Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.843/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_843/2014

Urteil vom 18. März 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiber Jancar.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Martin Suenderhauf,
Beschwerdeführerin,

gegen

AXA Versicherungen AG,
General Guisan-Strasse 40, 8400 Winterthur,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden
vom 17. Juni 2014.

Sachverhalt:

A. 
Die 1961 geborene A.________ war seit 1. September 2008 Verkaufsmitarbeiterin
bei der B.________ AG und damit bei der AXA Versicherungen AG (nachfolgend AXA)
obligatorisch unfallversichert. Am 8. Januar 2009 fiel sie auf die rechte
Schulter. Im Krankenhaus C.________, wo sie am 9. Januar 2009 behandelt wurde,
wurde eine Schulterkontusion rechts bei Tendinitis calcarea rechts
diagnostiziert; röntgenologisch wurden keine frischen ossären Läsionen
festgestellt (Bericht vom 13. Mai 2009). Die AXA kam für die Heilbehandlung und
das Taggeld auf. Am 27. Januar 2009 wurde die Versicherte im Krankenhaus
C.________ an der rechten Schulter operiert (Kalkdepot-Ausräumung
Infraspinatus-Sehne rechts; Akromioplastik rechts; Narkosemobilisation rechtes
Schultergelenk). Ab 1. Oktober 2010 arbeitete die Versicherte zu 80 % als
Pflegerin eines Ehepaars. Mit Verfügung vom 10. Dezember 2010 führte die AXA
aus, per 30. Juni 2009 sei der Status quo sine bezüglich der
Schulterbeschwerden rechts überwiegend wahrscheinlich erreicht worden;
verzichtet werde auf eine Rückforderung der bereits erbrachten Leistungen ab
Juli 2009; die heute vorliegenden Beschwerden am Vorderarm und an der Hand
rechts stünden nicht überwiegend wahrscheinlich in kausalem Zusammenhang mit
dem Unfall vom 9. Januar 2009 bzw. der Operation vom 27. Januar 2009. Die
dagegen erhobene Einsprache wies die AXA mit Entscheid vom 1. Juli 2011 ab. Sie
übernahm bis 30. April 2009 Taggelder bei einer 100%igen Arbeitsunfähigkeit und
bis 30. Juni 2009 Heilbehandlung.

B. 
Gegen den Einspracheentscheid vom 1. Juli 2011 erhob die Versicherte beim
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden Beschwerde. Am 24. April 2012 teilte
sie diesem mit, am 29. Februar 2012 sei bei der Staatsanwaltschaft des Kantons
Graubünden eine Strafanzeige erhoben worden zu Frage, ob die Operation vom 27.
Januar 2009 lege artis durchgeführt worden sei; die Staatsanwaltschaft
beabsichtige, hierzu ein Gutachten in Auftrag zu geben. Am 16. April 2013
sistierte die Vorinstanz das Verfahren bis zum Vorliegen dieses Gutachtens. Am
10. September 2013 reichte ihr die Staatsanwaltschaft das interdisziplinäre
Gutachten des Spitals D.________ vom 28. August 2013 ein. Am 1. Oktober 2013
hob die Vorinstanz die Verfahrenssistierung auf und holte Stellungnahmen der
Parteien ein. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde hob sie den
Einspracheentscheid vom 1. Juli 2011 insofern auf, als die AXA verpflichtet
wurde, der Versicherten für den 1. und 2. Mai 2009 Taggelder nachzuzahlen. Im
Übrigen wies sie die Beschwerde ab (Entscheid vom 17. Juni 2014).

