Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.768/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_768/2014

                                                 

Urteil vom 24. März 2015

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiber Boog.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Ernst Reber,
Beschwerdeführer,

gegen

Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Maulbeerstrasse 10, 3011 Bern.

Gegenstand
Schwere Körperverletzung, Verbreiten menschlicher Krankheiten; Willkür,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, Strafabteilung,
Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 11. April 2014.

Sachverhalt:

A. 
X.________ wird in der Hauptsache vorgeworfen, er habe in der Zeit von ca. Mai
2001 bis Mai 2005 sechzehn Personen vorsätzlich mit dem HI-Virus infiziert.
Dabei soll er sich von einer oder mehreren HIV-infizierten Personen unter dem
Vorwand, er könne sie heilen, regelmässig Blutproben oder Proben von anderem
biologischem Material verschafft haben, in denen HI-Viren enthalten waren, so
insbesondere von seinem Musikschüler A.________. Nach der Darstellung von
X.________ jenem gegenüber hätten die Blutproben der Überprüfung des
Therapieerfolges gedient, wobei die Auswertung des Blutes durch einen geheimen
Schamanenkreis erfolgt sein soll. Eine schulmedizinische Behandlung habe
A.________ auf Anraten von X.________ abgelehnt. Auf diese Weise habe sich
dieser ein eigenes HIV-Reservoir erschlossen. Das kontaminierte Blut oder
andere biologische Material habe X.________ in der Folge immer wieder auf- und
vorbereitet, um es später mittels Nadeln oder nadelähnlichen Gegenständen in
den Körper seiner Opfer einbringen und diese mit dem HI-Virus infizieren zu
können. Die Infizierung sei teils im Rahmen einer von ihm zur geistigen
Erweiterung ("Öffnung des inneren bzw. dritten Auges") oder zur Linderung
körperlicher oder psychischer Beschwerden durchgeführten "Akupunkturbehandlung"
als Stich in den Rücken oder in den Nackenbereich, teils als überraschender
Stich in den Rücken oder dadurch erfolgt, dass den Opfern, welche nach der
Konsumation eines Getränkes ungewollt das Bewusstsein verloren, das verseuchte
Material während ihrer Ohnmacht in ihren Körper eingebracht wurde. Die meisten
dieser 16 Personen erkrankten innert eines Zeitraumes von rund einer bis
mehreren Wochen nach dem Ereignis und zeigten diverse Symptome, die vereinbar
mit einer HIV-Primoinfektion waren. Alle 16 Personen wurden nach diesen
Ereignissen früher oder später positiv auf HIV getestet; 14 von ihnen
zusätzlich auf Hepatitis C.

B. 
Das Regionalgericht Bern-Mittelland erklärte X.________ mit Urteil vom 22. März
2013 der mehrfachen schweren Körperverletzung im Sinne von Art. 122 StGB und
des mehrfachen Verbreitens menschlicher Krankheiten im Sinne von Art. 231 Ziff.
1 Satz 1 StGB in 16 Fällen schuldig und verurteilte ihn zu einer
Freiheitsstrafe von 12 Jahren und 9 Monaten, unter Anrechnung der
ausgestandenen Haft. Ferner verurteilte es ihn zur Zahlung einer Genugtuung an
die Geschädigten im Umfang von je Fr. 100'000.--, bzw. in einem Fall in der
Höhe von Fr. 90'000.--. Die Schadenersatzklagen der Geschädigten hiess es dem
Grundsatz nach gut und verwies sie zur Festsetzung der Höhe des Schadenersatzes
auf den Zivilweg. Das Verfahren wegen Tätlichkeiten sowie wegen mehrfacher
Drohung und versuchter Nötigung, eventl. Drohung stellte es ein. Schliesslich
entschied es über die Einziehung der beschlagnahmten Gegenstände.

Auf Berufung des Beurteilten und Anschlussberufung der
Generalstaatsanwaltschaft bestätigte das Obergericht des Kantons Bern am 11.
April 2014 das erstinstanzliche Urteil im Schuld- und Zivilpunkt und
verurteilte X.________ zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren.

C. 
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das angefochtene
Urteil sei aufzuheben und er sei von den Vorwürfen der schweren
Körperverletzung und des Verbreitens einer menschlichen Krankheit zum Nachteil
von B.________ und von C.________ freizusprechen. Eventualiter sei er in Bezug
auf diese beiden Personen der einfachen Körperverletzung und des Verbreitens
einer menschlichen Krankheit schuldig zu sprechen und zu einer Freiheitsstrafe
in gerichtlich zu bestimmender Höhe zu verurteilen. Ferner sei er der
mehrfachen einfachen Körperverletzung und des mehrfachen Verbreitens einer
menschlichen Krankheit zum Nachteil der übrigen 14 Geschädigten schuldig zu
sprechen und zu einer Freiheitsstrafe in gerichtlich zu bestimmender Höhe zu
verurteilen. Subeventualiter sei die Sache zur Durchführung einer neuen
Hauptverhandlung und zur Fällung eines neuen Urteils an die erste, eventuell an
die Vorinstanz zurückzuweisen. Ferner beantragt er, die Zivilforderungen seien
nur dem Grundsatz nach zu beurteilen und im Übrigen auf den Zivilweg, eventuell
an die erste Instanz bzw. die Vorinstanz zu verweisen. Schliesslich ersucht er
um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.

D. 
Die Generalstaatsanwaltschaft und das Obergericht des Kantons Bern haben auf
Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer rügt zunächst eine offensichtlich unrichtige
Feststellung des Sachverhalts in Bezug auf die Anklage der schweren
Körperverletzung und des Verbreitens einer menschlichen Krankheit zum Nachteil
von B.________ und C.________. Er macht geltend, die beiden Geschädigten hätten
angegeben, sie seien von ihm lediglich ein einziges Mal, kurz und unerwartet in
den Rücken bzw. in die linke Schulter gestochen worden. Nach Auffassung des
Gutachters sei für eine Infektion mit dem HI-Virus die Übertragung einer
grösseren Menge Blut, wahrscheinlich durch eine Injektion, erforderlich
gewesen. Ein Stich mit einer einfachen Nadel mit blossen Blutanhaftungen hätte
für eine Infektion nicht ausgereicht und die Verwendung einer Hohlnadel sei
angesichts des von den Geschädigten geschilderten Stichereignisses
unrealistisch. Aufgrund dieser gutachterlichen Äusserungen könne die Infektion
der beiden Geschädigten daher nicht im Rahmen dieses Ereignisses erfolgt sein.
Mangels eines genügend nachgewiesenen und plausiblen Stichereignisses verletze
der Schuldspruch in diesen Anklagepunkten den Grundsatz "in dubio pro reo".
Soweit die Vorinstanz in ihrer Eventualbegründung annehme, auch eine
Übertragung mit einem üblich grossen Inokulum, mithin ohne Injektion, hätte für
die Ansteckung ausgereicht, weiche sie ohne triftige Gründe vom
phylogenetischen Gutachten ab. Schliesslich lasse sich aus dem Umstand, dass
bei den Geschädigten keine Risikokontakte vorlägen und die Möglichkeit einer
artifiziellen Ansteckung durch eine Drittperson ausscheide, nicht darauf
schliessen, dass es keine andere Erklärung für die Ansteckung gäbe als seine
Täterschaft. Aus dem phylogenetischen Gutachten allein könne jedenfalls nicht
auf seine Täterschaft geschlossen werden. Dies gelte umso mehr, als die
Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 19. März 2012 das Verfahren wegen
mehrfacher schwerer Körperverletzung und wegen Verbreitens menschlicher
Krankheiten zum Nachteil von weiteren vier Personen eingestellt habe, obwohl
ihre Viren mit denen der übrigen 16 Infizierten phylogenetisch eng verwandt
seien (Beschwerde S. 7 ff.).

1.2.

