Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.827/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_827/2014

Urteil vom 1. Februar 2016

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiber M. Widmer.

Verfahrensbeteiligte
A.X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich,
2. C.________,
3. D.H.________,
4. E.H.________,
5. F.H.________,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Nichtanhandnahme (Betrug, Veruntreuung, Unterdrückung von Urkunden etc.),

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III.
Strafkammer, vom 1. Juli 2014.

Sachverhalt:

A.
A.X.________ erstattete mit Eingaben vom 20. September 2011 und vom 8. Februar
2012 Anzeige gegen diverse Personen wegen Betrugs, Veruntreuung, Unterdrückung
von Urkunden und weiterer Delikte. Er wirft den angezeigten Personen
zusammengefasst vor, seine verstorbene Ehefrau B.X.________ über die
tatsächliche Höhe des Nachlasses ihres Vaters G.H.________ getäuscht und
unversteuertes Vermögen im gegenwärtigen Schätzwert von deutlich über 30
Millionen Franken verschwiegen zu haben. A.X.________ und den vier Töchtern von
B.X.________ werde dieses Vermögen bis heute in strafrechtlich relevanter Weise
vorenthalten.

B.
Die für Wirtschaftsdelikte zuständige Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich
nahm das Verfahren mit Verfügung vom 7. August 2013 nicht an die Hand. Auf die
von A.X.________ dagegen geführte Beschwerde trat das Obergericht des Kantons
Zürich am 1. Juli 2014 mangels Beschwerdelegitimation nicht ein.

C.
A.X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, der obergerichtliche
Beschluss vom 1. Juli 2014 sei aufzuheben und das Obergericht anzuweisen, auf
seine Beschwerde einzutreten.

D.
Die Oberstaatsanwaltschaft und das Obergericht des Kantons Zürich sowie die
angezeigten Personen verzichten auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.

1.1. Zur Beschwerde in Strafsachen ist nach Art. 81 Abs. 1 BGG berechtigt, wer
vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur
Teilnahme erhalten hat (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der
Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b).
Der Privatklägerschaft wird ein rechtlich geschütztes Interesse zuerkannt, wenn
der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche
auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Dies verlangt grundsätzlich
vom Privatkläger, dass er bereits adhäsionsweise Zivilforderungen geltend
gemacht hat. Bei Nichtanhandnahme oder Einstellung des Strafverfahrens wird auf
dieses Erfordernis verzichtet. In diesen Fällen muss im Verfahren vor
Bundesgericht aber dargelegt werden, aus welchen Gründen sich der angefochtene
Entscheid inwiefern auf welche Zivilforderungen auswirken kann, sofern dies
(etwa aufgrund der Natur der untersuchten Straftat) nicht ohne Weiteres aus den
Akten ersichtlich ist (BGE 137 IV 246 E. 1.3.1 S. 247 f., 219 E. 2.4 S. 222 f.;
je mit Hinweisen). Das Bundesgericht stellt an die Begründung strenge
Anforderungen (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 4 f. mit Hinweisen).
Unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache selbst kann der
Privatkläger die Verletzung von Verfahrensrechten geltend machen, deren
Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Zulässig sind Rügen
formeller Natur, die von der Prüfung der Sache getrennt werden können. Nicht zu
hören sind Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des
angefochtenen Entscheids abzielen (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 5; 138 IV 248 E. 2 S.
250; je mit Hinweisen). Ein in der Sache nicht legitimierter Beschwerdeführer
kann deshalb weder die Beweiswürdigung kritisieren, noch kann er geltend
machen, die Begründung sei materiell unzutreffend (BGE 136 IV 41 E. 1.4 S. 44;
135 II 430 E. 3.2 S. 436 f.; je mit Hinweisen). Er kann hingegen vorbringen,
auf ein Rechtsmittel sei zu Unrecht nicht eingetreten worden, er sei nicht
angehört worden, er habe keine Gelegenheit erhalten, Beweisanträge zu stellen,
oder er habe keine Einsicht in die Akten nehmen können (sog. "Star-Praxis";
vgl. dazu BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 5; 138 IV 78 E. 1.3 S. 80; 120 Ia 157 E. 2a/bb
S. 160; je mit Hinweisen).