C. 
Mit Beschwerde beantragt die Versicherte die Aufhebung des kantonalen
Entscheides, soweit die Beschwerde abgewiesen worden sei; die Sache sei zur
weiteren Abklärung, insbesondere des medizinischen Sachverhalts (Einholung
eines interdisziplinären Gutachtens etc.) und zur Festlegung der zu ihren
Gunsten festzusetzenden Versicherungsleistungen an die AXA, eventuell an die
Vorinstanz zurückzuweisen; subeventuell seien ihr sämtliche
Versicherungsleistungen (Pflegeleistungen und Kostenvergütungen, Taggelder/
Rente, Integritätsentschädigung etc.) auch über den 30. April 2009 hinaus zu
gewähren und die Sache - soweit das Bundesgericht die Leistungen nicht selber
festsetze - an die AXA zu deren Festlegung zurückzuweisen; diese sei zu
verpflichten, ihr die von Dr. med. E.________, Allgemeine Medizin FMH, im
Zusammenhang mit dem Bericht vom 20. Juli 2010 fakturierten Kosten von Fr.
359.45 plus 5 % Zins seit 29. September 2010 zu erstatten; die AXA sei zu
verpflichten, ihr für ihre vorinstanzlichen anwaltlichen Aufwendungen eine
Parteientschädigung von Fr. 12'355.20 zu bezahlen; eventuell sei die Sache zur
Festsetzung der Parteientschädigung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Ein Schriftenwechsel wurde nicht angeordnet.

Erwägungen:

1. 
Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt
werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem
Verfahren beanstandeten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E.
2.2.1 S. 389).
Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen
der Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche
Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und
Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 
Die Vorinstanz hat die Grundlagen über den für die Leistungspflicht des
obligatorischen Unfallversicherers erforderlichen natürlichen und adäquaten
Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden (BGE 134 V
109 E. 2.1 S. 111), den Wegfall unfallbedingter Ursachen eines
Gesundheitsschadens bei Erreichen des Status quo sine vel ante (SVR 2011 UV Nr.
4 S. 12 E. 3.2 [8C_901/2009]), den Untersuchungsgrundsatz (Art. 43 Abs. 1, Art.
61 lit. c ATSG) und den massgebenden Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit (BGE 138 V 218 E. 6 S. 221) sowie den Beweiswert von
Arztberichten (BGE 139 V 225 E. 5.2 S. 229, 134 V 231 E. 5.1 S. 232, 125 V 351)
zutreffend dargelegt. Richtig wiedergegeben hat die Vorinstanz auch die
Rechtsprechung zur Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers bei
Diskushernien (SVR 2009 UV Nr. 1 S. 1 E. 2.3 [8C_677/2007]; Urteile 8C_765/2014
vom 9. Februar 2015 E. 6.1 und 8C_412/2008 vom 3. November 2008 E. 5.1) und zum
Unfallbegriff bei einer fehlerhaften Krankheitsbehandlung (BGE 121 V 35 E. 1b
S. 38; 118 V 283 E. 2b S. 284; SVR 2014 UV Nr. 5 S. 13 E. 4.1 [8C_999/2012]).
Gleiches gilt hinsichtlich des Anspruchs auf rechtliches Gehör und
Akteneinsicht (Art. 29 Abs. 2 BV; Art. 42, Art. 47 Abs. 1 lit. a ATSG; BGE 137
I 195 E. 2.3.2 S. 197; 132 V 387 E. 4.1 S. 389). Darauf wird verwiesen.

3.

3.1. Die Versicherte bringt vor, die AXA habe ohne ihr Wissen und ohne ihre
vorgängige Information folgende medizinische Berichte beigezogen: des Spitals
F.________ über die Sonographie der Schultern beidseits vom 4. Dezember 1995,
des Radiologie-Instituts des Medizinischen Zentrums G.________ vom 20. Januar
1997, des beratenden Neurologen der AXA Dr. med. H.________ vom 1. Juni 2011
und des Dr. med. E.________ vom 20. Juni 2011. Die drei erstgenannten Berichte
seien ihr erst mit dem Einspracheentscheid zugestellt worden. Der letztgenannte
Bericht habe noch nicht einmal bei der vorinstanzlichen Beschwerdeerhebung bei
ihr vorgelegen; dessen Seite 2 habe in den vorinstanzlichen Akten gefehlt -
womit die Aktenführungspflicht verletzt worden sei (Art. 46 ATSG) - und sei von
der Versicherten mit der vorinstanzlichen Replik vollständig eingereicht
worden. Diese Berichte wären ihr im Rahmen des rechtlichen Gehörs zur
Stellungnahme zu unterbreiten gewesen.