1.2.1. Die Vorinstanz stellt gestützt auf die phylogenetischen Gutachten
(Virenstammgutachten) des Instituts für Medizinische Virologie, Nationales
Zentrum für Retroviren, vom 28. Juni 2007, 17. April 2009 und 28. Januar 2011
und die schriftlichen Ergänzungen des Sachverständigen fest, bei sämtlichen
Geschädigten des vorliegenden Verfahrens hätten sich genetisch eng und engst
verwandte Viren gefunden. Die untersuchten Personen seien mit einer in der
Schweiz einzigartigen, eng verwandten Gruppe von HIV-Sequenzen infiziert. Die
Viren hätten denselben monophyletischen Ursprung, d.h. denselben
Virusvorfahren; sie kämen gewissermassen aus dem "gleichen Topf", wobei das
infektiöse Material dieses "Reservoirs" von mehreren Index-Personen stammen
könne. Bei einzelnen von ihnen seien jeweils gar identische Virensequenzen
gefunden worden. Die hohe persönliche Virendivergenz bei einigen Geschädigten
und die Vielfalt der aufgefundenen Signaturen im variablen Segment der
Virussequenzen sprächen für eine Infektion mit einer unüblich grossen Menge an
übertragenem infektiösem Material (Inokulum). Die naturwissenschaftlichen
Befunde sprächen für eine artifizielle Ansteckung (angefochtenes Urteil S. 58
ff., 61 ff., 228 ff.). Dass die Infektionen auf natürliche Weise, namentlich
durch ungeschützten Geschlechtsverkehr oder gemeinsamen intravenösen
Drogenkonsum, oder durch eine Drittperson bzw. die Opfer selbst erfolgt sei,
falle ausser Betracht. Gestützt auf diesen Befund gelangt die Vorinstanz zum
Schluss, die artifizielle Ansteckung der Geschädigten sei auf den
Beschwerdeführer zurückzuführen. Dieser habe den Geschädigten jeweils eine so
grosse Menge Blut oder anderes Material injiziert, dass eine unfallmässige
Ansteckung ausgeschlossen werden könne (angefochtenes Urteil S. 26 ff., 107
ff., 229 f., 232 f.).

1.2.2. In Bezug auf die Geschädigten B.________ und C.________ nimmt die
Vorinstanz an, bei diesen sei es zu einem völlig unerwarteten Stich ausserhalb
einer "Behandlungssituation" gekommen. B.________ habe berichtet, sie sei am
19. Oktober 2003 zu Hause bei ihrer Schwester, als sie mit dem Rücken zum
Beschwerdeführer gestanden habe, plötzlich und unversehens gestochen worden.
Sie sei erschrocken und sofort aus dem Zimmer zu ihrer Schwester gerannt. Der
Stich habe ihr wehgetan. Ihre Schwester habe sich die Stelle am Rücken
angesehen und den Einstich erkannt (angefochtenes Urteil S. 150 ff.).
C.________ sei nach ihrer Darstellung vom Beschwerdeführer im Zeitraum von ca.
1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 während des Musikunterrichts beim
Notenschreiben überraschend mit einem unbekannten Gegenstand in die linke
Schulter gestochen worden. Auch sie habe ausgesagt, der Stich habe ihr
wehgetan. Es habe sich angefühlt, wie wenn sie mit einem stark angespitzten
Bleistift gepikst worden wäre (angefochtenes Urteil S. 187 ff.). Beide Fälle
beträfen mithin kurze Stichereignisse. Aufgrund der geschilderten Schmerzen und
des von der Geschädigten C.________ gezogenen Vergleichs mit einem spitzen
Bleistift müssten diese allerdings eher heftiger Art gewesen sein, so dass die
Nadeln durchaus relativ tief in das Gewebe eingedrungen sein könnten. Sodann
lasse sich aus den geschilderten Umständen nicht zwingend schliessen, dass der
Beschwerdeführer keine Hohlnadel oder Spritze mit zylindrischem Hohlraum
verwendet habe. Schliesslich bedeute ein "übergrosses" Inokulum nach den
Ausführungen des Gutachters nur, dass dieses grösser als bei einer natürlichen
Übertragung sei. Es habe mithin nicht eine riesige Menge an infektiösem
Material eingespritzt werden müssen. Im Übrigen werde auch bei natürlicher
Übertragung, also bei üblich grossem Inokulum, in 25% der Fälle mehr als ein
Virus übertragen, womit das Vorkommen beider Signaturen (GT1 und GT2) bei den
beiden Geschädigten auch mit einem üblich grossen Inokulum erklärt werden
könnte. Schliesslich sei das Ansteckungsrisiko selbst bei akzidentiellen
Übertragungen durch Nadelstiche jedenfalls gleich hoch wie bei ungeschützten
Sexualkontakten oder gemeinsamem Spritzengebrauch. Schieden solche
Risikokontakte - wie vorliegend - aus und entfalle auch die Möglichkeit der
artifiziellen Ansteckung durch eine Drittperson, verbleibe keine andere
Erklärung als die Täterschaft des Beschwerdeführers (angefochtenes Urteil
S.230, 233 f.).

1.3. Nach Art. 97 Abs. 1 BGG kann die Feststellung des Sachverhalts durch die
Vorinstanz nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig, d.h.
willkürlich ist oder auf einer Verletzung von schweizerischem Recht im Sinne
von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann. Die Rüge der willkürlichen Feststellung des
Sachverhalts prüft das Bundesgericht gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG nur insoweit,
als sie explizit vorgebracht und substantiiert begründet worden ist. In der
Beschwerde muss im Einzelnen dargelegt werden, inwiefern der angefochtene
Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet. Auf eine
blosse appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil tritt das Bundesgericht
nicht ein (BGE 138 I 171 E. 1.4; 136 II 489 E. 2.8; 133 IV 286 E. 1.4; je mit
Hinweisen).

Gemäss der aus Art. 8 und 32 Abs. 1 BV fliessenden und in Art. 6 Ziff. 2 EMRK
sowie Art. 10 Abs. 3 StPO verankerten Maxime "in dubio pro reo" ist bis zum
gesetzlichen Nachweis ihrer Schuld zu vermuten, dass die einer strafbaren
Handlung beschuldigte Person unschuldig ist (Art. 10 Abs. 1 StPO). Der
Grundsatz "in dubio pro reo" besagt, dass sich das Strafgericht nicht nach rein
subjektivem Empfinden von einem für den Angeklagten ungünstigen Sachverhalt
überzeugt erklären darf, wenn bei objektiver Betrachtung Zweifel an der
Erfüllung der tatsächlichen Voraussetzungen der angeklagten Tat bestehen. Bloss
abstrakte und theoretische Zweifel genügen aber nicht. Es müssen vielmehr
erhebliche und nicht zu unterdrückende Zweifel vorliegen. Relevant sind mithin
nur unüberwindliche, sich nach der objektiven Sachlage aufdrängende Zweifel (
BGE 138 V 74 E. 7; 127 I 38 E. 2a; 124 IV 86 E. 2a; 120 Ia 31 E. 2b, S. 35 f.;
Esther Tophinke, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2.
Aufl. 2014, Art. 10 N 83).

Soweit das Urteil auf der Grundlage von Indizien ergeht, ist nicht die
isolierte Betrachtung jedes einzelnen Beweises, sondern deren gesamthafte
Würdigung massgeblich. Würdigt das erkennende Gericht einzelne seinem Entscheid
zugrunde liegende, belastende Indizien willkürlich oder lässt es entlastende
Umstände willkürlich ausser Acht, führt dies nicht zwingend zur Aufhebung des
angefochtenen Urteils. Erforderlich ist, dass bei objektiver Würdigung des
ganzen Beweisergebnisses offensichtlich erhebliche und schlechterdings nicht zu
unterdrückende Zweifel an der Täterschaft zurückbleiben (Urteile des
Bundesgerichts 6B_1077/2013 vom 22. Oktober 2014 E. 1.1.2; 6B_217/ 2012 vom 20.
Juli 2012 E. 2.2.2; 781/2010 vom 13. Dezember 2010 E. 3.2 und 3.4, je mit
Hinweisen).

1.4. Den kantonalen Instanzen steht bei der Beweiswürdigung ein weiter
Spielraum des Ermessens zu. Was der Beschwerdeführer gegen die Feststellung des
Sachverhalts durch die Vorinstanz vorbringt, ist nicht geeignet Willkür
darzutun. Nach ständiger Rechtsprechung genügt für die Annahme von Willkür
nicht, wenn das angefochtene Urteil mit der Darstellung des Beschwerdeführers
nicht übereinstimmt oder wenn eine andere Lösung oder Würdigung vertretbar
erscheint oder gar vorzuziehen wäre. Willkür im Sinne von Art. 9 BV liegt nur
vor, wenn der angefochtene Entscheid auf einer schlechterdings unhaltbaren
Beweiswürdigung beruht, d.h. wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen
ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder
auf einem offenkundigen Fehler beruhen (BGE 140 I 201 E. 6.1; 138 I 49 E. 7.1
und 305 E. 4.3; 138 V 74 E. 7).

