Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.449/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_449/2014

Urteil vom 11. Dezember 2014

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiber Grünvogel.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Solothurn, Allmendweg 6, 4528 Zuchwil,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Arbeitsunfähigkeit),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn
vom 12. Mai 2014.

Sachverhalt:

A. 
Mit Verfügung vom 23. Januar 2013 verweigerte die IV-Stelle des Kantons
Solothurn dem 1966 geborenen A.________ die Ausrichtung einer Invalidenrente
und Gewährung beruflicher Eingliederungsmassnahmen. Dabei stelle sie
massgeblich auf das bei Dr. med. B.________, eingeholte psychiatrische
Gutachten vom 27. August 2012 ab.

B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons
Solothurn mit Entscheid vom 12. Mai 2014 ab.

C. 
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und
beantragt sinngemäss, in Aufhebung der Verfügung vom 23. Januar 2013 und des
vorinstanzliche Entscheids sei die Sache zwecks Einholung eines
Gerichtsgutachtens und zu anschliessendem neuen Entscheid an die Vorinstanz
zurückzuweisen; ferner sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren.

D. 
Mit Verfügung vom 21. Juli 2014 hat das Bundesgericht das Gesuch um
unentgeltliche Prozessführung abgewiesen und den Beschwerdeführer aufgefordert,
innert gesetzter Frist einen Kostenvorschuss von Fr. 800.- einzuzahlen.

Erwägungen:

1. 
Nachdem der Kostenvorschuss fristgerecht eingegangen ist, kann die
Angelegenheit einer materiellen Beurteilung zugeführt werden.

2. 
Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG).
Seinem Urteil legt es den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Dabei prüft es, unter Berücksichtigung der
allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), an
sich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht
geradezu offensichtlich sind (BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389).
Vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellungen binden das Bundesgericht (Art. 105
Abs. 1 BGG), es sei denn, diese seien offensichtlich unrichtig (Art. 97 Abs. 1
BGG), was nicht schon dann der Fall ist, wenn sich Zweifel anmelden, sondern
erst, wenn die Sachverhaltsfeststellung eindeutig und augenfällig unzutreffend,
mithin willkürlich ist (BGE 133 II 249 E. 1.2.2 und E. 1.4.3, S. 252 und 255;
siehe auch BGE 135 III 397 E. 1.5). Die Behebung des Mangels muss für den
Ausgang des Verfahrens überdies entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG).

3. 
Bei den gerichtlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur
Arbeitsfähigkeit handelt es sich grundsätzlich um eine Tatfrage (BGE 132 V 393
E. 3.2 S. 397 ff.). Ebenfalls Tatfrage ist die konkrete Beweiswürdigung,
einschliesslich der antizipierten Schlussfolgerung, es bedürfe keiner weiteren
Sachverhaltsabklärungen (BGE 137 V 64 E. 5.2; nicht publ. E. 1.1.1 des Urteils
BGE 137 V 446, in: SVR 2012 BVG Nr. 11 S. 44 [9C_779/2010 vom 30. September
2011]; Art. 105 Abs. 2 BGG). Dagegen ist die Beachtung des
Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c
ATSG eine Rechtsfrage. Gleiches gilt mit Bezug auf die Beachtung der
bundesrechtlichen Anforderungen an den Beweiswert ärztlicher Berichte und
Gutachten (vgl. BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232).

4. 
Der Beschwerdeführer bemängelt einzig die Höhe der von der Vorinstanz auf der
Grundlage des Gutachtens von Dr. med. B.________ vom 27. August 2012 bestimmten
Restarbeitsfähigkeit von 80 bis 90 %.

4.1. Vorweg festzuhalten ist, dass es sich bei Dr. med. B.________ um einen
versicherungsexternen Experten handelt, auf dessen Einschätzungen das Gericht
abstellen darf, solange nicht konkrete Indizien gegen die Zuverlässigkeit
seines Gutachtens sprechen (BGE 137 V 210 E. 1.3.4 S. 227; 125 V 351 E. 3b/bb
S. 353).

