs. 3 UVG hätten Rentenbezüger bei
Rückfällen und Spätfolgen auch Anspruch auf Pflegeleistungen und
Kostenvergütungen. Eine Beschränkung des Anspruchs auf Heilungskosten bei
Eintritt der Pensionierung fehle im Gesetz.

3. 
Aufgrund der Argumentation im Einspracheentscheid vom 28. Februar 2013) ist
entgegen den Erwägungen der Vorinstanz primär zu entscheiden, ob eine
Leistungspflicht der National - als zuständige Unfallversicherung für das
Ereignis vom 17. Oktober 2001 - für die Folgen des Unfalles vom 24. September
2010 überhaupt in Frage kommt.

3.1. Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt des vorliegend
interessierenden Ereignisses am 24. September 2010 nicht mehr erwerbstätig und
damit nicht mehr gemäss UVG versichert war. Der National ist zuzustimmen, dass
das Ereignis aufgrund der Schilderungen in der Unfallanzeige vom 30. September
2010 ("lag mit blutendem Kopf [Schädelbruch rechts] in der Wohnung unterhalb
der Treppe") und des ersten Arztzeugnisses des Spitals D.________ vom 12.
Oktober 2010 ("schweres Schädel-Hirn-Trauma mit/bei unbeobachtetem
Treppensturz") als eigener Unfall zu qualifizieren ist. Es gilt der
Argumentation der Beschwerdeführerin folgend zu prüfen, ob der nicht
versicherte Unfall vom 24. September 2010 einen Rückfall oder eine Spätfolge
des versicherten Unfalles vom 17. Oktober 2001 darstellt und damit nach Art. 6
Abs. 1 UVG in Verbindung mit Art. 11 UVV einen Anspruch auf Leistungen der
National begründen kann.

3.2. Gemäss Rechtsprechung handelt es sich bei einem Rückfall um das
Wiederaufflackern einer vermeintlich geheilten Krankheit, sodass es zu
ärztlicher Behandlung, möglicherweise sogar zu (weiterer) Arbeitsunfähigkeit
kommt; von Spätfolgen spricht man, wenn ein scheinbar geheiltes Leiden im
Verlaufe längerer Zeit organische oder psychische Veränderungen bewirkt, die zu
einem anders gearteten Krankheitsbild führen können. Rückfälle und Spätfolgen
schliessen somit begrifflich an ein bestehendes Unfallereignis an. Entsprechend
können sie eine Leistungspflicht des (damaligen) Unfallversicherers nur
auslösen, wenn zwischen den erneut geltend gemachten Beschwerden und der
seinerzeit beim versicherten Unfall erlittenen Gesundheitsschädigung ein
natürlicher und adäquater Kausalzusammenhang besteht (BGE 118 V 296 f. E. 2c
mit Hinweisen; RKUV 1994 Nr. U 206 S. 326 f. E. 2).

3.3. Die Beschwerdeführerin erlitt am 24. September 2010 ein
Schädel-Hirn-Trauma. Deswegen wurde sie wiederum behandlungsbedürftig. Dabei
handelt es sich weder um ein Wiederaufflackern einer vermeintlich geheilten
Krankheit noch um ein scheinbar geheiltes Leiden, welches im Verlaufe längerer
Zeit organische oder psychische Veränderungen bewirkt, die zu einem anders
gearteten Krankheitsbild führten (E. 3.2). Gemäss Rechtsprechung können die
Folgen eines neuen - nicht versicherten - Ereignisses begrifflich nicht einen
Rückfall oder eine Spätfolge zu einem versicherten Unfall im Sinne von Art. 6
Abs. 1 UVG in Verbindung mit Art. 11 UVV und der dazu ergangenen Rechtsprechung
darstellen. Es kann somit dort nicht von unfallkausalen Rückfällen oder
Spätfolgen zum versicherten Unfall gesprochen werden, wo der Zustand
unfallbedingter Beeinträchtigung zu keinen Leistungen Anlass gab oder - wie
hier der Fall - mit den zugesprochenen Leistungen entschädigt ist, und erst das
nicht versicherte Ereignis eine neue Gesundheitsschädigung verursacht oder eine
vorbestehende unfallkausale Gesundheitsschädigung verschlimmert und für diesen
neuen oder verschlimmerten Gesundheitsschaden Versicherungsleistungen
beansprucht werden (SVR 2003 UV 14 E. 4.2 [U 86/02]).

3.4. Es gibt keine Anhaltspunkte für einen Rückfall oder Spätfolgen im Sinne
von Art. 11 UVV. Es werden von der Beschwerdeführerin einzig neue
Gesundheitsschädigungen und Verschlimmerungen früherer versicherter
Unfallschädigungen durch das neue, nicht versicherte Ereignis geltend gemacht.
Im Ergebnis ist daher der vorinstanzliche Entscheid in Abweisung der Beschwerde
zu schützen und der Einspracheentscheid vom 28. Februar 2013) zu bestätigen.

4. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten der
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 8. Januar 2016
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Schüpfer

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