Im zu beurteilenden Fall trifft zu, dass der mit der Erstellung eines
Virenstammgutachtens betraute Sachverständige in Bezug auf die Frage, ob der
HI-Virus durch einen einzigen Nadelstich übertragen werden könne, in der
erstinstanzlichen Hauptverhandlung ausführte, es sei schwer vorstellbar, dass
eine Nadel mit Blutanhaftungen für die Übertragung des HIV genügt habe, zumal
die Übertragungen bei den betroffenen Personen offenbar sehr effizient gewesen
seien. Eine derart effiziente Übertragung könne fast nicht durch Stiche mit
einer Nadel erklärt werden. Es sei eher eine Injektion nötig gewesen. Um eine
solche Effizienz zu erreichen, müssten grössere Mengen an Blut übertragen
worden sein, als dies mit einem einzigen Nadelstich möglich sei. Er gehe
deshalb davon aus, dass nicht mit einfachen Nadeln gearbeitet worden sei
(angefochtenes Urteil S. 53, 232; HV-Protokoll, Akten des Regionalgerichts act.
6762 und 6764). Doch legte der Sachverständige in seinem Gutachten auch dar,
die Möglichkeit der Ansteckung mittels eines einzigen Nadelstichs dürfe,
namentlich wenn das Blut von Patienten in fortgeschrittenen Stadien der
Erkrankung stamme und die Viruslast entsprechend hoch sei, nicht unterschätzt
werden. Bei Zusammentreffen verschiedener risikoerhöhender Faktoren, namentlich
etwa der Menge an mit der Nadel übertragenem Blut und der Höhe der Virenlast in
diesem Blut, der Tiefe des Stichs sowie der Dauer des Verbleibens der Nadel im
Körper, könne das Risiko einer Virus-Übertragung beträchtlich sein
(angefochtenes Urteil S. 37 f., 42 f.; Strafakten act. 4033, 4193 f., 4266).
Inwiefern die Vorinstanz, soweit sie sich auf diese Ausführungen des Gutachters
stützt, in Willkür verfallen sein soll und dass die vorhandenen Beweise andere
Schlussfolgerungen geradezu aufdrängen, führt der Beschwerdeführer nicht aus.
Er beschränkt sich vielmehr darauf, die bereits im kantonalen Verfahren
erhobenen Einwände zu wiederholen. Dabei mag zutreffen, dass aus dem
phylogenetischen Gutachten allein nicht auf die Täterschaft des
Beschwerdeführers geschlossen werden kann (angefochtenes Urteil S. 62). Doch
legt die Vorinstanz hinreichend deutlich dar, dass die Ansteckung der beiden
Geschädigten zweifelsfrei auf eine vorsätzliche artifizielle Ansteckung durch
den Beschwerdeführer zurückzuführen ist. Die Ausführungen des Gutachters stehen
dem nicht entgegen. Denn wie die Vorinstanz zutreffend erwägt, ist nach ihren
Ausführungen das Risiko einer Ansteckung jedenfalls etwa dann beträchtlich,
wenn die Virenlast im übertragenen Blut hoch sei und wenn tief durch die Haut
hindurch gestochen und das Virus direkt in die Unterhaut eingebracht werde. Die
Vorinstanz nimmt denn aufgrund der von den beiden Geschädigten beschriebenen
Schmerzen nach den überraschenden Stichen auch an, diese seien tief unter die
Haut geführt worden. Dass dieser Schluss schlechterdings unhaltbar wäre, legt
der Beschwerdeführer nicht dar und ist auch nicht ersichtlich.

Schliesslich kann der Beschwerdeführer auch nichts aus dem Umstand zu seinen
Gunsten ableiten, dass das Verfahren in Bezug auf vier weitere Personen
eingestellt worden ist. Wie er selber ausführt, hat die Staatsanwaltschaft das
Verfahren wegen schwerer Körperverletzung und Verbreitens menschlicher
Krankheiten zum Nachteil seiner Nichte, seines Schwagers und seines Bruders
sowie von A.________ mangels eines plausiblen Stichereignisses eingestellt
(Beschwerde S. 11). Nach der Einstellungsverfügung vom 19. März 2012 hat sich
weder gestützt auf die von den betroffenen Personen gemachten Aussagen noch
aufgrund der bei der phylogenetischen Analyse gewonnenen Erkenntnisse bezüglich
Dauer und Anfangszeitpunkt der einzelnen Infektionen konkretisieren lassen,
wann, wo und im Rahmen welcher tatsächlichen Geschehnisse die Übertragung von
HIV durch den Beschwerdeführer stattgefunden hat oder hätte haben können. Es
fehle daher an der Grundlage für die Umschreibung eines hinreichenden
Tatvorwurfs (Einstellungsverfügung, Strafakten, act. 6326, 6331). Insoweit
unterscheiden sich die Anklagepunkte betreffend die Geschädigten B.________ und
C.________ von den eingestellten Fällen. Denn beide Geschädigten haben klar und
deutlich ein Stichereignis geschildert, welches die Infizierung mit dem
HI-Virus plausibel erklärt. Jedenfalls ist dieser Schluss der Vorinstanz nicht
schlechterdings unhaltbar.

Das angefochtene Urteil ist in diesem Punkt nicht zu beanstanden. Die
Beschwerde erweist sich insofern als unbegründet.

2.

2.1. Der Beschwerdeführer rügt im Weiteren, die rechtliche Würdigung der
Sachverhalte als schwere Körperverletzung verletze Bundesrecht. Indem die
Vorinstanz annehme, dass bei der Beurteilung der Schwere der Körperverletzung
eine generell-abstrakte Sichtweise massgeblich sei, weiche sie von den
verbindlichen Vorgaben der neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung ab und
lege zu Unrecht einen objektiven Massstab an. Entgegen ihrer Auffassung sei in
jedem der 16 angeklagten Fälle eine individuelle Analyse der konkreten Umstände
vorzunehmen und für jeden Fall separat zu entscheiden, ob eine Verletzung im
Sinne von Art. 122 Abs. 3 StGB vorliege. Aus dem ärztlichen Bericht über den
aktuellen Forschungsstand betreffend HIV-Infektion, den möglichen Folgen und
den medizinischen Behandlungsmöglichkeiten ergebe sich nichts, was eine von der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung abweichende Auslegung rechtfertige. Mit
Ausnahme des vom Experten genannten dritten Punktes seien dem Bundesgericht bei
seiner Rechtsprechungsänderung alle aufgeführten Punkte bekannt gewesen. Den
dritten Punkt habe die Vorinstanz zudem verzerrt wiedergegeben (Beschwerde S.
12 ff.). Im Weiteren macht der Beschwerdeführer geltend, die Eventualbegründung
der Vorinstanz, wonach der Tatbestand der schweren Körperverletzung auch bei
einer subjektiven Betrachtungsweise erfüllt sei, beruhe auf einer
offensichtlich unrichtigen Feststellung des Sachverhalts. Die von der
Vorinstanz aufgelisteten Folgen der Infektion bei den Geschädigten seien erst
in der Ergänzung der Anklageschrift aufgeführt worden. Bis kurz vor der
Berufungsverhandlung hätten sie nicht Gegenstand der Anklage gebildet. Sie
seien daher nicht Gegenstand der Verhandlung vor dem Regionalgericht gewesen,
weshalb er im erstinstanzlichen Verfahren diesbezüglich keine prozessualen
Rechte habe geltend machen können. Daran ändere nichts, dass die Betroffenen in
der erstinstanzlichen Hauptverhandlung auf die Folgen der Infektionen
angesprochen worden seien. Es widerspreche dem Grundsatz des fairen Verfahrens,
wenn ihm die Vorinstanz vorwerfe, im erstinstanzlichen Verfahren die
bundesgerichtliche Rechtsprechung nicht antizipiert zu haben, und gleichzeitig
darüber hinwegsehe, dass die ursprüngliche Anklageschrift den Anforderungen von
Art. 325 StPO nicht genügt habe. Die Ergänzung der Anklage um die Folgen der
Infektion hätte nur unter Gewährung seiner prozessualen Rechte erfolgen dürfen.
Es hätte ihm namentlich aufgrund von Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK ermöglicht
werden müssen, die Geschädigten zu diesem Punkt zu befragen. Zudem hätte sein
Antrag auf Erstellung eines Gutachtens zur fachmännischen Zuordnung der bei
jenen aufgetretenen Symptome gutgeheissen werden müssen. Die Vorinstanz sei
aufgrund der erhobenen Beweise gar nicht in der Lage gewesen zu beurteilen, ob
und inwiefern ihm die möglichen psychischen Belastungen und physischen
Auswirkungen objektiv und subjektiv zugerechnet werden könnten. Es fehle mithin
an einer rechtmässigen und lückenlosen Beweiserhebung der ihm objektiv und
subjektiv zurechenbaren gesundheitlichen Verschlechterungen der Geschädigten.
Der Schluss der Vorinstanz, wonach die meisten der erwiesenen gesundheitlichen
Beschwerden nicht auf die Hepatitis C (HCV) Infektion zurückzuführen sei,
welche ihm nicht zur Last gelegt werde, sei falsch. Abgesehen davon impliziere
er, dass jedenfalls auch nach der Auffassung der Vorinstanz wenigstens ein Teil
der Beschwerden durch die HCV-Infektion bedingt seien. Aus den
Expertenberichten gehe klar hervor, dass eine Behandlung der HCV-Infektion
häufig mit schweren Nebenwirkungen einhergehe, eine die Lebensqualität der
Betroffenen zusätzlich einschränkende Belastung für den menschlichen Organismus
darstelle und dass die HCV-Infektion bei Koinfizierten zum Hauptproblem werden
könne. Aufgrund des ungenügenden Beweisergebnisses lasse sich nicht sagen, dass
jede geschädigte Person, selbst wenn bei einigen von ihnen einzelne der
beschriebenen Beschwerden vorbestanden haben sollten, auch allein durch die
HIV-Infektion und die eindeutig darauf beruhenden Folgen derart beeinträchtigt
sei, dass in jedem Fall eine schwere Körperverletzung anzunehmen sei
(Beschwerde S. 14 ff.).

