Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.968/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_968/2014

Urteil vom 24. Dezember 2014

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Oberholzer,
Gerichtsschreiber Briw.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Stephan Schlegel,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Strafbefehl, Wiederherstellung der Frist zur Einsprache,

Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung, vom
17. September 2014.

Sachverhalt:

A. 
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern erliess am 14. Dezember 2012 einen
Strafbefehl gegen X.________ des folgenden Inhalts:

 "1. Sie haben sich schuldig gemacht
- des Landfriedensbruchs
- der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte
- der Sachbeschädigung
- der Vermummung
begangen am 20.03.2012, ca. zwischen 22.30 Uhr und 23.07 Uhr, in Luzern,
Bahnhof.

2. Sie werden in Anwendung von
Art. 34, Art. 42 Abs. 1 und 4, Art. 49 Abs. 1, Art. 106 Abs. 1, Art. 144 Abs.
2, Art. 260 Abs. 1, Art. 285 Ziff. 2 Abs. 2 StGB,
§ 9a Abs. 1 UestG
bestraft mit einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je Fr. 30.00.
Die Geldstrafe wird bedingt ausgesprochen bei einer Probezeit von 2 Jahren
(Art. 42 Abs. 1 und 44 StGB).
Zusätzlich wird eine Busse von Fr. 1'400.00 ausgesprochen.
Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt 14 Tage (Art. 106 Abs. 2 StGB).

3. Sie haben die amtlichen Kosten zu tragen [...]."

 X.________ erhob keine Einsprache und bezahlte am 15. Januar 2013 die Busse
und die Kosten.

 X.________ ersuchte am 6. Mai 2014 die Staatsanwaltschaft Luzern um
Wiederherstellung der Frist zur Einreichung einer Einsprache gegen den
Strafbefehl vom 14. Dezember 2012 und reichte zugleich eine Einsprache gegen
den Strafbefehl ein.

 Die Staatsanwaltschaft wies am 7. Juli 2014 das Gesuch um Wiederherstellung
der Frist ab.

B. 
Das Kantonsgericht Luzern wies am 17. September 2014 die Beschwerde von
X.________ und die mit ihr gestellten Anträge ab.

C. 
X.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, in Gutheissung
der Beschwerde den Beschluss des Kantonsgerichts aufzuheben und die Sache zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz unter Kosten- und Entschädigungsfolgen
zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz hätte die Verfügung der
Staatsanwaltschaft vom 7. Juli 2014 aufheben und das Verfahren zunächst
antragsgemäss an das erstinstanzliche Gericht zum weiteren Entscheid über die
Gültigkeit der erhobenen Einsprache und des Strafbefehls verweisen müssen. Die
Nicht-Überweisung verletze Art. 356 Abs. 2 StPO. Eventualiter hätte die
Vorinstanz die Beschwerde gutheissen, die angefochtene Verfügung aufheben und
von Amtes wegen die Nichtigkeit des Strafbefehls vom 14. Dezember 2012
feststellen müssen. Dem Strafbefehl habe eine Sachverhaltsdarstellung im Sinne
von Art. 353 Abs. 1 lit. c StPO gefehlt. Der gravierende Mangel bedinge nicht
nur die Ungültigkeit des Strafbefehls (Urteil 6B_848/2013 vom 3. April 2014 E.
1.3 f.), sondern auch dessen Nichtigkeit. Dies, weil der Strafbefehl in der
vorhandenen Form nicht geeignet sei, den Umfang der abgeurteilten Sache
einzugrenzen und damit auch den Anforderungen des Verbots der Doppelbestrafung
("ne bis in idem"; Art. 4 des 7. Zusatzprotokolls EMRK) und von Art. 11 Abs. 1
StPO zu genügen.