1.2. Die Vorinstanz verneint die Beschwerdeberechtigung des Beschwerdeführers
und tritt aus formellen Gründen nicht auf seine Beschwerde gegen die
Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft ein. Dies kann der
Beschwerdeführer vor Bundesgericht unbesehen seiner Legitimation in der Sache
selbst rügen. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.

2.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, die Vorinstanz spreche ihm die
Beschwerdeberechtigung zu Unrecht ab. Als Erbe und Willensvollstrecker von
B.X.________ sei er zur Beschwerde gegen die Nichtanhandnahmeverfügung der
Staatsanwaltschaft legitimiert.

2.2. Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer sei durch die angeblichen
Straftaten nicht unmittelbar in seinen Rechten verletzt worden. Er sei nicht
Geschädigter im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO und gestützt auf Art. 382 Abs. 1
StPO nicht zur Beschwerde legitimiert. Als Rechtsnachfolger von B.X.________
sei der Beschwerdeführer nicht befugt, gestützt auf Art. 382 Abs. 3 i.V.m. Art.
121 Abs. 1 StPO Beschwerde zu führen. Dazu wäre ein gemeinsames Handeln aller
Mitglieder der Erbengemeinschaft von B.X.________ notwendig gewesen. Da der
Strafanspruch für sich nicht Bestandteil des Nachlasses sei und es im
strafprozessualen Beschwerdeverfahren nicht um die Durchsetzung einer
Zivilforderung betreffend einen zum Nachlass gehörenden Vermögenswert gehe, sei
der Beschwerdeführer auch in seiner Funktion als Willensvollstrecker nicht zur
Beschwerde legitimiert.

2.3.

2.3.1. Das Verfahren bei einer Nichtanhandnahme richtet sich sinngemäss nach
den Bestimmungen über die Verfahrenseinstellung (Art. 310 Abs. 2 StPO). Die
Parteien können die Nichtanhandnahmeverfügung innert 10 Tagen bei der
Beschwerdeinstanz anfechten (Art. 310 Abs. 2 i.V.m. Art. 322 Abs. 2 StPO). Die
Privatklägerschaft nimmt am Strafverfahren als Partei teil (Art. 104 Abs. 1
lit. b StPO). Als Privatklägerschaft gilt die geschädigte Person, die
ausdrücklich erklärt, sich am Strafverfahren als Straf- oder Zivilklägerin zu
beteiligen (Art. 118 Abs. 1 StPO). Der Strafantrag ist dieser Erklärung
gleichgestellt (Art. 118 Abs. 2 StPO).

2.3.2. Als geschädigte Person gilt die Person, die durch die Straftat in ihren
Rechten unmittelbar verletzt worden ist (Art. 115 Abs. 1 StPO). Unmittelbar
verletzt sind die Rechtsgutsträger, die durch die fragliche Strafbestimmung
geschützt oder zumindest mitgeschützt werden sollen (Urteil 6B_1198/2014 vom 3.
September 2015 E. 2.3.1, zur Publikation vorgesehen; BGE 140 IV 155 E. 3.2 S.
157 f.; 128 I 218 E. 1.5 S. 223; je mit Hinweisen). Bloss mittelbar verletzt
und daher ausserhalb des persönlichen Anwendungsbereichs von Art. 115 Abs. 1
StPO sind die Rechtsnachfolger der unmittelbar verletzten Person, so auch deren
Erben (BGE 140 IV 162 E. 4.4 S. 166 mit Hinweisen).

2.4.

2.4.1. Soweit der Beschwerdeführer den beanzeigten Personen die Begehung von
Steuerdelikten vorwirft, geht die Vorinstanz zutreffend davon aus, dass er
nicht unmittelbar in seinen Rechten verletzt ist. Die Strafbestimmungen des
Steuerrechts schützen keine individuellen Rechtsgüter (Urteil 1B_324/2012 vom
26. November 2012 E. 1.2.4 mit Hinweisen), weshalb der Beschwerdeführer nicht
Geschädigter im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO ist.

