Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.954/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_954/2014

Urteil vom 13. März 2015

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterinnen Jacquemoud-Rossari, Jametti,
Gerichtsschreiberin Pasquini.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Mario Thöny,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden,
Erster Staatsanwalt, Sennhofstrasse 17, 7000 Chur,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Fahrlässige Körperverletzung; Willkür,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden, I. Strafkammer,
vom 13. August 2014.

Sachverhalt:

A.

 Am 25. April 2011 um 16.35 Uhr fuhr X.________ mit seinem Personenwagen auf
der Luzisteigstrasse von Balzers in Richtung Maienfeld. Auf der Höhe "Untere
Steigwiesen" setzte er zum Überholen des vor ihm fahrenden Personenwagens an,
obwohl er Gegenverkehr erkennen konnte. Dabei handelte es sich unter anderem um
A.________, der auf der Höhe "Answiesen" ebenfalls ein Fahrzeug überholte,
sodass sich zwei überholende Fahrzeuge entgegenfuhren. Es kam beinahe zu einer
Frontalkollision. Um diese zu verhindern, sah sich A.________ veranlasst,
seinen Personenwagen abrupt nach rechts zu steuern. Dabei brach das
Fahrzeugheck aus, der Personenwagen schleuderte über den rechten Fahrbandrand
hinaus und prallte gegen einen Baum. A.________ erlitt eine Thoraxkontusion und
diverse Rissquetschwunden.

B.

 Die Staatsanwaltschaft Graubünden sprach A.________ mit Strafbefehl vom 16.
Januar 2013 der groben Verletzung der Verkehrsregeln schuldig. Sie bestrafte
ihn mit einer bedingten Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu Fr. 60.-- und einer
Busse von Fr. 300.--. Der Strafbefehl erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

 Die Staatsanwaltschaft Graubünden verurteilte X.________ mit Strafbefehl vom
16. Januar 2013 wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer bedingten
Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu Fr. 170.-- und einer Busse von Fr. 500.--.
X.________ erhob gegen diesen Strafbefehl Einsprache.

C.

 Das Bezirksgericht Landquart sprach X.________ am 26. März 2014 der
fahrlässigen Körperverletzung schuldig. Es bestrafte ihn mit einer bedingten
Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu Fr. 150.-- und einer Busse von Fr. 500.--. Das
Kantonsgericht von Graubünden wies am 13. August 2014 die Berufung von
X.________ ab.

D.

 X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, der Entscheid des
Kantonsgerichts von Graubünden sei aufzuheben und er sei von Schuld und Strafe
freizusprechen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

E.

 Das Kantonsgericht von Graubünden beantragt die Abweisung der Beschwerde. Die
Staatsanwaltschaft Graubünden verzichtet auf eine Stellungnahme.

Erwägungen:

1. 

1.1. Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Beweiswürdigung und Verletzung
der Unschuldsvermutung. Die Vorinstanz habe nicht feststellen können, wo sich
der Gegenverkehr befunden habe, als er wieder auf seine Spur eingebogen sei.
Sie komme gestützt auf die Aussagen der Beteiligten willkürlich zum Schluss,
Beginn und Beendigung beider Überholmanöver seien etwa gleichzeitig erfolgt.
Sie nehme an, der nötige Raum für ein Überholmanöver sei nicht vorhanden
gewesen, obwohl sie den Abstand zum Gegenverkehr nach seinem Wiedereinbiegen
auf die Normalspur nicht bestimmen könne. Dieser Abstand könne nur bestimmt
werden, wenn Beginn und Ende der beiden Überholmanöver zur Berechnung der
Überholstrecken auch örtlich festgestellt werden könnten. Ferner gehe die
Vorinstanz nicht von der für ihn günstigsten Sachverhaltsversion aus.
Schliesslich verletze sie Art. 125 StGB i.V.m. Art. 35 Abs. 2 SVG, indem sie
ohne Kenntnis aller Faktoren zum Schluss gelange, der nötige Raum für ein
Überholmanöver habe nicht vorgelegen (Beschwerde S. 5 ff.).

