Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.67/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]         
8C_67/2014 {T 0/2}     

Urteil vom 16. März 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung,
Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiber Nabold.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Kurt Meier,
Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung
(Invalidenrente; versicherter Verdienst),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 30. November 2013.

Sachverhalt:

A. 
Der 1975 geborene A.________ reichte am 11. September 2003 ein erstes
Asylgesuch ein, auf welches das Bundesamt für Flüchtlinge am 29. September 2003
nicht eintrat. Auf die dagegen erhobene Beschwerde trat die Schweizerische
Asylrekurskommission mit Entscheid vom 11. Dezember 2003 nicht ein. Am 31. Juli
2006 reichte A.________ ein zweites Asylgesuch ein. Mit Verfügung vom 5.
September 2006 lehnte das Bundesamt für Migration dieses ab und ordnete seine
Wegweisung aus der Schweiz sowie den Vollzug der Wegweisung an. Die von ihm
hiegegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Entscheid
vom 22. Dezember 2008 ab.
Ab dem 10. Mai 2007 arbeitete A.________ als Gerüstbauhilfsmonteur bei der
Firma B.________ GmbH und war damit bei der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am
15. Mai 2007 stürzte er beim Abbau eines Gerüstes etwa zehn Meter in die Tiefe
und zog sich verschiedene Frakturen zu. Die SUVA anerkannte ihre
Leistungspflicht für die Folgen dieses Ereignisses und erbrachte die
gesetzlichen Leistungen; für die bleibenden Unfallfolgen sprach sie dem
Versicherten mit Verfügung vom 11. November 2011 und Einspracheentscheid vom
15. Dezember 2011 eine Integritätsentschädigung bei einer Einbusse von 10 % und
ab 1. Dezember 2011 eine Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von 50 % und
einem versicherten Jahresverdienst von Fr. 660.- zu.

B. 
Die von A.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom   30. November
2013 ab.

C. 
Mit Beschwerde beantragt A.________, der zur Bemessung der Invalidenrente
massgebende versicherte Jahresverdienst sei unter Anpassung des Einsprache- und
Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides auf Fr. 52'058.- festzusetzen.
Gleichzeitig stellt A.________ ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege.
Während die SUVA auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das
Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von
der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 132
II 257 E. 2.5 S. 262; 130 III 136    E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft das
Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der
Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten
Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist
jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich
stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht
nicht mehr vorgetragen werden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).

1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 
Streitig und zu prüfen ist der zur Bemessung der Invalidenrente massgebende
versicherte Jahresverdienst.

3. 

3.1. Nach Art. 15 Abs. 1 UVG werden Renten nach dem versicherten Verdienst
bemessen. Als versicherter Verdienst gilt gemäss Art. 15 Abs. 2 UVG für die
Bemessung der Taggelder der letzte vor dem Unfall bezogene Lohn, für die
Bemessung der Renten der innerhalb eines Jahres vor dem Unfall bezogene Lohn.
Als Grundlage für die Bemessung der Renten gilt nach Art. 22 Abs. 4 UVV der
innerhalb eines Jahres vor dem Unfall bei einem oder mehreren Arbeitgebern
bezogene Lohn, einschliesslich noch nicht ausbezahlter Lohnbestandteile, auf
die ein Rechtsanspruch besteht. Dauerte das Arbeitsverhältnis nicht das ganze
Jahr, so wird der in dieser Zeit bezogene Lohn auf ein volles Jahr umgerechnet.
Bei einer zum Voraus befristeten Beschäftigung bleibt die Umrechnung auf die
vorgesehene Dauer beschränkt.

3.2. Bei der Festsetzung des versicherten Verdienstes zur Bemessung der Renten
ist gegebenenfalls das Ausländerrecht mitzuberücksichtigen. Wer ohne
Arbeitsbewilligung in der Schweiz erwerbstätig wird und keine Chance auf
Erteilung einer solchen hätte, kann sich gegenüber der Unfallversicherung nicht
darauf berufen, zivilrechtlich einen unbefristeten Vertrag abgeschlossen zu
haben (vgl. Urteil 8C_807/2011 vom 17. Januar 2012 E. 3 mit weiteren
Hinweisen).