3.2. Die Vorinstanz hielt fest, dass diese Berichte - denen eine gewisse
Entscheidrelevanz zukomme - der Versicherten vor Erlass des
Einspracheentscheides nicht zugestellt worden seien. Selbst bei Bejahung einer
allfälligen Gehörsverletzung wäre diese jedoch geheilt. Sie berief sich dabei
auf die Rechtsprechung, wonach eine nicht besonders schwerwiegende Verletzung
des rechtlichen Gehörs ausnahmsweise als geheilt gelten kann, wenn die
betroffene Person die Möglichkeit erhält, sich vor einer Beschwerdeinstanz zu
äussern, die sowohl den Sachverhalt wie die Rechtslage frei überprüfen kann.
Von einer Rückweisung der Sache an die Verwaltung ist selbst bei einer
schwerwiegenden Verletzung des rechtlichen Gehörs dann abzusehen, wenn und
soweit die Rückweisung zu einem formalistischen Leerlauf und damit zu unnötigen
Verzögerungen führen würde, die mit dem (der Anhörung gleichgestellten)
Interesse der betroffenen Partei an einer beförderlichen Beurteilung der Sache
nicht zu vereinbaren wären (BGE 137 I 195 E. 2.3.2 S. 197; Urteil 8C_765/2014
vom 9. Februar 2015 E. 4.2). Es ist richtig, dass eine Gehörsverletzung seitens
der AXA als geheilt anzusehen ist, da die Vorinstanz den Sachverhalt und die
Rechtslage frei überprüfen konnte und auch dem Bundesgericht die volle
Kognition zusteht (E. 1 hievor) und die Rückweisung einem formalistischen
Leerlauf gleichkäme.

4. 
Da es sich bei den Aktenstellungnahmen des Dr. med. H.________ vom 1. Juli
2010, 30. November 2010 und 1. Juni 2011 nicht um Gutachten nach Art. 44 ATSG
handelte, ist die Rüge der Versicherten, sie habe ihm keine Ergänzungsfragen
stellen können, nicht stichhaltig (BGE 135 V 465 E. 4.2 S. 468; Urteil 8C_400/
2013 vom 31. Juli 2013 E. 5.3).

5. 
Streitig und zu prüfen sind als Erstes die Schulter-Arm-Beschwerden rechts.

5.1. Im interdisziplinären (neurologischen, orthopädisch-traumatologischen und
anästhesiologischen) Gutachten des Spitals D.________ vom 28. August 2013 wurde
ein chronischer belastungsabhängiger Schulter-Arm-Schmerz mit neuropathischer
Komponente und sensiblem Ausfallsyndrom diagnostiziert. Weiter wurde
ausgeführt, zusammenfassend sei ätiologisch von einer multifaktoriellen Genese
der Beschwerden auszugehen, wobei das Impingement-Syndrom der rechten Schulter,
das die Belastungsabhängigkeit der Beschwerden erklären könne, im Vordergrund
stehe. Ähnliche Beschwerden seien zwischen 1995 und 1997 vorhanden gewesen.
Nach Beschwerdefreiheit seien sie erneut durch das Sturzereignis vom 8. Januar
2009 ausgelöst worden. Eine Schädigung von Teilen des Truncus superior des
Plexus zervikobrachialis als weitere Schmerzursache und auch als Ursache des
Taubheitsgefühls im Bereich Oberarm, Unterarm und Daumen rechts sei möglich, da
die sensiblen Ausfallsymptome unmittelbar postoperativ aufgetreten seien; es
hätten sich allerdings keine elektrophysiologischen oder bildmorphologischen
Korrelate einer solchen Schädigung ergeben, was diese aber nicht gänzlich
ausschliessen könne. Ein zervikoradikuläres Schmerz- und sensibles
Ausfallsyndrom C6 rechts sowie ein elektrophysiologisch verifiziertes
Karpaltunnelsyndrom rechts seien weitere Komponenten der multifaktoriellen
Genese der Beschwerden. Weiter sei das Taubheitsgefühl am Oberarm rechts auch
als Empfindungsstörung im Rahmen der Schmerzen denkbar. Der Beginn des
Taubheitsgefühls im Narbenbereich am rechten Oberarm und die Allodynie der
Narbe liessen annehmen, dass im Verlauf ein postoperativer neuropathischer
Narbenschmerz hinzugekommen sei, wobei der zeitliche Beginn schwierig
festzulegen sei. Ein Zusammenhang mit Anästhesie und Operation sei nur bei der
möglichen Plexusläsion und dem neuropathischen Narbenschmerz herzustellen.