1.2. Die Vorinstanz erwägt, beim Beenden des Überholvorgangs sei gegenüber dem
überholten und gegenüber dem entgegenkommenden Fahrzeug ein Sicherheitsabstand
einzuhalten. In Anlehnung an JÜRG BOLL betrage der Sicherheitsabstand zum
entgegenkommenden Fahrzeug mindestens zwei Sekunden (Urteil S. 13 f. E. 9).
Vorliegend sei einzig zu prüfen, ob im Zeitpunkt des Wiedereinbiegens des
Beschwerdeführers ein genügender Abstand zum Gegenverkehr respektive A.________
vorhanden gewesen sei. Zwar habe sowohl der Beginn als auch das Ende des
Überholmanövers weder rechnerisch noch anhand von Fotodokumentationen
rekonstruiert werden können. Dies bedeute aber nicht, dass der Abstand zwischen
den Fahrzeugen nicht gestützt auf die Aussagen des Beschwerdeführers, von
A.________ und den Auskunftspersonen festgestellt werden könne. Für die Frage,
ob der Beschwerdeführer gegenüber A.________ einen genügenden Abstand
eingehalten habe, spiele es keine Rolle, wo genau er sein Überholmanöver
begonnen und wo er es abgeschlossen habe (Urteil S. 14 E. 10).

 Die Vorinstanz gelangt zum Schluss, dass A.________ und der Beschwerdeführer
ihre Überholmanöver etwa gleichzeitig begonnen haben, dass die von ihnen
überholten Fahrzeuge gleich schnell waren und dass der Beschwerdeführer sein
Überholvorgang etwas früher abschliessen konnte, da er es mit einer rund 10 km/
h höheren Geschwindigkeit absolvierte (Urteil S. 15 ff. E. 11.a-c). Der
Beschwerdeführer habe sein Manöver mit etwa 90 km/h ausgeführt. In zwei
Sekunden sei er somit 50 m gefahren. Bei der Überholgeschwindigkeit von 80 km/h
von A.________ habe dieser in zwei Sekunden ca. 44 m zurück gelegt. Die beiden
Fahrzeuge seien in zwei Sekunden somit zusammen mindestens 94 m gefahren
(Urteil S. 17 f. E. 11.c).