4.2. Der Beschwerdeführer bringt nichts Wesentliches vor, das dem Gutachter bei
seiner Beurteilung verborgen geblieben wäre.

4.2.1. Insbesondere hatte Dr. med. B.________ die vom Versicherten angerufenen
Umstände, welche zur Beendigung der letzten Arbeitsverhältnisse geführt hatten,
erfasst. Ebenfalls kannte er die Ausführungen bzw. die Einschätzung von Dr.
med. C.________, Facharzt für Innere Medizin FMH, vom 15. Dezember 2011, wie
sie der Arzt mit Schreiben vom 10. September 2012 gegenüber der IV-Stelle
nochmals hervorhob. Indessen gewichtete er diese als Facharzt für Psychiatrie
und Psychotherapie FMH nach umfassender Anamnese und eigenen Untersuchungen
anders. Er berücksichtigte dabei auch den von Dr. med. D.________, Psychiatrie
und Psychotherapie FMH, und E.________, Fachpsychologe FSP, am 2. Februar 2011
abgegebenen Bericht über den Verlauf der vom 15. August 2007 bis 11. November
2009 durchgeführten Behandlung und zog daraus auch Schlüsse zur Gegenwart.

4.2.2. Das vom Beschwerdeführer angerufene, Anfang 2011 aufgetretene, operierte
Vorhofflimmern nahm der Experte ebenfalls in seine Überlegungen mit auf. Er
sprach diesem Leiden denn auch die Eignung zu, sich rein psychisch gesehen
vorübergehend zusätzlich negativ auf die Arbeitsfähigkeit ausgewirkt zu haben;
nachdem diese Herzrhythmusstörung indessen gut behandelt worden sei und
lediglich allenfalls noch einer regelmässigen kardiologischen Kontrolle
bedürfe, sei deswegen eine (zusätzlich) anhaltende Minderung der
Arbeitsfähigkeit auszuschliessen.

4.3. Auch die weitergehende Einschätzung der Auswirkungen des psychischen
Zustandes des Versicherten auf die Arbeitsfähigkeit ist durch den Experten
nachvollziehbar begründet.
So griff er die (weiteren) Ängste des Versicherten und die dabei gezeigte bzw.
geschilderte Vermeidungshaltung ebenfalls auf, bewertete diese denn auch als
psychopathologisch von Bedeutung, aber nicht derartig, als dadurch generell die
zumutbare medizinische Arbeitsfähigkeit womöglich nicht vorhanden oder
zumindest deutlich eingeschränkt wäre; angesichts der ausgeprägten Kompetenzen
des Versicherten z.B. im journalistischen Bereich oder im Büro generell wie
auch der vermutlich grossen Gewissenhaftigkeit und Ordentlichkeit liesse sich
durchaus eine Arbeitstätigkeit einrichten, welche den sozialen Ängsten Rechnung
trage; wegen der Gewissenhaftigkeit und des erkannten Zwangs zum übermässigen
Kontrollieren der erbrachten Arbeitsgänge sei der Versicherte in einer solchen
Tätigkeit bei einem Arbeitstag von 8,5 Stunden in der Leistungsfähigkeit
indessen um 10 bis maximal 20 % eingeschränkt. Was die vom Beschwerdeführer
speziell hervorgehobenen, durch die sozialen Ängste offenbar hervorrufbaren
Blockaden im Denken und Handeln anbelangt, trug Dr. med. B.________ diesen
dahingehend Rechnung, als er die idealtypische Tätigkeit in dem Sinne näher
präzisierte, als Ängste und Stress auslösende Situationen wie das Arbeiten in
Hochhäusern, das Brückenüberqueren oder Treppenhäuserdurchlaufen genauso zu
vermeiden seien wie der direkte Kontakt zu Klienten oder zum Publikum. Davon,
dass der Beschwerdeführer in einer solchen Tätigkeit das von Dr. med.
B.________ auf 80 bis 90 % (oder mehr) der Norm eingeschätzte Rendement
lediglich unter Einnahme von Psychopharmaka bewerkstelligen könnte, geht der
Arzt hingegen nicht aus, weshalb sich Ausführungen dazu erübrigen.