5.2. Die Vorinstanz hat in Würdigung der medizinischen Akten mit einlässlicher
Begründung - auf die verwiesen wird - im Wesentlichen erwogen, an der rechten
Schulter der Versicherten hätten vorbestehende degenerative Schädigungen
(Tendinitis calcarea mit mehreren Kalkdepots an typischer Stelle) vorgelegen,
die durch den Unfall vom 8. Januar 2009 vorübergehend aktiviert worden seien;
diesbezüglich sei der Status quo sine per 30. Juni 2009 erreicht gewesen.
Weiter hat die Vorinstanz ausgeführt, die postoperativ geklagten
Schulter-Arm-Beschwerden rechts seien trotz multifaktorieller Genese nicht
überwiegend wahrscheinlich auf den Unfall vom 8. Januar 2009 zurückzuführen.
Hauptverantwortlich für die Beschwerden sei - wie aus dem vollumfänglich
beweiskräftigen Gutachten des Spitals D.________ vom 28. August 2013 hervorgehe
- das Impingement-Syndrom der rechten Schulter, das aber nicht überwiegend
wahrscheinlich auf diesen Unfall zurückzuführen sei. Eine anlässlich der
Operation vom 27. Januar 2009 erfolgte Schädigung von Teilen des Truncus
superior des Plexus zervikobrachialis rechts als Grund für die
Schulterbeschwerden erachteten die Gutachter des Spitals D.________ - wie auch
die übrigen involvierten Ärzte - bestenfalls als möglich, was für die Bejahung
der Unfallkausalität nicht ausreiche. Zudem sei diese Operation einzig aufgrund
der unfallfremden Befunde (Ausräumung der Kalkdepots und Akromioplastik rechts)
und damit nicht unfallbedingt erfolgt. Auch die übrigen, gemäss dem Gutachten
des Spitals D.________ vom 28. August 2013 als Ursache der
Beschwerdesymptomatik in Frage kommenden Pathologien (vgl. E. 5.1 hievor) seien
nicht überwiegend wahrscheinlich unfall- oder operationsbedingt. Diesem
vorinstanzlichen Ergebnis ist beizupflichten.

5.3. Die Versicherte sodann räumt ein, dass im Unfallzeitpunkt am 8. Januar
2009 an der rechten Schulter ein krankhafter Vorzustand im Sinne einer
Tendinitis calcarea gegeben war. Soweit sie vorbringt, im Hinblick auf die
Kausalität sei einzig entscheidend, dass dieser Vorzustand ab ca. 1998 völlig
asymptomatisch gewesen sei, ist dies unbehelflich; denn diese Argumentation
läuft auf einen unzulässigen "post hoc, ergo propter hoc"-Schluss hinaus (BGE
119 V 335 E. 2b/bb S. 341 f.; SVR 2012 UV Nr. 5 S. 17 E. 4.5.1 [8C_310/2011]).

5.4. Gemäss dem Gutachten des Spitals D.________ vom 28. August 2013 steht das
Impingement-Syndrom der rechten Schulter als Schmerzursache im Vordergrund. Dr.
med. I.________, Spezialarzt FMH Chirurgie, beratender Arzt der AXA, legte in
der Aktenstellungnahme vom 19. November 2013 dar, eine Tendinitis calcarea sei
Ausdruck einer degenerativen Veränderung von Anteilen der Rotatorenmanschette.
Dies führe im Verlauf der Zeit zu einer Lockerung dieser Sehnenanteile und
damit auch zu einer Minderung der Zentrierung des Humeruskopfes. Durch den
deswegen bedingten relativen Humeruskopfhochstand resultiere eine
Engpasssituation subakromial, was letztlich die Symptomatik eines Impingements
bewirke. Strukturelle Schädigungen im Bereich des rechten Schultergelenks, die
in einen Kausalzusammenhang zum Ereignis vom 8. Januar 2009 gestellt werden
könnten, hätten nicht objektiviert werden können. Es sei davon auszugehen, dass
die rein kontusionsbedingte Schmerzsymptomatik ohne nachweisbare strukturelle
Schädigung, der allgemeinen Erfahrung nach, nach spätestens drei Monaten
ausheile.
Ein Aktenbericht ist zulässig, wenn ein lückenloser Befund vorliegt und es im
Wesentlichen nur um die ärztliche Beurteilung eines an sich feststehenden
medizinischen Sachverhalts geht (SVR 2010 UV Nr. 17 S. 63 E. 7.2 [8C_239/
2008]). Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich des Berichts des Dr. med.
I.________ vom 19. November 2013 erfüllt. Es bestehen keine Anhaltspunkte, die
auch nur geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit seiner
Beurteilung wecken (zum Beweiswert von Berichten versicherungsinterner Ärzte
vgl. BGE 139 V 225 E. 5.2 S. 229). Demnach ist der Vorinstanz beizupflichten,
dass die Impingementsymptomatik der rechten Schulter im Zeitpunkt der
Leistungseinstellung durch die AXA per 30. Juni 2009 nicht mehr überwiegend
wahrscheinlich natürlich unfallkausal war.