 Die Vorinstanz stellt fest, der Beschwerdeführer habe diesen
Sicherheitsabstand von 94 m nicht eingehalten. Der Motorradfahrer B.________
habe ausgeführt, der vor ihm fahrende Lenker (der Beschwerdeführer) habe zum
Überholen angesetzt. Ihnen seien zwei Fahrzeuge entgegen gekommen, wobei der
hintere Lenker ebenfalls zum Überholen angesetzt habe. Beide hätten versucht,
so schnell als möglich auf ihre Überholspur zu gelangen. C.________ habe
ausgesagt, der ihn überholende A.________ habe den Wagen abrupt nach rechts,
direkt vor seinen Oldtimer zurück, auf die Fahrspur gesteuert. Dadurch sei bei
dessen Fahrzeug das Heck ausgebrochen und es sei ins Schleudern geraten. Die
Vorinstanz gelangt gestützt auf diese Aussagen zum Schluss, der Raum für den
Abschluss ihrer Manöver sei für A.________ und für den Beschwerdeführer
äusserst knapp gewesen. Die Schilderung des Motorradfahrers widerlege, dass der
Beschwerdeführer seinen Überholvorgang normal habe abschliessen können. Der
Motorradlenker habe angegeben, der Beschwerdeführer habe seine Geschwindigkeit
nicht nur zum Überholen, sondern vor allem zum Wiedereinbiegen erhöht. Der
Beschwerdeführer habe selber erklärt, er sei nicht sicher gewesen, ob
A.________ der Abstand zum Wiedereinbiegen reichen würde. Schliesslich habe er
auch an der Einvernahme vor der Vorinstanz bestätigt, dass es knapp gewesen
sei, was er wohl kaum gesagt hätte, wenn er beim Wiedereinbiegen einen
Sicherheitsabstand von mindestens 94 m zum Entgegenfahrenden eingehalten hätte.
Dessen Lenkreaktion sei ein starkes Indiz dafür, dass die Abstände zwischen den
Fahrzeugen sehr knapp, mithin deutlich unter 94 m, gewesen seien. A.________
habe ebenfalls ausgesagt, der Abstand zwischen ihm und dem Beschwerdeführer
sei, als beide wieder auf ihre Fahrspur steuerten, knapp gewesen. Die
Vorinstanz stellt fest, selbst wenn sich der genaue Abstand nicht feststellen
lasse, so lasse das Beweisergebnis keinen anderen Schluss zu, als dass der
Beschwerdeführer den geforderten Sicherheitsabstand von 94 m bei weitem nicht
eingehalten habe. Damit habe er sein Überholmanöver nicht zwei Sekunden vor dem
Kreuzen mit A.________ abschliessen können. Mit seinem Verhalten habe er
objektiv Art. 35 Abs. 2 SVG erfüllt. Da er bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit
ohne weiteres hätte bemerken müssen, dass die ihm für das Überholen zur
Verfügung stehende Strecke nicht genügend frei gewesen sei, sei ihm zumindest
Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Deshalb sei Art. 35 Abs. 2 SVG auch subjektiv
erfüllt (Urteil S. 18-20 E. 11.d-e).

1.3. 

1.3.1. Fahrlässig handelt, wer die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger
Unvorsichtigkeit nicht bedenkt oder darauf nicht Rücksicht nimmt (Art. 12 Abs.
3 StGB). Ein Schuldspruch wegen fahrlässiger Körperverletzung gemäss Art. 125
StGB setzt somit voraus, dass der Täter den Erfolg durch Verletzung einer
Sorgfaltspflicht verursacht hat. Sorgfaltswidrig ist die Handlungsweise, wenn
der Täter zum Zeitpunkt der Tat aufgrund der Umstände sowie seiner Kenntnisse
und Fähigkeiten die damit bewirkte Gefährdung der Rechtsgüter des Opfers hätte
erkennen können und müssen und wenn er zugleich die Grenzen des erlaubten
Risikos überschritten hat. Für die Zurechenbarkeit des Erfolgs genügt die
blosse Vorhersehbarkeit nicht. Erforderlich ist auch dessen Vermeidbarkeit. Der
Erfolg ist vermeidbar, wenn er nach einem hypothetischen Kausalverlauf bei
pflichtgemässem Verhalten des Täters ausgeblieben wäre. Das Mass der im
Einzelfall zu beachtenden Sorgfalt richtet sich, wo besondere, der
Unfallverhütung und der Sicherheit dienende Normen ein bestimmtes Verhalten
gebieten, in erster Linie nach diesen Vorschriften (BGE 135 IV 56 E. 2.1 mit
Hinweisen).

1.3.2. Im Strassenverkehr beurteilt sich der Umfang der zu beachtenden Sorgfalt
nach den Bestimmungen des Strassenverkehrsgesetzes und der dazu gehörenden
Verordnungen. Gemäss Art. 35 Abs. 2 SVG ist Überholen nur gestattet, wenn der
nötige Raum übersichtlich und frei ist und der Gegenverkehr nicht behindert
wird. Im Kolonnenverkehr darf nur überholen, wer die Gewissheit hat,
rechtzeitig und ohne Behinderung anderer Fahrzeuge wieder einbiegen zu können.

