Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.724/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_724/2014

Urteil vom 29. Mai 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Frésard, Maillard,
Gerichtsschreiberin Kopp Käch.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Kantonspolizei Nidwalden, Dorfplatz 2, Postfach 1241, 6371 Stans,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Öffentliches Personalrecht (Ordentliche Kündigung; Prozessvoraussetzung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Nidwalden,
Verwaltungsabteilung, vom 7. April 2014.

Sachverhalt:

A. 
A.________ wurde mit öffentlich-rechtlichem Arbeitsvertrag vom 6. Dezember 2011
per 1. Februar 2012 vom Kanton Nidwalden angestellt. Gemäss Arbeitsvertrag
sollte A.________ nach einer Einführungsphase ab 1. November 2012 die Führung
der Dienstabteilung Kriminalpolizei übernehmen Mit Schreiben vom 24. Juli 2012
kündigte der damalige Polizeikommandant das Arbeitsverhältnis auf den 31.
August 2012. Der Landammann des Kantons Nidwalden erliess am gleichen Tag einen
Präsidialentscheid und stimmte der Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu. Die
hiegegen erhobene Einsprache wies der Regierungsrat des Kantons Nidwalden mit
Beschluss vom 25. Juni 2013 ab, soweit er darauf eintrat.

B. 
A.________ liess dagegen Beschwerde erheben und beantragen, in Aufhebung des
Einspracheentscheids vom 25. Juni 2013 sei die Nichtigkeit der Kündigung vom
24. Juli 2012 festzustellen und habe ihm der Kanton Nidwalden eine angemessene
Weiterbeschäftigung an einem gleichwertigen Arbeitsplatz anzubieten.
Eventualiter sei von der Forderung des Beschwerdeführers nach einem vollen noch
zu beziffernden Schadenersatz sowie nach einer angemessenen Genugtuung von
mindestens Fr. 50'000.- Vormerk zu nehmen. Subeventualiter sei die
Unzulässigkeit der Kündigung vom 24. Juli 2012 festzustellen. Mit Entscheid vom
7. April 2014 stellte das Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden in
teilweiser Gutheissung der Beschwerde fest, dass die Kündigung vom 24. Juli
2012 unzulässig war, und wies die Beschwerde im Übrigen ab.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________,
es sei in teilweiser Aufhebung des Entscheids des Verwaltungsgerichts des
Kantons Nidwalden vom 7. April 2014 die Nichtigkeit der Kündigung vom 24. Juli
2012 festzustellen, eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die
Vorinstanz zurückzuweisen. Gleichentags ersucht A.________ um Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege im Sinne der Befreiung von den Gerichtskosten.

Die Kantonspolizei Nidwalden macht geltend, die Beschwerde hätte wegen
Weitschweifigkeit zur Verbesserung des Mangels zurückgewiesen werden können.
Sie schliesst auf Nichteintreten auf die Beschwerde, eventualiter auf deren
Abweisung.

A.________ hält mit Eingabe vom 26. Januar 2015 an seinen Anträgen fest.

Erwägungen:

1. 
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die (weiteren)
Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29
Abs. 1 BGG; BGE 139 V 42 E. 1 S. 44 mit Hinweisen).

2.

2.1. Die Beschwerde an das Bundesgericht ist zulässig gegen Endentscheide, das
heisst, gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen (Art. 90 BGG), und
gegen Teilentscheide, die nur einen Teil der gestellten Begehren behandeln,
wenn diese unabhängig von den andern beurteilt werden können, oder die das
Verfahren nur für einen Teil der Streitgenossen und Streitgenossinnen
abschliessen (Art. 91 BGG). Ebenfalls zulässig ist nach Art. 92 Abs. 1 BGG die
Beschwerde gegen selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die
Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren. Gegen andere selbstständig eröffnete
Vor- und Zwischenentscheide im Sinne von Art. 93 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde
in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten demgegenüber nur zulässig, wenn sie
einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (lit. a), oder wenn
die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit
einen bedeutenden Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges
Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Ist die Beschwerde nicht zulässig oder
wurde von ihr kein Gebrauch gemacht, bleibt ein Zwischenentscheid im Rahmen
einer Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar, sofern er sich auf dessen
Inhalt auswirkt (Art. 93 Abs. 3 BGG; BGE 140 V 282 E. 2 S. 283 mit Hinweisen).

