Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.792/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_792/2014

Urteil vom 23. März 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Polla.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Urs Hochstrasser,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau,
Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
vom 22. September 2014.

Sachverhalt:

A. 
Der 1960 geborene, zuletzt als Bauhilfsarbeiter tätig gewesene A.________
meldete sich am 22. Februar 2000 wegen Rückenbeschwerden bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach erwerblichen und
medizinischen Abklärungen, worunter ein rheumatologisches Gutachten des Spitals
B.________ vom 12. August 2002, sprach ihm die IV-Stelle des Kantons Aargau mit
Verfügung vom 4. April 2003 eine ganze Invalidenrente zu, was sie nach einer im
Januar 2006 eingeleiteten Rentenrevision bestätigte. Anlässlich einer weiteren
Revision von Amtes wegen im Oktober 2011 liess die IV-Stelle A.________
bidisziplinär bei der Versicherungsmedizin C.________ begutachten (Expertise
vom 17. März 2013). Gestützt hierauf hob die IV-Stelle die Invalidenrente auf
(Verfügung vom 15. Oktober 2013).

B. 
Die dagegen eingereichte Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons
Aargau mit Entscheid vom 22. September 2014 ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids seien ihm
die gesetzlichen Leistungen zu erbringen. Eventualiter sei die Sache an die
Vorinstanz "in Beachtung der Anträge der Beschwerde vom 15.11.2013"
zurückzuweisen.
Auf die Durchführung eines Schriftenwechsels wurde verzichtet.

Erwägungen:

1. 
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem
die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die
Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht
und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1
BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2. 
Die Vorinstanz stellte zutreffend fest, dass die Voraussetzungen für eine
Anwendung von lit. a Abs. 1 der am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen
Schlussbestimmungen der Änderung vom 18. März 2011 des Bundesgesetzes über die
Invalidenversicherung (IVG; 6. IV-Revision, erstes Massnahmenpaket [AS 2011
5659]; nachfolgend: SchlBest. IVG) nicht vorliegen, da die laufende Rente
einzig auf der Grundlage des aus rheumatologischer Sicht diagnostizierten
lumbospondylogenen (intermittierend lumboradikulären) Reizsyndroms links
zugesprochen wurde. Nachdem ein Zurückkommen auf die rentenzusprechende
Verfügung mittels prozessualer Revision oder Wiedererwägung im Sinne von Art.
53 Abs. 1 und 2 ATSG vorliegend nicht im Raum steht, sind die Voraussetzungen
für eine Aufhebung der Rente mit dem kantonalen Gericht mittels der materiellen
Revision gemäss Art. 17 Abs. 1 ATSG zu prüfen. Entgegen dem
beschwerdeführerischen Einwand ergibt sich nichts Gegenteiliges aus den
vorinstanzlichen Darlegungen.

3.

3.1. Ändert sich der Invaliditätsgrad eines Rentenbezügers erheblich, so wird
die Rente von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft entsprechend
erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben (Art. 17 Abs. 1 ATSG). Anlass zur
Rentenrevision gibt jede wesentliche Änderung in den tatsächlichen
Verhältnissen seit Zusprechung der Rente, die geeignet ist, den
Invaliditätsgrad und damit den Anspruch zu beeinflussen. Insbesondere ist die
Rente bei einer wesentlichen Änderung des Gesundheitszustandes revidierbar.
Weiter sind, auch bei an sich gleich gebliebenem Gesundheitszustand, veränderte
Auswirkungen auf den Erwerbs- oder Aufgabenbereich von Bedeutung (BGE 134 V 131
E. 3 S. 132); dazu gehört die Verbesserung der Arbeitsfähigkeit aufgrund einer
Angewöhnung oder Anpassung an die Behinderung (Urteile 9C_349/2013 24. Oktober
2013 E. 3.1; 9C_292/2012 vom 7. August 2012 E. 2.3). Hingegen ist die lediglich
unterschiedliche Beurteilung eines im Wesentlichen gleich gebliebenen
Sachverhalts im revisionsrechtlichen Kontext unbeachtlich (SVR 2011 IV Nr. 1 S.
1, 8C_972/2009 E. 3.2; Urteil 8C_133/2013 vom 29. Mai 2013 E. 4.1).

Liegt in diesem Sinne ein Revisionsgrund vor, ist der Rentenanspruch in
rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht umfassend ("allseitig") zu prüfen, wobei
keine Bindung an frühere Beurteilungen besteht (BGE 117 V 198 E. 4b S. 200;
Urteile 9C_378/2014 vom 21. Oktober 2014 E. 4.2, 9C_226/2013 vom 4. September
2013 mit weiteren Hinweisen).

3.2. Gestützt auf das als beweiskräftig erachtete Gutachten der
Versicherungsmedizin C.________ vom 17. März 2013, wonach ein chronisches
lumbales Schmerzsyndrom mit pseudoradikulärer Symptomatik bestehe, haben sich
nach der nicht offensichtlich unrichtigen Feststellung des kantonalen Gerichts
die gesundheitlichen Verhältnisse durch den Wegfall der direkten Schädigung der
Nervenwurzeln in anspruchsrelevanter Weise verändert, da im Gutachten des
Spitals B.________ vom 12. August 2002 noch eine radikuläre Problematik
festgestellt worden sei.