 Das Überholen - vorab auf Strassen mit Gegenverkehr - gehört zu den
gefährlichsten Fahrmanövern. Ein solches Manöver ist deshalb nur gestattet bzw.
darf nur durchgeführt werden, wenn es nicht überhaupt verboten ist, der nötige
Raum übersichtlich und frei ist und andere Verkehrsteilnehmer nicht behindert
oder gefährdet werden (BGE 129 IV 155 E. 3.2.1 S. 158 mit Hinweisen). Der
Überholende muss von Anfang an die Gewissheit haben, sein Überholmanöver sicher
und ohne Gefährdung Dritter abschliessen zu können. Nicht nur die für den
Überholvorgang benötigte Strecke muss übersichtlich und frei sein, sondern
zusätzlich jene, die ein entgegenkommendes Fahrzeug bis zu jenem Zeitpunkt
zurücklegt, wo der Überholende die linke Strassenseite freigegeben haben wird (
BGE 121 IV 235 E. 1b mit Hinweisen). Ob der Gegenverkehr behindert wird,
erklärt sich nicht nach dem subjektiven Empfinden des Lenkers des
entgegenkommenden Wagens, sondern danach, ob der Überholende zu Beginn des
Manövers nach der objektiven Verkehrslage annehmen durfte, er werde den
Gegenverkehr nicht behindern (BGE 100 IV 76 E. 3 S. 81). Erkennt der
Überholende während des Überholmanövers, dass er es nicht gefahrlos zu Ende
führen kann, so ist er verpflichtet, das Manöver abzubrechen und sich hinter
dem zu Überholenden in den Verkehr einzufügen. Von dieser Pflicht ist er nur
befreit, wenn die tatsächlichen Umstände ihn am Abbruch des Manövers hindern (
BGE 96 I 766 E. 7 mit Hinweisen).

 Der Überholweg inklusive Aus- und Einbiegestrecke ist abhängig von den
Geschwindigkeiten und den Längen des überholenden und des überholten Fahrzeugs.
Anhand der für das Überholmanöver benötigten Zeit und der durchschnittlichen
Geschwindigkeit eines entgegenkommenden Fahrzeugs lässt sich die Strecke
ableiten, die dieses während der gleichen Zeit (ab Beginn bis zum Abschluss des
Überholvorgangs) zurücklegt. Der Überholweg und die vom entgegenkommenden
Fahrzeug zurückgelegte Distanz können nur zuverlässig berechnet werden, wenn
die genannten Faktoren bekannt sind (Urteil 6B_508/2012 vom 3. Mai 2013 E.
1.3).

1.3.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Sachverhaltsfeststellung
der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Offensichtlich unrichtig ist die
Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 139 II 404 E. 10.1 S.
445 mit Hinweisen). Die Willkürrüge muss in der Beschwerde explizit vorgebracht
und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 225 E. 3.2
mit Hinweisen). Auf eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil
tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266; 139 II 404 E.
10.1 S. 445; je mit Hinweisen).

 Dem Grundsatz "in dubio pro reo" kommt in der vom Beschwerdeführer angerufenen
Funktion als Beweiswürdigungsregel im Verfahren vor Bundesgericht keine über
das Willkürverbot von Art. 9 BV hinausgehende Bedeutung zu (BGE 138 V 74 E. 7
S. 82 mit Hinweisen; 127 I 38 E. 2a S. 41; je mit Hinweisen).

