Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.991/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_991/2014

Urteil vom 2. Februar 2015

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Rüedi,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiberin Andres.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Gregor Münch,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Strafzumessung (versuchte eventualvorsätzliche Tötung etc.), stationäre
therapeutische Massnahme,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, vom 11. Juli 2014.

Sachverhalt:

A.

 Das Obergericht des Kantons Zürich sprach X.________ am 11. Juli 2014
zweitinstanzlich wegen versuchter eventualvorsätzlicher Tötung schuldig. Es
verurteilte ihn unter Berücksichtigung der rechtskräftigen erstinstanzlichen
Schuldsprüche wegen Raufhandels sowie Sachbe-schädigung zu einer
Freiheitsstrafe von sieben Jahren und ordnete eine stationäre therapeutische
Massnahme im Sinne von Art. 59 Abs. 1 und 2 StGB an.

 Dem Schuldspruch wegen versuchter eventualvorsätzlicher Tötung liegt folgender
Sachverhalt zugrunde:

 Am 16. November 2011 versetzten X.________ und Y.________ während einer
tätlichen Auseinandersetzung dem am Boden liegenden A.________ je sieben bis
acht heftige Fusstritte gegen den Oberkörper. X.________ trat ihn zudem fünf
bis sechs Mal gegen das Gesicht und den Kopf, wobei A.________ nach dem ersten
Tritt keine Abwehrreaktion mehr zeigte, mithin wehrlos war. Letzterer erlitt
Verletzungen, die vorübergehend zu einer direkten und unmittelbaren
Lebensgefahr führten.

B.

 X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen sinngemäss, das Urteil des
Obergerichts des Kantons Zürich sei teilweise aufzuheben, und er sei mit einer
Freiheitsstrafe von maximal vier Jahren zu bestrafen. Es sei eine ambulante
Massnahme anzuordnen und der Vollzug der Strafe zu deren Gunsten aufzuschieben.
Eventualiter sei die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Er ersucht um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer kritisiert die Strafzumessung. Die Vorinstanz habe
wesentliche Gesichtspunkte nicht berücksichtigt beziehungsweise in
Überschreitung ihres Ermessens falsch gewichtet.

1.2. Das Bundesgericht hat die Grundsätze der Strafzumessung nach Art. 47 ff.
StGB wiederholt dargelegt (BGE 136 IV 55 E. 5.4 ff. S. 59 ff. mit Hinweisen).
Es greift in die Strafzumessung nur ein, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen
Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie von rechtlich nicht
massgebenden Kriterien ausgegangen ist, wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht
gelassen bzw. in Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch
gewichtet hat (BGE 136 IV 55 E. 5.6 S. 61 mit Hinweis).

1.3.

1.3.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz lasse sich von nicht
massgebenden Kriterien leiten, wenn sie ausführe, aufgrund des sehr grausamen
Vorgehens bewege sich die objektive Tatschwere in der Nähe eines Mordes. Die
Vorinstanz habe bei der Art und Weise des Vorgehens nicht den gesamten
Geschehensablauf berücksichtigt, insbesondere habe sie den Angriff des Opfers
mit einem Schraubenzieher ausser Acht gelassen. Richtigerweise sei nicht von
einem sehr schweren, sondern "nur" von einem erheblichen Verschulden auszugehen
und die Einsatzstrafe auf zehn Jahre festzusetzen. Auch beim subjektiven
Verschulden blende die Vorinstanz die Vorgeschichte der Tat vollständig aus,
wenn sie von einem völlig nichtigen Anlass ausgehe. Sein auf den Angriff des
Opfers folgendes Verhalten sei gemäss dem psychiatrischen Gutachten durch seine
Krankheit und Sucht begründet. Seine Erkrankung und der damit einhergehende
Kontrollverlust hätten die Tat deutlich begünstigt, was zu berücksichtigen sei.
Insgesamt sei eine hypothetische Einsatzstrafe von höchstens fünf Jahren
schuldangemessen.

