Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.871/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_871/2014

Urteil vom 24. Juni 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiber Grünvogel.

Verfahrensbeteiligte
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdeführerin,

gegen

A.________, vertreten durch Procap für Menschen mit Handicap,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Unfallversicherung (psychisches Leiden; Kausalzusammenhang),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Basel-Stadt vom 22. Oktober 2014.

Sachverhalt:

A. 
Der 1979 geborene A.________ war gegen Unfälle bei der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) versichert, als er am 15. September 2009 aus
einer Höhe von einigen Metern auf den Rücken fiel und dabei die Wirbelsäule
verletzte. Es wurden ein Berstungsspaltbruch L1 mit Distraktionsverletzung Th12
/L1 Typ B und eine undislozierte S4-Fraktur rechts diagnostiziert. Am nächsten
Tag wurden am Spital B.________ eine dorsale Stabilisation von Th12 bis L2 mit
USS II, eine Dekompression Th12/L1 und eine Spondylodese Th12/L1 mit
Beckenkammspongiosa von dorsal links durchgeführt. Nach dreimonatiger
Versorgung mit einem 3-Punkte-Korsett wurde mit der Physiotherapie begonnen und
im Februar 2010 ein Arbeitsversuch gestartet. Dieser musste wegen verstärkt
aufgetretener Rückenschmerzen vorzeitig abgebrochen werden. Am 28. Juli 2010
wurden die bei der ersten Operation zur Stabilisierung eingesetzten Metallteile
entfernt. Ein neuerlicher Arbeitsversuch scheiterte wiederum schmerzbedingt. In
der Klinik C.________ wurde vom 23. September bis 16. November 2010 eine
stationäre Rehablilitation mit beruflicher Abklärung durchgeführt. Dabei wurde
auch mit einer psychotherapeutischen Behandlung begonnen, die dann bei Dr.
phil. D.________ und PD Dr. med. E.________, Spezialarzt FMH für Psychiatrie
und Psychotherapie, ihren Fortgang nahm. Das Behandlungszentrum
Bewegungsapparat des Spitals B.________ schloss den Fall im Dezember 2011 ab
und überwies den Versicherten zur weiteren Therapie an die Schmerzsprechstunde.
Der nunmehr von A.________ konsultierte Dr. med. F.________, Facharzt für
Orthopädische Chirurgie, spez. Wirbelsäulenchirurgie, führte an der Klinik
G.________ zunächst am 23. Mai 2012 eine interspinöse Distraktion L2/3 durch.
Später refixierte er am 14. März 2013 dehiszente Faszien L1-3. Nach
Untersuchung durch ihren Kreisarzt vom 19. Juli 2013 sprach die SUVA A.________
mit Verfügung 22. November 2013 eine Rente auf der Basis einer
Erwerbsunfähigkeit von 22 % und eine Integritätsentschädigung auf der Grundlage
eines Intergritätsschadens von 10 % zu. Daran hielt sie auf Einsprache hin mit
Entscheid vom 30. April 2014 fest. Dabei verneinte sie das Vorliegen eines
adäquaten Kausalzusammenhangs zwischen psychischen Beschwerden und dem Ereignis
vom 15. September 2009.

B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Basel-Stadt mit Entscheid vom 22. Oktober 2014 gut, indem es den von
der SUVA verneinten adäquaten Kausalzusammenhang bejahte und die Angelegenheit
an diese zurückwies, damit der psychische Zustand umfassend geklärt und hernach
über die Leistungsansprüche neu verfügt werde.

C. 
Die SUVA führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Antrag auf Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids.
A.________ lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen, während das Bundesamt
für Gesundheit auf eine Stellungnahme verzichtet.

Erwägungen:

1. 
Beim angefochtenen Rückweisungsentscheid handelt es sich, da das Verfahren noch
nicht abgeschlossen wird und die Rückweisung auch nicht einzig der Umsetzung
des oberinstanzlich Angeordneten dient, um einen selbstständig eröffneten Vor-
oder Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG. Die Zulässigkeit der
Beschwerde setzt somit - alternativ - voraus, dass der Entscheid einen nicht
wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Abs. 1 lit. a) oder dass die
Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit
einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges
Beweisverfahren ersparen würde (Abs. 1 lit. b).
Im Umstand, dass dieser Entscheid mit der Bejahung der adäquaten Kausalität
zwischen dem Unfall und den geklagten psychischen Beschwerden materiell
verbindliche Feststellungen enthält, welche die SUVA bei Vorliegen der übrigen
Erfordernisse verpflichten, Leistungen zuzusprechen, und der darauf beruhende
Endentscheid praktisch nicht angefochten und das Ergebnis nicht mehr korrigiert
werden könnte, ist ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne des Art.
93 Abs. 1 lit. a BGG zu erblicken (nicht publ. E. 1 des Urteils BGE 135 V 279,
aber in: SVR 2009 UV Nr. 40 S. 137 [8C_531/2008]; SVR 2013 UV Nr. 3 S. 7 E. 1
[8C_398/2012]). Auf die Beschwerde ist daher einzutreten.

