Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.796/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_796/2014

Urteil vom 21. April 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Maillard,
Gerichtsschreiberin Kopp Käch.

Verfahrensbeteiligte
A.________, vertreten durch
Rechtsanwalt Dr. Markus Krapf,
Beschwerdeführerin,

gegen

Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich,
Brunngasse 6, 8400 Winterthur,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Arbeitslosenversicherung (Arbeitslosenentschädigung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 16. September 2014.

Sachverhalt:

A. 
Die 1968 geborene A.________ ist Mutter von zwei Kindern (Jg. 1998 und 2001).
Vom 17. September 2007 bis 3. September 2013 absolvierte sie an der Hochschule
für Angewandte Wissenschaften ein Bachelorstudium Journalismus/
Organisationskommunikation im Teilzeitmodus. Am 9. Oktober 2013 meldete sich
A.________ zur Arbeitsvermittlung für ein Teilpensum von 80 % und stellte bei
der Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich Antrag auf Arbeitslosenentschädigung
im entsprechenden Umfang. Die Arbeitslosenkasse verneinte mit Verfügung vom 14.
Februar 2014 einen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung mangels Erfüllung der
Beitragszeit bzw. mangels eines Grundes für die Befreiung davon. An ihrem
Standpunkt hielt die Kasse mit Einspracheentscheid vom 1. April 2014 fest.

B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 16. September 2014 ab.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________
beantragen, es sei in Aufhebung des angefochtenen Entscheids festzustellen,
dass sie von der Erfüllung der Beitragszeit befreit sei und Anspruch auf
Arbeitslosenentschädigung habe, eventualiter sei festzustellen, dass sie im
Umfang von 75 % von der Erfüllung der Beitragszeit befreit sei und Anspruch auf
Arbeitslosenentschädigung in diesem Umfang habe.

Die Arbeitslosenkasse schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das
Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Dabei legt das
Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG) und kann eine - für den Ausgang des
Verfahrens entscheidende (Art. 97 Abs. 1 BGG) - Sachverhaltsfeststellung nur
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch
prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht
(Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls
allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE
138 I 274 E. 1.6 S. 280 mit Hinweisen).

2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, indem
sie in Bestätigung des Einspracheentscheids der Arbeitslosenkasse vom 1. April
2014 einen Anspruch der Versicherten auf Arbeitslosenentschädigung ab 9.
Oktober 2013 verneint hat. Dabei steht fest und ist unbestritten, dass die
Beschwerdeführerin in der vom 9. Oktober 2011 bis 8. Oktober 2013 laufenden
Rahmenfrist für die Beitragszeit keiner beitragspflichtigen Beschäftigung
nachgegangen ist. Zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht zu Recht davon
ausgegangen ist, dass das im Teilzeitmodus absolvierte Bachelorstudium
Journalismus/Organisationskommunikation nicht als Befreiungstatbestand gelten
kann.

3.

3.1. Im angefochtenen Entscheid werden die gesetzlichen Bestimmungen zur
Erfüllung der Beitragszeit (Art. 13 Abs. 1 AVIG) als eine der Voraussetzungen
für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung (Art. 8 Abs. 1 lit. e AVIG), zu
den Rahmenfristen (Art. 9 Abs. 1 bis 3 AVIG) und zur Befreiung von der
Erfüllung der Beitragszeit (Art. 14 Abs. 1 AVIG) richtig dargelegt. Darauf wird
verwiesen.

3.2. Danach sind u. a. Personen von der Erfüllung der Beitragszeit befreit,
welche innerhalb der Rahmenfrist während insgesamt mehr als zwölf Monaten nicht
in einem Arbeitsverhältnis standen und die Beitragszeit nicht erfüllen konnten
wegen einer Schulausbildung, Umschulung oder Weiterbildung, sofern sie während
mindestens zehn Jahren in der Schweiz Wohnsitz hatten (Art. 14 Abs. 1 lit. a
AVIG).

3.3. Zu betonen ist, dass die Befreiungstatbestände die Funktion der
Beitragszeit als Anspruchsvoraussetzung übernehmen und als Ausnahmeklausel
grundsätzlich restriktiv auszulegen sind. Als Ausnahme vom Grundsatz der
Beitragspflicht muss zwischen der Nichterfüllung der Beitragszeit und dem
geltend gemachten Befreiungsgrund ein Kausalzusammenhang gegeben sein (Thomas
Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 2.
Aufl. 2007, S. 2248 Rz. 233 f.) So muss nach dem klaren Wortlaut von Art. 14
Abs. 1 AVIG die versicherte Person durch einen der in dieser Bestimmung
aufgeführten Gründe an der Ausübung einer beitragspflichtigen Beschäftigung
gehindert worden sein. Dabei muss das Hindernis während mehr als zwölf Monaten
bestanden haben (BGE 131 V 279 E. 1.2 S. 280; 126 V 384 E. 2b S. 387). Denn bei
kürzerer Verhinderung bleibt der versicherten Person während der zweijährigen
Rahmenfrist genügend Zeit, um eine ausreichende beitragspflichtige
Beschäftigung auszuüben. Da eine Teilzeitbeschäftigung mit Bezug auf die
Erfüllung der Beitragszeit einer Vollzeitbeschäftigung gleichgestellt ist (Art.
11 Abs. 4 Satz 1 AVIV), liegt die erforderliche Kausalität zudem nur vor, wenn
es der versicherten Person aus einem der in Art. 14 Abs. 1 lit. a bis c AVIG
genannten Gründe auch nicht möglich und zumutbar war, ein
Teilzeitarbeitsverhältnis einzugehen (BGE 126 V 384 E. 2b S. 387; vgl. auch BGE
130 V 229 E. 1.2.3 S. 232; Urteile 8C_404/2013 vom 14. November 2013 E. 3 und
8C_516/2012 vom 28. Februar 2013 E. 3.2, je mit Hinweisen).

