Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.791/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_791/2014

Urteil vom 7. Mai 2015

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiberin Andres.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Gesuchstellerin,

gegen

Schweizerische Bundesanwaltschaft,
Taubenstrasse 16, 3003 Bern,
Gesuchsgegnerin.

Gegenstand
Revision eines Strafbefehls der Bundesanwaltschaft; Zuständigkeit,

Revisionsgesuch gegen den Strafbefehl der Schweizerischen Bundesanwaltschaft
vom 12. November 2012.

Sachverhalt:

A.

 Am 31. August 2012 wurde am Grenzübergang Kreuzlingen Hauptzoll festgestellt,
dass die an der Windschutzscheibe des Personenwagens von X.________ angebrachte
Autobahnvignette eine Fotokopie war.

B.

 Die Bundesanwaltschaft verurteilte X.________ mit Strafbefehl vom 12. November
2012 wegen Fälschung amtlicher Wertzeichen zu einer bedingten Geldstrafe von 10
Tagessätzen zu Fr. 30.-- und einer Busse von Fr. 200.--.

 X.________ erhob gegen den Strafbefehl Einsprache mit der Begründung, sie habe
keine Autobahnvignette gefälscht und weder eine echte noch eine gefälschte
Autobahnvignette an ihrem Fahrzeug angebracht. Mit Schreiben vom 11. März 2013
zog sie ihre Einsprache zurück, bestritt jedoch weiterhin, die Autobahnvignette
kopiert und an ihrem Personenwagen angebracht zu haben.

C.

 Am 25. Juli 2014 beantragte X.________ bei der Bundesanwaltschaft die Revision
des Strafbefehls vom 12. November 2012.

 Die Bundesanwaltschaft leitete das Gesuch am 15. August 2014 an das
Bundesgericht weiter. Sie beantragt, das Revisionsgesuch sei abzuweisen.

Erwägungen:

1.

1.1. Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die weiteren
Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und mit freier
Kognition (Art. 95 lit. a BGG; BGE 140 I 90 E. 1 S. 92; 140 IV 57 E. 2 S. 59
mit Hinweisen).

1.2. Die Bundesanwaltschaft begründet die Überweisung des Revisionsgesuchs an
das Bundesgericht damit, dass die Zuständigkeit zur Behandlung von
Revisionsgesuchen gegen Strafbefehle der Bundesanwaltschaft im Gesetz nicht
ausdrücklich geregelt sei. In analoger Anwendung von Art. 119a BGG sei daher
das Bundesgericht zuständig.

1.3.

1.3.1. Eine Lücke im Gesetz besteht, wenn sich eine Regelung als unvollständig
erweist, weil sie jede Antwort auf die sich stellende Rechtsfrage schuldig
bleibt. Hat der Gesetzgeber eine Rechtsfrage nicht übersehen, sondern
stillschweigend - im negativen Sinn - mitentschieden (qualifiziertes
Schweigen), bleibt kein Raum für richterliche Lückenfüllung. Eine
Gesetzeslücke, die vom Gericht zu füllen ist, liegt nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichts dann vor, wenn der Gesetzgeber etwas zu regeln unterlassen hat,
was er hätte regeln sollen, und dem Gesetz diesbezüglich weder nach seinem
Wortlaut noch nach dem durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt eine Vorschrift
entnommen werden kann (BGE 140 III 636 E. 2.1 S. 637, 206 E. 3.5.1 S. 213; 139
II 404 E. 4.2 S. 416 f.; je mit Hinweisen). Ist ein lückenhaftes Gesetz zu
ergänzen, gelten als Massstab die dem Gesetz selbst zugrunde liegenden
Zielsetzungen und Werte (BGE 140 III 636 E. 2.2 S. 638, 206 E. 3.5.1 S. 213;
129 II 401 E. 2.3 S. 403). Lücken können oftmals auf dem Weg der Analogie
geschlossen werden (Urteil 5A_235/2007 vom 14. November 2007 E. 3 mit
Hinweisen; vgl. Ernst A. Kramer, Juristische Methodenlehre, 4. Aufl. 2013, S.
203 ff.).