2. 
Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG geltend
gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106
Abs. 1 BGG). Trotzdem prüft es - vorbehältlich offensichtlicher Fehler - nur
die in seinem Verfahren geltend gemachten Rechtswidrigkeiten (Art. 42 Abs. 1
und 2 BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389).
Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen
der Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche
Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und
Art. 105 Abs. 3 BGG).

3. 
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Rechtsprechung zu dem für die
Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers nebst anderem
erforderlichen adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem
eingetretenen Schaden richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen.

4. 
Streitig und zu prüfen ist, ob ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen dem
Unfall und den psychischen Beschwerden vorliegt. Dies ist unbestrittenermassen
nach der Praxis zu den psychischen Unfallfolgen zu beurteilen, mithin unter
Ausklammerung der psychischen Beschwerdekomponenten des Gesundheitsschadens (
BGE 115 V 133; vgl. auch BGE 134 V 109 E. 6.1 S. 116). Einigkeit herrscht unter
den Parteien auch darüber, dass das Unfallereignis den mittelschweren Unfällen
im engeren Sinn zuzurechnen ist, weshalb die Adäquanz nur bejaht werden kann,
wenn mindestens drei der sieben Adäquanzkriterien erfüllt sind oder eines
besonders ausgeprägt vorliegt (BGE 115 V 133 E. 6c/aa S. 140; SVR 2013 UV Nr. 3
S. 7 E. 5.2.3 und 6 Ingress [8C_389/2012]).

5. 
Die Vorinstanz bejahte in einfacher Form die drei Adäquanzkriterien a) der
schwere und besonderen Art der erlittenen Verletzung, insbesondere ihre
erfahrungsgemässe Eignung, eine psychische Fehlentwicklung auszulösen, b) der
körperlichen Dauerschmerzen und c) der ungewöhnlich langen Dauer der ärztlichen
Behandlung. Ob das Kriterium des Grades und der Dauer der physisch bedingten
Arbeitsunfähigkeit erfüllt ist, liess sie ausdrücklich offen. Die übrigen
Kriterien erachtete sie als nicht erfüllt.
Die SUVA wendet ein, alle Adäquanzkriterien seien zu verneinen. Der Versicherte
beruft sich auf die drei von der Vorinstanz bejahten Kriterien und zusätzlich
auf dasjenige des Grades und der Dauer der physisch bedingten
Arbeitsunfähigkeit.

6. 
Ob das Kriterium der ungewöhnlich langen Dauer der physisch bedingten
ärztlichen Behandlung erfüllt ist, kann nicht allein nach einem zeitlichen
Massstab beurteilt werden. Von Bedeutung sind auch Art und Intensität der
Behandlung sowie der Umstand, inwieweit noch eine Besserung des
Gesundheitszustandes zu erwarten ist. Es muss, gesamthaft betrachtet, eine
kontinuierliche, mit einer gewissen Planmässigkeit auf die Verbesserung des
Gesundheitszustandes gerichtete ärztliche Behandlung von ungewöhnlich langer
Dauer vorliegen. Manualtherapeutische Massnahmen zur Erhaltung des Zustandes
und medikamentöse Schmerzbekämpfung allein genügen diesen Anforderungen nicht.
Einzig der Abklärung des Beschwerdebildes dienenden Vorkehren kommt nicht die
Qualität einer Heilmethodik in diesem Sinne zu (Urteil 8C_137/2014 vom 5. Juni
2014 E. 7.3 mit Hinweis).

6.1. Das kantonale Gericht bezeichnete dieses Kriterium mit der Begründung als
erfüllt, sämtliche der zwischen dem 16. September 2009 und dem 14. März 2013
erfolgten operativen Eingriffe hätten der Beseitigung von organischen
Unfallfolgen gedient; weil in der dazwischen liegenden Zeit zusätzlich
Therapien stattgefunden hätten, sei mit Blick auf die gesamten Umstände dieses
Kriterium als in einfacher Weise erfüllt zu betrachten.