2.2. Die Abgrenzung zwischen Teil- und Zwischenentscheid erfolgt auf der Ebene
des Streitgegenstandes: Massgebend ist, ob der Entscheid ein Begehren
behandelt, das unabhängig von anderen beurteilt werden kann (Art. 91 lit. a
BGG), das heisst auch Gegenstand eines selbstständigen Verfahrens hätte bilden
können (Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der
Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4332 Ziff. 4.1.4.1); solche Entscheide sind
(anders als die Zwischenentscheide) selbstständig der materiellen Rechtskraft
zugänglich (BGE 128 III 191 E. 4a S. 194; Seiler/von Werdt/Güngerich,
Bundesgerichtsgesetz [BGG], 2007, N. 6 zu Art. 91 und N. 2 zu Art. 93 BGG). Ob
ein Teil-Rechtsanspruch unabhängig von den andern Begehren beurteilt werden
kann, richtet sich nach materiellrechtlichen Gesichtspunkten. Ist nach dem
materiellen Recht eine unabhängige Beurteilung einzelner Punkte nicht möglich,
so ist ein Entscheid, mit dem über diese Punkte befunden wird, ein
Zwischenentscheid (BGE 134 III 426 E. 1.2 S. 428 f.). Insoweit stellt
rechtsprechungsgemäss die Festlegung eines den Streitgegenstand bestimmenden
Teilaspektes eines Rechtsverhältnisses keinen Teilentscheid dar (vgl. Urteile
8C_400/2011 vom 8. Juli 2011 E. 4.1 f. und 9C_34/2009 vom 24. Februar 2010 E.
3.1, je mit Hinweisen; vgl. auch Urteile 5A_498/2012 vom 14. September 2012 E.
1.2.1 und 4A_439/2008 vom 12. November 2008 E. 1, je mit Hinweisen).

2.3. Vor- und Zwischenentscheide demgegenüber sind Entscheide, die das
Verfahren nicht abschliessen (Art. 90 BGG e contrario), sondern bloss eine
formell- oder materiellrechtliche Frage im Hinblick auf die
Verfahrenserledigung regeln, mithin einen Schritt auf dem Weg zum Endentscheid
darstellen. Für die verfahrensrechtliche Qualifizierung eines angefochtenen
Erkenntnisses unter dem Gesichtspunkt der    Art. 90 ff. BGG ist - wie auch E.
2.2 hievor zeigt - nicht dessen formelle Bezeichnung entscheidend, sondern sein
materieller Inhalt (BGE 139 V 42 E. 2.3 S. 45 mit Hinweis).

3. 
Im angefochtenen Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Nidwalden wurde
in teilweiser Gutheissung der Beschwerde festgestellt, dass die Kündigung des
Arbeitgebers vom 24. Juli 2012 unzulässig war. Im Übrigen, namentlich
hinsichtlich des Begehrens um Feststellung der Nichtigkeit der Kündigung und
deren Folgen, wurde die Beschwerde abgewiesen. Der Beschwerdeführer beantragt
die Feststellung der Nichtigkeit der Kündigung, eventualiter die Rückweisung
der Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz.

4. 
Das Arbeitsverhältnis des Beschwerdeführers bei der Kriminalpolizei Nidwalden
untersteht den Bestimmungen des Gesetzes über das öffentlichrechtliche
Arbeitsverhältnis (Personalgesetz, PersG) des Kantons Nidwalden vom 3. Juni
1998.

4.1. Die Kündigung ist in Art. 55 ff. PersG geregelt:

4.1.1. Art. 57 PersG statuiert die Voraussetzungen für eine fristlose Auflösung
des Arbeitsverhältnisses, Art. 59 PersG regelt die zulässigen Gründe sowie das
Vorverfahren für eine ordentliche Kündigung. Gemäss Art. 61 PersG kann gegen
den Einspracheentscheid über die Kündigung beim Verwaltungsgericht Beschwerde
erhoben werden. Erachtet das Verwaltungsgericht die Kündigung als unzulässig im
Sinne von Art. 57 bzw. 59 PersG, erlässt es einen Feststellungsentscheid (Art.
63 Abs. 1 PersG). Bei unzulässiger Kündigung durch die Arbeitgeberin oder den
Arbeitgeber hat die bisherige Mitarbeiterin oder der bisherige Mitarbeiter
Anspruch auf Schadenersatz, höchstens aber die Hälfte der bisherigen
Jahresbesoldung, wobei der Anspruch entfällt, sobald die von der
Anstellungsinstanz angebotene Weiterbeschäftigung an einem gleichwertigen
Arbeitsplatz abgelehnt wird (Art. 64 Abs. 1 und 2 PersG).

4.1.2. Art. 66 PersG sodann normiert die Gründe für die Nichtigkeit einer
Kündigung. Gemäss Art. 67 Abs. 1 PersG ist die Nichtigkeit der Kündigung mit
der Einsprache geltend zu machen, wobei gegen den Einspracheentscheid wiederum
beim Verwaltungsgericht Beschwerde erhoben werden kann (Art. 68 PersG). Ist die
Kündigung nichtig, hat die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter Anspruch auf eine
angemessene Weiterbeschäftigung an einem gleichwertigen Arbeitsplatz (Art. 70
Abs. 1 PersG). Ist die Weiterbeschäftigung ohne Verschulden der Mitarbeiterin
oder des Mitarbeiters nicht möglich, besteht ein Anspruch auf vollen
Schadenersatz (Art. 70 Abs. 2 PersG).