1.2. Die Vorinstanz führt zum Eventualantrag des Beschwerdeführers auf
Aufhebung des abweisenden staatsanwaltschaftlichen Wiedererwägungsentscheids
(und Feststellung der Nichtigkeit des Strafbefehls vom 14. Dezember 2012) aus,
der Beschwerdeführer habe die Frist zur Einsprache versäumt. Damit sei ein
erheblicher und unersetzlicher Rechtsverlust gegeben. Der Strafbefehl sei dem
Beschwerdeführer unbestritten korrekt zugestellt worden und habe eine korrekte
Rechtsmittelbelehrung enthalten. Die Wiederherstellung der Frist könne nur bei
klarer Schuldlosigkeit gewährt werden. Jedes noch so kleine Verschulden einer
Partei, ihres Vertreters oder einer beigezogenen Hilfsperson schliesse eine
Wiederherstellung aus (Urteil 6B_125/2011 vom 7. Juli 2011 E. 1). Der
Beschwerdeführer mache solche Wiederherstellungsgründe nicht geltend. Die
Staatsanwaltschaft stelle zutreffend fest, er hätte gegen den Strafbefehl ohne
Weiteres rechtzeitig Einsprache erheben können; im Umstand, dass er darauf
verzichtet habe, liege keine unverschuldete Säumnis.

1.3. Gemäss Art. 354 Abs. 3 StPO wird der Strafbefehl ohne gültige Einsprache
zum rechtskräftigen Urteil. Bei Säumnis kann gemäss Art. 94 StPO die
Wiederherstellung verlangt werden, wenn die Partei eine Frist versäumt hat und
ihr daraus ein erheblicher und unersetzlicher Rechtsverlust erwachsen würde;
dabei hat sie glaubhaft zu machen, dass sie an der Säumnis kein Verschulden
trifft. Zu prüfen ist einzig die gesetzliche Voraussetzung, dass den
Beschwerdeführer "an der Säumnis kein Verschulden trifft".

 Der Beschwerdeführer war nach den vorinstanzlichen Feststellungen (Art. 105
Abs. 1 BGG) ohne Weiteres in der Lage, Einsprache zu erheben. Er verzichtete
darauf. Nach der Rechtsprechung kann von einer unverschuldeten Fristversäumnis
selbst in dem Fall keine Rede sein, dass dieser Entscheid von der durchaus
nachvollziehbaren Einschätzung durch eine Rechtsschutzversicherung beeinflusst
war (Urteil 6B_503/2013 vom 27. August 2013 E. 3.4 mit Hinweis auf Urteil
6B_622/2012 vom 1. November 2012 E. 1). Die Vorinstanz verweist zu Recht auf
das Urteil 6B_125/2011 vom 7. Juli 2011 E. 1, wonach die Wiederherstellung nur
bei klarer Schuldlosigkeit gewährt werden kann und jedes Verschulden einer
Partei, ihres Vertreters oder beigezogener Hilfspersonen, so geringfügig es
sein mag, die Wiederherstellung ausschliesst (differenzierend NIKLAUS
OBERHOLZER, Grundzüge des Strafprozessrechts, 3. Aufl. 2012, S. 465 ff.). Die
Rechtsprechung ist darin begründet, dass die Rechtskraft eines strafrechtlichen
Urteils nicht leicht durchbrochen werden darf. Bei der Versäumnis gesetzlicher
Fristen sind strengere Anforderungen zu stellen ( OBERHOLZER, a.a.O., S. 465,
Rz. 1316).

 Die versäumte Frist von Art. 354 Abs. 1 StPO lässt sich nicht gemäss Art. 94
Abs. 1 StPO wiederherstellen.

1.4. Der Beschwerdeführer bringt vor, die Vorinstanz habe die Nichtigkeit des
Strafbefehls verneint, obwohl sie aufgrund der bekannten bundesgerichtliche
Rechtsprechung zur Ungültigkeit von Strafbefehlen ohne ausreichende
Sachverhaltsfeststellung hätte von Amtes wegen die Nichtigkeit feststellen
müssen.

 Die Vorinstanz hält fest, der Beschwerdeführer werfe gestützt auf das Urteil
6B_848/2013 vom 3. April 2014 die Frage auf, ob Ungültigkeit mit Nichtigkeit
gleichzusetzen sei. In diesem Urteil sei das Bundesgericht von der Ungültigkeit
eines Strafbefehls ausgegangen, der weder den zur Last gelegten Sachverhalt
noch die Tatzeit enthielt. Dazu hält die Vorinstanz zutreffend fest,
fehlerhafte amtliche Verfahrenshandlungen seien in der Regel nicht nichtig,
sondern anfechtbar (BGE 137 I 273 E. 3.1; 138 II 501 E. 3.1). Sie weist ferner
zutreffend auf das Urteil 6B_744/2008 vom 23. Januar 2009 hin, wo das
Bundesgericht in E. 1.3 ausführte, dass im Bereich des Strafrechts die
Rechtssicherheit von besonderer Bedeutung ist und es nicht angehen könne,
allenfalls noch nach Jahren ein unangefochten gebliebenes und in formelle
Rechtskraft erwachsenes Strafurteil nichtig zu erklären. Die in der
Rechtsprechung erwähnten Voraussetzungen müssen gegeben sein.