2.2. Die Vorinstanz würdigt die HIV-Infektion als eine schwere Schädigung der
Gesundheit i.S.v. Art. 122 Abs. 3 StGB. Dabei setzt sie sich einlässlich mit
der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts und den in der Lehre
vorgetragenen Argumenten zur rechtlichen Würdigung der Infizierung mit HIV
auseinander. Gestützt auf den aus Anlass der bundesgerichtlichen
Rechtsprechungsänderung (vgl. unten E. 2.3.2) bei Prof. Dr. med. D.________
eingeholten Bericht zur Abklärung des aktuellen Forschungsstandes betr.
HIV-Infektion, deren möglichen Folgen sowie den medizinischen
Behandlungsmöglichkeiten vom 17. Februar 2014 (Akten des Obergerichts act.
7650, 7777 ff.; Beschwerdebeilage 5) und dessen Ergänzung vom 26. März 2014
(Akten des Obergerichts act. 7987 ff; Beschwerdebeilage 6) kommt sie zum
Schluss, die Auswirkungen der HIV-Infektion auf die Gesundheit sowie das
soziale und berufliche Leben der betroffenen Menschen seien als
ausserordentlich stark einzustufen. Trotz aller medizinischen Fortschritte sei
ihre Zukunft ungewiss und schon nur die damit verbundenen täglichen Ängste
seien äusserst einschneidend, zumal für die Betroffenen stets ungewiss bleibe,
wie sich die Infektion weiterentwickle und ob es nicht doch zu einem
Therapieversagen komme und AIDS ausbreche. Zudem bestehe eine ausgeprägte
Stigmatisierung. HIV-infizierte Menschen würden oft als unseriös abgestempelt
und in Verbindung mit Drogenmissbrauch oder risikoreichem Sexualverhalten
gebracht. Ihre gesellschaftliche Stellung sei herabgesetzt und es könnten auch
berufliche Einschränkungen entstehen. Sodann bestünden grosse Hemmnisse im
sexuellen und familiären Bereich. Eine normale Sexualität sei nicht mehr
möglich. Die Angst, den Partner anzustecken, sei stets gegenwärtig, selbst wenn
die Virenlast so stark reduziert sei, dass ungeschützter Geschlechtsverkehr
grundsätzlich nicht mehr infektiös sei. Auch die Familienplanung sei
beträchtlich erschwert. Abgesehen vom Ansteckungsrisiko für den Partner müsse
das Kind nach der Geburt medikamentös behandelt werden und werde Gewissheit, ob
dieses HIV-positiv oder negativ sei, erst nach langer Zeit erlangt. All diese
negativen Auswirkungen einer HIV-Infektion bestünden nach heutigem Wissensstand
ein Leben lang fort. Der Umstand, dass jedes Individuum anders auf eine solche
Situation reagiere, könne nicht dazu führen, dass die rechtliche Qualifikation
einer HIV-Infektion unterschiedlich ausfalle. Die genannten Probleme und
Einschränkungen in gesundheitlicher, sozialer und beruflicher Hinsicht
bestünden für jeden einzelnen Betroffenen. Selbst wenn heute für Einzelne
gegebenenfalls ein relativ beschwerdefreies Leben ohne grosse physische oder
psychische Belastungen möglich sein sollte, bestehe doch jederzeit das
Potential für einen ungünstigen Verlauf. Es müsse im Bereich von
HIV-Infektionen deshalb von einem objektiven Massstab ausgegangen werden. Im zu
beurteilenden Fall komme hinzu, dass alle Geschädigten in den Jahren 2001-2005
mit HIV-1 infiziert worden seien und sie deshalb statistisch betrachtet
gegenüber der Normalbevölkerung eine um mehrere Jahre verkürzte Lebenserwartung
aufwiesen. Insgesamt erfüllten die Auswirkungen der Infektion auf die
Gesundheit der Betroffenen und die damit verbundene ausserordentliche
psychische Belastung mit ihren Auswirkungen auf das soziale und berufliche
Leben den objektiven Tatbestand der schweren Gesundheitsschädigung
(angefochtenes Urteil S. 97 ff., 247 ff.).

In einer Eventualbegründung gelangt die Vorinstanz auch unter Anlegung eines
subjektiven Massstabs zum selben Ergebnis. Die allein auf der HIV-Infektion
beruhenden individuellen Folgen seien bei allen Geschädigten derart erheblich,
dass in jedem einzelnen Fall von einer schweren Körperverletzung auszugehen
sei. So werde die dauerhafte antiretrovirale Medikation von vielen Geschädigten
übereinstimmend als sehr einschränkend beschrieben. Praktisch alle Geschädigten
klagten über Nebenwirkungen, namentlich Müdigkeit,
Konzentrationsschwierigkeiten und verminderte Leistungsfähigkeit, wobei der
Leidensdruck unterschiedlich gross sei. Zahlreiche Geschädigten seien zudem nur
noch eingeschränkt erwerbstätig oder bezögen sogar eine IV-Rente. Sämtliche
Geschädigten seien durch die Infektion psychisch erschüttert worden, auch wenn
sie in der Folge unterschiedlich damit hätten umgehen können. Praktisch alle
Betroffenen hätten sodann soziale Einschränkungen beschrieben, die mit der
Angst vor Stigmatisierung begründet würden. Der Tatbestand der schweren
Körperverletzung sei selbst dann erfüllt, wenn bei einigen Geschädigten
einzelne der beschriebenen Beschwerden vorbestanden haben oder auf die
HCV-Koinfektion, welche dem Beschwerdeführer nicht zugerechnet werden könne,
zurückzuführen sein sollten (angefochtenes Urteil S. 252 ff.).

2.3.

2.3.1. Gemäss Art. 122 StGB macht sich der schweren Körperverletzung schuldig,
wer einen Menschen lebensgefährlich verletzt (Abs. 1); wer den Körper, ein
wichtiges Organ oder Glied eines Menschen verstümmelt oder ein wichtiges Organ
oder Glied unbrauchbar macht, einen Menschen bleibend arbeitsunfähig,
gebrechlich oder geisteskrank macht, das Gesicht eines Menschen arg und
bleibend entstellt (Abs. 2); oder wer eine andere schwere Schädigung des
Körpers oder der körperlichen oder geistigen Gesundheit eines Menschen
verursacht (Abs. 3). Nach Art. 123 StGB wird wegen einfacher Körperverletzung
bestraft, wer einen Menschen in anderer Weise an Körper oder Gesundheit
schädigt.