5.5. Weiter wurde im Gutachten des Spitals D.________ vom 28. August 2013 ein
zervikoradikuläres Schmerz- und sensibles Ausfallsyndrom C6 rechts als
Mitursache der Beschwerden angenommen. Indessen geht aus diesem Gutachten
hervor, dass dieses Syndrom erst im Verlauf ab Anfang 2010 klinisch relevant
wurde; weiter wurde ausgeführt, die kernspintomographisch in den Jahren 2009
und 2013 fehlende posttraumatische Veränderung sei zusammen mit der fehlenden
Zunahme der Nackenbeschwerden im Zeitpunkt des Sturzes ein Argument gegen eine
durch diesen hervorgerufene Progression der HWS-Veränderungen. In diesem Lichte
hat die Vorinstanz zu Recht erkannt, dass es sich bei diesem Syndrom nicht um
unfallkausale Beschwerden handelt (vgl. auch E. 8.2 hienach).

5.6. Dr. med. H.________, beratender Arzt der AXA, legte in der
Aktenstellungnahme vom 1. Juli 2010 dar, der Unfall vom 8. Januar 2009 sei
bezüglich des Karpaltunnelsyndroms irrelevant. Im Gutachten des Spitals
D.________ vom 28. August 2013 wurde ausgeführt, das klinisch und
ekletrophysiologisch aktuell und bereits am 14. Dezember 2009 diagnostizierte
Karpaltunnelsyndrom rechts sei eine weitere Komponente der Beschwerden; es
könne Schulter-Armschmerzen und ein Taubheitsgefühl im Daumen rechts erklären.
Allerdings legten die Gutachter weiter dar, der fehlende Nachweis in der
Untersuchung vom 21. September 2009 lasse annehmen, dass diese Pathologie erst
im Verlauf, d.h. einige Monate nach Sturz und Operation einen Beitrag zu den
Beschwerden geleistet habe. Aufgrund dieser Aktenlage - insbesondere der langen
Latenzzeit - ist es nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz das
Karpaltunnelsyndrom als nicht unfallkausal taxierte (vgl. auch Urteil U 154/03
vom 15. Oktober 2003 E. 2.3).