 Der Strafbefehl wurde von der zuständigen Behörde erlassen. Er enthält die
Schuldsprüche mit detaillierter Angabe der angewendeten Gesetzesvorschriften
und die ausgefällte Strafe, die Kostenentscheidung und die
Rechtsmittelbelehrung. Hingegen fehlt der "Sachverhalt, welcher der
beschuldigten Person zur Last gelegt wird" (Art. 353 Abs. 1 lit. c StPO). Damit
erweist sich der Strafbefehl vom 14. Dezember 2012 in diesem Punkt als
"ungültig" (Art. 356 Abs. 5 StPO; vgl. Urteil 6B_848/2013 vom 3. April 2014 E.
1.4) und wäre im ordentlichen Verfahren aufzuheben. Diese Ungültigkeit wegen
Verletzung von Inhaltsvorschriften des Strafbefehls gemäss Art. 353 Abs. 1 lit.
c i.V.m. Art. 325 Abs. 1 lit. f StPO führt indessen nicht zur Nichtigkeit.
Diese Rechtsfolge kommt nur bei besonders schweren Rechtsverletzungen und damit
nur in krassen Ausnahmefällen in Betracht (Urteil 6B_339/2012 vom 11. Oktober
2012 E. 1.2.1).

 In diesem Zusammenhang weist die Vorinstanz darauf hin, dass der
Beschwerdeführer vor Erlass des Strafbefehls im Rahmen der polizeilichen
Einvernahme angehört und mit dem massgebenden Sachverhalt konfrontiert wurde.
Er sei deshalb zweifellos informiert gewesen, dass sich die im Strafbefehl
enthaltenen präzisen Angaben von Tatort und Tatzeit sowie die im Strafbefehl
aufgelisteten Straftaten auf die Ausschreitungen der GC-Fans vom 20. März 2012
bezogen, bei denen im Bahnhof Luzern Gegenstände gegen Polizisten geworfen
wurden und erheblicher Sachschaden entstand. Der Beschwerdeführer habe
bestätigt, dass er die betreffende Person war. Er habe in voller Kenntnis aller
Tatvorwürfe auf eine Einsprache verzichtet (Urteil S. 8 f.).

 Eine Nichtigkeit des Strafbefehls lässt sich nicht annehmen.

1.5. Der Beschwerdeführer bringt zutreffend vor, die möglichst genaue
Schilderung des Sachverhalts im Strafbefehl sei auch wegen des Prinzips "ne bis
in idem" oder dem Verbot der doppelten Strafverfolgung (Art. 11 Abs. 1 StPO)
notwendig (vgl. Urteil 6B_848/2013 vom 3. April 2014 E. 1.3.1).

 Wie die Vorinstanz festhält, geht die Identität des Beschwerdeführers und der
Straftaten aufgrund der Angaben zu Tatzeit, Tatort und Bezeichnung der
Widerhandlungen eindeutig aus dem Strafbefehl hervor, so dass ihm keine erneute
Strafverfolgung und Aburteilung droht (Urteil S. 8). Einer erneuten
Strafverfolgung stünde das Prinzip des "ne bis in idem" entgegen, worauf sich
der Beschwerdeführer ohne Weiteres berufen könnte. Die Frage stellt sich hier
nicht und ist als rein theoretische auch nicht weiter zu beurteilen.

2.