4.

4.1. Das kantonale Gericht hat erwogen, dass die einem 50 %-Pensum
entsprechende Weiterbildung keinen Grund für die Befreiung von der Erfüllung
der Beitragszeit gesetzt habe. Wohl sei der Beschwerdeführerin hinsichtlich der
zeitlichen Beanspruchung durch das Studium neben dem Besuch von Vorlesungen,
Kursen, Seminaren und Übungen eine gewisse Zeit vor den Prüfungen eine
Vorbereitungszeit von mehr als 50 % eines Vollpensums zuzugestehen, doch sei
nicht davon auszugehen, dass diese grössere Vorbereitungszeit die gesamte
Zeitspanne der Rahmenfrist in Anspruch genommen habe. Zudem ergebe sich aus den
Akten nicht, dass die Versicherte während der üblichen Arbeitszeit stets im
Umfang von 50 % mit der Kinderbetreuung befasst gewesen sei, habe sie doch
während der Weiterbildung ein fünfmonatiges Praktikum in einem Pensum von 80 %
absolviert und gemäss eigenen Angaben während der letzten Zeit des Studiums
eine Arbeitsbelastung von durchschnittlich 75 % gehabt. Es wäre ihr daher - so
die Vorinstanz - abgesehen von der letzten Zeit des Studiums eine Kapazität von
25 bis 30 % für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit geblieben, womit die
Versicherte die Beitragszeit hätte erfüllen können.

4.2. Die Vorbringen der Beschwerdeführerin vermögen die vorinstanzliche
Beurteilung nicht als bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen. Soweit sie
vorbringt, die Belastung durch das Studium habe während mehr als einem Jahr 75
% betragen, widerspricht sie damit ihren Ausführungen vor dem kantonalen
Gericht, wonach sie mindestens 50 % ihrer Zeit für die Ausbildung aufgewendet
habe, wobei im letzten Semester der Aufwand wegen der Bachelorarbeit den Umfang
eines Vollzeitpensums angenommen habe, was für die letzten zwölf Monate einen
durchschnittlichen Studienaufwand von 75 % ergeben habe. Da die Versicherte -
wie sich aus den Akten ergibt und was unbestritten ist - von der Möglichkeit
Gebrauch gemacht hatte, die Module jedes Vollzeit-Studienjahres auf zwei Jahre
aufzuteilen, ist mit dem kantonalen Gericht von einem durchschnittlichen
Studienaufwand von rund 50 % auszugehen, der zeitweise etwas höher liegen
konnte. Eine ausbildungsbedingte Unmöglichkeit, teilzeitlich einer
Erwerbstätigkeit nachzugehen, liegt daher nicht vor. Vielmehr wäre es der
Beschwerdeführerin - wie die Vorinstanz dargelegt hat - neben der Absolvierung
ihres Studienganges möglich gewesen, einer Teilzeitbeschäftigung von 25 bis 30
% nachzugehen. Die für eine Befreiung von der Erfüllung der Beitragszeit
erforderliche Kausalität muss demzufolge verneint werden, da es der
Versicherten nicht aus einem der in Art. 14 Abs. 1 lit. a bis c AVIG genannten
Gründe nicht möglich und zumutbar war, ein Teilzeitarbeitsverhältnis
einzugehen. Mit der Erwähnung des fünfmonatigen Praktikums in einem Pensum von
80 % sodann hat das kantonale Gericht lediglich aufgezeigt, dass die
Beschwerdeführerin nicht immer im Umfang von 50 % mit der Kinderbetreuung
befasst war; auf die in Frage stehende Rahmenfrist hat dies entgegen der
Auffassung der Beschwerdeführerin keinen Einfluss. Nicht stichhaltig ist
schliesslich der Einwand der Versicherten, nach familienrechtlichen Grundsätzen
hätten Kinder unter 16 Jahren Anspruch darauf, dass zumindest ein Elternteil zu
50 % für ihre Betreuung verfügbar sei und keiner höheren Erwerbstätigkeit
nachgehe, weshalb die Kinderbetreuung wie eine Teilerwerbstätigkeit oder wie
eine Teilinvalidität zu behandeln sei. Die Erziehung und Betreuung der
(eigenen) Kinder als Element der elterlichen Unterhaltspflicht gemäss Art. 276
ZGB stellt nämlich rechtsprechungsgemäss weder eine beitragspflichtige
Erwerbstätigkeit nach Art. 13 Abs. 1 AVIG noch einen Befreiungsgrund im Sinne
von Art. 14 AVIG dar (ARV 1997 Nr. 32 S. 180 f. E. 5; Urteil des
Eidgenössischen Versicherungsgericht C 7/98 vom 30. April 1998 E. 2c). Beim
vorinstanzlichen Entscheid hat es damit sein Bewenden.

5. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden der
Beschwerdeführerin als unterliegender Partei auferlegt (Art. 65 Abs. 4 lit. a
und Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 21. April 2015

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Kopp Käch

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