1.3.2. Die Vorinstanz berücksichtigt bei der objektiven Tatschwere, dass der
Beschwerdeführer das Opfer erst gegen den ganzen Körper trat und ihm dann
massive Fusstritte gegen den Kopf sowie das Gesicht versetzte, wodurch es sehr
schwere Verletzungen erlitt. Sie erwägt, er habe erst vom regungslos am Boden
liegenden Opfer abgelassen, als andere intervenierten. Das Opfer habe nur dank
rascher medizinischer Versorgung überlebt, habe rund vier Monate behandelt
werden müssen und leide noch heute unter fehlendem Sicherheitsgefühl (Urteil S.
15 f.). Durch ihren Hinweis, die objektive Tatschwere bewege sich in der Nähe
eines Mordes, unterstreicht die Vorinstanz lediglich ihren Schluss, das
objektive Verschulden sei aufgrund des sehr grausamen Vorgehens als sehr schwer
einzustufen. Dies ist nicht zu beanstanden. Die Vorinstanz wirft dem
Beschwerdeführer kein nicht angeklagtes skrupelloses Verhalten vor und lässt
sich nicht von unmassgebenden Kriterien leiten. Ferner überschreitet sie ihr
Ermessen nicht, indem sie das Verhalten des Opfers beziehungsweise dessen
Angriff mit einem Schraubenzieher auf den Kollegen des Beschwerdeführers bei
der objektiven Tatschwere unbeachtet lässt. Entgegen der Beschwerde
berücksichtigt sie das Opferverhalten und den Umstand, dass der
Beschwerdeführer aufgrund seiner Erkrankung nicht adäquat darauf reagieren
konnte, im Rahmen des subjektiven Verschuldens. Mit Hinweis auf die
Ausführungen der ersten Instanz erachtet sie gestützt auf das psychiatrische
Gutachten als erstellt, dass beim Beschwerdeführer im Tatzeitpunkt ein
komplexes psychiatrisches Störungsbild vorgelegen habe, das ursächlich auf die
Kombination einer manischen Episode sowie eine Mischintoxikation zurückgehe und
sich durch eine generell erhöhte Reizbarkeit, Impulsivität sowie
Frustrationstoleranz mit Streitlust sowie der Neigung zu
Aggressionsdurchbrüchen auszeichne. Die Gutachter hielten fest, dass eine
zumindest mittelgradige Verminderung der Steuerungsfähigkeit im
Deliktszeitpunkt als sehr wahrscheinlich angesehen werden könne. Aufgrund
seiner Störung sei es dem Beschwerdeführer deutlich erschwert gewesen, seine
aggressiven Impulse zu beherrschen (Urteil S. 15 f.; erstinstanzliches Urteil
S. 59 f.). Gestützt auf das Gutachten geht die Vorinstanz von einer
mittelgradig verminderten Schuldfähigkeit des Beschwerdeführers aus und
reduziert die hypothetische Einsatzstrafe um die Hälfte auf acht Jahre. Damit
berücksichtigt sie den Umstand, dass er aufgrund seiner Erkrankung nicht
adäquat auf das Opferverhalten reagieren konnte, bei der Bemessung des
Verschuldens hinreichend. Dass sie von einem nichtigen Motiv ausgeht, ist nicht
zu beanstanden.

1.4.

1.4.1. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz werte die Täterkomponenten
ungenügend strafmindernd. So beachte sie nicht, dass er keine einfache Kindheit
und Jugend gehabt habe. Ferner berücksichtige sie sein Geständnis und
Nachtatverhalten sowie seine Einsicht und Reue kaum. Aufgrund der
Täterkomponenten sei die Einsatzstrafe um mindestens zwei Jahre zu reduzieren.