6. 
Streitig ist weiter, ob eine Leistungspflicht dar AXA nach Art. 6 Abs. 3 UVG
besteht, was nur die strittige Plexusläsion und den postoperativen
Narbenschmerz betrifft (vgl. E. 5.1 a.E. hievor).
Die Regelung betreffend Schädigung bei Heilbehandlung gemäss   Art. 6 Abs. 3
UVG kommt nur zur Anwendung, wenn die fragliche medizinische Massnahme der
Behandlung einer Unfallfolge diente (vgl. Art. 10 UVG; BGE 128 V 169 E. 1c S.
172; 118 V 286 E. 3b S. 292 f.; SVR 2012 UV Nr. 11 S. 37 E. 5 [8C_708/2011]).
Gemäss dem Operationsbericht erfolgte die Operation vom 27. Januar 2009 zwecks
Kalkdepot-Ausräumung an der Infraspinatus-Sehne rechts mit Ausführung einer
Akromioplastik. Dr. med. J.________, Chirurgie, beratender Arzt der AXA, legte
in der Aktenstellungnahme vom 26. Januar 2010 dar, operiert worden sei, um die
Kalkablagerungen zu entfernen und den subakromialen Raum zu erweitern; weder
das Kalkdepot noch die Einengung des Akromions seien durch den Unfall
entstanden. Auch Dr. med. I.________ kam in der Aktenstellungnahme vom 19.
November 2013 zum Schluss, mit der Operation vom 27. Januar 2009 seien keine
Unfallfolgen, sondern einzig der Vorzustand behandelt worden. Diese
Stellungnahmen sind überzeugend, weshalb darauf abgestellt werden kann (vgl.
auch E. 5.3 f. hievor). Die Vorinstanz hat in diesem Lichte zutreffend erkannt,
dass die Operation vom 27. Januar 2009 nicht unfallbedingt erfolgte. Deshalb
besteht keine Leistungspflicht der AXA nach Art. 6 Abs. 3 UVG.

7. 
Streitig ist weiter, ob bei der Operation vom 27. Januar 2009 ein
Behandlungsfehler passierte, der den Unfallbegriff nach Art. 4 ATSG erfüllt
(hierzu vgl. BGE 118 V 283 E. 2b S. 284, E. 3b S. 285; SVR 2014 UV Nr. 5 S. 13
E. 4.1 [8C_999/2012]).

7.1. Im Gutachten des Spitals D.________ vom 28. August 2013 wurde ausgeführt,
dass sowohl die Schulteroperation als auch die Plexusanästhesie vom 27. Januar
2009 lege artis durchgeführt worden seien. Die Vorinstanz hat gestützt hierauf
zutreffend festgestellt, dass die Operation vom 27. Januar 2009 den
Unfallbegriff nicht erfülle (hierzu vgl. SVR 2014 UV Nr. 5 S. 13 E. 4.1),
weshalb die AXA in diesem Lichte ebenfalls nicht leistungspflichtig sei.

7.2.

7.2.1. Die Einwände der Versicherten sind nicht stichhaltig. Sie bringt vor,
die Gutachterin Frau Dr. med. K.________ habe festgehalten, eine Parästhesie im
Sinne einer Missempfindung während der Punktion sei nicht dokumentiert worden;
im Anästhesieprotokoll vom 27. Januar 2009 sei demgegenüber eine Parästhesie
ausdrücklich erwähnt worden. Diese Behauptung ist aktenwidrig, wurden doch in
diesem Protokoll Parästhesien verneint.

7.2.2. Die Versicherte macht geltend, die Eintragungen der
Operationsanästhesistin Frau Dr. L.________ müssten sorgfältig geprüft werden,
da die Narkoseart im Operationsbericht vom 27. Januar 2009 mit Larmix-Maske
falsch angegeben worden sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass im Gutachten des
Spitals D.________ vom 28. August 2013 richtigerweise von der Plexusanästhesie
als der durchgeführten und im Anästhesieprotokoll vom 27. Januar 2009
dargelegten Narkoseart ausgegangen wurde.

7.2.3. Im Gutachten des Spitals D.________ vom 28. August 2013 wurde
festgehalten, aus orthopädischer Sicht könne zur Narkosemobilisation nicht
konsekutiv Stellung bezogen werden. Im Operationsbericht werde einerseits eine
Narkosemobilisation des rechten Schultergelenks angegeben. Es sei jedoch keine
Textzeile vorhanden, welche die Durchführung und die Art dieser Mobilisation
beschreibe. Der Gutachter Prof. Dr. med. M.________, Chefarzt Orthopädie und
Traumatologie, habe deshalb am 19. August 2013 den Operateur Dr. med.
N.________ telefonisch kontaktiert. Dieser habe bestätigt, dass er die
Mobilisation durchgeführt habe, da intraoperativ die Beweglichkeit nicht normal
gewesen sei. Er könne sich nicht erinnern, dass irgendetwas speziell an dieser
Mobilisation gewesen sei. Die Beweglichkeit habe sich durch sanften Druck
sofort gebessert. Weiter führten die Gutachter aus, insgesamt könne die
Mobilisation in Narkose als lege artis bezeichnet werden.
Die Versicherte rügt, es werde nicht dargestellt, weshalb die Beweglichkeit
nicht normal gewesen sei und welche konkreten Mobilisationsmassnahmen
durchgeführt worden seien. Angesichts dieser Lücken sei die gutachterliche
Schlussfolgerung, die Mobilisation in Narkose könne als lege artis bezeichnet
werden, nicht nachvollziehbar. Hierzu ist festzuhalten, dass es grundsätzlich
den Gutachterpersonen überlassen blieb, über Art und Umfang der aufgrund der
konkreten Fragestellung erforderlichen Untersuchungen zu befinden. Aufgabe des
Versicherers und des Gerichts ist es alsdann, das Gutachten bei der
Beweiswürdigung u.a. darauf zu prüfen, ob es für die streitigen Belange
umfassend ist und auf allseitigen Untersuchungen beruht (BGE 134 V 231 E. 5.1
S. 232; Urteil 8C_450/2014 vom 24. Juli 2014 E. 4.2). Dies trifft vorliegend
zu.

