Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.596/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
8C_596/2014        
{T 0/2}

Urteil vom 19. März 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Frésard, Maillard,
Gerichtsschreiberin Schüpfer.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Advokatin Monica Armesto,
Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA),
Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Invalidenrente, Integritätsentschädigung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Basel-Stadt vom 16. April 2014.

Sachverhalt:

A. 
Der 1973 geborene A.________ arbeitete als Eisenleger bei der B.________ AG und
war demgemäss bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA)
obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am 30. September 2008
rutschte er bei der Arbeit aus und verletzte sich am rechten Knie. Die SUVA
gewährte Heilbehandlung und Taggeld. Sie holte Arztberichte ein und liess den
Versicherten wiederholt durch ihren Kreisarzt untersuchen. Mit Verfügung vom 6.
August 2013 sprach sie A.________ ab dem 1. Juli 2013 eine Invalidenrente von
19 % und eine Integritätsentschädigung entsprechend einem Integritätsschaden
von 15 % zu. Die dagegen erhobene Einsprache wies die Unfallversicherung mit
Entscheid vom 9. Oktober 2013 ab.

B. 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt wies die gegen den
Einspracheentscheid erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 16. April 2014 ab.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt der Versicherte
beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei die SUVA zu
verpflichten, ihm ab dem 1. Juli 2013 eine Invalidenrente von mindestens 50 %
und eine Integritätsentschädigung von 30 % auszurichten; eventualiter sei die
Sache zur Vornahme einer medizinischen Expertise an die Vorinstanz
zurückzuweisen. A.________ stellt zudem ein Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege.

Während die SUVA auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das
Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von
der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 132
II 257 E. 2.5 S. 262; 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft das
Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der
Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten
Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist
jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich
stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht
nicht mehr vorgetragen werden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).

1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob dem Beschwerdeführer je eine höhere als die
zugesprochene Invalidenrente beziehungsweise Integritätsentschädigung zusteht.

Die für die materielle Beurteilung des umstrittenen Invaliditätsgrades und
damit des Rentenanspruches massgebenden gesetzlichen Bestimmungen (Art. 16 in
Verbindung mit Art. 7 und Art. 8, je Abs. 1, ATSG, Art. 18 und 20 Abs. 1 UVG)
sowie die von der Rechtsprechung hiezu weiter konkretisierten Grundsätze (vgl.
bezüglich der Anwendung der DAP-Profile BGE 129 V 472) sind im vorinstanzlichen
Entscheid zutreffend dargelegt worden. Dies gilt auch für die beweisrechtlich
zu beachtenden Regeln bei der Prüfung ärztlicher Stellungnahmen (vgl. Art. 61
lit. c ATSG; BGE 125 V 351 E. 3a S. 352) und über die Voraussetzungen für einen
Anspruch auf Integritätsentschädigung (Art. 24 UVG und Art. 36 Abs. 1 UVV)
sowie die Grundsätze betreffend deren Abstufung nach der Schwere des
Integritätsschadens (Art. 25 Abs. 1 UVG; Art. 36 Abs. 2 UVV und Anhang 3 zur
UVV). Darauf kann verwiesen werden.

3.

3.1.

3.1.1. Die Vorinstanz kam in Würdigung der medizinischen Unterlagen und
insbesondere gestützt auf die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit durch
SUVA-Kreisarzt Dr. med. C.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und
Traumatologie des Bewegungsapparates FMH, vom 23. Januar 2013 zum Ergebnis, der
Beschwerdeführer sei unter Berücksichtigung der unfallbedingten Kniebeschwerden
in einer angepassten Tätigkeit zu 100 % arbeitsfähig. Zumutbar sei demnach eine
ganztägige leichte, vor allem sitzende Tätigkeit mit ebenerdig gehenden und
stehenden Intervallen. Kontraindiziert seien mittelschwere und schwere
körperliche Arbeiten und solche in Gefahrenbereichen sowie auf unebenem
Gelände. Weiter führte das kantonale Gericht aus, in den Akten fänden sich
keine Anhaltspunkte für eine gegenteilige medizinische Beurteilung. Da der
kreisärztliche Untersuchungsbericht den bundesgerichtlichen Anforderungen an
einen beweiskräftigen Arztbericht entspreche, sei von weiteren
Beweismassnahmen, wie der beantragten orthopädischen Begutachtung, abzusehen.

