Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.835/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
8C_835/2014        
{T 0/2}

Urteil vom 16. Januar 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Frésard,
Gerichtsschreiberin Hofer.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Advokat Dr. Patrick Somm,
Beschwerdeführerin,

gegen

Vaudoise Allgemeine Versicherungs-Gesellschaft AG, Place de Milan, 1007
Lausanne,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Invalidenrente; Integritätsentschädigung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn
vom 17. Oktober 2014.

Sachverhalt:

A. 
Die 1954 geborene A.________ war als Sachbearbeiterin bei der Firma B.________
tätig und damit bei den Vaudoise Versicherungen (nachfolgend: Vaudoise) gegen
die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen versichert. Am 31. Januar 2009
rutschte sie beim Aussteigen aus dem Auto auf eisigem Boden aus und knickte
dabei den linken Fuss. Die Ärzte des Spitals C.________ diagnostizierten gemäss
Bericht vom 9. Februar 2009 eine gering dislozierte Fraktur des Malleolus
medialis links. Zudem besteht ein Status nach im Kleinkindalter durchgemachter
Poliomyelitis mit Beteiligung des linken Beines und mehrfachen operativen
Eingriffen am linken Fuss. Die Vaudoise richtete Taggelder aus und kam für die
Heilbehandlung auf. Am 3. September 2009 wurde die Versicherte in der
Orthopädischen Klinik des Spitals D.________ am linken Fuss operiert mit
Metallentfernung am 15. September 2010. Gestützt auf eine Stellungnahme des
medizinischen Dienstes stellte die Vaudoise ihre Leistungen mit Verfügung vom
3. März 2011 mit Wirkung ab 30. November 2010 ein, da die Fussbeschwerden
spätestens ab diesem Zeitpunkt nicht mehr auf den Unfall vom 31. Januar 2009
zurückzuführen seien. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 29. Juli 2011
fest. Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Kantonsgericht Basel-Landschaft
mit Entscheid vom 9. Februar 2012 gut und verpflichtete die Vaudoise, mangels
Nachweises des Erreichens des Status quo ante vel sine der Versicherten die
gesetzlichen Leistungen über den 30. November 2010 hinaus weiterhin zu
erbringen.

Die Vaudoise zog daraufhin das von der Invalidenversicherung eingeholte
Gutachten von Dr. med. E.________, Facharzt für Rheumatologie und Innere
Medizin, und PD Dr. med. F.________, Facharzt für Psychiatrie und
Psychotherapie, vom 10. Februar 2012 bei und holte die Berichte des Prof. Dr.
med. G.________, Chefarzt Orthopädie und Traumatologie des Bewegungsapparates
am Spital D.________, vom 13. März 2012 und der an derselben Klinik tätigen
Frau Dr. med. H.________ vom 18. April 2012 ein. Zudem gab sie das von Dr. med.
I.________, Facharzt für Rheumatologie, physikalische Medizin und
Rehabilitation, am 29. November 2012 erstellte Gutachten in Auftrag. Mit
Verfügung vom 21. Januar 2013 schloss die Vaudoise den Fall unter Einstellung
der Heilbehandlungs- und Taggeldleistungen auf den 31. Dezember 2010 ab. Die
Versicherte erhob Einsprache und reichte die Berichte von Prof. Dr. med.
G.________ vom 30. Januar 2013 und des behandelnden Hausarztes, med. pract.
K.________, Facharzt Allgemeine Innere Medizin, vom 31. Januar 2013 ein. Die
Vaudoise legte diese Dr. med. I.________ vor, welcher am 14. März 2013 Stellung
nahm. Mit Einspracheentscheid vom 26. März 2013 wies sie die Einsprache ab.

B. 
Die von A.________ erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des
Kantons Solothurn mit Entscheid vom 17. Oktober 2014 teilweise gut und sprach
ihr ein Taggeld entsprechend einer Arbeitsunfähigkeit von 50 Prozent für die
Zeit bis 31. Dezember 2010 und eine Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad
von 21 Prozent für die Zeit ab 1. Januar 2011 zu. Im Übrigen wies es die
Beschwerde ab.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________
beantragen, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei ihr eine Rente
gestützt auf einen Arbeitsunfähigkeitsgrad von mindestens 50 Prozent sowie eine
Integritätsentschädigung entsprechend einer Invaliditätseinbusse von 12.5
Prozent zuzusprechen. Zudem reicht sie die Schreiben von Prof. Dr. med.
G.________ vom 3. und 11. November 2014 ein.
Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt, ein Schriftenwechsel wurde nicht
durchgeführt.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft indessen -
unter Beachtung der allgemeinen Begründungspflicht in Beschwerdeverfahren (Art.
42 Abs. 1 und 2 BGG) - grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern
die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6
S. 280 mit Hinweisen).

Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen
der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die
vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art.
97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob die Beschwerdeführerin Anspruch auf eine höhere
Invalidenrente und auf Integritätsentschädigung hat.

Die für die Beurteilung der Streitsache relevanten Rechtsgrundlagen werden im
angefochtenen Entscheid zutreffend dargelegt. Hervorzuheben sind die
Bestimmungen und Grundsätze zum Anspruch auf Invalidenrente (Art. 18 Abs. 1 UVG
in Verbindung mit Art. 8 ATSG) und Integritätsentschädigung (Art. 24 Abs. 1
UVG), zur Ermittlung des Invaliditätsgrades (Art. 16 ATSG) sowie zum für einen
Leistungsanspruch nebst anderem vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang
zwischen dem Unfall und dem eingetretenen Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod;
BGE 134 V 109 E. 2.1 S. 111 f.). Darauf - wie auch auf die Erwägungen zu dem im
Sozialversicherungsrecht bei der Beantwortung von Tatfragen üblichen Beweisgrad
der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 134 V 109 E. 9.5 S. 125) sowie zum
Beweiswert und zur Würdigung ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE 134 V 231
E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352) - wird verwiesen.

3.

3.1. Nach ausführlicher Würdigung der medizinischen Unterlagen hat die
Vorinstanz aufgezeigt, weshalb die rheumatologischen Gutachten von Dres. med.
E.________ vom 10. Februar 2012 und I.________ vom 29. November 2012 in Bezug
auf die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit der Versicherten den praxisgemässen
Anforderungen (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352) genügen, und dass die
Beschwerdeführerin laut diesen beweiskräftigen Gutachten unter Berücksichtigung
der unfallbedingten gesundheitlichen Einschränkungen am linken Fuss in einer
leidensangepassten, vorwiegend sitzend auszuübenden, den linken Fuss wenig
belastenden Tätigkeit zu 80 Prozent arbeitsfähig ist. Die angestammte Arbeit
als Sachbearbeiterin wie auch jede andere, leidensangepasste Tätigkeit lasse
sich im Rahmen eines Vollpensums verwerten, wobei das Leistungsvermögen zufolge
erhöhten Pausenbedarfs (um den Fuss zu entlasten und zeitweise hochzulagern) um
20 Prozent reduziert sei. Die Vorinstanz hat auch geprüft, ob die abweichenden
ärztlichen Stellungnahmen von Prof. Dr. med. G.________ und med. pract.
K.________ geeignet seien, die Ergebnisse der beiden Gutachten in Frage zu
stellen. Sie verneint dies, da insbesondere nicht ersichtlich noch von Prof.
Dr. med. G.________ näher begründet worden sei, inwiefern das von ihm
postulierte, das labile Gleichgewicht der vorbestandenen Lähmungsgliedmasse
(Polio) belastende funktionelle Defizit nach der erlittenen Fraktur des
Malleolus medialis die Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten
Beschäftigung zusätzlich einschränke. Bezüglich der von med. pract. K.________
beanstandeten Verneinung der Leistungspflicht für die Rückenbeschwerden und die
psychische Problematik legt die Vorinstanz mit eingehender Begründung dar, dass
diese mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht unfallkausal seien und eine
Leistungspflicht des Unfallversicherers daher entfalle. Die Beurteilung des Dr.
med. I.________ vom 29. November 2012, wonach der Unfall vom 31. Januar 2009
keine Integritätseinbusse bewirkt, welche einen Anspruch auf
Integritätsentschädigung gewährt, wird von der Vorinstanz ebenfalls als
zuverlässig eingestuft.

3.2. Die Beschwerdeführerin wendet ein, die Vorinstanz habe zu Unrecht auf das
Gutachten von Dr. med. I.________ abgestellt. Die Beschwerdebegründung deckt
sich dabei (fast) wortwörtlich mit den Ausführungen in der vorinstanzlichen
Beschwerdeschrift vom 17. April 2013. Sie setzt sich in keiner Weise mit den
Erwägungen des Versicherungsgerichts auseinander und legt auch nicht dar,
inwiefern dieses Bundesrecht verletzt. Anfechtungsgegenstand bildet der
vorinstanzliche Entscheid. Die Begründung der Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 42 Abs. 2 BGG) hat sich mit den
Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinanderzusetzen. Daran fehlt es
regelmässig, wenn bloss der Inhalt von Rechtsschriften wiederholt wird, die bei
den vorherigen Instanzen eingereicht wurden. Auch genügt es nicht, bloss die
eigene Sicht der Dinge darzutun, ohne dass ein Bezug zu einer Rechtsverletzung
hergestellt und aufgezeigt wird, worin diese angeblich liegen soll (BGE 140 V
22 E. 7.1 S. 38; 134 II 244 E. 2.1 ff. S. 245 ff.). Da die Beschwerdeschrift
somit bezüglich der gegen das Gutachten von Dr. med. I.________ erhobenen
Einwände den Mindestanforderungen gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG nicht genügt, ist
auf diesen Beschwerdepunkt nicht einzugehen.