8. 
Umstritten ist, ob die Diskushernienproblematik über den 30. Juni 2009 hinaus
unfallbedingt ist.

8.1. Es entspricht einer medizinischen Erfahrungstatsache im Bereich des
Unfallversicherungsrechts, dass praktisch alle Diskushernien bei Vorliegen
degenerativer Bandscheibenveränderungen entstehen und ein Unfallereignis nur
ausnahmsweise, unter besonderen Voraussetzungen, als eigentliche Ursache in
Betracht fällt. Als weitgehend unfallbedingt kann eine Diskushernie betrachtet
werden, wenn das Unfallereignis von besonderer Schwere und geeignet war, eine
Schädigung der Bandscheibe herbeizuführen, und die Symptome der Diskushernie
(vertebrales oder radikuläres Syndrom) unverzüglich und mit sofortiger
Arbeitsunfähigkeit auftreten. In solchen Fällen hat die Unfallversicherung auch
für Rezidive und allfällige Operationen aufzukommen. Ist die Diskushernie bei
degenerativem Vorzustand durch den Unfall nur aktiviert, nicht aber verursacht
worden, so hat sie nur Leistungen für das unmittelbar im Zusammenhang mit dem
Unfall stehende Schmerzsyndrom zu erbringen. Nach derzeitigem medizinischem
Wissensstand kann das Erreichen des Status quo sine bei posttraumatischen
Lumbalgien und Lumboischialgien nach drei bis vier Monaten erwartet werden,
wogegen eine allfällige richtunggebende Verschlimmerung röntgenologisch
ausgewiesen sein und sich von der altersüblichen Progression abheben muss; eine
traumatische Verschlimmerung eines klinisch stummen degenerativen Vorzustandes
an der Wirbelsäule ist in der Regel nach sechs bis neun Monaten, spätestens
aber nach einem Jahr als abgeschlossen zu betrachten (SVR 2009 UV Nr. 1 S. 1 E.
2.3 [8C_677/2007]; Urteil 8C_765/2014 vom 9. Februar 2015 E. 6.1)

8.2. In den Berichten des Krankenhauses C.________ - wo die Versicherte seit 9.
Januar 2009 behandelt wurde - vom 27. Januar, 4. Februar, 13. Mai und 30. Juni
2009 wurde eine unmittelbar nach dem Unfall vom 8. Januar 2009 aufgetretene
Diskushernienproblematik nicht beschrieben. Demnach fehlte es initial an einem
vertebralen oder radikulären Syndrom. Zudem wurde im Gutachten des Spitals
D.________ vom 28. August 2013 eine durch diesen Unfall hervorgerufene
Progression des HWS-Veränderungen entkräftet (vgl. E. 5.5 hievor). In diesem
Lichte kam die Vorinstanz in Würdigung der medizinischen Akten zu Recht zum
Schluss, dass die vorbestehende Diskushernie C4/5 und C5/6 durch den Unfall vom
8. Januar 2009 nicht verursacht, aber aktiviert wurde, wobei eine
richtunggebende Verschlimmerung zu verneinen ist. Wenn die AXA ihre
Leistungspflicht für die unmittelbar mit dem Unfall im Zusammenhang stehenden
Beschwerden bis 30. Juni 2009 anerkannte, ist dies angesichts der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung (E. 8.1 hievor) nicht zu beanstanden.
Unbehelflich ist der Einwand des Versicherten, vor dem Unfall vom 8. Januar
2009 habe sie keine relevanten Nackenschmerzen gehabt (vgl. E. 5.2 hievor).

