Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.738/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_738/2014

Urteil vom 25. Februar 2015

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Rüedi,
Gerichtsschreiber M. Widmer.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Plüss,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Qualifizierte Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz; Strafzumessung;
Willkür,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht,
1. Kammer, vom 5. Juni 2014.

Sachverhalt:

A.

 Das Obergericht des Kantons Aargau verurteilte X.________ am 5. Juni 2014
zweitinstanzlich wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer
Freiheitsstrafe von 7 Jahren und 6 Monaten, unter Anrechnung der
Untersuchungshaft von 457 Tagen.
Dem Urteil liegt folgender, teilweise bestrittener Sachverhalt zugrunde:
X.________ wird vorgeworfen, zwischen März und Dezember 2009 insgesamt 6'438
Gramm Kokain erworben, vermittelt bzw. Anstalten zu dessen Einfuhr und/oder
Erwerb getroffen zu haben.

B.

 X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das obergerichtliche
Urteil sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht
zurückzuweisen. Er ersucht um unentgeltliche Rechtspflege.

Erwägungen:

1.
Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG muss die Rechtsschrift u.a. die Begehren und deren
Begründung mit Angabe der Beweismittel enthalten. Das Rechtsbegehren, wonach
das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an diese
zurückzuweisen sei, genügt für sich allein den gesetzlichen Anforderungen nicht
(vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_174/2014 vom 17. Juli 2014 E. 1). Nach der
Rechtsprechung reicht ein kassatorisches Begehren aus, soweit sich aus der
Begründung ergibt, was mit der Beschwerde angestrebt wird (BGE 134 III 379 E.
1.3 S. 383; Urteile 6B_515/2014 vom 26. August 2014 E. 2.1 und 6B_174/2014 vom
17. Juli 2014 E. 1). Diese Anforderungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Auf
die Beschwerde ist einzutreten.

2.

2.1. Der Beschwerdeführer rügt sinngemäss, die Vorinstanz habe den Sachverhalt
offensichtlich unrichtig festgestellt und das Willkürverbot sowie den Grundsatz
in dubio pro reo verletzt.

2.2. Die Vorinstanz erachtet die Anklagevorwürfe als erstellt. Unter Verweis
auf das ausführlich begründete erstinstanzliche Urteil würdigt sie insbesondere
die aufgezeichneten Telefongespräche. Daraus gehe trotz der verwendeten
Codewörter hervor, dass es sich nicht um unverfängliche Gespräche handle,
sondern über Drogen gesprochen werde. Entgegen seiner Darstellung habe der
Beschwerdeführer als Bindeglied zwischen Lieferanten und Zwischenhändlern
fungiert sowie über Entscheidkompetenz verfügt. Die Vorinstanz wertet das
Aussageverhalten des Beschwerdeführers, der im Rahmen der Einvernahmen mehrfach
von sich aus Geständnisse abgelegt und später widerrufen habe, ebenfalls als
Indiz für seine Täterschaft. Er habe sich auch bei den zwei nicht mehr
bestrittenen Anklagevorwürfen entsprechend verhalten. Schliesslich belasteten
ihn die Aussagen eines Mitbeschuldigten, die festgestellten Standorte der
überwachten Telefone sowie der Umstand, dass die vom Beschwerdeführer
bestrittenen Drogengeschäfte zeitlich, örtlich und von der Vorgehensweise her
mit den eingestandenen Delikten übereinstimmten.

2.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Sachverhaltsfeststellung
kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich im
Sinne von Art. 9 BV ist (BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445 mit Hinweisen; zum
Begriff der Willkür BGE 139 III 334 E. 3.2.5 S. 339; 138 I 49 E. 7.1 S. 51; je
mit Hinweisen) oder wenn sie auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95
BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Eine entsprechende Rüge muss klar
vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 I
225 E. 3.2 S. 228 mit Hinweisen). Auf eine rein appellatorische Kritik am
angefochtenen Urteil tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 139 II 404 E. 10.1
S. 445; 137 IV 1 E. 4.2.3 S. 5; je mit Hinweisen).
Dem Grundsatz in dubio pro reo kommt in der Funktion als Beweiswürdigungsregel
im Verfahren vor Bundesgericht keine über das Willkürverbot von Art. 9 BV
hinausgehende selbstständige Bedeutung zu (BGE 138 V 74 E. 7 S. 82 mit
Hinweisen).