1.4.2. Die Vorinstanz bewertet die im erstinstanzlichen Urteil aufgezeigten
persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers und seine Vorstrafenlosigkeit
neutral (Urteil S. 16; erstinstanzliches Urteil S. 65 f.). Dieser bringt nichts
vor, das darauf hindeuten würde, dass die Vorinstanz damit ihr Ermessen
überschreitet. Dass er geltend macht, er habe keine einfache Kindheit und
Jugend gehabt, durfte die Vorinstanz im Rahmen ihres Ermessens unberücksichtigt
lassen (vgl. BGE 127 IV 101 E. 2c S. 105).

 Das Geständnis des Beschwerdeführers und sein Nachtatverhalten berücksichtigt
die Vorinstanz strafmindernd. Entgegen der Beschwerde trifft es nicht zu, dass
die Vorinstanz die Entschuldigung des Beschwerdeführers beim Opfer und seine
freiwilligen Zahlungen an dieses ausser Acht lässt (vgl. Urteil S. 16 f.). In
welchem Umfang sie diese Komponenten zu seinen Gunsten wertet, gibt sie zwar
nicht explizit an (vgl. Art. 50 StGB; BGE 134 IV 17 E. 2.1 S. 20; Urteil 6B_417
/2012 vom 14. Januar 2013 E. 4.3; je mit Hinweisen), aufgrund des Kontexts ist
jedoch von einer leichten bis mittleren Strafminderung auszugehen. Dies ist
nicht zu beanstanden, zumal die Vorinstanz darauf hinweist, dass der
Beschwerdeführer nicht hinsichtlich des gesamten angeklagten Sachverhalts
geständig war (Urteil S. 16 f.). So bestritt er noch im Berufungsverfahren,
gewusst zu haben, dass das Opfer bewusst- beziehungsweise wehrlos war, als er
es gegen den Kopf trat, und minimierte die Anzahl Fusstritte (Urteil S. 10). Ob
die Ausführungen des Beschwerdeführers hinsichtlich des Zeitpunkts seines
Geständnisses zutreffen, kann offenbleiben, da sie nichts daran zu ändern
vermögen, dass die Vorinstanz zu Recht von einem lediglich eingeschränkten
Geständnis ausgeht. Ihre Ausführungen widersprechen sich in diesem Punkt nicht.

 Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer zeige wenig Einsicht und Reue,
sondern habe anlässlich der Berufungsverhandlung ausgeführt, alle Beteiligten,
auch das Opfer, trügen Schuld an dem Vorfall. Dies weise auf eine starke
Bagatellisierungstendenz hin (Urteil S. 17). Indem der Beschwerdeführer
einwendet, dem psychiatrischen Gutachten sei zu entnehmen, er sei äusserst
betroffen von den Folgen seiner Tat für das Opfer und bedaure das Vorgefallene
zutiefst, gelingt es ihm nicht darzulegen, inwiefern die gegenteilige Ansicht
der Vorinstanz schlechterdings unhaltbar ist. Sie konnte sich einen eigenen
Eindruck verschaffen und war bei ihrer Beurteilung nicht an jene der Gutachter
gebunden. Selbst in Berücksichtigung seiner Nervosität und
Desaktualisierungsschwäche ist nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz
aufgrund seiner Aussagen anlässlich der Berufungsverhandlung auf wenig Einsicht
und Reue schliesst (vgl. kantonale Akten, act. 190 S. 33 f.).

 Den Umstand, dass es beim Versuch einer Tötung geblieben ist, wertet die
Vorinstanz nur sehr leicht strafmindernd, was der Beschwerdeführer zu Recht
nicht kritisiert. Insgesamt reduziert sie die Einsatzstrafe aufgrund der
Täterkomponenten um rund ein Jahr und erhöht sie für die weiteren Delikte
(Raufhandel und Sachbeschädigung) um einen Monat, was angesichts ihres weiten
Ermessens nicht zu beanstanden ist (Urteil S. 17).