1.3.2. Ob eine zu füllende Lücke oder ein qualifiziertes Schweigen des
Gesetzgebers vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln (vgl. BGE 140 III 206
E. 3.5.3 S. 213 mit Hinweis auf Arthur Meier-Hayoz, in: Berner Kommentar, 1962,
N. 256 zu Art. 1 ZGB). Dabei muss das Gesetz in erster Linie aus sich selbst
heraus, das heisst, nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde
liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode
ausgelegt werden. Die Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen,
dass nicht schon der Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an
Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich
richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes
Ergebnis der ratio legis. Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen
Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen
Auslegungselemente einer hierarchischen Prioritätsordnung zu unterstellen. Die
Gesetzesmaterialien sind zwar nicht unmittelbar entscheidend, dienen aber als
Hilfsmittel, um den Sinn der Norm zu erkennen. Bei der Auslegung neuerer
Bestimmungen kommt den Materialien eine besondere Stellung zu, weil veränderte
Umstände oder ein gewandeltes Rechtsverständnis eine andere Lösung weniger
nahelegen (BGE 140 III 206 E. 3.5.4 S. 214 mit Hinweisen).

1.4. Wer durch ein rechtskräftiges Urteil, einen Strafbefehl, einen
nachträglichen richterlichen Entscheid oder einen Entscheid im selbstständigen
Massnahmenverfahren beschwert ist, kann unter den Voraussetzungen von Art. 410
StPO die Revision verlangen. Gemäss der Strafprozessordnung entscheidet das
Berufungsgericht über Revisionsgesuche (Art. 21 Abs. 1 lit. b und Art. 411 Abs.
1 StPO). Nach Art. 119a BGG beurteilt das Bundesgericht Revisionen gegen
Entscheide der Strafkammern des Bundesstrafgerichts. Es wendet dabei die
Bestimmungen der Strafprozessordnung (Art. 410 ff. StPO) an, mit Ausnahme von
Art. 413 Abs. 2 lit. b StPO. Art. 40 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 19. März
2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (StBOG; SR 173.71)
bestimmt, dass für Revision, Erläuterung und Berichtigung von Entscheiden der
Beschwerdekammern (des Bundesstrafgerichts) nach Art. 37 Abs. 2 (StBOG) die
Art. 121-129 BGG sinngemäss gelten. Die Bestimmung betrifft jedoch Verfahren,
die nicht gestützt auf die StPO, sondern in Anwendung von spezialgesetzlichen
Regeln geführt werden (vgl. Art. 37 Abs. 2 StBOG; Entscheide der
Beschwerdekammern gestützt auf die StPO werden in Abs. 1 von Art. 37 StBOG
erwähnt). Über Gesuche um Revision eines Entscheids des Bundesgerichts befindet
dieses gemäss Art. 121 ff. BGG selbst. Weitere vorliegend relevante
Gesetzesbestimmungen zu Revisionen von strafprozessualen Entscheiden gibt es
auf Bundesebene nicht.

 Wer für die Revision eines Strafbefehls der Bundesanwaltschaft zuständig ist,
ist weder in der StPO noch im StBOG, dem BGG oder einem anderen Bundesgesetz
ausdrücklich geregelt.

1.5.

1.5.1. Der Wortlaut von Art. 119a BGG ist in allen Amtssprachen eindeutig;
erfasst werden einzig Entscheide der Strafkammern des Bundesstrafgerichts. Auch
die Überschrift des 5a. Kapitels des BGG "Revision gegen Entscheide der
Strafkammern des Bundesstrafgerichts" ("Révision des décisions des cours des
affaires pénales du Tribunal pénal fédéral"; "Revisione di decisioni delle
corti penali del Tribunale penale federale") lässt keinen anderen Schluss zu.