2.3.2. Das Bundesgericht qualifizierte in seiner früheren Rechtsprechung die
Infektion mit dem HI-Virus als lebensgefährliche schwere Körperverletzung im
Sinne von Art. 122 Abs. 1 StGB (bzw. Art. 125 Abs. 2 StGB). Es ging davon aus,
eine HIV-Infektion führe nach ungewisser, relativ langer Zeit bei vielen
Betroffenen mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Ausbruch der Immunschwäche AIDS
und anschliessend mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Tod. Die HIV-Infektion sei
damit lebensgefährlich. Dabei müsse die Lebensgefahr nicht notwendigerweise
zeitlich unmittelbar drohen bzw. akut sein. Massgeblich sei nur die erhebliche
Wahrscheinlichkeit eines tödlichen Verlaufs. Bei diesem Ergebnis könne
dahingestellt bleiben, ob die HIV-Infektion auch als andere schwere Schädigung
der körperlichen und/oder geistigen Gesundheit im Sinne von Art. 122 Abs. 3
StGB qualifiziert werden könne und ob in diesem Zusammenhang auch eine aus der
Kenntnisnahme des positiven Befunds resultierende schwere Depression samt deren
Konsequenzen sowie die Nebenwirkungen einer medizinischen Behandlung
mitberücksichtigt und dem Täter objektiv (und subjektiv) zugerechnet werden
könnten (BGE 125 IV 242 E. 2b /dd; 131 IV 1 E. 1.1; vgl. auch BGE 116 IV 125 E.
5a).

In einem neueren Entscheid, dem die Übertragung des HI-Virus über ungeschützten
Geschlechtsverkehr auf den Sexualpartner zugrunde lag, kehrte das Bundesgericht
von dieser Rechtsprechung ab. Es gelangte zum Schluss, angesichts der aktuellen
wissenschaftlichen Erkenntnisse und der heutigen medizinischen
Behandlungsmöglichkeiten lasse sich nicht mehr sagen, dass der Zustand der
Infektion mit dem HI-Virus schon als solcher generell lebensgefährlich im Sinne
von Art. 122 Abs. 1 StGB sei. Mit modernen antiretroviralen
Kombinationstherapien sei es möglich, den Ausbruch von AIDS hinauszuschieben,
die Vermehrung der HI-Viren im Körper aufzuhalten, die Viruslast im Blut unter
die Nachweisgrenze zu senken und die Lebenserwartung von HIV-infizierten
Personen erheblich zu steigern, so dass Betroffene bei früher Diagnose und
guter Behandlung fast so lange leben könnten wie nicht Infizierte. Damit fehle
es heute - unter der Voraussetzung medizinischer Behandlung - an der
erheblichen Wahrscheinlichkeit eines tödlichen Verlaufs und folglich an der
Lebensgefahr der HIV-Infektion im Sinne der Tatbestandsvariante von Art. 122
Abs. 1 StGB (BGE 139 IV 214 E. 3.4.2 mit Hinweisen).

Das Bundesgericht hielt im genannten Entscheid indes fest, es stehe ausser
Frage, dass die HIV-Infektion als solche auch unter Berücksichtigung der
medizinischen Fortschritte nach wie vor eine nachteilige pathologische
Veränderung mit Krankheitswert darstelle, welche - soweit sie auf einen
Übertragungsakt zurückzuführen sei - als Körperverletzung zu würdigen sei.
Weiter erwog es, bei der Beurteilung der Frage, ob jene unter den Tatbestand
der einfachen oder der schweren Körperverletzung, namentlich im Sinne der
Generalklausel nach Art. 122 Abs. 3 StGB (bzw. Art. 125 Abs. 2 StGB) zu
subsumieren sei, sei einerseits in Rechnung zu stellen, dass die modernen
(Kombinations-) Therapien effizient und in der Regel gut verträglich seien
sowie dass die Lebenserwartung von HIV-Infizierten sich derjenigen von Gesunden
angleiche. Andererseits sei die Infektion nach wie vor nicht heilbar und sei
eine Impfung trotz grosser medizinischer Fortschritte nicht in Sicht. Die
Therapien stellten hohe Anforderungen an die Disziplin der Betroffenen. Die
Medikamente müssten ein Leben lang streng vorschriftsgemäss eingenommen werden
und könnten körperliche und/oder seelische Nebenwirkungen mit Beeinträchtigung
der Lebensqualität verursachen. Überdies bestehe das Risiko von
Resistenzentwicklungen, Wechselwirkungen mit andern Medikamenten und
unerwünschten Langzeitnebenwirkungen. Insgesamt seien Betroffene trotz
verbesserter Behandlungsmethoden und Medikamentenverträglichkeit nach wie vor
komplexen physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt. Alleine die
Gewissheit, mit dem HI-Virus infiziert zu sein, könne zu einer Erschütterung
des seelischen Gleichgewichts führen (BGE 139 IV 214 E. 3.4.3 ff.; vgl. auch
BGE 140 V 356 E. 5.5.3.2).

Gestützt auf diese Änderung der Rechtsprechung hat das Bundesgericht in einem
sozialversicherungsrechtlichen Entscheid erkannt, eine HIV-Infektion erfülle
für sich allein das bei der Beurteilung der Adäquanz einer psychischen
Fehlentwicklung mitzuberücksichtigende Kriterium der "Schwere oder besonderen
Art der erlittenen Verletzungen" nicht in besonders ausgeprägter Art (BGE 140 V
356 E. 5.5.3.3 und 5.5.3.5; zur sog. "Psycho-Praxis" vgl. BGE 115 V 133; ferner
LOCHER/GÄCHTER, Grundriss des Sozialversicherungsrecht, 4. Aufl. 2014, § 20 N
28; KIESER/LANDOLT, Unfall - Schaden - Versicherung, 2012, N 592 ff., 613 ff.).

2.4.

2.4.1. Die Vorinstanz subsumiert die Infizierung der Geschädigten mit dem
HI-Virus gestützt auf die Erläuterungen des Sachverständigen unter die
Generalklausel gemäss Art. 122 Abs. 3 StGB. Sie gelangt zum Schluss, es liege
eine massive, tiefgreifende und lebenslange Beeinträchtigung der körperlichen
und psychischen Gesundheit vor, die in ihrer Qualität und in ihren Auswirkungen
den in Art. 122 Abs. 2 StGB beispielhaft genannten Schädigungen in nichts
nachstehe (vgl. auch (Roth/Berkemeier, in: Basler Kommentar, Strafrecht II, 3.
Aufl. 2013, Art. 122 N 9 mit Hinweisen, 20 ff.; Trechsel/Fingerhuth,
Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2. Aufl., 2013, Art. 231 N
11; vgl. auch BGE 139 IV 214 E. 3.4.4).

