Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.872/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_872/2014

Urteil vom 3. März 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Hofer.

Verfahrensbeteiligte
IV-Stelle des Kantons Freiburg,
Route du Mont-Carmel 5, 1762 Givisiez,
Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Danielle Julmy,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Neuanmeldung; Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid
des Kantonsgerichts Freiburg
vom 3. November 2014.

Sachverhalt:

A.

A.a. Der 1960 geborene A.________ war zuletzt als Maurer und Raumpfleger
erwerbstätig. Im Juni 2003 meldete er sich unter Hinweis auf ein am 28. Juni
2002 erlittenes Schleudertrauma bei der Invalidenversicherung zum
Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Freiburg klärte die erwerblichen
und medizinischen Verhältnisse ab, zog die Akten der SUVA bei und holte ein
interdisziplinäres Gutachten der Medizinischen Abklärungsstelle (MEDAS) am
Spital B.________ ein, das am 9. Dezember 2004 erstellt wurde. Mit Verfügung
vom 21. Februar 2005 verneinte sie - ausgehend von einem Invaliditätsgrad von
rund 38 Prozent - einen Rentenanspruch. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid
vom 21. April 2006 fest. Das Kantonsgericht Freiburg wies die von A.________
dagegen eingereichte Beschwerde mit Entscheid vom 27. August 2008 ab.

A.b. Im Juni 2009 meldete sich A.________ erneut bei der Invalidenversicherung
zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle trat auf die Neuanmeldung ein und klärte
die medizinische Situation ab. Zu diesem Zweck gab sie unter anderem das
interdisziplinäre Gutachten der Medizinischen Abklärungsstelle (MEDAS) am
Spital B.________ vom 2. August 2011 in Auftrag und holte die Stellungnahmen
des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) vom 17. April 2012, 23. April 2012 und
9. Juli 2012 ein. Mit separaten Verfügungen vom 22. Oktober 2012 verneinte die
IV-Stelle den Rentenanspruch ebenso wie denjenigen auf Hilflosenentschädigung.

B. 
Die gegen die Rentenverfügung erhobene Beschwerde hiess das Kantonsgericht
Freiburg, Sozialversicherungsgerichtshof, mit Entscheid vom 3. November 2014
gut, hob die Verfügung der IV-Stelle vom 22. Oktober 2012 auf und stellte fest,
dass A.________ ab 1. Dezember 2009 Anspruch auf eine ganze Rente der
Invalidenversicherung habe.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die
IV-Stelle die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids und die Bestätigung
ihrer Verfügung vom 22. Oktober 2012. Eventualiter sei die Sache zur Anordnung
eines Gerichtsgutachtens an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem ersucht sie um
Erteilung der aufschiebenden Wirkung für die Beschwerde.
A.________ schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten
ist. Das kantonale Gericht verzichtet auf eine Stellungnahme.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes
wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder
auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2
BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG).

1.2. Bei den gerichtlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur
Arbeitsfähigkeit bzw. deren Veränderung in einem bestimmten Zeitraum handelt es
sich grundsätzlich um eine Tatfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397 ff.). Ebenso
stellt die konkrete Beweiswürdigung eine Tatfrage dar. Dagegen sind die
unvollständige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen sowie die Missachtung
des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 43 Abs. 1, Art. 61 lit. c ATSG) und der
Anforderungen an den Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten Rechtsfragen
(BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232).

2. 
Streitig ist, ob sich in diesem Fall einer Neuanmeldung nach vorgängiger
Ablehnung eines Rentenanspruchs der Sachverhalt in der Zeit zwischen dem (mit
Entscheid des Kantonsgerichts Freiburg vom 27. August 2008 bestätigten)
Einspracheentscheid vom 21. April 2006 und der rentenablehnenden Verfügung vom
22. Oktober 2012 in erheblichem Ausmass verändert hat.
Die Vorinstanz hat die für die Beurteilung massgebenden Rechtsgrundlagen,
insbesondere die bei der Rentenrevision geltenden Grundsätze, die bei
Neuanmeldungen analog Anwendung finden (Art. 17 Abs. 1 ATSG; Art. 87 Abs. 2 und
3 IVV; BGE 130 V 71 E. 3.2.3 S. 77; vgl. auch BGE 133 V 108 E. 5.4 S. 114; 134
V 131 E. 3. S. 132) zutreffend wiedergegeben. Darauf wird verwiesen.