1.5.2. Art. 119a BGG wurde durch das StBOG im Rahmen der Justizreform
eingeführt und trat - wie die StPO - am 1. Januar 2011 in Kraft (vgl. Art. 77
Anhang Ziff. II.5 StBOG, AS 2010 3294). Mit dem StBOG wurde die Organisation
der Strafbehörden des Bundes einheitlich geregelt (vgl. Art. 14 StPO; Botschaft
vom 10. September 2008 zum Bundesgesetz über die Organisation der Strafbehörden
des Bundes, BBl 2008 8129 Ziff. 1.1 [nachfolgend: Botschaft StBOG]). Im
Gesetzgebungsverfahren zum StBOG wurde hauptsächlich die Aufsicht über die
Bundesanwaltschaft und der Verzicht auf eine Berufung in Bundesstrafsachen
diskutiert. Letzteres ist vorliegend insofern von Interesse, als das
Berufungsgericht gemäss StPO auch für Revisionen zuständig gewesen wäre. Der
Vorentwurf vom 21. September 2007 zum StBOG sah vor, dass das Bundesgericht
Berufungen gegen Entscheide des Bundesstrafgerichts beurteilt (Art. 66 Anhang
Ziff. II.1 Art. 119a BGG; vgl. auch Bundesamt für Justiz, Erläuternder Bericht
zum Vorentwurf vom 21. September 2007 zum StBOG, S. 13 ff. Ziff. 2.6), womit
sich eine explizite Regelung der Zuständigkeit für Revisionsgesuche erübrigte.
Der vorgeschlagene Rechtsmittelweg wurde im Vernehmlassungsverfahren kritisiert
(Botschaft StBOG, BBl 2008 8131 Ziff. 1.3.3). Nach der Prüfung von vier
Varianten entschied sich der Bundesrat, keine Berufungsinstanz gegen Entscheide
des Bundesstrafgerichts zu schaffen und das bisherige Rechtsmittelsystem
beizubehalten (Botschaft StBOG, BBl 2008 8144 ff. Ziff. 1.4.4). Dieser Entwurf
des Bundesrats zum StBOG sah in Art. 68 Anhang 1 Ziff. II.4 die Einführung
eines neuen Art. 119a BGG vor, dessen Wortlaut mit dem in Kraft stehenden - mit
Ausnahme einer redaktionellen Änderung in Abs. 2 - übereinstimmt (BBl 2008
8211). Die Botschaft verweist auf die Systematik der StPO, wonach das
Berufungsgericht über Revisionsgesuche entscheidet, da die Zuständigkeit, ein
der Revision unterliegendes Urteil zu überprüfen, nicht mehr beim Gericht
liegt, welches den angefochtenen Entscheid erlassen hat. Da gegen Entscheide
des Bundesstrafgerichts keine Berufung möglich sei, sehe Art. 119a BGG vor,
dass das Bundesgericht als Revisionsinstanz der Strafkammern des
Bundesstrafgerichts amtet (Botschaft StBOG, BBl 2008 8183 Anhang 1).
Strafbefehle der Bundesanwaltschaft werden in der Botschaft nicht thematisiert.
In den parlamentarischen Beratungen wurde der neu einzuführende Art. 119a BGG
nicht diskutiert. Zwar folgte der Nationalrat zunächst einem Antrag der
Minderheit, einen neuen Art. 119b BGG zu schaffen, wonach das Bundesgericht
Berufungen gegen Entscheide des Bundesstrafgerichts beurteilt. Schliesslich
blieb es jedoch bei der im Entwurf vorgesehenen Regelung (zum Ganzen: AB 2009 S
587 ff., 598; AB 2009 N 2252 ff., 2269 ff.; AB 2010 S 2 ff., 8 f., 160, 362; AB
2010 N 116 ff., 124 ff., 333 ff., 577).