4.2. Die beschwerdeweise Anfechtung der Kündigung eines öffentlichrechtlichen
Arbeitsverhältnisses hat im Kanton Nidwalden gemäss den in E. 4.1 hievor
wiedergegebenen Gesetzesbestimmungen - wie der Beschwerdeführer zu Recht
feststellt - ein in der Schweiz ansonsten unübliches zweistufiges Verfahren zur
Folge. In einem ersten Schritt befindet das Verwaltungsgericht im Rahmen eines
Feststellungsentscheides über die Unzulässigkeit oder Nichtigkeit der
Kündigung, wohingegen erst in einem zweiten Schritt über die jeweiligen Folgen
in Form von Anspruch auf angemessene Weiterbeschäftigung oder auf Schadenersatz
befunden wird.

4.3. Im angefochtenen Entscheid hat das Verwaltungsgericht gemäss Art. 63 PersG
die Unzulässigkeit der Kündigung vom 24. Juli 2012 festgestellt. In einem
nächsten Schritt ist nun über einen allfälligen daraus resultierenden
Schadenersatzanspruch nach Art. 64 PersG zu befinden, wobei ein diesbezüglicher
Entscheid des Verwaltungsgerichts letztinstanzlich wiederum beim Bundesgericht
anfechtbar ist. Der angefochtene Entscheid gibt somit den Rahmen für einen
allfälligen Schadenersatzanspruch des Beschwerdeführers vor. Die Folgen der
Kündigung können nicht unabhängig von der Frage nach deren Nichtigkeit oder
Unzulässigkeit beurteilt werden, sondern hängen vielmehr davon ab. Insofern
liegt kein Teilentscheid vor. Zudem hat der angefochtene Entscheid das
Verfahren betreffend Kündigung des Arbeitsverhältnisses und deren Folgen nicht
abgeschlossen, sondern stellt lediglich einen Schritt auf dem Weg zum
Endentscheid dar. Es handelt sich demzufolge um einen Zwischenentscheid im
Sinne von Art. 93 BGG, weshalb vorerst der Frage nachzugehen ist, ob das
Bundesgericht auf die dagegen erhobene Beschwerde einzutreten hat.

5.

5.1. Die Eintretensvoraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG sollen das
Bundesgericht entlasten. Es soll sich möglichst nur einmal mit einer Sache
befassen müssen und diese hierbei insgesamt beurteilen können. Deshalb sind
Ausnahmen von diesem Grundsatz restriktiv zu handhaben, zumal die Parteien
keiner Rechte verlustig gehen, wenn der Zwischenentscheid prinzipiell noch
zusammen mit den Endentscheid anfechtbar ist (vgl. Art. 93 Abs. 3 BGG; BGE 140
V 321 E. 3.6 S. 326).

5.2. Der nicht wieder gutzumachende Nachteil im Sinne des Art. 93 Abs. 1 lit. a
BGG muss (im Unterschied zu Art. 46 Abs. 1 lit. a VwVG) grundsätzlich
rechtlicher Natur sein, d.h. auch durch einen günstigen Endentscheid nicht mehr
behoben werden können; eine rein tatsächliche oder wirtschaftliche Erschwernis
genügt in der Regel nicht (BGE 137 V 314 E. 2.2.1 S. 317 mit Hinweisen).

5.3. Der Beschwerdeführer kann den Entscheid über die Nichtigkeit der Kündigung
später zusammen mit demjenigen über einen allfälligen Schadenersatzanspruch vor
Bundesgericht anfechten, in diesem Verfahren sämtliche Beschwerdegründe,
namentlich auch bezüglich der geltend gemachten Nichtigkeit der Kündigung,
nochmals vorbringen und auf diesem Weg ein allenfalls günstigeres Urteil
erwirken. Daher droht dem Beschwerdeführer im jetzigen Zeitpunkt in Anbetracht
der Besonderheit des Verfahrens im Kanton Nidwalden (vgl. E. 4.2 hievor)
bezüglich des vorliegend angefochtenen Entscheids kein nicht wieder
gutzumachender Nachteil. Darüber hinaus genügen eine allfällige zeitliche
Verzögerung oder Verteuerung des Verfahrens generell nicht, um einen sofortigen
Entscheid des Bundesgerichtes zu erwirken (BGE 136 II 165 E. 1.2.1 S. 170 mit
Hinweisen). Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten.

6. 
Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, die in der Tat übermässig weitschweifige
Beschwerdeschrift zur Änderung an den Beschwerdeführer zurückzuweisen (Art. 42
Abs. 6 BGG).

7. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten sind dem
unterliegenden Beschwerdeführer zu überbinden (Art. 65 Abs. 4 lit. a in
Verbindung mit Art. 66 Abs. 1 BGG). Die unentgeltliche Rechtspflege (im Sinne
der vorläufigen Befreiung von den Gerichtskosten; Art. 64 Abs. 1 BGG) kann
gewährt werden. Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam
gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten
haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes
vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons
Nidwalden, Verwaltungsabteilung, schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 29. Mai 2015
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Kopp Käch

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