1.5. Die Vorinstanz berücksichtigt sämtliche relevanten
Strafzumessungskriterien. Ihre Erwägungen und die daraus gezogenen Schlüsse
sind nachvollziehbar. Sie verletzt das ihr bei der Strafzumessung zustehende
Ermessen nicht. Die Freiheitsstrafe von sieben Jahren ist auch im Ergebnis
nicht zu beanstanden.

2.

2.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Anordnung einer stationären
therapeutischen Massnahme nach Art. 59 Abs. 1 StGB. Gemäss dem psychiatrischen
Gutachten seien die Voraussetzungen sowohl für eine stationäre als auch eine
ambulante Massnahme erfüllt. Die Sachverständigen bevorzugten jedoch eine
ambulante Massnahme unter Strafaufschub. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb
die Vorinstanz dieser Empfehlung nicht folge. Entgegen ihrer Ansicht sei eine
stationäre Massnahme nicht verhältnismässig. Ebenso wenig stehe dem Aufschub
der mehrjährigen Freiheitsstrafe zugunsten einer ambulanten Behandlung die
Rechtsgleichheit entgegen, insbesondere da die Freiheitsstrafe auf vier Jahre
herabzusetzen sei. Es sei daher eine ambulante Behandlung unter Strafaufschub
anzuordnen.

2.2.

2.2.1. Eine Massnahme ist anzuordnen, wenn eine Strafe allein nicht geeignet
ist, der Gefahr weiterer Straftaten des Täters zu begegnen, ein
Behandlungsbedürfnis des Täters besteht oder die öffentliche Sicherheit dies
erfordert und die Voraussetzungen der Artikel 59-61, 63 oder 64 erfüllt sind
(Art. 56 Abs. 1 StGB).

 Nach Art. 59 Abs. 1 StGB ist für die Anordnung einer stationären
therapeutischen Massnahme erforderlich, dass der Täter psychisch schwer gestört
ist, sein Verbrechen oder Vergehen im Zusammenhang mit seiner psychischen
Störung steht und zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit
seiner Störung in Zusammenhang stehender Taten begegnen. Gemäss Art. 63 Abs. 1
StGB kann das Gericht, wenn der Täter psychisch schwer gestört ist, anordnen,
dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn er eine mit
Strafe bedrohte Tat verübt, die mit seinem Zustand in Zusammenhang steht und
wenn zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit dem Zustand
des Täters in Zusammenhang stehender Taten begegnen.

2.2.2. Nach Art. 63 Abs. 2 StGB kann das Gericht den Vollzug einer zugleich
ausgesprochenen Freiheitsstrafe zugunsten einer ambulanten Massnahme
aufschieben, um der Art der Behandlung Rechnung zu tragen. Grundsätzlich wird
die ambulante Massnahme gleichzeitig mit dem Strafvollzug durchgeführt. Es ist
vom Ausnahmecharakter des Strafaufschubs auszugehen (BGE 129 IV 161 E. 4.1 S.
162 f. und E. 4.3 S. 165 mit Hinweisen). Dieser ist an zwei Voraussetzungen
gebunden. Einerseits muss der Täter ungefährlich sein. Dass gefährliche Täter
nicht in Freiheit belassen werden können, ergibt sich aus dem Zweck der
Massnahme. Diese hat der Deliktsprävention zu dienen. Um einen Strafaufschub
auszuschliessen, muss vom Täter allerdings eine besondere Rückfallgefahr
ausgehen, weil eine schlechte Legalprognose bei der Anordnung einer Massnahme
per definitionem vorausgesetzt wird (Marianne Heer, in: Basler Kommentar,
Strafrecht, Bd. I, 3. Aufl. 2013, N. 40 und 44 zu Art. 63 StGB). Gefährdet ein
Täter die öffentliche Sicherheit in schwerwiegender Weise, kommt ein
Strafaufschub nicht in Frage (vgl. BGE 123 IV 100 E. 3b S. 104; 100 IV 12 E. 2a
S. 14). Andererseits muss die ambulante Therapie vor-dringlich sein. Ein
Aufschub muss sich aus Gründen der Heilbehandlung hinreichend rechtfertigen.
Unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgebots muss der Behandlungsbedarf umso
ausgeprägter sein, je länger die zugunsten der ambulanten Therapie
aufzuschiebende Freiheitsstrafe ist (BGE 129 IV 161 E. 4.1 S. 162 f.; Urteil
6B_425/2012 vom 19. November 2012 E. 1.2; je mit Hinweisen).