Diese rechtliche Würdigung verletzt kein Bundesrecht. Entgegen der Auffassung
des Beschwerdeführers widerspricht sie auch nicht der neueren
bundesgerichtlichen Rechtsprechung. Das Bundesgericht hat in seiner
Rechtsprechungsänderung lediglich die generelle, unbesehen der konkreten
Umstände des Einzelfalls vorgenommene Qualifizierung als  lebensgefährliche
Verletzung im Sinne von Art. 122 Abs. 1 StGB als bundesrechtswidrig erachtet.
Zur Frage, ob die HIV-Infektion unter die Generalklausel im Sinne von Art. 122
Abs. 3 StGB gefasst werden kann, hat es sich aufgrund des Umstands, dass diese
in jenem Entscheid nicht Gegenstand der Anklage und der vorinstanzlichen
Urteile bildete, explizit nicht geäussert (BGE 139 IV 214 E. 3.4.5; vgl. auch
angefochtenes Urteil S. 247 f.). Nicht zu beanstanden ist zudem, dass die
Vorinstanz im zu beurteilenden Fall bei der rechtlichen Würdigung von einer
objektiven Sichtweise ausgeht. Im Unterschied zu dem BGE 139 IV 214 zugrunde
liegenden Fall liegen hier sowohl eine genügende Anklageschrift als auch ein
hinreichendes Beweismaterial vor, welche eine Würdigung der Taten als schwere
Körperverletzung im Sinne der Generalklausel erlauben. So nannte die
Staatsanwaltschaft bereits in der Anklageschrift vom 29. August 2012 als
anwendbare Gesetzesbestimmung Art. 122 Abs. 3 StGB (Strafakten act. 6426, 6433;
vgl. auch act. 7854). Überdies liegen bei den Akten diverse medizinische
Unterlagen sowie einlässliche Aussagen der Geschädigten über ihren
Gesundheitszustand. Schliesslich holte die Vorinstanz aufgrund eines Antrags
des Beschwerdeführers (Akten des Obergerichts act. 7496, 7505 f. und 7645,
7650) bei Prof. Dr. med. D._______, Klinik für Infektionskrankheiten und
Spitalhygiene des Universitätsspitals Zürich, einen Expertenbericht zu den
allgemeinen Folgen einer HIV-Infektion ein (oben E. 2.2). Dieser kommt zum
Ergebnis, eine unbehandelte HIV-Infektion verlaufe nach wie vor tödlich und sei
nach heutigen Wissensstand nicht heilbar. Eine antiretrovirale Therapie müsse
lebenslänglich eingenommen werden, wobei die Anzahl und Frequenz mit der
Schwere der Resistenz zunehme. Langzeitnebenwirkungen und Organtoxizitäten
seien auch mit den heutigen Medikamenten durchaus denkbar. Weitere Faktoren wie
Alter, Komorbiditäten und psychische Konstitution des Patienten könnten den
Verlauf einer HIV-Infektion ungünstig beeinflussen. Die Belastung für Körper
und Psyche sei auch heute noch enorm und die Krankheit sei mit einer
ausgeprägten Stigmatisierung verbunden. Zudem hätten Personen, welche in den
Jahren 2001-2005 mit HIV-1 infiziert und diagnostiziert worden seien, aufgrund
von Hochrechnungen gegenüber der Normalbevölkerung eine deutlich, um mehrere
Jahre verkürzte Lebenserwartung (angefochtenes Urteil S. 97 ff., 100; Akten des
Obergerichts act. 7650, 7777 ff.; 7987 ff; Beschwerdebeilage 5 und 6). Diese
Folgen bestehen nach den unmissverständlichen Erklärungen des Sachverständigen
für alle Betroffenen gleichermassen. Dass ein individueller Betroffener diese
Folgen im Einzelfall unterschiedlich gewichten mag, ist für die rechtliche
Qualifikation der HIV-Infektion ohne Bedeutung. Wie die Vorinstanz zutreffend
erkennt (angefochtenes Urteil S. 250), kann es nicht vom subjektiven Empfinden
des Betroffenen abhängen, ob die Infektion den Tatbestand der schweren oder der
einfachen Körperverletzung erfüllt. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus BGE
139 IV 214 ableiten. Die Wendung in der Regeste des publizierten Entscheids,
wonach die HIV-Infektion "unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des
Einzelfalls als einfache oder als schwere Körperverletzung zu qualifizieren"
sei, ist im Zusammenhang mit der dem Entscheid zugrunde liegenden Würdigung der
HIV-Infektion als  lebensgefährliche Körperverletzung von Art. 122 Abs. 1 StGB
zu sehen. Darin liegt keine Reduktion der rechtlichen Würdigung auf einen rein
subjektiven Massstab. Im Weiteren hat das Bundesgericht im genannten
publizierten Entscheid erwogen, das kantonale Gericht werde gegebenenfalls ein
Gutachten einholen müssen, um sich in tatsächlicher Hinsicht ein besseres Bild
vom aktuellen Forschungsstand, den medizinischen Behandlungsmöglichkeiten und
deren Folgen zu machen (BGE 139 IV 214 E. 3.4.5). Dem ist die Vorinstanz im zu
beurteilenden Fall, wie ausgeführt, nachgekommen, so dass sie über eine
ausreichende Entscheidgrundlage verfügte.

2.4.2. Selbst wenn man der subjektiven Wahrnehmung der konkreten Folgen der
HIV-Infektion durch die betroffenen Geschädigten stärkeres Gewicht beimessen
wollte, ist im vorliegenden Fall die Würdigung als schwere Körperverletzung im
Sinne von Art. 122 Abs. 3 StGB nicht zu beanstanden. Was der Beschwerdeführer
gegen die Eventualbegründung der Vorinstanz einwendet, verfängt nicht. So ist
zunächst nicht zu beanstanden, dass die Staatsanwaltschaft mit Ergänzung der
Anklageschrift vom 5. März 2014 (vgl. dazu angefochtenes Urteil S. 17; Akten
des Obergerichts act. 8043 ff.) die Anklage um die gesundheitlichen Folgen,
welche einer HIV-Infektion immanent und bei den betroffenen Personen konkret
aufgetreten sind, präzisierte (Akten des Obergerichts act. 7838 ff.). Daraus
lässt sich entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht ableiten, die
ursprüngliche Anklageschrift hätte den Anforderungen von Art. 325 StPO nicht
genügt. Die Vorinstanz nimmt denn auch zutreffend an, es handle sich nicht um
eine Änderung der Anklage im Sinne von Art. 333 Abs. 1 StPO, sondern um eine
blosse Ergänzung (Beschluss vom 2. April 2014, Akten des Obergerichts act.
8043, 8048 f.). Diese stützt sich im Übrigen auf die in der Untersuchung
erhobenen Aussagen der Betroffenen und erfolgte somit gestützt auf die
bestehende Aktenlage. Ausserdem wurden in der Verhandlung vor der Vorinstanz
zahlreiche Arztberichte zu den Akten erkannt (Akten des Obergerichts,
HV-Protokoll, act. 8090 f.). Der Beschwerdeführer konnte hiezu in der
Berufungsverhandlung Stellung nehmen, womit er seine Rechte hinreichend
wahrnehmen konnte, zumal selbst eine Änderung der Anklage nach der
Rechtsprechung noch in der Berufungsverhandlung zulässig ist (Urteile des
Bundesgerichts 6B_777/2011 vom 10. April 2012 E. 2; 6B_428/2013 vom 15. April
2014 E. 3.3 mit Hinweisen). Inwieweit sodann die Feststellungen der Vorinstanz
auf einer unrichtigen Feststellung des Sachverhalts beruhen sollen, ist nicht
ersichtlich. Was der Beschwerdeführer in diesem Kontext vorbringt, erschöpft
sich weitgehend in einer unzulässigen appellatorischen Kritik.

Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als unbegründet, soweit sie den
Begründungsanforderungen genügt.

3.

3.1. Der Beschwerdeführer wendet sich schliesslich gegen die pauschale
Festsetzung der den Geschädigten zugesprochenen Genugtuungen auf Fr. 100'000.--
bzw. Fr. 90'000.--. Er macht geltend, aus dem angefochtenen Urteil lasse sich
ableiten, dass die Vorinstanz die Infektion mit dem Hepatits C Virus, welche
ihm strafrechtlich nicht angelastet werde, bei der Beurteilung der
Zivilforderungen berücksichtigt habe. In dieser Hinsicht sei das
vorinstanzliche Urteil zumindest unklar. Insofern verletze die Vorinstanz ihre
Begründungspflicht. Im Weiteren rügt der Beschwerdeführer, die Vorinstanz habe
bei der Bemessung der Genugtuungsleistungen ihr Ermessen verletzt. Da sie bei
den Ausführungen zu den einzelnen Geschädigten die Zurechnung der einzelnen
Beschwerden der Geschädigten nicht individuell überprüft habe, sei davon
auszugehen, dass sie sämtliche gesundheitlichen Beschwerden der Betroffenen in
die Festsetzung der Genugtuungen miteinbezogen habe, unabhängig davon, ob sie
ihm tatsächlich zurechenbar seien oder nicht. Damit seien Umstände
berücksichtigt worden, welche im Einzelfall keine Rolle hätten spielen dürfen.
Zudem stamme der Entscheid, auf den sich die Vorinstanz für die Bemessung der
Basisgenugtuung berufe, aus dem Jahr 1992 und sei somit zu einem Zeitpunkt
ergangen, in welchem davon habe ausgegangen werden müssen, dass eine
HIV-Infektion in längstens acht Jahren zum Tode führte. Heute hätten sich die
Verhältnisse aufgrund des Fortschritts der medizinischen Therapiemöglichkeiten
indes massgeblich verbessert, was sich schon aus der Änderung der
Rechtsprechung in Bezug auf die strafrechtliche Würdigung der HIV-Infektion
ergebe. Diese günstigen Faktoren habe die Vorinstanz bei der Bemessung der
Genugtuung nicht berücksichtigt.

Unabhängig davon hat die Vorinstanz nach Auffassung des Beschwerdeführers auch
dadurch Bundesrecht verletzt, dass sie in pauschaler Weise sämtlichen
Geschädigten denselben Betrag als Genugtuung zugesprochen hat. Die
Rechtsprechung des Bundesgerichts verlange eine differenzierte Abwägung
sämtlicher Umstände, welche den individuellen Auswirkungen und den konkreten
Umständen für jede Einzelne der geschädigten Personen Rechnung trage. Eine
derartige, die konkreten Auswirkungen der strafbaren Handlungen auf jeden
einzelnen Geschädigten berücksichtigende Würdigung habe die Vorinstanz
unterlassen. Die Genugtuungsforderungen müssten daher neu beurteilt werden.
Aufgrund des damit verbundenen unverhältnismässigen Aufwands seien die
Forderungen nur dem Grundsatz nach gutzuheissen, im Übrigen aber auf den
Zivilweg zu verweisen. Eventualiter seien die Zivilforderungen an eine der
kantonalen Instanzen zurückzuweisen (Beschwerde S. 20 ff.).