4.4. Wenn das kantonale Gericht angesichts dessen für die Einschätzung der
Restarbeitsfähigkeit auf den Bericht von Dr. med. B.________ abstellt, lässt
sich dies letztinstanzlich nicht beanstanden. Von einer rechtsfehlerhaften,
willkürlichen Sachverhaltsfeststellung kann nicht die Rede sein.

4.5. Ebenso wenig ist der Untersuchungsgrundsatz verletzt, wurden doch mit der
Beauftragung von Dr. med. B.________ der psychische Gesundheitszustand und
dessen Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit fachspezifisch einer Klärung
zugeführt. Diese beruht auf einer umfassenden Anamnese, berücksichtigt die
geltend gemachten Leiden und setzt sich mit den beigezogenen Arztberichten
auseinander. Dass sich der Experte bei der Berichterstattung auf die
wesentlichen Punkte beschränkt hat, ist nicht zu beanstanden. Insoweit musste
er auch keine Ausführungen dazu machen, ob die geltend gemachten Tachykardien
(ugs. Herzrasen;) möglicherweise im Zusammenhang mit der Angststörung stehen.
Entscheidend ist, dass er eine Arbeitstätigkeit umschrieben hat, mit welcher
der Versicherte trotz bestehender Angststörung in zumutbarer Weise einer
Erwerbstätigkeit nachgehen kann.

4.6. Aus Sicht des Beschwerdeführers mögen mit dem Gutachten zwar nicht
sämtliche sich ihm stellenden Fragen geklärt sein. Auch geht er, unterstützt
durch Dr. med. C.________, Facharzt für Innere Medizin FMH, von einer
geringeren Leistungsfähigkeit aus als von Dr. med. B.________ festgelegt. Dies
reicht indessen nicht aus, um die Abklärungen als unvollständig und die daraus
gezogenen Schlüsse als qualifiziert falsch erscheinen zu lassen, geschweige
denn ein Obergutachten zu bewirken. Soweit er übrigens darauf hinweist, seit
neuestem Antidepressiva zu sich zu nehmen, ist damit nichts gewonnen, gilt es
vorliegend doch den Gesundheitszustand zum Verfügungszeitpunkt zu beurteilen
und handelt es sich bei diesem Vorbringen überdies ohnehin um ein
letztinstanzlich unzulässiges Novum (Art. 99 Abs. 1 BGG). Vom Beschwerdeführer
aufgegriffene Fragen zu allfälligen Regressmöglichkeiten bei durch Verrichtung
einer dem Tätigkeitsprofil entsprechenden Arbeit allenfalls durch ihn
verursachten Schäden liegen sodann ausserhalb des Streitgegenstandes.

4.7. Dass sich im vom Gesetzgeber für die Invaliditätsbemessung als
ausgeglichen unterstellten Arbeitsmarkt (vgl. Art. 7 Abs. 1 und Art. 16 ATSG)
in hinreichender Anzahl Tätigkeiten finden, die einem von Dr. med. B.________
beschriebenen Profil entsprechen, ist zu Recht nicht näher in Frage gestellt.
Da überdies die Festsetzung der erwerblichen Auswirkungen (Invaliditätsgrad)
letztinstanzlich ebenfalls nicht näher beanstandet wird, hat es damit sein
Bewenden. Die Beschwerde ist abzuweisen.

5. 
Die Gerichtskosten sind ausgangsgemäss dem Beschwerdeführer zu überbinden (Art.
66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 11. Dezember 2014
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Grünvogel

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