3.

3.1. Die Vorinstanz hält fest, gemäss dem im Rahmen des MEDAS-Gutachtens vom 9.
Dezember 2004 erstellten psychiatrischen Zusatzgutachten habe die diagnostische
Einschätzung nur fraglich vorgenommen werden können, sodass der Facharzt die
Störung keinem Krankheitsbild nach ICD-10 habe zuordnen können. Es sei ihm auch
nicht möglich gewesen, eine klare und eindeutige Einschätzung der
Leistungsfähigkeit vorzunehmen. Die Gutachter diagnostizierten mit Auswirkung
auf die Arbeitsfähigkeit ein weichteilrheumatisches Schmerzsyndrom (chronisches
Zervikovertebral- und Thorakovertebralsyndrom, Status nach HWS-Distorsion,
leichte degenerative Veränderungen, Fehlhaltung und muskuläre Dysbalance,
chronisches Lumbovertebralsyndrom mit Fehlhaltung und muskulärer Dysbalance)
sowie eine anamnestisch indifferenzierte Somatisierungsstörung (aktuell:
unklare Verhaltensauffälligkeit) ohne Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit. Die
bisherige Tätigkeit als Maurer und Raumpfleger bezeichneten sie als nicht mehr
zumutbar. Bei einer rückenkonformen leichten körperlichen Tätigkeit ohne hohen
Leistungsstress und einer zeitlichen Arbeitsbelastung von acht Stunden pro Tag
gehen sie von einer um 20 Prozent reduzierten Leistungsfähigkeit aus.

3.2. Für den zu prüfenden Zeitraum seit dem Einspracheentscheid vom 21. April
2006 hat die Vorinstanz in einlässlicher und sorgfältiger Würdigung der
medizinischen Unterlagen, namentlich der Berichte der behandelnden Ärztinnen,
Dr. med. C.________, Fachärztin für Allgemeine Medizin, und Dr. med.
D.________, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, der Ärzte des
Spitals B.________, Psychosomatik, vom 27. März 2008 sowie des MEDAS-Gutachtens
vom 2. August 2011 festgestellt, dass alle beteiligten Ärzte dem Versicherten
aufgrund einer schweren psychischen Störung eine 100 prozentige
Arbeitsunfähigkeit in der bisherigen wie auch in einer angepassten Tätigkeit
attestieren, jedoch mit unterschiedlicher Diagnosestellung. Während Frau Dr.
med. C.________ von einer schweren Schizophrenie respektive einer schweren
Depression mit latenter Suizidalität und psychotischem Anteil sowie einer
Angststörung (DD: primäre Psychose) ausgeht (Arztbericht vom 4. März 2011),
diagnostizieren die Ärzte des Spitals B.________, Psychosomatik, eine schwere
Depression mit psychotischen Anteilen (akustische und visuelle Halluzinationen,
keine Compliance bei der Medikamenteneinnahme, Genmutation und allelische
Variationen im Zytochrom 2D6 nicht nachweisbar), Angststörung und somatoforme
Schmerzstörung. Die behandelnde Psychiaterin, Dr. med. D.________, nimmt
demgegenüber an, es liege ein Krankheitsbild aus dem Bereich der dissoziativen
Störung vor (nicht bezeichnete dissoziative Störung; Dysthymie; DD: andere
andauernde Persönlichkeitsänderungen). Das MEDAS-Gutachten vom 2. August 2011
enthält als Diagnose mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit eine schwere
depressive Episode, aktuell ohne psychotische Anteile im Sinne von ICD-10
F33.2. Keine Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit haben die Diagnosen anhaltende
somatoforme Schmerzstörung und akzentuierte Persönlichkeit mit narzisstischen
Anteilen, panvertebrales Schmerzsyndrom bei psychiatrischer Komorbidität,
Status nach blander HWS-Distorsion, schadhaftes Gebiss und schlechte
Medikamenten-Compliance. Die Beurteilung einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit
des Versicherten erfolgte aufgrund der weitgehend therapieresistenten schweren
depressiven Entwicklung. Diesem Gutachten hat das kantonale Gericht die
Erfüllung der rechtsprechungsgemässen Kriterien beweiskräftiger medizinischer
Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3 S. 352 ff.) zuerkannt.
Im Rahmen der Beweiswürdigung hat es zudem dargelegt, weshalb die Kritik der
RAD-Ärzte Dr. med. E.________, Facharzt für Allgemeine Medizin, und Dr. med.
F.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, am Beweiswert des
MEDAS-Gutachtens nicht zu überzeugen vermag. Diese hätten es insbesondere nicht
als notwendig erachtet, aufgrund eigener Untersuchungen eine Diagnose zu
stellen und die Arbeitsfähigkeit zu beurteilen.
Weiter hat die Vorinstanz erwogen, im Jahre 2004 hätten offenbar noch nicht
genügend Anhaltspunkte für die Diagnosestellung einer psychiatrischen Krankheit
vorgelegen. Im Rahmen der zweiten Begutachtung im Jahre 2011 seien die
ICD-Kriterien einer schwergradigen depressiven Episode ohne psychotische
Symptome (ICD-10 F33.2) hingegen - trotz weiterhin feststellbaren
Dramatisierungen und Widersprüchlichkeiten des Versicherten - offensichtlich
erfüllt gewesen. Dies werde auch vom Psychiater des RAD grundsätzlich nicht in
Frage gestellt. Während die Gutachter im Jahre 2004 noch von der Zumutbarkeit
einer angepassten Tätigkeit (mit zeitlicher Arbeitsbelastung von täglich acht
Stunden und um 20 Prozent reduzierter Leistungsfähigkeit) ausgegangen seien,
bestehe spätestens seit dem Jahre 2008 eine volle Arbeitsunfähigkeit. Das
kantonale Gericht kommt daher zum Schluss, dass sich der Gesundheitszustand des
Versicherten im massgebenden Zeitraum vom 21. April 2006 (Datum des
Einspracheentscheids) bis 22. Oktober 2012 (Datum der streitigen Verfügung)
massgeblich verschlechtert habe.