1.5.3. Den Materialien ist somit nicht zu entnehmen, dass die Zuständigkeit für
die Revision von Strafbefehlen der Bundesanwaltschaft im Gesetzgebungsverfahren
thematisiert wurde. Daraus ergibt sich einerseits, dass der Gesetzgeber die
Zuständigkeit des Bundesgerichts zur Revision von Strafbefehlen der
Bundesanwaltschaft nicht implizit mit Art. 119a BGG regeln wollte. Andererseits
deutet auch nichts darauf hin, dass er Strafbefehle der Bundesanwaltschaft
generell von der Möglichkeit der Revision ausnehmen wollte. Hiergegen spricht
insbesondere die klare Regelung von Art. 410 Abs. 1 StPO, wonach unter anderem
gegen einen Strafbefehl Revision verlangt werden kann. Die Möglichkeit der
Revision davon abhängig zu machen, ob der Strafbefehl von einer kantonalen
Behörde oder der Bundesanwaltschaft erlassen wurde, erscheint weder
beabsichtigt noch gerechtfertigt. Davon geht auch die Doktrin aus, soweit sie
sich mit der Frage befasst (vgl. Niggli/Maeder, in: Basler Kommentar,
Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 26 f. zu Art. 119a BGG; Dominik Vock,
in: Bundesgerichtsgesetz, Praxiskommentar, Spühler und andere [Hrsg.], 2. Aufl.
2013, N. 11 zu Art. 119a BGG). Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass bereits
die Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des
Strafprozessrechts (nachfolgend: Botschaft StPO) ausführte, Urteile, die in
einem vereinfachten Verfahren ergangen sind, wie das Strafbefehls- oder das
Übertretungsstrafverfahren seien mit Revision anfechtbar, denn gerade in diesen
Fällen könnten erhebliche Tatsachen oder Beweismittel ausser Acht gelassen
worden sein (BBl 2006 1318 f. Ziff. 2.9.4; Niggli/Maeder, a.a.O., N. 27 zu Art.
119a BGG).

1.5.4. Zusammenfassend ergibt sich, dass nicht geregelt ist, welche Behörde für
die Behandlung einer Revision von Strafbefehlen der Bundesanwaltschaft
zuständig ist. Da keine Anhaltspunkte für ein qualifiziertes Schweigen des
Gesetzgebers vorliegen, ist von einer Gesetzeslücke auszugehen, die vom Gericht
zu füllen ist (so auch: Niggli/ Maeder, a.a.O., N. 28 zu Art. 119a BGG; Vock,
a.a.O., N. 11 zu Art. 119a BGG; Pierre Ferrari, in: Commentaire de la LTF,
Corboz und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 5 zu Art. 119a BGG). Dabei soll es
nach der Regel entscheiden, die es als Gesetzgeber aufstellen würde (Art. 1
Abs. 2 ZGB).

1.6. Als Revisionsinstanz von Strafbefehlen der Bundesanwaltschaft kommen in
erster Linie diese selbst, das Bundesstrafgericht und das Bundesgericht
infrage. Gemäss Art. 21 Abs. 1 lit. b und Art. 411 Abs. 1 StPO befindet nicht
das erstinstanzliche Gericht, sondern das Berufungsgericht über
Revisionsgesuche. Damit soll vermieden werden, dass ein Gericht seinen eigenen,
der Revision unterliegenden Entscheid überprüft. Bildet ein Berufungsentscheid
Gegenstand des Revisionsgesuchs, dürfen die Mitglieder des Berufungsgerichts im
gleichen Fall nicht als Revisionsrichterinnen und Revisionsrichter tätig sein
(Art. 21 Abs. 3 StPO; Botschaft StPO, BBl 2006 1140 Ziff. 2.2.1.3, 1321 Ziff.
2.9.4). Dieser Systematik der StPO ist der Gesetzgeber mit der Einsetzung des
Bundesgerichts als Revisionsinstanz von Entscheiden der Strafkammern des
Bundesstrafgerichts gefolgt (vgl. Art. 119a BGG; Botschaft StBOG, BBl 2008 8183
Anhang 1). Niggli/ Maeder weisen überzeugend darauf hin, dass es der Systematik
von StPO sowie BGG und damit dem Willen des Gesetzgebers widerspräche, das
Bundesstrafgericht als Revisionsinstanz gegen Strafbefehle der
Bundesanwaltschaft einzusetzen (Niggli/Maeder, a.a.O., N. 28 zu Art. 119a BGG).
Gleiches gilt für die Bundesanwaltschaft. Es ist nicht einsichtig, weshalb ein
erstinstanzliches Gericht oder gar die Staatsanwaltschaft auf Bundesebene für
die Revision von Strafbefehlen zuständig sein sollte, auf kantonaler Ebene
dagegen nicht. Ebenso wenig lässt sich begründen, dass das Bundesstrafgericht
oder die Bundesanwaltschaft über die Revision von Strafbefehlen befinden darf,
die Entscheide der Strafkammern jedoch vom Bundesgericht überprüft werden.
Schliesslich ist nicht undenkbar, dass eine Behörde ihre eigenen Entscheide
revidiert, ist dies doch bei dem Berufungs- und dem Bundesgericht der Fall
(vgl. Art. 21 Abs. 1 lit. b StPO sowie Art. 121 ff. BGG; so auch Niggli/Maeder,
a.a.O., N. 28 zu Art. 119a BGG). Aufgrund der Systematik von StPO und BGG
entspricht es am ehesten dem Willen des Gesetzgebers, dass Art. 119a BGG per
analogiam auch auf Revisionen von Strafbefehlen der Bundesanwaltschaft
angewandt wird. Diese Lösung wird auch in der Lehre postuliert, soweit sie sich
dazu äussert (Niggli/Maeder, a.a.O., N. 28 zu Art. 119a BGG; Vock, a.a.O., N.
11 zu Art. 119a BGG; Ferrari, a.a.O., N. 5 zu Art. 119a BGG).