6.2. Zwar waren die von der Vorinstanz angesprochenen Operationen auch auf die
Verbesserung des somatisch begründbaren Beschwerdebildes ausgerichtet. Indessen
ist festzustellen, dass bereits der zweite Eingriff, mit dem die bei der ersten
Operation eingesetzten Metallteile durch das Spital B.________ am 28. Juli 2010
entfernt wurden, zwar als Versuch zu werten ist, rein körperlich begründete
Ursachen für die im Anschluss an den ersten, wegen aufgetretener
Verspannungsschmerzen gescheiterten Arbeitsversuch trotz Physiotherapie
persisitierenden Schmerzen möglichst zu beseitigen. Allerdings zeigten die im
Vorfeld dazu erstellten Röntgenaufnahmen im Vergleich zu den Voraufnahmen eine
unveränderte Lage der Implantate ohne Hinweis auf eine Lockerung mit
radiologisch durchbauter Spondylodese. Insoweit bestätigten diese Bilder die
noch am 16. März 2010 gestützt auf die damals angefertigten Röntgenbilder
geäusserte Vermutung, dass Bewegungen im Segment L1/2 wegen fehlender Fusion
desselben zu einer Lockerung der distalen Schrauben führen und damit die
Ursache der muskulären Verspannung sein könnten, nicht direkt. Der
Besserungseffekt war nur von kurzer Dauer bzw. die von den operierenden Ärzten
per 23. August 2010 attestierte Arbeitsfähigkeit von 50 % wurde von der
Hausärztin Dr. med. H.________ bereits am 27. August 2010 wieder dahingehend
korrigiert, als sie den Versicherten wegen wieder verstärkt aufgetretener
Schmerzen und unter Hinweis auf fehlendes Selbstbewusstsein und grosse Angst
auf eine Verschlimmerung der Situation erneut zu 100 % arbeitsunfähig schrieb,
zugleich ein Arbeitstraining in der Klinik C.________ empfahl, damit er wieder
das nötige Selbstbewusstsein und Gefühl für seinen Körper bekomme.
Vom 23. September bis 16. November 2010 weilte der Beschwerdeführer in der
Klinik C.________. In der Folge wurde er aber erneut schwergewichtig
psychotherapeutisch begleitet. Zwar vertrat dabei der ihn behandelnde
Psychiater PD Dr. med. E.________ am 22. März 2011 die Auffassung, es bestehe
weiterhin ein weiterhin akutes Wirbelsäulenproblem, und warf dabei die Frage
auf, inwiefern die vom Versicherten geklagten Erektionsschwierigkeiten nicht
auch eine neurologische Folge des Wirbelsäulentraumas oder dessen operativer
Behandlung sei. Eine neuerliche Untersuchung durch die Abteilung
Wirbelsäulenchirurgie des Spitals B.________ vom 17. Mai 2011 mit neuer
Röntgenaufnahme der LWS brachte indessen keine neuen Erkenntnisse. Die
ebenfalls im Spital B.________ durchgeführte urologische Kontrolle konnte die
Vermutung des Psychiaters bezüglich der Erektionsprobleme ebenso wenig
bestätigen. Schliesslich brachte die am 22. Juni 2011 erfolgte
SPECT-Untersuchung der LWS und des thorakolumbalen Übergangs einzig neu die vom
Beschwerdegegner letztinstanzlich vernehmlassungsweise aufgegriffene, leicht
aktivierte Facettengelenksarthrose L1/2 rechts im Sinne einer Verdachtsdiagnose
zu Tage, ohne dass damit die geklagten Beschwerden erklärbar geworden wären.
All diese durch die Vermutung des behandelnden Psychiaters mit ausgelösten
Untersuchungen waren primär auf die Abklärung des Beschwerdebildes
ausgerichtet. Einer eigentliche Behandlung des somatisch erklärbaren
Beschwerdebildes stellt dies nicht dar.
Das Behandlungszentrum Bewegungsapparat des Spitals B.________ führte danach
zwar am 6. September und 1. November 2011 noch zwei Infiltrationen des
Facettengelenks durch, ohne dass diese Eingriffe als besonders belastend
bezeichnet werden könnten. Ebenso wenig führten sie zu einer wesentlichen
Linderungen der Beschwerdesymptomatik. Die im Anschluss daran den
Beschwerdegegner zunächst weiter behandelnde universitäre Schmerzsprechstunde
empfahl am 13. Januar 2012 wegen des Verdachts auf die aktivierte Arthrose
nochmals eine Infiltration und Radiofrequenzthermineurolyse L1/2, nahm davon
aber am 7. Februar 2012 Abstand, weil sich die Situation durch Einnahme von
Schmerzmitteln zwischenzeitig deutlich verbessert habe. Gezielte
Physiotherapien oder ähnliches wurden in dieser Zeit nicht durchgeführt.
Später führte der den Beschwerdegegner nunmehr mit betreuende Chirurg Dr. med.
F.________ von der Klinik G.________ am 23. Mai 2012 eine interspinöse
Distraktion L2/3 durch, um die dort geordnete Schmerzsymptomatik nach seiner
Einschätzung nachhaltig zu behandeln. Darauf reagierte der Beschwerdegegner
zunächst positiv und auch sein psychischer Zustand verbesserte sich deswegen
vorübergehend, wie Dr. phil. D.________ am 25. September 2012 zu berichten
wusste. Physiotherapien und damit eine zielgerichtete Behandlung erachtete die
Psychologin indessen als nach wie vor kontraindiziert. Solche wurden in der
Folge denn auch bis auf einen kurzen Versuch um Anfang Dezember 2012 keine
durchgeführt. Neben den psychotherapeutischen Sitzungen wurden zwar wiederholt
Schmerzmittel gespritzt und es fand allmonatlich eine Verlaufskontrolle durch
den Chirurgen statt, aber auch diesen Vorkehren ist nicht die Qualität einer
auf die Verbesserung des physischen Gesundheitszustandes ausgerichteten,
massgeblich belastenden Behandlung beizumessen. Darüber hinaus wurde zwar nach
Abbruch des kurzen Arbeitsversuches im Dezember 2012 eine Radiofrequenztherapie
der Narbe versucht, aber sogleich wieder wegen Schmerzzunahme abgebrochen. Dr.
med. F.________ führte alsdann am 14. März 2013 eine Narbenrevision auf Höhe
L1-3 durch in der Annahme, die Beschwerdezunahme sei in der kurzzeitigen
Ablösung der lumbalen Faszie mit subcutan freiliegenden Muskeln begründet. Es
folgte wiederum allmonatlich eine Verlaufskontrolle. Ab Juni 2013 wurde mit
einer Physiotherapie begonnen, die alsdann aber wieder abgebrochen wurde.