1.4. Soweit sich die Rügen des Beschwerdeführers auf die Berechnung der
"Differenzgeschwindigkeiten" beziehen (Beschwerde S. 9 ff. Ziff. 2.3), d.h. dem
Umfang der Differenz zwischen der jeweiligen Geschwindigkeit vor und während
dem Überholmanöver, gehen sie an der Sache vorbei. Massgeblich sind vorliegend
die Geschwindigkeiten des überholenden und überholten Fahrzeugs sowie die
durchschnittliche Geschwindigkeit eines entgegenkommenden Fahrzeugs (vgl.
Urteil 6B_508/2012 vom 3. Mai 2013 E. 1.3). Gemäss den unbestrittenen
Feststellungen der Vorinstanz setzte der Beschwerdeführer gleichzeitig mit
A.________ zum Überholen an. Im Zeitpunkt, als er sich zu diesem Manöver
entschlossen hat, war jener somit noch nicht am Überholen. Dem angefochtenen
Entscheid lässt sich nicht entnehmen, es hätten konkrete Anzeichen dafür
bestanden (Art. 26 Abs. 2 SVG), dass A.________ ein Überholmanöver starten
würde. Mithin musste der Beschwerdeführer auch nicht damit rechnen. Ob er zu
Beginn seines Überholvorgangs nach der objektiven Verkehrslage annehmen durfte,
er werde den Gegenverkehr nicht behindern, richtet sich entgegen der Auffassung
der Vorinstanz somit nicht nach der Geschwindigkeit von A.________, sondern
nach derjenigen des ersten dem Beschwerdeführer entgegenkommenden Fahrzeugs.
Das war der Oldtimer von C.________. Dessen Geschwindigkeit betrug nach den
Feststellungen der Vorinstanz ca. 60-70 km/h (Urteil S. 16 f. E. 11.b). Diese
hält weiter fest, gemäss den Aussagen des hinter dem Beschwerdeführer fahrenden
Motorradfahrers, sei er vor dessen Überholmanöver mit einer Geschwindigkeit von
67.5 km/h unterwegs gewesen. Diese Geschwindigkeit dürften in etwa alle drei
sich in der Kolonne befindlichen Fahrzeuge, d.h. dasjenige vor dem
Beschwerdeführer, das des Beschwerdeführers und das Motorrad, vor dem
Überholmanöver des Beschwerdeführers aufgewiesen haben (Urteil S. 16 E. 11.b).
Weil die Vorinstanz aber weder die Länge des Fahrzeugs des Beschwerdeführers
noch diejenige des von ihm überholten feststellt, lässt sich sein Überholweg
nicht zuverlässig berechnen und somit auch nicht anhand der für das Manöver
benötigten Zeit die Strecke ableiten, die der dem Beschwerdeführer
entgegenkommende Oldtimer gestützt auf seine durchschnittliche Geschwindigkeit
währenddessen zurücklegt. Insofern kann nicht abschliessend beurteilt werden,
ob die Vorinstanz dem Beschwerdeführer zu Recht vorwirft, gegen Art. 35 Abs. 2
SVG verstossen zu haben. Allerdings hält sie fest, er habe sein Überholmanöver
kurz vor A.________ abschliessen können. Dies legt die Vermutung nahe, dass der
Beschwerdeführer im Zeitpunkt, als er zum Überholen ansetzte, die Gewissheit
haben konnte, sein Manöver ohne Behinderung des ihm entgegenkommenden, in der
Folge von A.________ überholten und somit langsamer als dieser fahrenden
Oldtimers, abschliessen zu können. Die Vorinstanz wird somit vielmehr zu prüfen
haben, ob der Beschwerdeführer sein Überholmanöver nicht hätte abbrechen
müssen, als er bemerkte, dass sich die ursprüngliche Verkehrslage aufgrund des
gleichzeitigen Überholens von A.________ verändert hatte. Abzuklären ist
insbesondere, ob ein solcher Abbruch des Manövers zumutbar, d.h. ohne
Gefährdung des von ihm zu überholenden Personenwagens und des dahinter
fahrenden Motorrades überhaupt möglich gewesen wäre.

2.

 Die Beschwerde ist gutzuheissen. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und
die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Für das
bundesgerichtliche Verfahren sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4
BGG). Der Kanton Graubünden hat dem Beschwerdeführer eine angemessene
Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden
vom 13. August 2014 wird aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an die
Vorinstanz zurückgewiesen.

2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3. 
Der Kanton Graubünden hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr.
3'000.-- auszurichten.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden, I.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. März 2015

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Pasquini

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