3.3. Die Vorinstanz hält weiter zutreffend fest, dass die Rechtsprechung zu den
syndromalen Gesundheitsschädigungen (BGE 130 V 352) hier nicht zum Tragen
kommt. Die zentrale Frage der Einschränkung des Leistungsvermögens stellt sich
nur mit Blick auf die Depression. Hierfür ist die erwähnte Rechtsprechung nicht
einschlägig (vgl. BGE 137 V 64 E. 4.2 S. 68).

4.

4.1. Die IV-Stelle rügt eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung
durch die Vorinstanz und damit eine Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 97
Abs. 1 BGG.

4.1.1. Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz vor, den im Bericht des
Spitals B.________, Psychosomatik, vom 27. März 2008 erwähnten Faktor der
fehlenden Compliance bei der Medikamenteneinnahme bei den Diagnosen zwar
erwähnt, in der Folge aber nicht mehr zitiert zu haben, da dies in der
Würdigung keine Rolle zu spielen scheine. Die IV-Stelle belässt es indessen bei
diesem Hinweis, ohne daraus konkrete Schlüsse mit Bezug auf die vorinstanzliche
Beweiswürdigung zu ziehen. Darauf ist daher nicht weiter einzugehen, zumal im
MEDAS-Gutachten vom 2. August 2011 die schlechte Medikamenten-Compliance unter
den Diagnosen ohne Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit ausdrücklich aufgeführt
wird und dieser Faktor auch in die fachärztliche Beurteilung eingeflossen ist.

4.1.2. Die IV-Stelle macht zudem geltend, die Vorinstanz habe nicht
berücksichtigt, dass das zweite MEDAS-Gutachten vom 2. August 2011 die bereits
beurteilte Zeitperiode vom 28. Juni 2002 bis 9. Dezember 2004 anders gewürdigt
habe als das Vorgutachten, ohne dies weiter zu begründen. Sie legt jedoch nicht
dar und es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern dies für die Beurteilung der
Frage, ob innerhalb der hier massgebenden zeitlichen Vergleichsbasis vom einen
Rentenspruch verneinenden Einspracheentscheid vom 21. April 2006 bis zur
Verfügung vom 22. Oktober 2012 eine anspruchserhebliche Änderung des
Gesundheitszustandes eingetreten ist, von Relevanz wäre. Der Einwand ist daher
unbegründet.