3.1.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, der Kreisarzt habe in seinem
Zumutbarkeitsprofil nicht beachtet, dass er an Dauerschmerzen leide, und dass
bereits nach kurzen Dauer einer leichten Beanspruchung des verletzten
Kniegelenks, wie beispielsweise durch ebenerdiges Gehen, die Schmerzen seine
Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigten. Er müsse daher mehrere Pausen
zur Beschwerdelinderung einlegen, weshalb seine Leistungsfähigkeit vermindert
sei. Hinzu komme, dass der Kreisarzt nicht berücksichtigt habe, dass er wegen
Blockierungsgefühlen kaum in der Lage sei, Treppen zu steigen.

3.1.3. Die beschwerdeführerischen Vorbringen rechtfertigen kein Abweichen von
der vorinstanzlichen Beurteilung. Auch Dr. med. D.________, Facharzt für
Orthopädische Chirurgie, auf dessen Untersuchungsbericht vom 23. November 2012
sich der Versicherte beruft, macht keine der kreisärztlichen
Abschlussuntersuchung widersprechende Angaben. Insbesondere lässt sich dessen
Ausführungen keine Einschränkung in der Leistungsfähigkeit in einer angepassten
Tätigkeit entnehmen. Im Gegenteil führt der Arzt aus, bei den Angaben des
Patienten handle es sich um ein - am ehesten narbenbedingtes -
Restschmerzproblem bei dem es ihm nichts anderes übrig bleibe, als sich damit
abzufinden. Es ist auch nicht einzusehen, weshalb dem Beschwerdeführer, der
nach Angaben des Dr. med. D.________ während ca. einer halben Stunde
einigermassen gut gehen könne bevor die Schmerzen im Bereiche des rechen
Kniegelenkes deutlich stärker würden, eine vorwiegend sitzende, zeitweise
wechselbelastende Tätigkeit nicht vollzeitig zumutbar sein sollte. Hinsichtlich
Diagnose und objektiver Zustandsbeschreibung des rechten Knies unterscheiden
sich die Berichte der Ärzte nicht. Es besteht somit kein Anlass für weitere
medizinische Abklärungen, wie etwa mittels des beantragten medizinischen
Gutachtens. Solche lassen keinen entscheidrelevanten neuen Aufschluss erwarten.

3.2. Gegen die vorinstanzliche Bestimmung des Valideneinkommens von Fr.
72'124.-- werden keine konkreten Einwände erhoben, sodass diese einer
bundesgerichtlichen Überprüfung ohne Weiteres standhält.

3.3.

3.3.1. Übt eine versicherte Person nach Eintritt eines unfallbedingten
Gesundheitsschadens keine oder jedenfalls keine ihr an sich zumutbare neue
Erwerbstätigkeit aus, so dass bei der Bestimmung des Invalideneinkommens nicht
von dem mit der aktuellen erwerblichen Betätigung erzielten Verdienst
ausgegangen werden kann, sind nach der Rechtsprechung bei der
Invaliditätsbemessung entweder Tabellenlöhne gemäss den vom Bundesamt für
Statistik periodisch herausgegebenen Lohnstrukturerhebungen (LSE) oder die
Zahlen der SUVA-internen Dokumentation von Arbeitsplätzen (DAP) heranzuziehen (
BGE 139 V 592 E. 2.3 S. 593 f. mit Hinweis). Die Beschwerdegegnerin hat sich
für die zweite Variante entschieden und den Einkommensvergleich nach Art. 16
ATSG gestützt auf ihrer DAP entnommene Werte vorgenommen. Dagegen lässt sich
dem Grundsatz nach nichts einwenden.

3.3.2. Die von der SUVA beigebrachten Unterlagen genügen den in BGE 129 V 472
aufgestellten Erfordernissen an eine Invaliditätsbemessung gestützt auf die
DAP. So hat die Beschwerdegegnerin nebst fünf DAP-Blättern mit ihrer Ansicht
nach für den Beschwerdeführer trotz Behinderung geeigneten Stellen namentlich
hinreichende Auskünfte über die Gesamtzahl in Frage kommender dokumentierter
Arbeitsplätze aufgelegt, welchen die dort jeweils zu erwartenden Höchst- und
Tiefstlöhne sowie auch die dabei durchschnittlich erzielte Entlöhnung entnommen
werden können. Das angewandte Auswahlermessen und die Repräsentativität der
ausgewählten DAP-Blätter sind damit hinreichend überprüfbar. Der
Beschwerdeführer rügt lediglich, nach Angaben auf den DAP-Formularen sei die
Position sitzend/ stehen nicht frei wählbar. Das sei jedoch zwingend. An einem
der ausgesuchten Arbeitsplätze müsse ein Angestellter zudem - selten - Treppen
steigen, was ihm nicht zumutbar sei.