1.7. Demnach ist das Bundesgericht für die Behandlung des vorliegenden
Revisionsgesuchs zuständig. Das Revisionsverfahren richtet sich nach der StPO
(Art. 410 ff. StPO), wobei Art. 413 Abs. 2 lit. b StPO nicht anwendbar ist
(Art. 119a Abs. 2 BGG per analogiam).

2.

2.1. Wer durch ein Strafurteil oder einen Strafbefehl beschwert ist, kann nach
Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO die Revision verlangen, wenn neue, vor dem
Entscheid eingetretene Tatsachen oder neue Beweismittel vorliegen, die geeignet
sind, einen Freispruch oder eine wesentlich mildere Bestrafung der verurteilten
Person herbeizuführen. Unter Tatsachen sind Umstände zu verstehen, die im
Rahmen des dem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalts von Bedeutung sind. Mit
Beweismitteln wird der Nachweis von Tatsachen erbracht (BGE 137 IV 59 E. 5.1.1
S. 66). Tatsachen und Beweismittel sind neu, wenn das Gericht im Zeitpunkt der
Urteilsfällung keine Kenntnis von ihnen hatte, das heisst, wenn sie ihm nicht
in irgendeiner Form unterbreitet worden sind (BGE 137 IV 59 E. 5.1.2 S. 66 f.;
130 IV 72 E. 1 S. 73). Neue Tatsachen und Beweismittel sind erheblich, wenn sie
geeignet sind, die tatsächlichen Feststellungen, auf die sich die Verurteilung
stützt, zu erschüttern, und wenn die so veränderten Tatsachen einen deutlich
günstigeren Entscheid zugunsten des Verurteilten ermöglichen (BGE 137 IV 59 E.
5.1.4 S. 68; 130 IV 72 E. 1 S. 73). Die Revision ist zuzulassen, wenn die
Abänderung des früheren Urteils wahrscheinlich ist. Der Nachweis einer solchen
Wahrscheinlichkeit darf nicht dadurch verunmöglicht werden, dass für die neue
Tatsache ein Beweis verlangt wird, der jeden begründeten Zweifel ausschliesst (
BGE 116 IV 353 E. 4e S. 360 f.).

2.2. Das Revisionsverfahren gemäss StPO gliedert sich grundsätzlich in zwei
Phasen, nämlich eine Vorprüfung (Art. 412 Abs. 1 und 2 StPO) sowie eine
materielle Prüfung der geltend gemachten Revisionsgründe (Art. 412 Abs. 3 und 4
sowie Art. 413 StPO).

