Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.744/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_744/2014

Urteil vom 5. Mai 2015

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Oberholzer,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiberin Siegenthaler.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Advokat Alain Joset,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Rechtliches Gehör (Verpflichtung zur Rückzahlung der Kosten für die amtliche
Verteidigung),

Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt,
Ausschuss, vom 4. April 2014.

Sachverhalt:

A.

 Am 30. April 2011 verurteilte das Strafgericht Basel-Stadt X.________ wegen
gewerbsmässigen Betrugs zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 14 Monaten bei
einer Probezeit von 2 Jahren.

 Infolge Rückzugs der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung von X.________
schrieb das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt das Berufungsverfahren
am 4. April 2014 als erledigt ab. Es entrichtete seinem amtlichen Verteidiger
ein Honorar aus der Gerichtskasse und verpflichtete X.________ in Anwendung von
Art. 135 Abs. 4 StPO zur Rückzahlung dieser Kosten.

B.

 X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, das Urteil des
Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt sei insofern aufzuheben, als es
ihn zur Rückerstattung der Kosten für die amtliche Verteidigung verpflichte.

C.

 Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt beantragt die Abweisung der
Beschwerde. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt verzichtet auf eine
Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs. Er
sei in Anwendung von Art. 135 Abs. 4 StPO zur Rückzahlung der Kosten für seine
amtliche Verteidigung verurteilt worden, ohne dass dies im Urteil begründet
werde. Die Rückerstattungspflicht gehe einzig aus dem Urteilsdispositiv hervor.
Die Vorinstanz hätte nachvollziehbar darlegen müssen, inwiefern seine aktuellen
wirtschaftlichen Verhältnisse es erlauben würden, die fragliche Entschädigung
zurückzuzahlen. Dies habe sie unterlassen. Im Übrigen sei ihm die
Rückzahlungspflicht auch materiell zu Unrecht auferlegt worden. Sein momentanes
Einkommen lasse eine Rückerstattung der Verteidigungskosten nicht zu.

1.2.

1.2.1. Aufgrund der aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV)
fliessenden Begründungspflicht (Art. 81 Abs. 3 lit. a StPO) ist das Gericht
gehalten, sein Urteil zu begründen. Es kann sich auf die für den Entscheid
wesentlichen Punkte beschränken, muss jedoch wenigstens kurz die Überlegungen
nennen, von denen es sich hat leiten lassen und auf die sich sein Urteil
stützt. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass der Betroffene in voller
Kenntnis der Tragweite des Entscheids die Sache weiterziehen kann und der
Rechtsmittelinstanz die Überprüfung der Rechtsanwendung möglich ist (vgl. BGE
139 IV 179 E. 2.2; 138 IV 81 E. 2.2; je mit Hinweis).

1.2.2. Dem angefochtenen Urteil ist nicht zu entnehmen, aus welchen Gründen und
gestützt auf welche Unterlagen die Vorinstanz den Beschwerdeführer dazu
verpflichtet, ihr die Kosten für seine amtliche Verteidigung zurückzuzahlen.
Aufgrund der mangelhaften Begründung kann das Bundesgericht die Rechtmässigkeit
dieser Verpflichtung nicht überprüfen. Die Rüge des Beschwerdeführers erweist
sich als zutreffend. Das vorinstanzliche Urteil ist ungenügend begründet und
verletzt sein rechtliches Gehör.

 Daran vermögen auch die Ausführungen der Vorinstanz in ihrer Vernehmlassung
nichts zu ändern. Eine Heilung der vorliegenden Verletzung des rechtlichen
Gehörs kommt im bundesgerichtlichen Verfahren nicht in Betracht (vgl. BGE 137 I
195 E. 2.3.2 mit Hinweisen).

1.3. Die Beschwerde ist gutzuheissen. Ziffer IV. Abs. 14 des angefochtenen
Urteils ist in Bezug auf die Verpflichtung des Beschwerdeführers zur
Rückerstattung der Kosten für die amtliche Verteidigung aufzuheben und die
Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Vorinstanz
wird zu begründen haben, weshalb sie die entsprechenden Voraussetzungen als
gegeben erachtet und insbesondere auch prüfen müssen, ob ihr Entscheid sich mit
seinen finanziellen Verhältnissen bzw. der aktuellen diesbezüglichen Beweislage
vereinbaren lässt.

2.

 Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4
BGG). Der Kanton Basel-Stadt hat dem Beschwerdeführer eine angemessene
Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 BGG). Damit wird sein Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos. Praxisgemäss ist die
Parteientschädigung dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers auszurichten.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

 Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das Urteil des Appellationsgerichts des
Kantons Basel-Stadt vom 4. April 2014 wird hinsichtlich Ziffer IV. Absatz 14
aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz
zurückgewiesen.

2.

 Es werden keine Kosten erhoben.

3.

 Der Kanton Basel-Stadt hat dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, Advokat
Alain Joset, für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr.
3'000.-- auszurichten.

4.

 Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons
Basel-Stadt, Ausschuss, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. Mai 2015

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Siegenthaler

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