3.3. Weiter bemängelt die Beschwerdeführerin auch die Beweiskraft des
Gutachtens von Dr. med. E.________. Soweit sie zur Begründung auf das neu
eingereichte Schreiben von Prof. Dr. med. G.________ vom 3. November 2014
verweist, kann sie nicht gehört werden, da es sich dabei um ein unzulässiges
Beweismittel handelt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Die Vorinstanz hat sich zudem
einlässlich mit dem Einwand auseinandergesetzt, die Versicherte sei im Rahmen
der Begutachtungen durch Dres. med. E.________ und I.________ lediglich unter
Aspekten der Rheumatologie untersucht worden. Dabei hat sie zutreffend darauf
hingewiesen, dass Gegenstand der Rheumatologie - als Teilbereich der Inneren
Medizin - (chronische) Schmerzen des Bewegungsapparates bilden und dies u.a.
auch auf die Orthopädie zutrifft (Urteil 9C_547/2010 vom 26. Januar 2011 E.
4.1). Weshalb insbesondere die Rheumatologie nicht in der Lage gewesen sein
soll, die Beschwerden am linken Fuss der Versicherten kompetent zu beurteilen,
ist nicht ersichtlich, zumal die unterschiedliche Beurteilung der verbleibenden
Arbeitsfähigkeit der Ärzte nicht auf fachspezifischen Differenzen beruht. Nicht
durchzudringen vermag die Beschwerdeführerin überdies mit dem Einwand, Dr. med.
E.________ habe übersehen, dass weiterhin ein Defizit hinsichtlich der
erreichten Funktion bestehe, welches nicht mehr ausgeglichen werden könne, so
dass entsprechend der Einschätzung von Dr. med. G.________ von einer 50
prozentigen Arbeitsunfähigkeit wegen erhöhter Ermüdbarkeit in einer
leidensangepassten Tätigkeit auszugehen sei. Wie bereits erwähnt, ist eine
höhere als die von den Gutachtern angenommene Arbeitsunfähigkeit von 20 Prozent
nicht mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ausgewiesen. Da
von einer weiteren medizinischen Begutachtung keine entscheidrelevanten
Ergebnisse mehr zu erwarten sind, ist darauf zu verzichten (antizipierte
Beweiswürdigung; BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236).

3.4. Die konkrete Berechnung der Rente wird nicht beanstandet, weshalb
Weiterungen unterbleiben können (vgl. E. 1 hievor). Die Beschwerde ist daher im
Rentenpunkt abzuweisen.

3.5. Gegen die vorinstanzlich gestützt auf das Gutachten von Dr. med.
I.________ begründete Verneinung eines Anspruchs auf Integritätsentschädigung
verweist die Beschwerdeführerin auf die Stellungnahme von Prof. Dr. med.
G.________ vom 3. und 11. November 2014. Die beiden letztinstanzlich
beigebrachten Berichte können indessen als neue Beweismittel im
letztinstanzlichen Verfahren nicht beachtet werden (Art. 99 Abs. 1 BGG).
Zutreffend sind die vorinstanzlichen Ausführungen, wonach die
Integritätsentschädigung bei Einwirkung unfallfremder Faktoren auf den zu
entschädigenden Gesundheitszustand selbst dann gemäss Art. 36 Abs. 2 UVG
angemessen zu kürzen ist, wenn die Gesundheitsschädigung vor dem Unfall zu
keiner Verminderung der Erwerbsfähigkeit geführt hat (BGE 113 V 54 E. 2 S. 59;
Urteil 8C_424/2014 vom 25. November 2014 E. 2.1). Auf die diesem Umstand
Rechnung tragende Beurteilung von Dr. med. I.________, wonach aufgrund des
unfallbedingten Funktionsdefizits des linken Fusses keine einen Anspruch auf
Integritätseinbusse rechtfertigende Schädigung der körperlichen Integrität
vorliegt, durfte das kantonale Gericht abstellen, ohne Bundesrecht zu
verletzen. Die Beschwerde ist daher auch in diesem Punkt abzuweisen.

4. 
Der Prozess ist kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 1 und Abs. 4 lit. a BGG). Die
unterliegende Beschwerdeführerin hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs.
1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn
und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 16. Januar 2015

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Hofer

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