Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.737/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_737/2014

Urteil vom 23. Februar 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiber Nabold.

Verfahrensbeteiligte
IV-Stelle Uri, Dätwylerstrasse 11, 6460 Altdorf UR,
Beschwerdeführerin,

gegen

A.________, vertreten durch
Rechtsanwalt Hans W. Stössel,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente, Revision),

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Uri vom 5.
September 2014.

Sachverhalt:

A. 
Der 1963 geborene A.________ bezog ab 1. März 2003 eine ganze Rente der
Invalidenversicherung. Mit Verfügung vom 7. Dezember 2011 setzte die IV-Stelle
Uri diese Rente auf eine Viertelsrente herab, da sich der Gesundheitszustand
des Versicherten soweit gebessert habe, dass der Invaliditätsgrad noch 42 %
betrage.

B. 
Gegen diese Verfügung erhob A.________ Beschwerde beim Obergericht des Kantons
Uri. Das kantonale Gericht holte daraufhin ein psychiatrisches
Gerichtsgutachten ein. Das Gutachten wurde von Dr. med. B.________,
zertifizierter forensischer Psychiater SGFP, am 4. September 2013 erstattet.
Der Experte beantwortete zudem am 14. März 2014 die vom kantonalen Gericht
unterbreiteten Zusatzfragen. Daraufhin hiess das Obergericht des Kantons Uri
die Beschwerde mit Entscheid vom 5. September 2014 gut und hob die angefochtene
Verfügung mit der Feststellung auf, dass der Versicherte weiterhin Anspruch auf
eine ganze Invalidenrente habe.

C. 
Mit Beschwerde beantragt die IV-Stelle Uri, es sei unter Aufhebung des
kantonalen Gerichtsentscheides ihre Verfügung vom 7. Dezember 2011 zu
bestätigen.

Während A.________ auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das
Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von
der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 132
II 257 E. 2.5 S. 262; 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft das
Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der
Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten
Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist
jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich
stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht
nicht mehr vorgetragen werden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).

1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren
Sachverhaltsfeststellung berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
(Art. 105 Abs. 2 BGG). Die Beweiswürdigung durch das kantonale Gericht verletzt
namentlich dann Bundesrecht, wenn es den Sinn und die Tragweite eines
Beweismittels offensichtlich falsch eingeschätzt, ohne sachlichen Grund ein
wichtiges und für den Ausgang des Verfahrens entscheidendes Beweismittel nicht
beachtet oder aus den abgenommenen Beweisen unhaltbare Schlüsse gezogen hat (
BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9; Urteil 8C_727/2009 vom 19. November 2009 E. 1.2).

2. 

2.1. Der Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung setzt unter anderem
voraus, dass die versicherte Person invalid oder von Invalidität unmittelbar
bedroht ist. Invalidität ist gemäss Art. 8 Abs. 1 ATSG die voraussichtlich
bleibende oder längere Zeit dauernde ganze oder teilweise Erwerbsunfähigkeit.

2.2. Ändert sich der Invaliditätsgrad eines Rentenbezügers erheblich, so wird
gemäss Art. 17 ATSG die Rente von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die
Zukunft entsprechend erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben. Dies gilt auch für
andere formell rechtskräftig zugesprochene Dauerleistungen, deren
Sachverhaltsgrundlage sich nachträglich erheblich verändert hat. Die Frage der
wesentlichen Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen beurteilt sich durch
Vergleich des Sachverhalts, wie er im Zeitpunkt der ursprünglichen
Rentenverfügung bestanden hat, mit demjenigen zur Zeit der streitigen
Revisionsverfügung. Eine rechtskräftige Revisionsverfügung gilt - im Hinblick
auf eine weitere Revision - ihrerseits als (neue) Vergleichsbasis, wenn sie auf
einer materiellen Prüfung des Rentenanspruchs mit rechtskonformer
Sachverhaltsabklärung, Beweiswürdigung und Durchführung eines
Einkommensvergleichs (bei Anhaltspunkten für eine Änderung in den erwerblichen
Auswirkungen des Gesundheitszustands) beruht (BGE 133 V 108).

2.3. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, als
sie einen Anspruch des Beschwerdegegners auf eine ganze Rente auch über den 1.
Februar 2012 hinaus bestätigte.

3.

3.1. Das kantonale Gericht hat in umfassender Würdigung der medizinischen
Akten, insbesondere unter Einbezug des Gerichtsgutachtens des Dr. med.
B.________ vom 4. September 2013 (mit Ergänzungen vom 14. März 2014) für das
Bundesgericht grundsätzlich verbindlich festgestellt, dass sich der
Gesundheitszustand des Versicherten in der Zeit zwischen dem 18. September 2003
und dem 7. Dezember 2011 nicht wesentlich verbessert hat. Was die
Beschwerdeführerin gegen diese Feststellung vorbringt, vermag sie nicht als
bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen. Bei Vorliegen eines Gerichtsgutachtens
darf das Gericht rechtsprechungsgemäss "nicht ohne zwingende Gründe" von den
Einschätzungen des medizinischen Experten abweichen (BGE 135 V 465 E. 4.4 S.
469). Dies gilt auch dann, wenn das Gericht in antizipierter Beweiswürdigung
auf das Einholen dieses Gutachtens hätte verzichten können (vgl. Urteil 8C_595/
2012 vom 18. Februar 2013 E. 3.3). Entgegen den Vorbringen der
Beschwerdeführerin ist daher nicht weiter zu prüfen, ob das Einholen des
Gerichtsgutachtens für die Erledigung des Streites notwendig war. Dass im
Weiteren die IV-Stelle die Richtigkeit der Diagnosen des Gerichtsgutachters
anzweifelt, stellt ebenfalls keinen zwingenden Grund dar, von der Einschätzung
des Experten abzuweichen.

3.2. Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, die Invalidenrente des
Versicherten hätte auch ohne Verbesserung des Gesundheitszustandes gestützt auf
Art. 7b Abs. 1 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 2 lit. b IVG gekürzt werden
können, ist daran zu erinnern, dass eine solche Vorgehensweise die Durchführung
eines Mahn- und Bedenkzeitverfahrens nach Art. 21 Abs. 4 ATSG voraussetzen
würde. Auch wenn der Versicherte im Jahre 2009 einmalig auf diese
Gesetzesbestimmung aufmerksam gemacht wurde, so wurde doch nie ein
entsprechendes Verfahren korrekt durchgeführt.

3.3. Soweit sich die IV-Stelle auf die Schlussbestimmungen der Änderung des IVG
vom 18. März 2011 (6. IV-Revision, erstes Massnahmenpaket) beruft, legt sie
nicht dar, inwieweit eine Herabsetzung der laufenden Rente gestützt auf diese
Bestimmungen möglich sein sollte. Dies ist auch nicht ersichtlich, ist doch das
Leiden des Versicherten nach den letztinstanzlich unbestritten gebliebenen
Erwägungen des kantonalen Gerichts nicht durch eine zumutbare
Willensanstrengung im Sinne von BGE 130 V 352 überwindbar.

3.4. Liegt somit bezüglich der ursprünglichen Rentenzusprache kein
Rückkommenstitel vor, so hat die Vorinstanz zu Recht die ganze Rente des
Versicherten auch über den 1. Februar 2012 hinaus bestätigt. Die Beschwerde der
IV-Stelle ist dementsprechend abzuweisen.

4. 
Dem Prozessausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der unterliegenden
IV-Stelle aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Diese hat dem Beschwerdegegner
überdies eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG; vgl.
auch BGE 135 V 473).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Uri,
Verwaltungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 23. Februar 2015

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Nabold

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