2.4.2. Hinsichtlich der zu Lebzeiten von B.X.________ angeblich begangenen
Straftaten ist der Beschwerdeführer als deren Erbe ebenfalls nicht unmittelbar
in seinen Rechten verletzt. Er ist als Erbe nicht geschädigte Person im Sinn
von Art. 115 Abs. 1 StPO. Die Vorinstanz spricht dem Beschwerdeführer insoweit
zu Recht die Beschwerdelegitimation gemäss Art. 382 Abs. 1 StPO ab. Zu prüfen
ist indes, ob und inwieweit ihm als Rechtsnachfolger von B.X.________
Verfahrensrechte zukommen (nachfolgend E. 3).

2.4.3. Nicht gefolgt werden kann der Vorinstanz, wenn sie die
Beschwerdeberechtigung des Beschwerdeführers mit Blick auf die nach dem Tod von
B.X.________ angeblich begangenen Vermögensdelikte und Geldwäschereihandlungen
verneint. Der Beschwerdeführer bildet zusammen mit den vier Töchtern von
B.X.________ eine Erbengemeinschaft. In seiner Strafanzeige hat er ausdrücklich
erklärt, sich als Strafkläger im Sinne von Art. 119 Abs. 2 lit. a StPO am
Strafverfahren zu beteiligen. Das Bundesgericht hielt kürzlich fest, dass der
einzelne Erbe bei Straftaten zum Nachteil der Erbengemeinschaft unmittelbar
geschädigt im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO ist. Das einzelne Mitglied einer
Gemeinschaft zur gesamten Hand ist bei Straftaten zum Nachteil der Gemeinschaft
überdies befugt, Strafantrag zu stellen. Der einzelne Erbe ist daher auch
berechtigt, sich allein als Privatkläger im Strafpunkt (Strafkläger) am
Strafverfahren zu beteiligen und Rechtsmittel zu ergreifen (vgl. Art. 118 Abs.
1 und 2 sowie Art. 119 Abs. 2 lit. a StPO; Urteil 6B_1198/2014 vom 3. September
2015 E. 2.3, zur Publikation vorgesehen).

3.
In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob die Angehörigen der verstorbenen
geschädigten Person gestützt auf Art. 121 Abs. 1 StPO berechtigt sind, sich als
Strafkläger am Strafverfahren zu beteiligen. Falls dies bejaht wird, ist weiter
zu prüfen, ob sie dazu gemeinsam vorgehen müssen oder sich jeder
Rechtsnachfolger selbstständig als Privatkläger konstituieren kann.

3.1. Stirbt die geschädigte Person, ohne auf ihre Verfahrensrechte als
Privatklägerschaft verzichtet zu haben, so gehen ihre Rechte auf die
Angehörigen im Sinne von Art. 110 Abs. 1 StGB in der Reihenfolge ihrer
Erbberechtigung über (Art. 121 Abs. 1 StPO). Wer von Gesetzes wegen in die
Ansprüche der geschädigten Person eingetreten ist, ist nur zur Zivilklage
berechtigt und hat nur jene Verfahrensrechte, die sich unmittelbar auf die
Durchsetzung der Zivilklage beziehen (Abs. 2).