9. 
Aus sämtlichen von ihr ins Feld geführten Arztberichten kann die Versicherte
aufgrund der Aktenlage nichts zu ihren Gunsten ableiten. Da von weiteren
medizinischen Abklärungen - insbesondere der Befragung des Dr. med. N.________
(Operateur) und der Frau Dr. L.________ (Operations-Anästhesistin) - keine
entscheidrelevanten Ergebnisse mehr zu erwarten sind, hat die Vorinstanz zu
Recht darauf verzichtet. Dies verstösst weder gegen den Untersuchungsgrundsatz
noch gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör bzw. auf Beweisabnahme (Art. 29
Abs. 2 BV) noch gegen das Gebot eines fairen Verfahrens nach Art. 6 Ziff. 1
EMRK bzw. Art. 29 Abs. 1 BV (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 136 I 229 E. 5.3
S. 236, 134 I 140 E. 5.3 S. 148, BGE 124 V 90 E. 4b S. 94; Urteil 8C_765/2014
E. 7). Von einer vorinstanzlichen Verletzung des Grundsatzes der freien
Beweiswürdigung (Art. 61 lit. c ATSG) kann keine Rede sein.

10. 
Strittig ist weiter, ob die AXA die Kosten des Berichts des Dr. med. E.________
vom 20. Juli 2010 im Umfang von Fr. 359.45 plus 5 % Zins seit 29. September
2010 zu tragen hat. Die Voraussetzungen hiefür sind nicht erfüllt, da keine
pflichtwidrig unterlassene Abklärung durch die Verwaltung Anlass für die
Einholung dieses Berichts bot und dieser keine relevanten neuen Erkenntnisse
gebracht hat. Das kantonale Gericht hat daher einen Auslagenersatz zu Recht
abgelehnt (Art. 45 Abs. 1 ATSG; SVR 2011 IV Nr. 13 S. 35 E. 2 [9C_178/2010];
Urteil 8C_531/2014 vom 23. Januar 2015 E. 7).

11. 
Die Versicherte verlangt schliesslich, die Parteikosten des vorinstanzlichen
Verfahrens seien der AXA aufzuerlegen, weil diese ihren Anspruch auf
rechtliches Gehör verletzt habe.
Nach Art. 61 lit. g ATSG hat die unterliegende Partei grundsätzlich keinen
Anspruch auf Ersatz der Parteikosten. Trotz Unterliegens der versicherten
Person in der Sache kann ihr eine Parteientschädigung ausnahmsweise
zugesprochen werden, soweit die Beschwerdegegnerin die Kosten verursacht hat.
Dies kann bei einer Verletzung des Gehörsanspruches der Fall sein. Massgebend
für die Kostenfolgen ist, dass der Partei Kosten entstehen, die ihr ohne
Gehörsverletzung nicht entstanden wären (BGE 134 I 234; SVR 2010 IV Nr. 51 S.
157 E. 3.3 [9C_363/2009]).

Die Beschwerdeführerin weist nicht nach und es ist auch nicht ersichtlich, dass
ihr wegen der - leichten und heilbaren - Gehörsverletzung (vgl. E. 3.2 hievor)
zusätzliche Kosten entstanden sind. Insbesondere kann ausgeschlossen werden,
dass sie sich nur aus diesem Grunde zur Beschwerde an die Vorinstanz veranlasst
sah. Vielmehr hat sie schon vor dem kantonalen Gericht zahlreiche weitere Rügen
vorgebracht, weshalb ihr für das geringe Obsiegen zu Recht keine über Fr. 500.-
gehende Parteientschädigung zugesprochen worden ist.

12. 
Die Beschwerde ist demnach abzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang wird die
Versicherte kostenpflichtig (Art. 66 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden
und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 18. März 2015
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Ursprung

Der Gerichtsschreiber: Jancar

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