2.4. Der Beschwerdeführer beschränkt sich darauf, der vorinstanzlichen
Beweiswürdigung seine Sicht der Dinge gegenüberzustellen. Er setzt sich nicht
detailliert mit dem angefochtenen Entscheid sowie dem erstinstanzlichen Urteil,
auf welches die Vorinstanz verweist, auseinander und zeigt nicht auf, dass und
inwiefern Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung geradezu willkürlich
sein sollen. So bringt er beispielsweise vor, er habe mit verschiedenen in den
Drogenhandel involvierten Personen bloss unverfängliche Telefonate geführt,
ohne sich der Hintergründe und der sich daraus ergebenden Handlungen bewusst zu
sein. Ferner habe er bei den zwei eingestandenen Fällen - insgesamt werden ihm
zwölf strafbare Handlungen zur Last gelegt - lediglich Kurierdienste geleistet.
Er habe weder die finanziellen Möglichkeiten noch die dafür benötigte Zeit
gehabt, die ihm vorgeworfenen Delikte zu begehen und die ihm zugeschriebene
Rolle auszufüllen.
Die Ausführungen des Beschwerdeführers, der Willkür weder explizit rügt noch
darlegt, erschöpfen sich in rein appellatorischer Kritik. Darauf ist nicht
einzutreten.

2.5. Nicht einzutreten ist auf die Beschwerde zudem, soweit der
Beschwerdeführer eine falsche rechtliche Würdigung rügt und geltend macht, sein
Tatbeitrag sei lediglich als Gehilfenschaft zu qualifizieren. Der
Beschwerdeführer legt seiner Rüge eigene Sachverhaltsdarstellungen zugrunde
oder macht auch in diesem Zusammenhang geltend, der vorinstanzliche Sachverhalt
sei nicht erstellt. Inwiefern die Qualifikation seiner Rolle als Bindeglied
zwischen Lieferanten und Zwischenhändlern ausgehend von den verbindlichen
Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz (vgl. Art. 105 Abs. 1 BGG) falsch
sein soll, begründet er nicht.

3.

3.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Strafzumessung. Die
Freiheitsstrafe von 7 Jahren und 6 Monaten sei unangemessen. Die Vorinstanz
gewichte seine Rolle sowie sein Verschulden falsch und berücksichtige die
Strafmilderungsgründe gemäss Art. 25 StGB zu Unrecht nicht. Die Vorinstanz
würdige auch die Täterkomponenten nicht korrekt. Schliesslich sei die ihm
auferlegte Strafe im Vergleich mit ähnlich gelagerten Fällen zu hoch.

3.2. Soweit der Beschwerdeführer von einem Sachverhalt ausgeht, der von den
willkürfreien Feststellungen der Vorinstanz abweicht (vgl. E. 2), ist darauf
nicht einzutreten.

3.3. Das Bundesgericht hat die Grundsätze der Strafzumessung wiederholt
dargelegt. Darauf kann verwiesen werden (vgl. BGE 136 IV 55 E. 5.4 ff. S. 59
ff. mit Hinweisen). Das Sachgericht verfügt auf dem Gebiet der Strafzumessung
über einen Ermessensspielraum. Das Bundesgericht greift nur ein, wenn die
Vorinstanz den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie
von rechtlich nicht massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wesentliche
Gesichtspunkte ausser Acht gelassen bzw. durch Überschreitung oder Missbrauch
ihres Ermessens falsch gewichtet hat (BGE 136 IV 55 E. 5.6 S. 61; 135 IV 130 E.
5.3.1 S. 134 f.; je mit Hinweisen).

