Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.635/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_635/2014

Urteil vom 17. August 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Durizzo.

Verfahrensbeteiligte
A.________, vertreten durch
Rechtsanwalt Patrick Thomann,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau,
Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente, Revision),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom
14. Juli 2014.

Sachverhalt:

A. 
A.________, geboren 1960, bezog seit dem 1. Juni 1998 eine halbe Invalidenrente
(Verfügung vom 9. April 2001). Im Zuge eines Revisionsverfahrens von Amtes
wegen liess die IV-Stelle des Kantons Aargau den Versicherten durch das
Institut B.________ abklären (Gutachten vom 19. November 2012). Gestützt darauf
stellte sie die Rente mit Verfügung vom 23. August 2013 ein.

B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons
Aargau mit Entscheid vom 14. Juli 2014 ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei ihm auch
weiterhin eine halbe Invalidenrente gemäss Verfügung vom 9. April 2001
zuzusprechen.
Die IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine
Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung nur
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels
für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art.
105 Abs. 2 BGG). Es wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG)
und ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente
noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden (BGE 134 I 65 E. 1.3 S. 67 f.,
134 V 250 E. 1.2 S. 252, je mit Hinweisen). Unter Berücksichtigung der
Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) prüft es indessen nur die geltend
gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich
sind, und ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle
sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht
nicht mehr aufgegriffen werden (BGE 134 I 313 E. 2 S. 315, 65 E. 1.3 S. 67 f.,
je mit Hinweisen).

2. 
Nach den unbestrittenen vorinstanzlichen Feststellungen war die von der
IV-Stelle vorgenommene Rentenüberprüfung nach den Schlussbestimmungen der
Änderung des IVG vom 18. März 2011 (6. IV-Revision, erstes Massnahmenpaket, in
Kraft getreten am 1. Januar 2012; AS 2011 5659) unzulässig, da die
ursprüngliche Rentenzusprechung am 9. April 2001 nicht wegen eines
pathogenetisch-ätiologisch unklaren syndromalen Beschwerdebildes ohne
nachweisbare organische Grundlage zugesprochen worden war.

3. 
Das kantonale Gericht hat die hier streitige Verfügung vom 23. August 2013
indessen mit der substituierten Begründung der Wiedererwägung geschützt und die
ursprüngliche Rentenverfügung als zweifellos unrichtig erachtet (BGE 125 V 368
E. 2 S. 369 mit Hinweisen; in BGE 135 I 1 nicht publizierte E. 5.1 des Urteils
9C_342/2008 vom 20. November 2008; vgl. auch BGE 112 V 371 E. 2c S. 373 und 387
E. 1b S. 390). Dagegen richtet sich die Beschwerde.

Nach der Rechtsprechung kommt die Praxis zur substituierten Begründung des
Rückkommens auf einen laufenden Rentenanspruch durch das Gericht auch im
Zusammenhang mit einer fehlgeschlagenen Anwendung der Schlussbestimmung zum
Tragen. Die Wiedererwägung, die Revision nach Art. 17 ATSG und die Überprüfung
nach der Schlussbestimmung stellen (bloss) verschiedene rechtliche Begründungen
für den Streitgegenstand "Abänderung des Rentenanspruchs" dar. Hat der
Versicherungsträger die Rente mit einer unzutreffenden Begründung herabgesetzt
oder aufgehoben, führt aber die richtige Begründung zum gleichen Ergebnis, so
ist die Verfügung zu bestätigen (SVR 2014 IV Nr. 39 S. 137, 9C_121/2014 E.
3.2.2). Dass das kantonale Gericht die zweifellose Unrichtigkeit der
ursprünglichen Rentenzusprechung geprüft hat, war deshalb grundsätzlich
zulässig.

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass ihm bei dieser (einzigen) Begründung
für die Bestätigung der angefochtenen Verfügung das rechtliche Gehör hätte
gewährt werden und das kantonale Gericht vorgängig die Gelegenheit zur
Stellungnahme hätte einräumen müssen (vgl. Urteil 8C_1027/2009 vom 17. August
2010 E. 2.2 mit Hinweisen). Indessen hat sich der Beschwerdeführer in der
vorinstanzlichen Beschwerde, wenn auch nur kurz, zum allfälligen
Rückkommensgrund der Wiedererwägung geäussert, sodass sein rechtliches Gehör
nicht verletzt wurde.

4. 
Letztinstanzlich bringt der Beschwerdeführer zu der vom kantonalen Gericht
festgestellten zweifellosen Unrichtigkeit der ursprünglichen Rentenzusprechung
vor, dass nach den Unterlagen für den Zeitpunkt des Rentenbeginns am 1. Juni
1998 aus somatischen, durch einen Motorradunfall bedingten Gründen eine
50-prozentige Arbeitsunfähigkeit nicht nur in seinem angestammten Beruf als
Baumaschinenmechaniker, sondern auch für leichte, dem Schulterleiden angepasste
Verweistätigkeiten ausgewiesen sei. Die von ihm angerufenen Berichte des
Hausarztes und der Klinik C.________ sowie über die berufliche Abklärung durch
die IV-Stelle vermögen die vorinstanzlichen Feststellungen jedoch nicht als
offensichtlich unrichtig erscheinen zu lassen. Das kantonale Gericht verweist
diesbezüglich auf seinen Entscheid vom 19. Januar 2000 über die
Leistungspflicht des Unfallversicherers, wonach dem Versicherten praktisch jede
leichte handwerkliche Tätigkeit ganztags zuzumuten sei. Andere Beschwerden als
die dort berücksichtigten somatischen Unfallfolgen sind auch hier
unbestrittenerweise nicht beachtlich (oben E. 2). Dass eine spätere
Schulteroperation (im Juli 2000) zu einer anderen Einschätzung der
Arbeitsfähigkeit geführt hätte, ist nach Lage der Akten nicht ersichtlich.

5. 
Das kantonale Gericht hat schliesslich festgestellt, dass für den Zeitpunkt der
angefochtenen Verfügung vom 23. August 2013 eine Arbeitsunfähigkeit in einer
leidensangepassten Tätigkeit nicht ausgewiesen sei (bei einer
Leistungsfähigkeit von 90 Prozent). Dies wird insoweit nicht bestritten und es
ist nach zulässiger Wiedererwägung der ursprünglichen Rentenverfügung darauf
abzustellen. Zu den erwerblichen Auswirkungen der Gesundheitsschädigung äussert
sich der Beschwerdeführer nicht und die vorinstanzlichen Erwägungen dazu geben
keinen Anlass zu Weiterungen. Die Rentenaufhebung ist daher von Bundesrechts
wegen nicht zu beanstanden.

6. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden dem
unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 17. August 2015

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Durizzo

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