Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.697/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_697/2014

Urteil vom 23. März 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiber Krähenbühl.

Verfahrensbeteiligte
A.________, vertreten durch
Advokatin Monica Armesto,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau, Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente, Aufhebung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom
13. August 2014.

Sachverhalt:

A. 
Die 1958 geborene A.________ bezog gestützt auf die Verfügung der IV-Stelle des
Kantons Aargau vom 1. März 2006 ab 1. Dezember 2003 eine halbe Rente der
Invalidenversicherung. Das im Jahr 2008 durchgeführte Revisionsverfahren zeigte
keine Veränderungen auf. Im Rahmen des im Juli 2011 eingeleiteten
Revisionsverfahrens holte die Verwaltung unter anderem auch ein bidisziplinäres
psychiatrisch-physikalmedizinisches Gutachten ein. Mit Verfügung vom 10.
Oktober 2013 hob die IV-Stelle die Rente in Anwendung der Schlussbestimmungen
der 6. IV-Revision auf den ersten Tag des zweiten Monats nach Zustellung der
Verfügung auf.

B. 
Die gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des
Kantons Aargau mit Entscheid vom 13. August 2014 ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen kantonalen Entscheides und
der Verfügung vom 10. Oktober 2013 sei die IV-Stelle zu verpflichten, ihr die
halbe Rente über den 1. November 2013 hinaus weiter auszurichten. Zudem ersucht
sie um unentgeltliche Rechtspflege.

Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wird nicht
durchgeführt.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es
legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung nur
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob die IV-Stelle am 10. Oktober 2013 zu Recht die
Aufhebung der seit 1. Dezember 2003 ausgerichteten halben Rente der
Invalidenversicherung verfügt hat. Sie hat sich dabei auf lit. a Abs. 1 der am
1. Januar 2012 in Kraft getretenen Schlussbestimmungen der Änderung vom 18.
März 2011 des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (6. IV-Revision,
erstes Massnahmenpaket [AS 2011 5659]; nachfolgend: SchlBest. IVG) gestützt.
Das kantonale Gericht hat die Rentenaufhebung bestätigt.

3. 
Im angefochtenen Entscheid sind die Bestimmungen zu den Begriffen der
Invalidität (Art. 8 ATSG) und der Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG) sowie zur
Überprüfung von Renten, die auf pathogenetisch-ätiologisch unklaren syndromalen
Beschwerdebildern ohne nachweisbare organische Grundlage beruhen (lit. a Abs. 1
SchlBest. IVG), zutreffend dargelegt worden. Gleiches gilt für die
Rechtsprechung zur invalidisierenden Wirkung anhaltender somatoformer
Schmerzstörungen und anderer unklarer Beschwerden sowie zu den Anforderungen an
beweiswertige ärztliche Berichte oder Gutachten. Darauf wird verwiesen.

4. 
Die Vorinstanz hat festgehalten, die Rente sei ursprünglich aufgrund einer
Schmerzproblematik, welche nicht auf einem organischen Korrelat basierte,
zugesprochen worden. Dagegen wendet die Versicherte ein, anlässlich der
Untersuchung im Rahmen der Begutachtung vom 11. Januar 2006 im Spital
B.________ sei festgestellt worden, dass sie auch unbeobachtet ein Schonhinken
zeige.
Dieser Einwand erweist sich als unbegründet. Aus einem Schonhinken lässt sich
noch nicht auf ein organisches Korrelat schliessen. Fest steht, dass die
Röntgenbilder zum damaligen Zeitpunkt keine pathologischen Befunde zeigten.
Auch neurologisch ergaben sich keine Auffälligkeiten. Die Schmerzproblematik
konnte demnach nicht objektiviert werden.

5. 
Die Beschwerdeführerin wendet weiter ein, ihre heutigen Beschwerden beruhten
sowohl auf organisch objektivierbaren als auch auf unerklärbaren
Gesundheitsschädigungen. Aus diesem Grund seien die Schlussbestimmungen der 6.
IV-Revision nicht anwendbar und die Aufhebung der Rente bundesrechtswidrig.

5.1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts steht der Umstand, dass eine
laufende Rente sowohl für unklare als auch für erklärbare Beschwerden
zugesprochen wurde, der Anwendung von lit. a Abs. 1 SchlBest. IVG in Bezug auf
die unklaren Beschwerden nicht entgegen (BGE 140 V 197 E. 6.2.3 S. 200). Nur
für den Fall, dass eine Invalidenrente sowohl für unklare als auch für
erklärbare Beschwerden zugesprochen wurde, welche diagnostisch zwar
unterscheidbar sind, die aber bezüglich der darauf zurückzuführenden Arbeits-
und Erwerbsunfähigkeit keine exakte Abgrenzung erlauben, fällt eine
Herabsetzung oder Aufhebung unter dem Titel von lit. a Abs. 1 SchlBest. IVG
ausser Betracht (Urteil 8C_34/2014 vom 8. Juli 2014, E. 4.2).

5.2. Die Beschwerden, welche ursprünglich zu einer Rente geführt haben, waren
seinerzeit nicht objektivierbar (E. 4 hievor). Die Rechtsprechung, wonach die
Schlussbestimmungen der 6. IV-Revision ausnahmsweise nicht anwendbar sind, weil
sich die Ursachen für die  ursprüngliche Rentenzusprache nicht genau abgrenzen
lassen, findet daher auf den vorliegenden Fall keine Anwendung. Irrelevant ist
dabei, ob die Versicherte, wie sie geltend macht, allenfalls  zum heutigen
Zeitpunkt auch an erklärbaren Beschwerden leidet. Es braucht daher nicht
geprüft zu werden, ob die diesbezüglichen Einwendungen zutreffen.

5.3. Weil die Versicherte am 1. Januar 2012 weder 55-jährig war noch seit mehr
als 15 Jahren eine Rente bezog, ging die Vorinstanz zu Recht davon aus, dass
eine Rentenrevision in Anwendung der Übergangsbestimmungen der 6. IV-Revision
grundsätzlich möglich ist.

6. 
Gegen die mit der vorinstanzlichen Beschwerdeabweisung im Ergebnis bestätigte
Bemessung des Invaliditätsgrades durch die Verwaltung in deren Verfügung vom
10. Oktober 2013 sind keine Einwendungen im Sinne von E. 1 hievor erhoben
worden. Die Rentenaufhebung erweist sich damit als bundesrechtskonform.

7. 

7.1. Die Beschwerde ist demnach abzuweisen. Bei diesem Ausgang gehen die
Gerichtskosten (Art. 65 Abs. 1 und Abs. 4 lit. a BGG) zu Lasten der
unterliegenden Beschwerdeführerin (Art. 66 Abs. 1 BGG).

7.2. Deren Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (im Sinne der vorläufigen
Befreiung von den Gerichtskosten und der Gewährung der unentgeltlichen
Verbeiständung) kann indessen entsprochen werden, da die Bedürftigkeit
ausgewiesen ist, die Beschwerde nicht als aussichtslos zu bezeichnen und die
Vertretung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt geboten war (Art.
64 Abs. 1 und 2 BGG). Ausdrücklich wird auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam
gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten
haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Der Beschwerdeführerin wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und
Advokatin Monica Armesto wird als unentgeltliche Anwältin bestellt.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt, indes
vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.

4. 
Der Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin wird aus der Gerichtskasse eine
Entschädigung von Fr. 1'800.- ausgerichtet.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 23. März 2015

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Krähenbühl

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