4. 

4.1. Es steht fest und ist unbestritten, dass der Versicherte seine
Arbeitstätigkeit aufgenommen hat, ohne über die hiezu notwendige
Arbeitsbewilligung zu verfügen. Gemäss den Erwägungen der Vorinstanz kann er
sich deshalb nicht darauf berufen, zivilrechtlich einen unbefristeten Vertrag
abgeschlossen zu haben; demnach finde keine Umrechnung des während der
tatsächlichen Dauer der ausgeübten Tätigkeit erzielten Einkommens auf ein
Jahreseinkommen statt. Der Beschwerdeführer bringt dagegen vor, er habe ein
Recht auf die Arbeitsbewilligung gehabt und hätte diese daher ohne weiteres
erhalten.

4.2. Entgegen den Ausführungen des Versicherten erscheint es nicht als
überwiegend wahrscheinlich, dass er eine realistische Chance auf Erteilung
einer Arbeitsbewilligung gehabt hätte: Zwar trifft es zu, dass er im Mai 2007
nicht zu jenen Asylsuchenden gehörte, welche gemäss Art. 43 Abs. 1 AsylG
grundsätzlich nicht zur Ausübungen einer Erwerbstätigkeit zugelassen waren.
Dies ändert aber nichts daran, dass die Erteilung einer Arbeitsbewilligung
unter dem Vorbehalt des Inländervorranges gemäss Art. 7 der damaligen
Verordnung vom 6. Oktober 1986 über die Begrenzung der Zahl der Ausländer (BVO)
stand (vgl. auch EDGAR IMHOF, Ausländer/innen von ausserhalb der EU/EFTA und
Sozialversicherungen - ein Überblick, in: SZS 2006, S. 433 ff., S. 453). Somit
hätte sein Arbeitgeber bei der Gesuchseinreichung auf Verlangen unter anderem
nachweisen müssen, dass er alle zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, um
eine Arbeitskraft auf dem inländischen Arbeitsmarkt zu finden und die zu
besetzende Stelle beim zuständigen Arbeitsamt gemeldet hatte und dieses innert
angemessener Frist keine Arbeitskraft vermitteln konnte (vgl. Art. 7 Abs. 4
BVO). Wenn die Arbeitgeberin des Beschwerdeführers auf eine Einreichung des
Gesuches verzichtet hat, ist daraus zu schliessen, diese sei sich bewusst
gewesen, den entsprechenden Nachweis nicht führen zu können. Das Vorbringen des
Versicherten, die Arbeitgeberin habe lediglich das Ende der Probezeit abwarten
und danach ein Gesuch um Erteilung einer Arbeitsbewilligung stellen wollen,
erscheint demgegenüber wenig glaubwürdig.

4.3. Hatte der Beschwerdeführer somit keine realistische Chance auf die
Erteilung einer Arbeitsbewilligung, so kann er sich praxisgemäss gegenüber der
Unfallversicherung nicht darauf berufen, zivilrechtlich einen unbefristeten
Vertrag abgeschlossen zu haben. Einsprache- und kantonaler Gerichtsentscheid
bestehen demnach zu Recht; die Beschwerde des Versicherten ist abzuweisen.

5. 

5.1. Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Aufgrund des
Verfahrensausganges hat der Beschwerdeführer die Kosten zu tragen (Art. 66 Abs.
1 BGG).

5.2. Dem Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege ist
stattzugeben, da die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind
(Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4
BGG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz
zu leisten haben wird, wenn sie später dazu in der Lage ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und
Rechtsanwalt Dr. Kurt Meier wird als unentgeltlicher Anwalt bestellt.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes
vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.

4. 
Dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers wird aus der Gerichtskasse eine
Entschädigung von Fr. 2'800.- ausgerichtet.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 16. März 2015

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Nabold

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