3.2. Die Vorinstanz führt aus, mit Ausnahme der Geschädigten E._______ (Antrag
auf Fr. 90'000.--) und F._______ (Antrag auf Fr. 200'000.--) hätten alle 13
Betroffenen, welche sich als Privatkläger konstituiert hätten, Zivilklage auf
Leistung einer Genugtuung in der Höhe von Fr. 100'000.-- erhoben. Die
Vorinstanz erwägt, in Bezug auf die Ansteckung mit HIV seien alle 13 Fälle als
gleich schwer anzusehen. Sämtliche Geschädigten seien vom Beschwerdeführer mit
einer unbehandelt tödlich verlaufenden Krankheit infiziert worden und hätten
voraussichtlich ihr Leben lang daran zu leiden. Auch diejenigen Betroffenen,
denen es heute nach eigenen Angaben gesundheitlich "gut" oder sogar "sehr gut"
gehe, hätten mit den übrigen Folgen zu kämpfen. Zudem hätten sie alle allein
aufgrund der HIV-Infektion statistisch mit einer Verkürzung der Lebenserwartung
von mehreren Jahren zu rechnen. Im Weiteren wiege das Verschulden des
Beschwerdeführers in allen Fällen ähnlich schwer. Die in zwei früheren
Entscheiden vom Bundesgericht bestätigten Genugtuungssummen von Fr. 80'000.--
könnten im Sinne eines Richtwertes zur Festsetzung der Basisgenugtuung
herangezogen werden. Bei der Anpassung dieser Basisgenugtuung an die konkreten
Umständen des Einzelfalls nimmt die Vorinstanz an, die strafbaren Handlungen
des Beschwerdeführers seien mit direktem Vorsatz erfolgt, die Tatausführung sei
sorgfältig geplant worden und hinterhältig erfolgt. Die Taten blieben letztlich
unerklärlich. Es sei von niederen, egoistischen Beweggründen auszugehen. Die
Folgen der Tat für die Geschädigten seien massiv. Hinzu komme der
aussergewöhnliche, artifizielle Ansteckungsweg. Das Verschulden des
Beschwerdeführers wiege in allen Fällen ausserordentlich schwer. Er habe die
Geschädigten zudem teilweise bewusst von einer schulmedizinischen Behandlung
abgehalten oder habe dies zumindest versucht. Auch wenn die gesundheitlichen
Folgen der HIV-Infektion und ein Teil der psychischen Auswirkungen bereits im
Präzedenzfall enthalten seien, rechtfertige sich namentlich aufgrund des
hinterhältigen, direktvorsätzlichen Vorgehens des Beschwerdeführers in jedem
einzelnen Fall eine deutliche Erhöhung der Basisgenugtuung.
Genugtuungsmindernde Umstände seien nicht zu erkennen. Selbst wenn man
hinsichtlich der Auswirkungen auf die Immunschwäche von einem gewissen
Selbstverschulden (etwa aufgrund der Unterbrechung der antiretroviralen
Therapie oder im Zusammenhang mit einem Drogenabusus) ausgehen wollte,
vermöchte dies den Anspruch nicht in einem Mass zu reduzieren, dass eine
Genugtuung in der Höhe von Fr. 100'000.-- nicht mehr als angemessen erschiene.
Hinzu komme bei 12 der 13 Zivilklägerinnen und Zivilklägern die hier ebenfalls
zu berücksichtigende HCV-Infektion, auch wenn diesbezüglich von einer
fahrlässigen Ansteckung auszugehen sei. Insgesamt seien die von der ersten
Instanz zugesprochenen Genugtuungssummen von je Fr. 100'000.-- - bzw. im Falle
von E._______ von Fr. 90'000.-- - zu bestätigen (angefochtenes Urteil S. 277
ff.).

3.3. Gemäss Art. 47 OR kann der Richter bei Körperverletzung unter Würdigung
der besonderen Umstände der verletzten Person eine angemessene Geldsumme als
Genugtuung zusprechen. Die Genugtuung bezweckt den Ausgleich für erlittene
seelische Unbill. Ihre Bemessung richtet sich im Wesentlichen nach der Art und
Schwere der Verletzung, der Intensität und Dauer der Auswirkungen auf die
Persönlichkeit des Betroffenen, dem Grad des Verschuldens des Haftpflichtigen,
einem allfälligen Selbstverschulden des Geschädigten, sowie der Aussicht auf
Linderung des Schmerzes durch die Zahlung eines Geldbetrags.

Die als Ausgleich erlittener Unbill festzulegende Summe lässt sich naturgemäss
nicht exakt errechnen, sondern nur schätzen. Sie ist eine Entscheidung nach
Billigkeit. Es gibt mithin nicht nur eine richtige Entscheidung, sondern in
einer gewissen Bandbreite eine Mehrzahl von angemessenen, dem Gebot der
Billigkeit gehorchenden Lösungen. Die Genugtuung darf daher nicht nach
schematischen Massstäben oder nach festen Tarifen festgesetzt werden, sondern
muss sich an den Besonderheiten des Einzelfalls orientieren. Dies schliesst
indes den Rückgriff auf Präjudizien im Sinne eines Richtwerts so wenig aus wie
die Vornahme der Bewertung der immateriellen Beeinträchtigung in zwei Phasen,
nämlich der objektiven Festlegung eines Basisbetrages als Orientierungspunkt in
einem ersten Schritt und daran anschliessend der Anpassung dieses Betrages
unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles. Vergleiche mit
anderen Fällen können für sich allein noch nicht die Rechtswidrigkeit der
zugesprochenen Summe begründen (BGE 132 II 117 E. 2.2.2 und 2.2.3; 127 IV 215
E. 2a und e; 25 III 412 E. 2c/cc; 123 III 10 E. 4c/bb, S. 15; 123 II 210 E. 2c;
vgl. auch Roland Brehm, Berner Kommentar, 4. Aufl. 2013, Art. 47 N 62 ff.).

Die Festlegung der Höhe der Genugtuung beruht auf richterlichem Ermessen. Ob
der kantonale Richter sein Ermessen richtig ausgeübt hat, ist eine Rechtsfrage,
die das Bundesgericht auf Beschwerde hin frei überprüft. Das Bundesgericht übt
indes bei der Überprüfung von Ermessensentscheiden praxisgemäss Zurückhaltung
und schreitet nur ein, wenn der Sachrichter grundlos von den in Lehre und
Rechtsprechung ermittelten Bemessungsgrundsätzen abweicht, wenn er Tatsachen
berücksichtigt, die für den Entscheid im Einzelfall keine Rolle spielen, oder
wenn er umgekehrt Umstände ausser Acht lässt, die er in ihren Entscheid hätte
miteinbeziehen müssen. Darüber hinaus greift es in Entscheide ein, wenn sich
diese als offensichtlich unbillig bzw. als in stossender Weise ungerecht
erweisen (BGE 137 III 303 E. 2.2.2; 128 IV 53 E. 7a; 127 IV 215 E. 2a; 125 III
269 E. 2a und 412 E. 2a; 123 III 10 E. 4 c/aa je mit Hinweisen). Da es sich
hierbei um eine Frage der Billigkeit handelt, und nicht um eine solche des
Ermessens im eigentlichen Sinne, bei welcher die Überprüfungsbefugnis auf
Missbrauch oder Überschreitung beschränkt ist, prüft das Bundesgericht frei, ob
der zugesprochene Betrag der Schwere der Verletzung genügend Rechnung trägt
oder ob er im Verhältnis zur Intensität des dem Opfer zugefügten seelischen
Leidens als unverhältnismässig erscheint (BGE 138 III 337 E. 6.3.1; 130 IV 699
E. 5.1; 129 IV 22 E. 7.2; 125 III 269 E. 2a).