3.2. Die Frage, ob die Angehörigen einer verstorbenen geschädigten Person
gestützt auf Art. 121 Abs. 1 StPO nur zur Zivilklage oder (kumulativ oder
alternativ) auch zur Strafklage berechtigt sind, wird in der Lehre
unterschiedlich beantwortet (für eine Rechtsnachfolge im Straf- wie im
Zivilpunkt: VIKTOR LIEBER, in: Kommentar zur Schweizerischen
Strafprozessordnung, Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 2a zu
Art. 119 und N. 3 zu Art. 121 StPO; NIKLAUS SCHMID, Schweizerische
Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, N. 2 zu Art. 121 StPO;
DERSELBE, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2. Aufl. 2013, N.
700; JO PITTELOUD, Code de procédure pénale suisse, 2012, N. 263; RIEDO/FIOLKA/
NIGGLI, Strafprozessrecht sowie Rechtshilfe in Strafsachen, Basel 2011, Rz.
896; JEANDIN/MATZ, in: Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse,
2011, N. 7 f. zu Art. 121 StPO; GALLIANI/MARCELLINI, in: Commentario, Codice
svizzero di procedura penale, Zürich/St. Gallen 2010, N. 1 zu Art. 121 StPO;
PAOLO BERNASCONI, Banche ed imprese nel procedimento penale, Lugano 2011, S.
274 N. 1080; LORENZ DROESE, Die Akteneinsicht des Geschädigten in der
Strafuntersuchung vor dem Hintergrund zivilprozessualer Informationsinteressen,
2008, S. 25 f. sowie wohl auch FELIX BOMMER, Privatklägerische Rechte im
Strafpunkt - ein Überblick, Recht 4/2015 S. 188 f.; FRANZ RIKLIN, StPO
Kommentar, 2. Aufl. 2014, N. 2 zu Art. 121; JEANNERET/KUHN, Précis de procédure
pénale, Bern 2013, S. 170 f. N. 7037; HANSPETER KIENER, in: Kommentierte
Textausgabe zur Schweizerischen Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007,
Goldschmid/Maurer/Sollberger [Hrsg.], 2008, S. 99 zu Art. 121 StPO; ANDREW M.
GARBARSKI, Le lésé et la partie plaignante en procédure pénale: État des lieux
de la jurisprudence récente, SJ 2013 II S. 131 ff.; für eine Rechtsnachfolge
beschränkt auf den Zivilpunkt: MAZZUCCHELLI/POSTIZZI, in: Basler Kommentar,
Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 21 f. zu Art. 121 StPO;
NIKLAUS OBERHOLZER, Grundzüge des Strafprozessrechts, 3. Aufl. 2012, S. 197 Rz.
542; unklar: MOREILLON/PAREIN-REYMOND, Petit commentaire, CPP, Basel 2013, N. 4
zu Art. 121 StPO). In BGE 140 IV 162 hat das Bundesgericht sich für eine
umfassende Rechtsnachfolge der Angehörigen sowohl im Straf- wie auch im
Zivilpunkt ausgesprochen, allerdings ohne die Frage eingehend zu behandeln
(a.a.O. E. 4.9.3). Auch eine nähere Betrachtung spricht indes für eine
Rechtsnachfolge sowohl im Straf- als auch im Zivilpunkt. So deutet insbesondere
der offene Wortlaut von Art. 121 Abs. 1 StPO, wonach  "die Rechte" der
verstorbenen geschädigten Person auf die Angehörigen im Sinne von Art. 110 StGB
übergehen, auf eine gesamthafte Rechtsnachfolge hin. Anders als Absatz 2 der
Bestimmung, wo explizit festgehalten wird, dass, wer von Gesetzes wegen in die
Ansprüche der geschädigten Person eingetreten ist, nur zur Zivilklage
berechtigt ist, enthält Art. 121 Abs. 1 StPO keine solche Einschränkung.
Hinweise dafür, dass Absatz 2 auch auf die Universalsukzession kraft Erbschaft
- als Anwendungsfall einer gesetzlichen Rechtsnachfolge - anwendbar sein
sollte, bestehen keine. Hätten die Wirkungen der Rechtsnachfolge generell für
alle Fälle des gesetzlichen Anspruchübergangs bestimmt werden sollen (so
