Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.903/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_903/2014

Urteil vom 13. August 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Frésard, Maillard,
Gerichtsschreiberin Durizzo.

Verfahrensbeteiligte
 A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Christian Haag,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle Luzern, Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Luzern vom
11. November 2014.

Sachverhalt:

A. 
A.________, meldete sich nach einer Früherfassung am 12. September 2011 bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle Luzern lehnte den
Anspruch auf eine Invalidenrente gestützt auf einen Untersuchungsbericht des
Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) mit Verfügung vom 18. Oktober 2013 ab.

B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Luzern mit Entscheid
vom 11. November 2014 ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei die Sache zur
externen polydisziplinären medizinischen Begutachtung zurückzuweisen.

Während die IV-Stelle und die Vorinstanz auf Abweisung der Beschwerde
schliessen, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine
Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung nur
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels
für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art.
105 Abs. 2 BGG). Es wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG)
und ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente
noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden (BGE 134 I 65 E. 1.3 S. 67 f.,
134 V 250 E. 1.2 S. 252, je mit Hinweisen). Unter Berücksichtigung der
Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) prüft es indessen nur die geltend
gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich
sind, und ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle
sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht
nicht mehr aufgegriffen werden (BGE 134 I 313 E. 2 S. 315, 65 E. 1.3 S. 67 f.,
je mit Hinweisen).

2. 
Das kantonale Gericht hat die für den Rentenanspruch massgeblichen Bestimmungen
und Grundsätze, insbesondere auch zum Beweiswert eines
RAD-Untersuchungsberichtes (BGE 139 V 225 E. 5.2 S. 229; 137 V 210 E. 1.2.1 S.
219; 135 V 465), zutreffend dargelegt. Es wird darauf verwiesen.

3. 
Nach den vorinstanzlichen Feststellungen ist die Beschwerdeführerin gestützt
auf den RAD-Bericht der Frau Dr. med. B.________ vom 9. April 2013 in ihrer
Leistungsfähigkeit zu 30 Prozent eingeschränkt, bedingt durch eine deutliche
Dekonditionierung und reduzierte Dauerbelastbarkeit bei Adipositas und eine
noch nicht optimal eingestellte Hypertonie bei sonst unauffälligem
kardiopulmonalem Befund. Die Fehlstatik der Wirbelsäule lasse eine leichte
Belastung zu.

4. 
Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass darauf nicht abzustellen sei.

4.1. Zunächst habe die Fachärztin für Physikalische Medizin und Rehabilitation
die Vielzahl ihrer vor allem durch ihren Diabetes (Typ 2) bedingten Beschwerden
nicht in ihrer Gesamtheit einzuschätzen vermocht. Die RAD-Ärztin war jedoch
umfassend mit den Berichten des behandelnden Hausarztes und der mit weiteren
Abklärungen betrauten Spezialärzte dokumentiert. Dazu hatte sich der RAD-Arzt
Dr. med. C.________ am 7. September 2011 und am 23. April 2012 eingehend
geäussert. Dr. med. D.________ (ebenfalls vom RAD) empfahl am 9. November 2012
die eingliederungsorientierte funktionelle Untersuchung mit einer
professionellen Übersetzerin. Frau Dr. med. B.________ erhob dementsprechend am
14. Januar 2013 den körperlichen Status und klärte (während einer insgesamt
dreistündigen Untersuchung) die Belastbarkeit der polymorbiden Versicherten ab.
Es wird beschwerdeweise nicht weiter ausgeführt und ist auch nicht ersichtlich,
welche gesundheitlichen Einschränkungen bei dieser Belastbarkeitsprüfung
mangels entsprechender fachärztlicher Kenntnisse nicht berücksichtigt worden
wären und zusätzlicher medizinischer Abklärung bedurft hätten.

4.2. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sei des Weiteren offen geblieben, ob
ihr eine Gewichtsreduktion zuzumuten sei. Dem Bericht der Frau Dr. med.
B.________ ist jedoch zu entnehmen, dass sich die Leistungseinschränkung um 30
Prozent bei vollschichtigem Arbeitspensum auf den aktuellen Zustand bezieht.
Darauf hat das kantonale Gericht abgestellt. Die von der untersuchenden Ärztin
als möglich erachtete Steigerung auf eine volle Leistungsfähigkeit bei einer
Gewichtsabnahme und anschliessender Rekonditionierung ist dabei
unberücksichtigt geblieben. Damit hat das kantonale Gericht auch nicht ausser
Acht gelassen, dass nach Einschätzung des Dr. med. C.________ vom 23. April
2012 eine Gewichtsreduktion bei Insulinzufuhr und parallel bestehender
Hyperinsulinämie eines Diabetes mellitus Typ 2 eine diätetische
Gewichtsreduktion sehr schwierig realisierbar sei und zudem bei Diabetes eine
Magenverkleinerung eher restriktiv gehandhabt werde.