3.4. Die Vorinstanz setzt sich in ihren Erwägungen zur Strafzumessung mit den
wesentlichen schuldrelevanten Komponenten auseinander und würdigt sämtliche
Zumessungsgründe zutreffend. Dass sie sich dabei von rechtlich nicht
massgebenden Gesichtspunkten hätte leiten lassen oder wesentliche
Gesichtspunkte nicht berücksichtigt hätte, ist nicht ersichtlich. Das Gericht
ist zudem grundsätzlich nicht gehalten, in Zahlen oder Prozenten anzugeben, wie
es die einzelnen Strafzumessungsgründe gewichtet (BGE 136 IV 55 E. 5.6 S. 61
mit Hinweis). Es kann daher auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen
werden (Urteil, S.17 ff. E. 4).
Die verschuldenserhöhende Berücksichtigung der rein monetären Gründe, aus denen
der nicht kokainabhängige Beschwerdeführer über mehrere Monate hinweg einen
intensiven Drogenhandel betrieb, ist nicht zu beanstanden (vgl. Urteil 6B_364/
2014 vom 30. Juni 2014 E. 2.2 mit Hinweisen). Zu Recht verneint die Vorinstanz
eine erhöhte Strafempfindlichkeit des Beschwerdeführers. Eine solche kann nur
bei aussergewöhnlichen Umständen bejaht werden, weil die Verbüssung einer
Freiheitsstrafe für jede arbeitstätige und in ein familiäres Umfeld
eingebettete Person mit Härten verbunden ist (Urteil 6B_375/2014 vom 28. August
2014 E. 2.6 mit Hinweisen). Vorliegend sind keine aussergewöhnlichen Umstände
ersichtlich. Dass der Beschwerdeführer am 15. Mai 2014 zum dritten Mal Vater
geworden ist, begründet für sich alleine keine erhöhte Strafempfindlichkeit.
Das Wohlverhalten seit der Tat stellt in der Regel keine besondere Leistung
dar, weshalb die Vorinstanz diesen Umstand neutral werten durfte (vgl. Urteile
6B_375/2014 vom 28. August 2014 E. 2.6; 6B_364/2014 vom 30. Juni 2014 E. 2.4
mit Hinweisen). Gleiches gilt für das angeführte korrekte Verhalten während der
Untersuchungshaft (Urteil 6B_974/2009 vom 18. Februar 2010 E. 5.5). Wie die
Vorinstanz zutreffend ausführt, stellt die dem Beschwerdeführer auferlegte
Meldepflicht eine Ersatzmassnahme für die Untersuchungshaft dar (vgl. Art. 237
Abs. 2 lit. d StPO). Dass er dieser nachkommt, stellt ebenfalls keine besondere
Leistung dar und kann nicht zu seinen Gunsten berücksichtigt werden. Die
Vorinstanz verletzt ihr Ermessen sodann nicht, wenn sie das Vorleben des
Beschwerdeführers und insbesondere seine Arbeitstätigkeit nicht strafmindernd
würdigt.
Schliesslich ergibt sich auch aus den vom Beschwerdeführer angeführten
Vergleichsurteilen keine bundesrechtswidrige Strafzumessung der Vorinstanz. Wie
diese zu Recht festhält, führt der Grundsatz der Individualisierung und der dem
Sachgericht vom Gesetz bei der Strafzumessung eingeräumte weite
Ermessensspielraum notwendigerweise zu einer gewissen, vom Gesetzgeber in Kauf
genommenen Ungleichheit. Eine aus unterschiedlichen Gewichtungen resultierende
Ungleichheit in der Zumessung der Strafe reicht für sich allein nicht aus, um
auf einen Missbrauch des Ermessens zu schliessen (vgl. BGE 135 IV 191 E. 3.1
ff. S. 193 ff.; 120 IV 136 E. 3a S. 144; je mit Hinweisen). Dass das
Obergericht Luzern im Zusammenhang mit den vorliegend zu beurteilenden Delikten
einen Mittäter allenfalls milder bestraft hat, ändert daran nichts, zumal
dieser gemäss der Vorinstanz eine tiefere hierarchische Stellung innehatte.

3.5. Die vorinstanzliche Strafzumessung hält insgesamt vor Bundesrecht stand.
Die ausgefällte Freiheitsstrafe von 7 Jahren und 6 Monaten ist zwar hoch, aber
nicht unhaltbar hart. Sie hält sich bei einer Gesamtbetrachtung noch innerhalb
des sachgerichtlichen Ermessens.

4.

 Der Beschwerdeführer beantragt, es sei ihm der teilbedingte Strafvollzug zu
gewähren. Nachdem die Beschwerde hinsichtlich der Strafzumessung abzuweisen ist
und es bei einer Freiheitsstrafe von 7 Jahren und 6 Monaten bleibt (E. 3),
entfällt die Möglichkeit des teilbedingten Strafvollzugs aus objektiven Gründen
(Art. 43 Abs. 1 StGB).

5.

 Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Das
Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen
(Art. 64 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer hat die bundesgerichtlichen Kosten
zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seine angespannte finanzielle Situation ist bei
der Bemessung der Gerichtskosten angemessen zu berücksichtigen (Art. 65 Abs. 2
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'600.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. Februar 2015

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: M. Widmer

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