MAZZUCCHELLI/POSTIZZI, a.a.O., N. 21 zu Art. 121), wäre eine solche Regelung in
Absatz 1 der Bestimmung zu erwarten gewesen oder aber entsprechende
Ausführungen in den Gesetzesmaterialien. Aus diesen und insbesondere der
bundesrätlichen Botschaft ergeben sich jedoch keine Hinweise, dass die
Rechtsnachfolge auch im Fall von Art. 121 Abs. 1 StPO auf den Zivilpunkt
eingeschränkt werden sollte (vgl. Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur
Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBI 2006 1172 Ziff. 2.3.3.3). In den
Räten wurde die Bestimmung jeweils ohne Diskussion angenommen (vgl. AB 2006 S
1011; AB 2007 N 952). Für eine ganzheitliche Rechtsnachfolge sprechen sich
sodann auch einige kantonale Gerichte aus (vgl. Beschluss des Obergerichts des
Kantons Zürich vom 10. Mai 2012, UH110244, Ziff. IV; Entscheid des Obergerichts
des Kantons Uri vom 30. April 2012, OG Bl 12 1, E. 1b; Entscheid der
Beschwerdekammer des Kantonsgerichts Waadt vom 17. September 2013, CREP 2013/
682, E. 1b/cc).
Gegen die Möglichkeit der Rechtsnachfolger, sich als Strafkläger am
Strafverfahren zu beteiligen, wird zuweilen die höchstpersönliche Natur des
entsprechenden Rechts angeführt (vgl. etwa MAZZUCCHELLI/POSTIZZI, a.a.O., N. 21
zu Art. 121; BOMMER, a.a.O., S. 188). Mit Blick auf die nachfolgenden
Ausführungen kann indes dahingestellt bleiben, ob die Erklärung, sich als
Strafkläger am Strafverfahren beteiligen zu wollen, gleich wie das
Strafantragsrecht als höchstpersönliches Recht zu qualifizieren ist (vgl. zum
Strafantragsrecht Urteil 6B_1198/2014 vom 3. September 2015 E. 2.3.4 mit
Hinweisen, zur Publikation vorgesehen). Stirbt die verletzte Person, ohne dass
sie den Strafantrag gestellt oder auf den Strafantrag ausdrücklich verzichtet
hat, so steht das Antragsrecht jedem Angehörigen zu (Art. 30 Abs. 4 StGB).
Weshalb die Berechtigung, Strafantrag zu stellen, nach dem Tod der verletzten
Person den Angehörigen im Sinne von Art. 110 Abs. 1 StGB zustehen soll, nicht
jedoch das Recht, sich gestützt auf Art. 121 Abs. 1 StPO als Strafkläger am
Strafverfahren zu beteiligen, ist nicht einzusehen. Andernfalls käme es zu
unbilligen Konstellationen: Stirbt die verletzte Person, ohne Strafantrag
gestellt oder ausdrücklich darauf verzichtet zu haben, kann jeder Angehörige
dieses Recht ausüben. Aufgrund der Regelung von Art. 118 Abs. 2 StPO, wonach
der Strafantrag der Erklärung, sich als Privatklägerschaft am Strafverfahren zu
beteiligen, gleichgestellt ist, hätte sich der Strafantrag stellende Angehörige
somit als Privatkläger konstituiert (vorne E. 2.3.1). Stirbt hingegen die
verletzte Person, nachdem sie bereits selbst Strafantrag gestellt hat, wäre es
den Angehörigen gemäss Art. 121 Abs. 1 StPO verwehrt, sich als Privatkläger im
Strafpunkt am Verfahren zu beteiligen. Gleiches gälte für den Fall, dass nach
dem Tod der verletzten Person Offizialdelikte zu ihrem Nachteil bekannt werden.
Eine solche Ungleichbehandlung der Angehörigen ist sachlich nicht zu
rechtfertigen. Dass der Gesetzgeber eine solche beabsichtigt hätte, ist weder
zu erkennen noch zu erwarten, weshalb es den Angehörigen im Sinne von Art. 121
Abs. 1 StPO möglich sein muss, sich - unbesehen der rechtlichen Qualifikation
der entsprechenden Erklärung - kumulativ oder alternativ als Privatkläger im
Strafpunkt am Strafverfahren zu beteiligen.