4.1.3. Die IV-Stelle beanstandet weiter, die Vorinstanz habe den Bericht des
RAD-Arztes Dr. med. G.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie,
vom 23. April 2012 im Sachverhalt nicht erwähnt und dessen Beurteilung auch
nicht in die Beweiswürdigung miteinbezogen. Dies trifft insoweit zu, ändert
aber nichts am Ergebnis. Im Widerspruch zu allen mit dem Versicherten befassten
Ärzten stellt sich der RAD-Arzt auf den Standpunkt, es handle sich um eine
Störung aus dem Kreis der nicht objektivierbaren Schmerzstörungen, ohne jedoch
seine abweichende Auffassung nachvollziehbar zu begründen. Den Bericht von Frau
Dr. med. C.________ vom 10. März 2011 (Beilage zum IV-Bericht vom 4. März 2011)
interpretiert er dahingehend, dass die behandelnde Ärztin zwar andere Diagnosen
stelle, jedoch der Ansicht sei, diese bestünden seit dem Unfall vom 28. Juni
2002. Daraus schliesst er, der Gesundheitszustand habe sich nicht verändert,
sondern werde nur anders eingeschätzt. Zum selben Ergebnis kommt er gestützt
auf die Stellungnahme der behandelnden Psychiaterin, Dr. med. D.________. Die
Vorinstanz hat die Berichte der behandelnden Ärztinnen im Rahmen der
Beweiswürdigung berücksichtigt. Der Vorwurf an das kantonale Gericht, seinem
Entscheid einen offensichtlich unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt
zugrunde gelegt zu haben, geht daher insoweit fehl. Nach den vorinstanzlichen
Erwägungen hat sich nach dem Unfall im Jahre 2002 ein psychiatrischer
Symptomenkomplex entwickelt, der von den involvierten Ärzten lange nicht
eindeutig zugeordnet werden konnte. Aus der anfänglich unklaren
Diagnosestellung kann daher nicht auf einen gleich gebliebenen
Gesundheitszustand geschlossen werden.

4.2. Die IV-Stelle macht unter Hinweis auf Art. 49 Abs. 1 und 2 IVV geltend,
mit Blick auf die vom RAD aufgezeigten Mängel der MEDAS-Expertise sei es nicht
zu rechtfertigen, dieser den Beweisvorrang zuzuweisen.

4.2.1. Von MEDAS erstellte Administrativgutachten sind voll beweiswertig,
sofern nicht konkrete Indizien gegen die Zuverlässigkeit der Expertise sprechen
(BGE 125 V 351 E. 3b/bb S. 353; vgl. BGE 137 V 210 E. 2.3 S. 236). Solche
Indizien können sich aus dem Gutachten selber ergeben (z.B. innere
Widersprüche, mangelnde Nachvollziehbarkeit) oder auch aus Unvereinbarkeiten
mit anderen ärztlichen Stellungnahmen.

4.2.2. Der Beweiswert von RAD-Berichten nach Art. 49 Abs. 2 IVV ist mit jenem
externer medizinischer Sachverständigengutachten vergleichbar, sofern sie den
praxisgemässen Anforderungen an ein ärztliches Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1
S. 232) genügen und die Arztperson über die notwendigen fachlichen
Qualifikationen verfügt (BGE 137 V 210 E. 1.2.1 S. 219). Bei den von der
IV-Stelle eingeholten RAD-Berichten handelt es sich jedoch nicht um
Stellungnahmen gemäss obiger Bestimmung, da sie nicht auf eigene
Untersuchungsergebnisse zurückgreifen können. Sie würdigen vielmehr die
vorhandenen Befunde aus medizinischer Sicht und stellen damit interne Berichte
nach Art. 49 Abs. 3 IVV dar. Damit vermögen sie lediglich dazu Stellung zu
nehmen, ob auf die eine oder die andere Ansicht abzustellen oder aber eine
zusätzliche Untersuchung vorzunehmen sei (vgl. SVR 2009 IV Nr. 50 S. 153,
8C_756/2008; Urteil 9C_692/2014 vom 22. Januar 2015 E. 3.3). Die RAD-Ärzte
zeigen in diesem Sinne auf, weshalb ihrer Ansicht nach das MEDAS-Gutachten
nicht schlüssig ist. Eine erneute Begutachtung halten sie trotzdem nicht für
angezeigt, da sie davon ausgehen, der medizinische Sachverhalt habe sich im
massgebenden Zeitraum nicht massgeblich verändert.