 Gemäss Art. 412 Abs. 2 StPO tritt das Gericht auf das Revisionsgesuch nicht
ein, wenn es offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist oder es mit den
gleichen Vorbringen schon früher gestellt und abgelehnt wurde. Bei dieser
vorläufigen und summarischen Prüfung sind grundsätzlich die formellen
Voraussetzungen zu klären. Das Gericht kann jedoch auf ein Revisionsgesuch auch
nicht eintreten, wenn die geltend gemachten Revisionsgründe offensichtlich
unwahrscheinlich oder unbegründet sind (Urteile 6B_545/2014 vom 13. November
2014 E. 1.2; 6B_1163/2013 vom 7. April 2014 E. 1.2; 6B_415/2012 vom 14.
Dezember 2012 E. 1.1 mit Hinweisen).

2.3. Ein Gesuch um Revision eines Strafbefehls muss als missbräuchlich
qualifiziert werden, wenn es sich auf Tatsachen stützt, die dem Verurteilten
von Anfang an bekannt waren, die er ohne schützenswerten Grund verschwieg und
die er in einem ordentlichen Verfahren hätte geltend machen können, welches auf
Einsprache hin eingeleitet worden wäre. Demgegenüber kann die Revision eines
Strafbefehls in Betracht kommen wegen wichtiger Tatsachen oder Beweismitteln,
die der Verurteilte im Zeitpunkt, als der Strafbefehl erging, nicht kannte oder
die schon damals geltend zu machen für ihn unmöglich war oder keine
Veranlassung bestand (BGE 130 IV 72 E. 2.3 S. 75 f.). An dieser Rechtsprechung
ist grundsätzlich festzuhalten (siehe Urteile 6B_545/2014 vom 13. November 2014
E. 1.2 und 6B_310/2011 vom 20. Juni 2011 E. 1.3 und E. 1.5). Rechtsmissbrauch
ist nur mit Zurückhaltung anzunehmen. Es ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob
unter den gegebenen Umständen das Revisionsgesuch dazu dient, den ordentlichen
Rechtsweg zu umgehen (vgl. BGE 130 IV 72 E. 2.2 S. 74 und E. 2.4 S. 76; Urteile
6B_1163/2013 vom 7. April 2014 E. 1.3 und 6S.61/2002 vom 16. Mai 2003 E. 3.4).

2.4. Die Gesuchstellerin beantragt die Revision des Strafbefehls, weil der
diesem zugrunde liegende Sachverhalt falsch sei. Sie habe die Fotokopie der
Vignette nicht an der Windschutzscheibe ihres Wagens angebracht. Als Beweis
legt sie ihrem Gesuch ein Schreiben von A.________ vom 25. Juli 2014 bei. Darin
hält er fest, er habe im Jahr 2012 die Fotokopie der Vignette am Fahrzeug der
Gesuchstellerin, welches ihm zeitweise zur Verfügung gestanden habe,
angebracht. Die Gesuchstellerin äussert sich nicht dazu, ob ihr bereits vor
Ablauf der Einsprachefrist bekannt war, dass A.________ die Vignette angebracht
haben will. Indes ist davon auszugehen, dass sie zu diesem Zeitpunkt zumindest
wusste, dass er ihr Fahrzeug zeitweise benutzte. Dies hätte sie mittels
Einsprache im Strafbefehlsverfahren beziehungsweise im ordentlichen Verfahren
geltend machen können. Sie begründet nicht, weshalb sie darauf verzichtete und
ihre Einsprache zurückzog. Gemäss ihrem Schreiben vom 11. März 2013 wollte sie
das Verfahren zu einem für sie überschaubaren Ende bringen. Folglich
verzichtete sie bewusst darauf, den Sachverhalt von einem Gericht in einem
ordentlichen Verfahren beurteilen zu lassen. Unter diesen Umständen erscheint
ihr Revisionsgesuch als Mittel, um den ordentlichen Rechtsweg zu umgehen. Auf
das missbräuchliche Revisionsgesuch ist mangels Rechtsschutzinteresses nicht
einzutreten.

3.

 Die Gerichtskosten sind der Gesuchstellerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG;
vgl. auch Art. 428 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 119a Abs. 2 BGG per analogiam).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

 Auf das Revisionsgesuch wird nicht eingetreten.

2.

 Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Gesuchstellerin auferlegt.

3.

 Dieses Urteil wird den Parteien schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. Mai 2015

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Andres

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