3.3. Zu prüfen bleibt, ob die Angehörigen im Sinne von Art. 121 Abs. 1 StPO
gemeinsam handeln müssen oder sich jeder selbstständig als Privatkläger am
Strafverfahren beteiligen kann.

3.3.1. Beerben mehrere Erben den Erblasser, so besteht unter ihnen, bis die
Erbschaft geteilt wird, infolge des Erbganges eine Gemeinschaft aller Rechte
und Pflichten der Erbschaft (Art. 602 Abs. 1 ZGB). Sie werden Gesamteigentümer
der Erbschaftsgegenstände im Sinne von Art. 652 ff. ZGB (Art. 602 Abs. 2 ZGB),
wobei die Rechte eines jeden Erben gemäss Art. 652 ZGB auf die ganze Sache
gehen. Die Erbengemeinschaft ist - wie die einfache Gesellschaft (Art. 530 ff.
OR) - eine Gemeinschaft zur gesamten Hand. Als solche bildet sie eine
Rechtsgemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit, die mangels Rechtsfähigkeit nicht
Trägerin von Rechten und Pflichten sein kann. Träger der Vermögensrechte des
Nachlasses sind nach Lehre und Rechtsprechung vielmehr die einzelnen Erben
(Urteil 6B_1198/2014 vom 3. September 2015 E. 2.3.2 mit zahlreichen Hinweisen,
zur Publikation vorgesehen).
Die Erben können unter Vorbehalt der vertraglichen oder gesetzlichen
Vertretungs- und Verwaltungsbefugnisse über die Rechte der Erbschaft nur
gemeinsam verfügen (Art. 602 Abs. 2 ZGB). Insofern gilt das Prinzip der
Einstimmigkeit (vgl. Art. 653 Abs. 2 ZGB). Einzelne Erben können für den
Nachlass daher grundsätzlich nicht handeln. Dies ist in der Regel nur allen
Erben gemeinsam oder an deren Stelle einem Erbenvertreter (Art. 602 Abs. 3
ZGB), Willensvollstrecker (Art. 518 ZGB) oder Erbschaftsverwalter (Art. 554
ZGB) möglich. Davon kann nach der Rechtsprechung bloss in dringlichen Fällen
abgewichen werden. Mit dem Prinzip der gemeinsamen Klageerhebung soll vermieden
werden, dass ein einzelner Erbe Klage erhebt ohne Rücksicht auf seine Miterben
und diese durch unsorgfältige Prozessführung um ihren Anspruch bringt.
Unzulässig sind deshalb nebst den eigentlichen Verfügungen über das Recht all
jene Rechtshandlungen, welche die Gefahr einer Benachteiligung der Gemeinschaft
oder ihrer Mitglieder mit sich bringen können. Eine Ausnahme vom Grundsatz des
gemeinsamen Handelns wird nach der Rechtsprechung anerkannt, wenn ein zur
Erbschaft gehörender Anspruch gegenüber einzelnen Miterben von allen übrigen
Erben geltend gemacht wird, weil in diesem Fall alle Erben Prozesspartei sind
und sich über ihre gegenseitigen Rechtsansprüche auseinandersetzen können
(Urteil 6B_1198/2014 vom 3. September 2015 E. 2.3.2 mit zahlreichen Hinweisen,
zur Publikation vorgesehen).