 Demgegenüber geht der Vollzug einer stationären Massnahme nach den Artikeln
59-61 StGB einer zugleich ausgesprochenen Freiheitsstrafe voraus (Art. 57 Abs.
2 StGB).

2.2.3. Das Gericht stützt sich bei seinem Entscheid über die Anordnung einer
stationären oder einer ambulanten Massnahme zur Behandlung psychischer
Störungen nach Art. 59 und 63 StGB sowie deren allfälligen Aufschub auf eine
sachverständige Begutachtung (Art. 56 Abs. 3 StGB; BGE 129 IV 161 E. 4.1 S.
163; 116 IV 101 E. 1b S. 103). Es würdigt das Gutachten grundsätzlich frei. In
Fachfragen darf es aber nicht ohne triftige Gründe von diesem abweichen und
muss Abweichungen begründen (BGE 136 II 539 E. 3.2 S. 547 f.).

2.3. Die Vorinstanz stützt sich für ihren Entscheid auf das psychiatrische
Gutachten vom 31. Mai 2013. Danach habe der Beschwerdeführer im Tatzeitpunkt
mit grosser Wahrscheinlichkeit zumindest an den Vorboten einer im
Beurteilungszeitpunkt diagnostizierten manisch-depressiven Grunderkrankung
gelitten und sei infolge seines gewohnheitsmässigen Alkohol- sowie
Cannabismissbrauchs unter der Wirkung einer Mischintoxikation gestanden. Ohne
adäquate Behandlung sei das Risiko für weitere Gewalthandlungen sowohl aufgrund
der manisch-depressiven Erkrankung als auch durch die Tendenz zum Missbrauch
psychotroper Substanzen deutlich erhöht. Diese Störungen beständen weiter und
seien von erheblicher Schwere. Die Tat des Beschwerdeführers sei sehr
wahrscheinlich durch beide Störungen deutlich begünstigt worden. Diese seien
durch eine integrierte sozialpsychiatrische-psychotherapeutische Behandlung
anzugehen. Bei deren erfolgreichem Verlauf könnten sich die
deliktbegünstigenden Symptome deutlich zurückbilden, sodass die Gefahr erneuter
Gewaltdelikte reduziert wäre. Der Beschwerdeführer sei bereit, sich einer
entsprechenden Behandlung zu unterziehen, andernfalls wäre eine solche auch
gegen seinen Willen erfolgsversprechend. Aus medizinischer Sicht seien sowohl
die Voraussetzungen für eine stationäre wie auch für eine ambulante Massnahme
erfüllt. Allerdings könne der Art der Behandlung bei gleichzeitigem oder
vorherigem Strafvollzug nicht Rechnung getragen werden, da Symptome der
Erkrankung wie Affektlabilität, verminderte Frustrationstoleranz, Neigung zu
Affektdurchbrüchen etc. durch die Haftbedingungen mit grosser
Wahrscheinlichkeit verstärkt würden (kantonale Akten, act. 129 S. 35 ff.).

2.4. Die Vorinstanz erwägt, die Ausführungen der ersten Instanz, wonach die
bisher nur geringen Sozialisierungsbemühungen des Beschwerdeführers in
Freiheit, die auszufällende mehrjährige Freiheitsstrafe und die schwerwiegende
Anlasstat mit nicht mehr leichtem Verschulden eine stationäre Massnahme im
Sinne von Art. 59 Abs. 1 StGB für angezeigt und verhältnismässig erscheinen
lassen, überzeugten weiterhin. In der Zwischenzeit habe der Beschwerdeführer
die freiwillige ambulante Behandlung abgebrochen und habe nach Ablauf seiner
Praktikumsstelle keine konkreten beruflichen Zukunftspläne. Entscheidend sei
zudem, dass sich der Aufschub der mehrjährigen Freiheitsstrafe zugunsten einer
ambulanten Behandlung mit der Rechtsgleichheit nicht mehr vereinbaren liesse
(Urteil S. 18).