4.3. Es wird schliesslich insbesondere geltend gemacht, dass die von der
RAD-Ärztin bescheinigte 30-prozentige Einschränkung der Leistungsfähigkeit die
durch den Diabetes und die Adipositas bedingten Beschwerden nicht hinreichend
berücksichtige und nicht nachvollziehbar sei. Dazu ist zunächst anzumerken,
dass Adipositas und Diabetes nach der Rechtsprechung grundsätzlich keine
Invalidität zu begründen vermögen (SVR 2010 IV Nr. 8 S. 2, 9C_48/2009 E. 2.3;
ZAK 1984 S. 345 f.; Urteil I 94/06 vom 23. August 2006 E. 3.4). Zu den
körperlichen Beschwerden äusserte sich Frau Dr. med. B.________ eingehend.
Wegen der Dekonditionierung liess sich etwa bei Gehbelastung (fünf Minuten
anlässlich der Untersuchung) ein beschleunigter Puls (Tachykardie) und ein
Anstieg des Blutdrucks sowie Atemnot (Dyspnoe mit Stridor) feststellen. Die
adipös bedingte Fehlstatik der Wirbelsäule manifestiere sich unter leichter
Belastung nicht. Die von der Versicherten geklagten Beschwerden bei
feinmotorischen Tätigkeiten liessen sich keinem Reizzustand der Gelenke
zuordnen; die RAD-Ärztin schloss eine polyarthrotische oder -arthritische
Erkrankung aus, hegte jedoch den Verdacht auf ein beginnendes
Carpaltunnelsyndrom beidseits. Dies wirke sich aber aus den von der RAD-Ärztin
dargelegten Gründen funktionell nicht aus. Die neurologische Untersuchung
bestätigte die sensible Polyneuropathie durch den Diabetes mit leicht
vermindertem Vibrationsempfinden und einer Hypästhesie und -algesie mit
Dysästhesie der Füsse bei sonst unauffälligem neurologischem Status, womit sich
das geklagte "Ameisenlaufen" in die Beine mit Taubheitsgefühl der Füsse bei
längerem Gehen erklären liess. Nach der Stellungnahme des Dr. med. C.________
vom 7. September 2011 war der Blutzucker zwar trotz Erweiterung der
medikamentösen Therapie bislang nicht optimal eingestellt, allerdings hätten
sich die Werte deutlich gebessert und es sei seit Oktober 2010 auch zu keinen
hyperglykämischen Entgleisungen mehr gekommen. Auch der Hausarzt Dr. med.
E.________ berichtete am 14. September 2013 von einem ordentlich eingestellten
Diabetes. Frau Dr. med. B.________ notierte, dass grössere Schwankungen der
Blutzuckerwerte nach Angaben der Versicherten nur bei körperlicher Anstrengung
auftreten würden. Mit Blick auf die eingehend geschilderten Beschwerden und die
erhobenen Befunde vermögen die Vorbringen der Beschwerdeführerin keine
offensichtliche Unrichtigkeit der vorinstanzlichen Feststellungen zur
Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der Stellungnahme der RAD-Ärztin und deren
Einschätzung der Zumutbarkeit einer vollzeitlichen, leichten wechselbelastenden
Tätigkeit mit 30-prozentiger Leistungseinbusse zu begründen. Auch besteht kein
Anlass, letztinstanzlich davon wegen der Einschätzungen der behandelnden Ärzte
abzuweichen. Die Endokrinologin des Spitals F.________ und der Hausarzt
erachteten eine leichte (sitzende) Arbeit von vier bis fünf Stunden am Tag
beziehungsweise von bis zu zwei Dritteln der Tageszeit als möglich (oben E. 1
und BGE 137 V 210 E. 1.2.1 S. 220). Ausserdem hat das kantonale Gericht die
gesundheitlichen Einschränkungen zusätzlich auch bei den erwerblichen
Auswirkungen berücksichtigt und einen (vorab damit begründeten)
leidensbedingten Abzug vom Tabellenlohn in der Höhe von 10 Prozent gewährt (BGE
129 V 472 E. 4.2.3 S. 481; 126 V 75 E. 5 S. 78 ff.).

4.4. Weitere Abklärungen sind aus den dargelegten Gründen nicht angezeigt. Es
bestehen keine Anhaltspunkte für eine offensichtliche Unrichtigkeit der
Feststellungen des kantonalen Gerichts oder eine Rechtsfehlerhaftigkeit des
angefochtenen Entscheides und er ist daher letztinstanzlich nicht zu
beanstanden.

5. 
Die vorinstanzlichen Erwägungen zu den erwerblichen Auswirkungen der
Gesundheitsschädigung werden nicht bemängelt und geben keinen Anlass zu
Weiterungen.

6. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden der
unterliegenden Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern, 4. Abteilung, und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 13. August 2015

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Ursprung

Die Gerichtsschreiberin: Durizzo

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