3.3.3. Das dem Versicherten nicht zuzumuten wäre, gelegentlich Treppen zu
steigen, lässt sich den ärztlichen Beurteilungen nicht entnehmen. Dies ist
angesichts des objektiven Zustandes des rechten Knies (ohne Erguss, mit
regulärer Stabilität, einer reizlosen Narbe und einer erheblichen Druckdolenz
im Bereich des Ligamentum patellae sowie knapp cranial der Tuberositas tibiae,
praktisch ohne Patella-Verschiebeschmerz, einem leichten Knacken und Reiben im
Bereich des medialen Retinaculums bei aktiver Flexion und Extension) gemäss
Konsultationsbericht des Dr. med. D.________ vom 23. November 2012 auch nicht
zu erwarten. Die DAP-Nr. 6982 kann daher nicht als unzumutbare Tätigkeit
qualifiziert werden. Sie ist für die Bemessung des Invalideneinkommens
geeignet. Auch die andern von der SUVA ausgewählten DAP-Profile erfüllen die
Anforderungen an einen leidensangepassten Arbeitsplatz, wie sie von Dr. med.
C.________ beschrieben wurden. Entgegen der Darstellung in der Beschwerde fehlt
darin das Erfordernis, die Arbeitsposition zwischen sitzen und stehen müsse
frei wählbar sein. Es gibt daher auch letztinstanzlich keinen Anlass von der
vorinstanzlich geschützten Bemessung des Invalideneinkommens in der Höhe von
Fr. 58'702.--, und damit des Invaliditätsgrades von 19 %, abzuweichen.

4. 
Zu beurteilen bleibt die Höhe des Integritätsschadens, nach welchem sich die
Integritätsentschädigung bemisst.

Die Festlegung des Integritätsschadens auf 15 % entspricht der anhand der
medizinischen Akten vorgenommenen Einschätzung des SUVA-Kreisarztes Dr. med.
C.________ vom 23. Januar 2013. Dieser legte der Bemessung des
Integritätsschaden Tabelle 5 (Integritätsschaden bei Arthrosen) der von der
SUVA unter dem Titel "Integritätsentschädigung gemäss UVG" veröffentlichten
Richtwerte zugrunde und berücksichtigte degenerative Veränderungen am rechten
Knie im lateralen und apicalen Bereich des Retropatellarknorpels, was mit der
Vorinstanz nicht zu beanstanden ist. Auch vor Bundesgericht wird dagegen nichts
Stichhaltiges eingewendet. Insbesondere besteht keine ärztliche Beurteilung,
welche der Einschätzung des Kreisarztes widersprechen würde. Dieser stellte
fest, dass gemäss Röntgendokumentation vom November 2008 bereits vor dem Unfall
eine mässige Pangonarthrose bei einem Zustand nach VKB-Ersatzplastik bestand.
Diese Arthrose habe sich nunmehr in Richtung mässig bis schwer verschlimmert
weshalb eine Femoropatellarprothese eingesetzt werden musste. Der präoperative
Zustand der Pangonarthrose mässigen bis schweren Ausmasses könne maximal mit 30
- 35 % entschädigt werden. Da eine dokumentierte mittelschwere Pangonarthrose
vorbestanden habe, sei die Verschlimmerung des Zustandes um die Hälfte
eingetreten. Dementsprechend schätzte er den rein unfallbedingten
Integritätsschaden auf den hälftigen Wert einer mässigen Pangonarthrose, mithin
auf 15 %. Bei der konkreten Bestimmung des Integritätsschadens wurde nach dem
Gesagten das Ermessen in Berücksichtigung der medizinischen Akten, die keine
eine höhere Entschädigung rechtfertigende Hinweise enthalten, rechtsfehlerfrei
ausgeübt, weshalb die Beschwerde auch in diesem Punkt abzuweisen ist.

5. 
Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art.
66 Abs. 1 BGG). Die unentgeltliche Rechtspflege kann ihm gewährt werden (Art.
64 BGG). Er hat der Gerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn er später dazu in der
Lage ist (Art. 64 Abs. 4 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und Advokatin
Monica Armesto wird als unentgeltliche Anwältin bestellt.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes
vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.

4. 
Der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers wird aus der Gerichtskasse eine
Entschädigung von Fr. 2800.-- ausgerichtet.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Basel-Stadt und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 19. März 2015

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Ursprung

Die Gerichtsschreiberin: Schüpfer

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