6.3. Zusammengefasst wurden zwischen den Eingriffen durchaus auch auf die
somatische Beschwerdeverbesserung ausgerichtete Behandlungen vorgenommen.
Inwiefern diese aber letztlich primär der Verbesserung der psychischen
Beschwerdekomponenten dienten, wie von der Beschwerdeführerin behauptet, kann
offen bleiben. Auffällig ist immerhin, dass jeder, im Anschluss an die erste
Operation vorgenommene weitere Eingriff oder auch die Infiltrationen, wenn
überhaupt, so lediglich vorübergehend zu einer Verbesserung geführt haben. Die
gesamte Zeit ist durch die somatisch nur sehr beschränkt erklärbare
Schmerzsymptomatik dominiert. Dies mit der Konsequenz, dass die meiste Zeit die
Bekämpfung der psychischen Komponente im Vordergrund stand und ein
zielgerichtetes Verbessern des rein somatisch erklärbaren Gesundheitszustandes
weitgehend verhinderte oder aber zumindest sehr einschränkte. Belastende
Physiotherapien wurden denn auch zwar zu Beginn, später aber kaum mehr
durchgeführt. Die Infiltrationen und die abgebrochene Radiofrequenztherapie
wurden ambulant durchgeführt und waren objektiv betrachtet nicht besonders
belastend. Monatliche Verlaufskontrollen mit medikamentöser Schmerzbekämpfung
weisen nicht die Qualität einer zielgerichtet auf die Verbesserung des
somatisch erklärbaren Gesundheitszustandes ausgerichteten Behandlung auf. Das
Kriterium der ungewöhnlich langen Dauer der physisch bedingten ärztlichen
Behandlung ist damit nicht erfüllt.

7. 
Das Kriterium des Grades und der Dauer der physisch bedingten
Arbeitsunfähigkeit bezieht sich nicht allein auf das Leistungsvermögen im
angestammten Beruf (SVR 2012 UV Nr. 23 S. 83 E. 4.2.6 [8C_435/2011]; RKUV 2011
Nr. U 422 S. 544 [U 56/00]; Urteil 8C_729/2012 E. 8.7). Es sind nur jene Zeiten
zu berücksichtigen, welche die versicherte Person aufgrund einer rein
physischen Betrachtungsweise arbeitsunfähig war.