2.1. Der Strafbefehl ist ein Vorschlag zur aussergerichtlichen Erledigung der
Strafsache (BGE 140 IV 82 E. 2.6) bzw. ein Angebot zur summarischen
Verfahrenserledigung. Ohne gültige Einsprache wird er zum rechtskräftigen
Urteil (Art. 354 Abs. 3 StPO). Der Strafbefehl genügt rechtsstaatlichen
Anforderungen, weil die beschuldigte Person mit Einsprache, ohne diese
begründen zu müssen, die gerichtliche Beurteilung verlangen kann (Art. 354 Abs.
2 StPO). Nach der Konzeption der StPO kann die beschuldigte Person auf eine
Einsprache verzichten. Auf den gerichtlichen Rechtsschutz kann indessen nur die
informierte Person verzichten (BGE 140 IV 82 E. 2.6; Urteil 6B_152/2013 vom 27.
Mai 2013). Beide bundesgerichtlichen Entscheide betrafen die Rückzugsfiktion
gemäss Art. 355 Abs. 2 StPO und mithin Fälle vorgängiger Einsprache.

 Wie sich dem Urteil 6B_848/2013 vom 3. April 2014 E. 1.4 entnehmen lässt,
entsprach es der üblichen Praxis im Kanton Luzern, den Sachverhalt erst bei der
Überweisung an das erstinstanzliche Gericht schriftlich festzuhalten. Das
Bundesgericht qualifizierte diese Praxis als bundesrechtswidrig. Es hielt fest,
angesichts der Doppelfunktion des Strafbefehls sei es unerlässlich, dass die
Staatsanwaltschaften die gesetzlichen Anforderungen an den Inhalt des
Strafbefehls erfüllten. Das Strafbefehlsverfahren sei in der Schweiz von
zentraler Bedeutung. Es genüge nicht, wenn den Beschuldigtenrechten erst
Rechnung getragen werde, wenn gegen den Strafbefehl Einsprache erhoben werde.
Die beschuldigte Person, die es unterlässt, eine gültige Einsprache zu erheben,
verzichte auf elementarste Verfahrensrechte. Damit ein solcher Verzicht aber
wirksam sei, müsse dieser in Kenntnis der Sach- und Rechtslage erfolgt sein
(mit Hinweis auf Urteil 6B_152/2013 vom 27. Mai 2013 E. 4.4). Dies sei
offensichtlich nicht der Fall, wenn der beschuldigten Person im Strafbefehl den
ihr zur Last gelegten Sachverhalt gar nicht angegeben werde. Bei einem in
formeller Hinsicht solch klar mangelhaften Strafbefehl sei von dessen
Ungültigkeit auszugehen (a.a.O. mit zahlreichen Hinweisen).

 BGE 140 IV 82 und das Urteil 6B_152/2013 betrafen die Rückzugsfiktion gemäss
Art. 355 Abs. 2 StPO und mithin Fälle, in denen der Betroffene ausdrücklich
Einsprache erhoben und damit genau diesen Rechtsschutz bei der zuständigen
Behörde beantragt hat, so dass aus einer Säumnis nicht ohne Weiteres
geschlossen werden kann, er habe auf die gerichtliche Überprüfung (konkludent)
verzichtet (BGE 140 IV 82 E. 2.4 S. 85 und E. 2.7). Auch das Urteil 6B_848/2013
erging in der Folge eines Einspracheverfahrens.

2.2. Der Beschwerdeführer beruft sich auf den folgenden Auszug aus E. 1.4 des
erwähnten Urteils 6B_848/2013:

"Die beschuldigte Person, die es unterlässt, eine gültige Einsprache zu
erheben, verzichtet auf elementarste Verfahrensrechte [...]. Damit ein solcher
Verzicht aber wirksam ist, muss dieser in Kenntnis der Sach- und Rechtslage
erfolgt sein [...]. Dies ist offensichtlich nicht der Fall, wenn der
beschuldigten Person im Strafbefehl den ihr zur Last gelegten Sachverhalt gar
nicht angegeben wird."

 Der Beschwerdeführer zitiert den mittleren Textteil nicht vollständig. Er
lautet: "Damit ein solcher Verzicht aber wirksam ist, muss dieser in Kenntnis
der Sach- und Rechtslage erfolgt sein (vgl. hierzu Urteil 6B_152/2013 vom 27.
Mai 2013 E. 4.4 mit Hinweisen; [Literaturhinweise]." Die Frage des wirksamen
Verzichts bezieht sich somit auf die im Klammerurteil zu entscheidende Frage
der Rückzugsfiktion nach vorgängiger Einsprache.