4.2.3. Das MEDAS-Gutachten vom 2. August 2011 erfüllt - wie das kantonale
Gericht dargelegt hat - die Anforderungen der Rechtsprechung für die
Beweistauglichkeit eines Gutachtens und stimmt im Wesentlichen - bis auf die
Diagnosestellung - mit den übrigen medizinischen Unterlagen überein. Der
Bericht über das psychiatrische Konsilium vom 24. Juni 2011 beurteilt eingehend
die Beschwerden und unterschiedlichen Verhaltensweisen des Versicherten. Der
Fachgutachter weist darauf hin, dass sich zunehmend ein depressiver
Symptomenkomplex entwickelt habe. Er begründet seine Diagnosestellung schlüssig
und setzt sich mit den abweichenden Diagnosen eingehend auseinander. Die
IV-Stelle und die RAD-Ärzte vermögen keine Argumente vorzutragen, welche
geeignet wären, Zweifel am Beweiswert des Gutachtens zu wecken und den
angefochtenen Entscheid, der den Angaben im Gutachten folgt, als
bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen. Gestützt auf die überzeugenden und
schlüssigen Darlegungen der Gutachter erübrigen sich zusätzliche medizinische
Abklärungen. Damit geht auch der Einwand der IV-Stelle fehl, der
vorinstanzliche Entscheid sei gestützt auf eine unvollständige Beweisgrundlage
ergangen. Von der eventualiter beantragten Einholung eines Gerichtsgutachtens
ist daher abzusehen.

4.3. Den Beginn der vollständigen Arbeitsunfähigkeit hat die Vorinstanz auf
Anfang des Jahres 2008 festgesetzt. Für die IV-Stelle ist dies nicht
nachvollziehbar. Das kantonale Gericht begründet den festgestellten Zeitpunkt
mit den Angaben über den stationären Aufenthalt vom 25. Januar bis 28. Februar
2008 im Spital B.________, Psychosomatik (Bericht vom 27. März 2008). Es zeigte
sich damals das Bild eines schwer depressiven Patienten mit psychotischen
Symptomen. Die vorinstanzliche Feststellung ist daher nachvollziehbar und nicht
willkürlich.

4.4. Zusammengefasst ist der vorinstanzliche Entscheid, wonach der Versicherte
an einem invalidenversicherungsrechtlich relevanten, die Arbeitsfähigkeit seit
Anfang des Jahres 2008 für jegliche Erwerbstätigkeit um 100 Prozent
beeinträchtigenden psychischen Gesundheitsschaden litt, zu bestätigen. Der vom
kantonalen Gericht zur Bestimmung des Invaliditätsgrades (vgl. Art. 16 ATSG)
vorgenommene Prozentvergleich ist unbestritten und von Amtes wegen nicht zu
beanstanden, weshalb der vorinstanzlich festgestellte Anspruch auf eine ganze
Invalidenrente nicht weiter zu prüfen ist. Den Beginn der auszurichtenden
Invalidenrente hat die Vorinstanz mit Blick auf die im Juni 2009 erfolgte
Neuanmeldung (Art. 29 Abs. 1 ATSG; Art. 29 Abs. 1 IVG) mit nicht zu
beanstandender Begründung auf den 1. Dezember 2009 festgelegt.

5. 
Soweit die IV-Stelle der Vorinstanz vorwirft, im Sachverhalt und in der
Beweiswürdigung nicht berücksichtigt zu haben, dass das Gesuch um Ausrichtung
einer Hilflosenentschädigung mit Verfügung vom 22. Oktober 2012 rechtskräftig
abgewiesen worden sei, ist darauf nicht näher einzugehen. Abgesehen davon, dass
die Hilflosenentschädigung unbestritten nicht Gegenstand des Verfahrens bildet,
begründet die IV-Stelle ihren Einwand nicht näher.

6. 
Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung
gegenstandslos.

7. 
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten der unterliegenden
IV-Stelle aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Der Beschwerdegegner hat
Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 1'500.- zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Freiburg,
Sozialversicherungsgerichtshof, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 3. März 2015
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Ursprung

Die Gerichtsschreiberin: Hofer

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