3.3. Der Beschwerdeführer vermag nichts Stichhaltiges gegen das Vorliegen eines
Revisionsgrundes einzuwenden. Das Abstellen der Vorinstanz auf das Gutachten
vom 17. März 2013 verletzt kein Bundesrecht, eine unhaltbare, insbesondere
willkürliche Beweiswürdigung liegt nicht vor. Es ist nicht ersichtlich,
inwiefern das Gutachten der Versicherungsmedizin C.________ den Anforderungen
an die Beweiskraft nicht genügt oder worin die behauptete Gefahr einer
gutachterlichen Voreingenommenheit liegen soll. Namentlich unter Hinweis auf
fehlende segmentale Schmerzen und Gefühlsstörungen und auf unglaubwürdige
Demonstrationen einer Fusssenker-Parese sowie einer Fuss- als auch
Grosszehenheberschwäche, konnten die Experten radikuläre Schmerzen glaubhaft
ausschliessen. Indem keine Nervenreizung mit entsprechender Symptomatik mehr
festgestellt werden konnte und die geschilderten Beschwerden einzig noch mit
einer muskulären Dysbalance in Zusammenhang gebracht wurde, wobei die Gutachter
im zeitlichen Verlauf bis zum Gutachtenszeitpunkt eine wesentliche und
kontinuierliche Verbesserung des Muskelstatus festhielten, durfte die
Vorinstanz von einer revisionsrechtlich erheblichen Veränderung des
Gesundheitszustands ausgehen. Demzufolge bestand zu Recht kein Anlass für
weitere medizinische Abklärungen und der vorinstanzliche diesbezügliche
Verzicht erfolgte in pflichtgemässer antizipierter Beweiswürdigung, ohne
Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236; 134 I 140
E. 5.3 S. 148; 124 V 90 E. 4b S. 94). Soweit der Beschwerdeführer die
Beurteilung des Gesundheitszustands und der Arbeitsfähigkeitsschätzung in der
Expertise vom 17. März 2013 bemängelt, beschränkt er sich weitestgehend auf
eine im Rahmen der gesetzlichen Überprüfungsbefugnis unzulässige,
appellatorische Kritik an der vorinstanzlichen Sachverhaltsermittlung und
Beweiswürdigung. Da sich vorliegend die Frage der Zumutbarkeit einer
willentlichen Schmerzüberwindung nicht stellt (E. 2 hiervor; BGE 130 V 352) und
somit eine Prüfung der zum invalidisierenden Charakter somatoformer
Schmerzstörungen entwickelten Grundsätze nicht erforderlich ist, brauchten sich
die Experten dazu auch nicht zu äussern. Überdies sind die gutachterlichen
Schlussfolgerungen zur Arbeitsfähigkeit auch insofern nicht widersprüchlich,
als sie Diagnosen mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit stellten und dennoch
von einer 100%igen Arbeitsfähigkeit ausgingen. Die vollständige
Arbeitsfähigkeit bezieht sich einzig auf Verweisungstätigkeiten, wobei die
gesundheitlichen Beeinträchtigungen beim zumutbaren Leistungsprofil ihren
Niederschlag fanden; für die angestammte Tätigkeit als Bauhilfsarbeiter führten
die diagnostizierten Beschwerden zur vollständigen Arbeitsunfähigkeit. Sodann
stellen das in diesem Verfahren eingereichte Arbeitsunfähigkeitszeugnis des
med. prakt. D.________ vom 15. September 2014 und die E-Mail der IV-Stelle vom
24. September 2014, unzulässige neue Beweismittel im Sinne von Art. 99 Abs. 1
BGG dar und wurden zudem nach Erlass der den gerichtlichen Prüfungszeitraum
begrenzenden Verfügung vom 15. Oktober 2013 (BGE 129 V 1 E. 1.2 S. 4) erstellt,
wobei ohnehin daraus nichts zu Gunsten des Beschwerdeführers abgeleitet werden
könnte. Das kantonale Gericht hat ferner bereits den Einwand, Alter und
fehlende Ausbildung stünden einer objektiv verwertbaren Restarbeitsfähigkeit
entgegen, zutreffend entkräftet . Gleiches gilt mit Blick auf die
Rentenbezugsdauer (vgl. Urteile 9C_816/2013 vom 20. Februar 2014 E. 2.1 und
9C_848/2012 vom 14. Februar 2013 E. 5.1, je mit Hinweisen). Nach dem Gesagten
bleibt auch die vorinstanzliche Feststellung einer nunmehr uneingeschränkten
Arbeitsfähigkeit in einer leidensadaptierten Tätigkeit verbindlich (E. 1).

3.4. Mit den vorinstanzlichen Erwägungen zur Frage eines Abzugs vom
Tabellenlohn setzt sich der Beschwerdeführer nicht auseinander. Jedenfalls ist
der Verzicht hierauf bundesrechtskonform. Die übrigen Gesichtspunkte der
Invaliditätsbemessung werden ebenfalls nicht bestritten und geben keinen Anlass
zu Weiterungen. Damit bestätigte die Vorinstanz die Rentenaufhebung zu Recht.
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet (Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG).

4. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau,
dem Bundesamt für Sozialversicherungen und der Ausgleichskasse des Kantons
Aargau schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 23. März 2015
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Polla

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