3.4. Die Vorinstanz hält fest, die Infektion der Geschädigten mit dem Hepatitis
C Virus (HCV) werde dem Beschwerdeführer nicht vorgeworfen. Die Anklageschrift
erwähne zwar bei einigen Personen eine bestehende HCV-Koinfektion. Als
Tathandlung werde jedoch sowohl in der ursprünglichen wie auch in der ergänzten
Anklageschrift auch bei diesen Personen jeweils einzig das Einbringen von mit
HIV kontaminiertem Blut oder anderem biologischem Material umschrieben. Die
HCV-Infektionen könnten im Rahmen der Beweiswürdigung somit zwar als Indiz für
die Täterschaft des Beschwerdeführers hinsichtlich der HIV-Infektionen
gewürdigt werden, ansonsten seien sie aber im Schuld- und Strafpunkt
unbeachtlich. Hingegen stehe der Berücksichtigung der Hepatitis C Infektionen
im Zivilpunkt nichts entgegen (angefochtenes Urteil S. 22). Im Rahmen der
Beurteilung der Zivilforderungen führt die Vorinstanz aus, in diesem Kontext
komme "die hier ebenfalls zu berücksichtigende Infektion mit dem Hepatitis C
Virus" hinzu, auch wenn diesbezüglich von einer fahrlässigen Ansteckung
auszugehen sei (angefochtenes Urteil S. 278). Die Koinfektion mit Hepatitis C
stelle eine beträchtliche zusätzliche Belastung für den menschlichen Organismus
dar, welche die Lebensqualität der Betroffenen zusätzlich einschränke und bei
erfolgreicher HIV-Therapie zum Hauptproblem werden könne. Auch wenn die
Hepatitis C-Infektion bislang bei den Geschädigten unterschiedlich verlaufen
sei, so wäre sie doch bei den betroffenen Privatklägerinnen bzw. Privatklägern
mehr oder weniger stark genugtuungserhöhend zu berücksichtigen (angefochtenes
Urteil S. 279).

Wie der Beschwerdeführer zu Recht einwendet, sind die Erwägungen im
angefochtenen Urteil in diesem Punkt nicht eindeutig. Soweit sie so zu
verstehen sind, dass bei der Bemessung der Genugtuung für die betroffenen
Personen auch die durch die HCV-Infektion bewirkten gesundheitlichen Folgen zu
berücksichtigen sind, verletzt das angefochtene Urteil Bundesrecht. Gemäss Art.
122 Abs. 1 StPO kann die geschädigte Person zivilrechtliche Ansprüche aus der
Straftat als Privatklägerschaft adhäsionsweise im Strafverfahren geltend
machen. Der zivilrechtliche Anspruch muss sich indes aus der Straftat herleiten
( ANNETTE DOLGE, in: Basler Kommentar, Strafprozessrecht, 2. Aufl. 2014, Art.
122 N 65). Das ist hier in Bezug auf die Hepatitis C Infektion nicht der Fall,
da die Anklage diese nicht umfasst.

Darüber hinaus hält das angefochtene Urteil auch insofern nicht vor Bundesrecht
stand, als die Vorinstanz pauschal praktisch allen als Privatkläger bzw.
Privatklägerinnen am Verfahren beteiligten Geschädigten eine Genugtuung in
identischer Höhe zuspricht, ohne sich mit deren unterschiedlicher individueller
Betroffenheit auseinanderzusetzen. Die einzige Ausnahme ergibt sich daraus,
dass die Vorinstanz an das auf die Zusprechung einer tieferen Entschädigung
lautende Rechtsbegehren des betreffenden Geschädigten gebunden war
(angefochtenes Urteil S. 279). Es trifft zu, dass die Einzelfälle bei der
rechtlichen Würdigung objektiv insofern als gleich schwer anzusehen sind, als
bei sämtlichen Fällen der Tatbestand der schweren Körperverletzung erfüllt ist
(angefochtenes Urteil S. 277), was bei der Festsetzung der Basisgenugtuung
berücksichtigt werden kann. Doch kommt der individuellen und konkreten
Würdigung sämtlicher Umstände bei den einzelnen Geschädigten im Rahmen der
zweiten Phase der Genugtuungsbemessung stärkeres Gewicht zu als bei der
strafrechtlichen Würdigung, bei welcher ein objektiver Massstab angelegt werden
kann. Bei der konkreten Bemessung der Genugtuung ist daher für jeden Einzelfall
zu differenzieren. Wie das Bundesgericht in einem früheren Entscheid erkannt
hat, rechtfertigt der Umstand, dass neben dem konkret betroffenen Opfer noch
weitere Personen durch ähnliche Delikte des Beschwerdegegners geschädigt
wurden, nicht, auf die Würdigung der Umstände des Tatvorgehens gegenüber jedem
einzelnen Opfer und den entsprechenden konkreten Auswirkungen der
Persönlichkeitsverletzungen bei jeder einzelnen geschädigten Person zu
verzichten (Urteil des Bundesgerichts 6S.392/2002 vom 17. Dezember 2002 E. 3.2.
und 3.3, nicht publ. E. von BGE 129 IV 149). Das schliesst nicht aus, dass
letztlich in mehreren oder gar allen Einzelfällen eine Genugtuung in derselben
Höhe zugesprochen werden kann. Doch lassen sich im vorliegenden Fall die
Überlegungen, welche die Vorinstanz zu diesem Ergebnis geführt haben, für die
einzelnen Geschädigten mangels hinreichender Feststellung der tatsächlichen
Verhältnisse nicht nachvollziehen. Es kann somit nicht überprüft werden, ob der
den Privatklägerinnen und Privatklägern als Entschädigung für die ihnen
widerfahrene immaterielle Unbill zugesprochene Betrag im Rahmen des Ermessens
liegt oder als stossend bzw. offensichtlich unbillig erscheint.

Schliesslich ist zwar grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass sich die
Vorinstanz für die Bemessung der Basisgenugtuung auf ein vom Bundesgericht
bestätigtes Präjudiz stützt, in welchem einer von ihrem HIV-positiven
Lebenspartner mit dem HI-Virus infizierten Geschädigten eine Genugtuung von Fr.
80'000.-- zugesprochen worden war (angefochtenes Urteil S. 278; BGE 125 III 412
E. 2b/aa). Doch macht der Beschwerdeführer in diesem Kontext zu Recht geltend,
die Festsetzung sei im Lichte der zu jenem Zeitpunkt noch weit weniger
fortgeschrittenen medizinischen Behandlungsmöglichkeiten zu sehen, so dass der
in jenem Entscheid bestätigte Betrag für die Festlegung der konkreten
Genugtuung im vorliegenden Fall jedenfalls nicht unbesehen als Basisgenugtuung
übernommen werden kann. Zudem wurde in jenem Entscheid bei der Bemessung der
konkreten Genugtuung auch der Besonderheit Rechnung getragen, dass die
Geschädigte von ihrer HIV-Infektion auch deshalb besonders belastet war, weil
sie sich nicht nur um ihre eigene Zukunft, sondern als allein erziehende Mutter
auch um die Zukunft ihrer minderjährigen Tochter Sorgen machte. Auf der anderen
Seite darf die Vorinstanz berücksichtigen, dass sich die beiden Fälle in der
Art und Weise, wie die Geschädigten mit HIV angesteckt wurden, unterscheiden.

Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt somit als begründet. Eine Aufhebung
wegen mangelhafter Tatsachenfeststellungen kann weiterhin ohne Einvernahme der
Gegenpartei erfolgen, da bei der Rückweisung zur Sachverhaltsergänzung der
Entscheid in der Sache nicht präjudiziert wird (BGE 133 IV 293 E. 3.4.2 a.E.).

4. 
Aus diesen Gründen ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen, soweit darauf
eingetreten werden kann; im Übrigen ist sie abzuweisen. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens hat der Kanton Bern den Beschwerdeführer im Umfang seines Obsiegens
für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG). Die
Entschädigung wird praxisgemäss seinem Rechtsvertreter ausgerichtet. Insofern
wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos (BGE 139 III 396
E. 4.1). Soweit der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde unterliegt, wird er
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sein Gesuch um Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege kann in diesem Umfang gutgeheissen werden. Seine
Bedürftigkeit ist ausgewiesen (vgl. BGE 125 IV 161 E. 4) und seine Beschwerde
war nicht von vornherein aussichtslos (vgl. BGE 124 I 304 E. 2 mit Hinweisen).
Es sind daher keine Kosten zu erheben (Art. 64 Abs. 1 BGG). Seinem Vertreter
ist aus der Bundesgerichtskasse eine reduzierte Entschädigung auszurichten
(Art. 64 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, das
Urteil des Obergerichts des Kantons Bern vom 11. April 2014 aufgehoben und die
Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen; im Übrigen wird
die Beschwerde abgewiesen.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen, soweit es nicht
gegenstandslos geworden ist.

3. 
Es werden keine Kosten erhoben.

4. 
Der Kanton Bern hat dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers für das
bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 1'000.-- auszurichten.

Dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers wird für das bundesgerichtliche
Verfahren eine Entschädigung von Fr. 2'000.-- aus der Bundesgerichtskasse
ausgerichtet.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern,
Strafabteilung, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. März 2015

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Boog

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