3.3.2. Nach dem Vorstehenden können zivilrechtliche Forderungen der
Erbengemeinschaft grundsätzlich nur durch gemeinsames Vorgehen aller Erben
adhäsionsweise im Strafprozess geltend gemacht werden. Anders präsentiert sich
die Sachlage hinsichtlich der Beteiligung als Strafkläger im Strafverfahren.
Hierbei besteht keine Gefahr, dass die Erbengemeinschaft beziehungsweise die
übrigen Erben durch das Vorgehen eines einzelnen Erben benachteiligt werden, da
nicht über einen Anspruch der Erbengemeinschaft verfügt wird. Zudem ist
möglicherweise nur derjenige Angehörige, welcher der verstorbenen geschädigten
Person besonders nahe stand, daran interessiert, eine Bestrafung der
beschuldigten Person zu erwirken. Ein gemeinsames Vorgehen aller Erben dürfte
in einem solchen Fall schwierig zu erreichen sein, insbesondere bei grösseren
Erbengemeinschaften. Wäre ein solches Voraussetzung, würde sich bei anhaltender
Delinquenz zudem eine schwer nachzuvollziehende Unterscheidung in der
Handlungsberechtigung des einzelnen Erben ergeben. So wäre beispielsweise bei
Vermögensdelikten ein gemeinsames Vorgehen aller Erben notwendig, um sich als
Privatklägerschaft im Strafpunkt zu konstituieren, soweit es um strafbare
Handlungen vor dem Tod des Erblassers geht. Bei strafbaren Handlungen nach dem
Tod des Erblassers zum Nachteil der Erbengemeinschaft könnte demgegenüber jeder
Erbe einzeln Strafantrag stellen und sich somit als Privatkläger am
Strafverfahren beteiligen (vorne E. 2.4.3). Dies gilt unabhängig davon, ob es
sich bei den angezeigten Straftaten um Antrags- oder Offizialdelikte handelt,
da der Antrag auf Strafverfolgung auch bei Offizialdelikten einer Erklärung im
Sinne von Art. 118 Abs. 1 StPO gleichkommt (vgl. Art. 118 Abs. 2 StPO; Urteil
6B_1198/2014 vom 3. September 2015 E. 2.3.5, zur Publikation vorgesehen). Aus
diesen Gründen erscheint es gerechtfertigt, dass sich gestützt auf Art. 121
Abs. 1 StPO jeder Erbe einzeln als Privatkläger im Strafpunkt konstituieren
können muss.

3.4. Die Vorinstanz spricht dem Beschwerdeführer die Beschwerdeberechtigung
demnach zu Unrecht ab. Als Ehegatte der verstorbenen geschädigten Person ist er
ein Angehöriger im Sinne von Art. 121 Abs. 1 StPO bzw. Art. 110 StGB. Der
Beschwerdeführer ist zusammen mit den Nachkommen der verstorbenen Person deren
nächster gesetzlicher Erbe (vgl. Art. 457 und 462 ZGB; BOMMER, a.a.O., S. 189;
JEANDIN/MATZ, a.a.O., N. 4 f. zu Art. 121 StPO). Gestützt auf die Regelung von
Art. 121 Abs. 1 StPO, wonach die Rechte der verstorbenen geschädigten Person in
der Reihenfolge der Erbberechtigung übergehen, ist er legitimiert, sich allein
als Privatkläger im Strafpunkt zu konstituieren. Folglich ist er gestützt auf
Art. 382 Abs. 1 StPO berechtigt, Beschwerde zu führen. Damit kann die Frage,
inwieweit der Beschwerdeführer allenfalls auch aufgrund seiner Eigenschaft als
Willensvollstrecker zur Beschwerde befugt wäre, offengelassen werden. Bei
diesem Ausgang des Verfahrens ist auf die Rüge des Beschwerdeführers, die
Strafbehörden hätten sich widersprüchlich (beziehungsweise treuwidrig)
verhalten, ebenfalls nicht einzugehen.

4.
Die Beschwerde ist gutzuheissen und das angefochtene Urteil aufzuheben. Die
Sache ist zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Es sind keine
Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Der Beschwerdeführer ist nicht
anwaltlich vertreten und macht keine besonderen Verhältnisse oder Umtriebe
geltend, weshalb ihm keine Parteientschädigung auszurichten ist (Art. 68 Abs. 1
und 2 BGG i.V.m. Art. 11 des Reglements über die Parteientschädigung und die
Entschädigung für die amtliche Vertretung im Verfahren vor dem Bundesgericht
vom 31. März 2006 [SR 173.110.210.3]).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der Beschluss des Obergerichts des Kantons
Zürich vom 1. Juli 2014 aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung an die
Vorinstanz zurückgewiesen.

2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3. 
Dem Beschwerdeführer wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 1. Februar 2016

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: M. Widmer

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