7.1. Die Beschwerdeführerin erachtet dieses Kriterium als nicht erfüllt, da der
Versicherte rein physisch betrachtet seit dem Aufenthalt in der Klinik
C.________ im Oktober 2010 als in einer angepassten Tätigkeit ganztags
arbeitsfähig einzustufen sei. Der Beschwerdegegner vertritt hingegen die
Auffassung, diese von den Ärzten der Klinik C.________ per 11. November 2010
vorgenommene, weitgehend der späteren Einschätzung des Kreisarztes vom 19. Juli
2013 entsprechende Einschätzung sei lediglich vorübergehender Natur gewesen und
lasse keine Rückschlüsse auf die durch weitere Operationen und Infiltrationen
zwischen September 2011 und März 2013 geprägte Zeit zu; es sei davon
auszugehen, dass die organisch bedingte Arbeitsunfähigkeit in dieser Zeit
erheblich höher gewesen sei.

7.2. Wie bereits dargelegt, unternahm der Beschwerdegegner bereits Mitte
Februar 2010 einen ersten Arbeitsversuch, der dann allerdings nach wenigen
Tagen an muskulären Verspannungsschmerzen scheiterte, ohne dass deren Ursache
klar einem organischen Korrelat zugeordnet werden konnte. Die Metallentfernung
führte zumindest nicht zu der erhofften Verbesserung: Obwohl der Versicherte im
Anschluss an diesen Eingriff vom 29. Juli 2010 durch die operierenden Ärzte
zunächst auf den 23. August 2010 hin wiederum zu 50 % arbeitsfähig geschrieben
wurde, attestierte die behandelnde Hausärztin Dr. med. H.________ dem
Beschwerdegegner bereits ab dem 27. August 2010 wiederum eine vollständige
Arbeitsunfähigkeit, welche wegen der in diesem Zusammenhang gemachten Hinweise
der Ärztin auf das fehlende Selbstbewusstsein und die grosse Angst auf eine
Verschlimmerung der Situation allenfalls bereits teilweise psychische oder
invaliditätsfremden Faktoren mit umfasste.

Als erste haben die Ärzte der Klinik C.________ mit Austrittsbericht vom 19.
November 2010 eine, über die angestammte Tätigkeit hinausgehende, den gesamten
Arbeitsmarkt erfassende, zudem auf das rein somatisch bedingte Beschwerdebild
eingeschränkte Einschätzung der Restarbeitsfähigkeit vorgenommen. Dabei
erachteten sie den Beschwerdegegner in einer dem Leiden angepassten Tätigkeit
als zu 100 % arbeitsfähig, während die bisherige Arbeit als Maurer und Schaler
nicht mehr zumutbar sei. In der Folge wurde der Versicherte zwar wiederholt von
den behandelnden Ärzten für gänzlich arbeitsunfähig eingeschätzt; zunächst
primär wegen einer Akzentuierung des psychischen Zustandes, der sich alsdann
etwa nach den Infiltrationen oder dem letzten Eingriff von Dr. med. F.________
lediglich vorübergehend jeweils wieder aufhellte. Dafür, dass sich der
Gesundheitszustand indessen in dieser Zeit nachhaltig in einer Weise geändert
hätte, als die von der Klinik C.________ vorgenommene Einschätzung der rein
organisch erklärbaren Arbeitsunfähigkeit als über einen massgeblichen Zeitraum
nicht mehr zutreffend bezeichnet werden könnte, finden sich keine
Anhaltspunkte. Vielmehr deckt sich die kreisärztliche Umschreibung des
Zumutbarkeitsprofils vom 19. Juli 2013 weitgehend mit jener der Ärzte der
Klinik C.________ vom 19. November 2010. Angesichts dessen ist dieses Kriterium
als nicht erfüllt zu betrachten.

8. 
Sind diese beiden Kriterien zu verneinen, kann offen bleiben, ob mit Vorinstanz
und Beschwerdegegner eine besondere Art der Verletzung und Dauerschmerzen als
gegeben zu betrachten sind. Denn auf alle Fälle liegt keines dieser beiden
Kriterien besonders ausgeprägt vor, womit maximal zwei Kriterien und nicht
qualifiziert erfüllt sind. Dies führt zur Verneinung der adäquaten
Unfallkausalität der psychischen Beschwerden und damit zur Gutheissung der
Beschwerde.

9. 
Der unterliegende Versicherte trägt die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1, Art.
68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts
des Kantons Basel-Stadt vom 22. Oktober 2014 wird aufgehoben und der
Einspracheentscheid der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) vom
30. April 2014 bestätigt.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Basel-Stadt und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 24. Juni 2015

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Grünvogel

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