 Die zitierte Erwägung berechtigt den Beschwerdeführer nicht zu der Folgerung:
"Wenn der Verzicht auf eine Einsprache nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichts nicht wirksam ist, weil es dem Strafbefehl an der
Sachverhaltsfeststellung mangelt, dann kann es - auch und gerade beim bewussten
Verstreichenlassen der Einsprachefrist - in Fällen, wie dem vorliegenden, keine
(verschuldete) Säumnis geben. Das bewusste Verstreichenlassen der Frist, als
Ausdruck des (konkludenten) Verzichts ist ja gerade unwirksam" (Beschwerde S.
9).

 Eine solche Vorgehensweise der beschuldigten Person müsste vielmehr als
rechtsmissbräuchlich qualifiziert werden (BGE 140 IV 82 E. 2.7 hält ein
rechtsmissbräuchliches Verhalten ausdrücklich vor).

3. 
Anders als in den erwähnten bundesgerichtlichen Urteilen (oben E. 2) geht es in
der zu beurteilenden Sache einzig um ein Gesuch um die Wiederherstellung der
Frist zur Erhebung der Einsprache.

 Der Beschwerdeführer beantragte vor der Vorinstanz in der Hauptsache die
Überweisung des Verfahrens "betreffend des Entscheides über die Einsprache und
die Gültigkeit des Strafbefehls" zur Behandlung an das erstinstanzliche
Gericht. Die Vorinstanz sei nicht zuständig. Die Zuständigkeit liege beim
erstinstanzlichen Gericht gemäss Art. 356 Abs. 2 StPO.

 Art. 355 StPO betrifft das "Verfahren bei Einsprache", in welchem das
erstinstanzliche Gericht unter den Voraussetzungen von Art. 356 StPO über die
Gültigkeit des Strafbefehls entscheidet. Vorliegend handelt es sich um ein
Gesuch um Wiederherstellung, das bei der Behörde zu stellen ist, bei welcher
die versäumte Verfahrenshandlung hätte vorgenommen werden müssen (Art. 94 Abs.
2 StPO). Das ist hier die Staatsanwaltschaft. Gegen ihren abweisenden Entscheid
ist nach allgemeinen Grundsätzen die Beschwerde gemäss Art. 393 Abs. 1 lit. a
StPO gegeben. Die Beschwerdeinstanz ist in diesem Fall zur Wiederherstellung
zuständig ( NIKLAUS SCHMID, Schweizerische Strafprozessordnung,
Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, Rz. 7 zu Art. 94 StPO).

 Die Vorinstanz geht zutreffend davon aus, Anlass und Möglichkeit zur Prüfung
der Gültigkeit des Strafbefehls durch das erstinstanzliche Gericht hätten nur
im Falle einer Einsprache gegen den Strafbefehl bestanden. Für eine Überweisung
an das erstinstanzliche Gericht bestehe kein Anlass.

 Die Vorinstanz übersieht dabei (mit ihrer Feststellung: "Eine Einsprache ist
nicht erfolgt", Urteil S. 4, E. 4.2) entgegen dem Beschwerdeführer keineswegs,
dass dieser gemäss Art. 94 Abs. 2 StPO in Nachholung der versäumten
Verfahrenshandlung am 6. Mai 2014 eine Einsprache einreichte. Sie stellt
vielmehr die unbestrittene Tatsache fest, dass innert der zehntägigen Frist von
Art. 354 Abs. 1 StPO keine Einsprache erfolgte. Die nachgeholte versäumte
Verfahrenshandlung kommt einzig unter dem Vorbehalt zur Wirksamkeit, dass
vorgängig die an die Säumnis geknüpften Verwirkungsfolgen durch
Wiederherstellung gemäss Art. 94 StPO aufgehoben werden. Das kommt vorliegend
nach dem Ausgeführten nicht in Betracht.

4. 
Ein vom Beschwerdeführer eingeleitetes Revisionsverfahren wurde vom
Kantonsgericht Luzern sistiert. Soweit sich der Beschwerdeführer darauf
bezieht, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.

5. 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Dem
Beschwerdeführer sind die Kosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. Dezember 2014

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Denys

Der Gerichtsschreiber: Briw

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