2.5. Dass die Voraussetzungen von Art. 56 Abs. 1 StGB erfüllt sind, bestreitet
der Beschwerdeführer zu Recht nicht. Dem Gutachten ist zu entnehmen, dass
sowohl eine ambulante als auch eine stationäre Massnahme geeignet sind, die
Gefahr erneuter Gewaltdelikte des Beschwerdeführers zu reduzieren, sofern die
ausgesprochene Freiheitsstrafe aufgeschoben wird. Demgegenüber erachten die
Gutachter eine Behandlung während des Strafvollzugs nicht als zweckmässig. Ob
die Voraussetzungen von Art. 63 Abs. 2 StGB für den Strafaufschub zugunsten
einer ambulanten Massnahme erfüllt sind, ist keine von den Sachverständigen zu
beantwortende Fachfrage, sondern eine durch das Gericht zu beurteilende
Rechtsfrage. Der Beschwerdeführer hat wiederholt einem wehrlos auf dem Boden
liegenden Menschen auf den Kopf und in das Gesicht getreten. Die Vorinstanz
weist zutreffend darauf hin, dass es sich dabei um eine schwerwiegende
Anlasstat handelt, wobei das Verschulden des Beschwerdeführers trotz seiner
mittelgradig verminderten Schuldfähigkeit nicht mehr leicht wiegt. Gemäss dem
Gutachten besteht beim Beschwerdeführer eine deutlich erhöhte Rückfallgefahr
für erneute Gewalthandlungen. Demnach ist davon auszugehen, dass der
Beschwerdeführer die öffentliche Sicherheit schwer gefährdet, weshalb ein
Strafaufschub ausser Frage steht (vgl. E. 2.2.2; MARIANNE HEER, a.a.O., N. 43
f. zu Art. 63 StGB). Folglich kann offenbleiben, ob der Aufschub der
siebenjährigen Freiheitsstrafe zugunsten einer ambulanten Behandlung mit der
Rechtsgleichheit vereinbar wäre.

 Entgegen der Beschwerde sind vorliegend die gesetzlichen Voraussetzungen einer
ambulanten Behandlung nach Art. 63 StGB nicht erfüllt. Während eine ambulante
Massnahme mit Strafaufschub aus rechtlichen Gründen nicht möglich ist,
erscheint eine solche während des Strafvollzugs aus medizinischer Sicht nicht
geeignet. Demgegenüber sind die Voraussetzungen einer stationären Massnahme
gemäss Art. 59 Abs. 1 StGB erfüllt, deren Vollzug von Gesetzes wegen der
ausgesprochenen Freiheitsstrafe vorausgeht (vgl. Art. 57 Abs. 2 StGB). Die
Frage, welche Massnahme den Beschwerdeführer am wenigsten beschwert, stellt
sich demnach nicht (vgl. Art. 56a Abs. 1 StGB). Dass eine stationäre
therapeutische Massnahme nach Art. 59 Abs. 1 StGB unverhältnismässig ist, legt
der Beschwerdeführer nicht dar und ist nicht ersichtlich. Deren Anordnung ist
bundesrechtskonform.

3.

 Die Beschwerde ist abzuweisen. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und
Verbeiständung ist infolge Aussichtslosigkeit der Beschwerde abzuweisen (Art.
64 Abs. 1 und 2 BGG). Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen
(Art. 66 Abs. 1 BGG). Seiner finanziellen Lage ist mit einer reduzierten
Gerichtsgebühr Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Opfer und dem Obergericht des Kantons
Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 2. Februar 2015

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Andres

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