Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.483/2014
Zurück zum Index Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2014
Retour à l'indice Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2014


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_483/2014

Urteil vom 12. Mai 2015

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Oberholzer,
Gerichtsschreiber Faga.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Matthias Fricker,
Beschwerdeführer,

gegen

1. A.E.________,
2. B.E.________,
3. C.E.________,
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Stephan Stulz,
4. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Fahrlässige Tötung, Willkür, rechtliches Gehör,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht,
2. Kammer, vom 18. März 2014.

Sachverhalt:

A.

 Am 22. Dezember 2010 kurz nach 7 Uhr morgens überquerte D.E.________ die
Bahnhofstrasse in Dottikon (AG) im Bereich des Fussgängerstreifens. Er wurde
von Y.________, der sich ihm mit einem Fahrzeug von links näherte, angefahren
und (von Y.________ aus gesehen) auf die Gegenfahrbahn geschleudert. Dort
erfasste ihn X.________, der mit einem Personenwagen in die Gegenrichtung fuhr.
D.E.________ wurde bis zum Stillstand des Fahrzeugs mitgeschleift. Er erlitt
tödliche Verletzungen.

B.

 Das Bezirksgericht Bremgarten sprach X.________ am 25. Oktober 2012 vom
Vorwurf der fahrlässigen Tötung frei.

 Das Obergericht des Kantons Aargau verurteilte X.________ am 18. März 2014 in
Gutheissung der Berufung der Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten und der
Angehörigen von D.E.________ wegen fahrlässiger Tötung. Es bestrafte ihn mit
einer bedingten Geldstrafe von 240 Tagessätzen zu Fr. 50.-- bei einer Probezeit
von zwei Jahren sowie mit einer Busse von Fr. 2'000.--. X.________ wurde
verpflichtet, den Eltern von D.E.________ Schadenersatz von insgesamt Fr.
2'678.10 sowie Genugtuung von je Fr. 15'000.-- und dem Bruder Genugtuung von
Fr. 10'000.-- (jeweils nebst Zins) zu leisten.

C.

 X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das Urteil des
Obergerichts des Kantons Aargau sei aufzuheben, und die Sache sei zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter sei er vom
Vorwurf der fahrlässigen Tötung freizusprechen.

D.

 A.E.________, B.E.________ und C.E.________ beantragen, die Beschwerde sei
abzuweisen. Das Obergericht und die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau
haben auf Vernehmlassung verzichtet. Mit Eingabe vom 22. April 2015 nahm der
Beschwerdeführer sein Recht zur Replik wahr.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz vor, den Sachverhalt
offensichtlich unrichtig festgestellt und die Unschuldsvermutung verletzt zu
haben.

1.2. Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. auch Art. 105 Abs.
1 und 2 BGG). Offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG ist die
Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 139 II 404 E. 10.1 S.
445 mit Hinweisen; vgl. zum Begriff der Willkür BGE 139 III 334 E. 3.2.5 S.
339; 138 I 49 E. 7.1 S. 51; je mit Hinweisen).

 Inwiefern das Sachgericht den Grundsatz "in dubio pro reo" als
Beweiswürdigungsregel verletzt hat, prüft das Bundesgericht ebenfalls unter dem
Gesichtspunkt der Willkür. Diese aus der Unschuldsvermutung abgeleitete Maxime
wurde wiederholt dargelegt, worauf zu verweisen ist (BGE 127 I 38 E. 2a S. 41
mit Hinweisen).

 Die Rüge der Verletzung von Grundrechten (einschliesslich Willkür bei der
Sachverhaltsfeststellung) muss in der Beschwerde anhand des angefochtenen
Entscheids präzise vorgebracht und substanziiert begründet werden, anderenfalls
darauf nicht eingetreten wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S.
232; 138 I 225 E. 3.2 S. 228; 137 IV 1 E. 4.2.3 S. 5; 136 I 65 E. 1.3.1 S. 68;
je mit Hinweisen).

1.3. Unbestritten ist, dass D.E.________ (nachfolgend: Opfer) entlang der
Bahnhofstrasse in Richtung Bahnhof/Dintikon ging und diese mit normaler
Gehgeschwindigkeit im Bereich des Fussgängerstreifens betrat. Unbestritten ist
weiter, dass die erste Kollision (in Fahrtrichtung von Y.________ aus gesehen)
nicht nach dem Fussgängerstreifen und die zweite Kollision (in Fahrtrichtung
des Beschwerdeführers aus gesehen) vor dem Fussgängerstreifen erfolgte. Die
Vorinstanz stellt zudem (wie die erste Instanz) fest, dass das Fahrzeug des
Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Kollision nicht bremste und eine
Geschwindigkeit von 30 km/h aufwies. Diese Feststellung wird vom
Beschwerdeführer nicht beanstandet. Ebenso wenig macht er geltend, ein
Gutachten könnte sich dazu in präziser Weise äussern. Solches ist auch nicht
ersichtlich (vgl. Entscheid S. 16, erstinstanzliches Urteil S. 23 f.,
vorinstanzliche Akten pag. 402).

 Die Rügen der willkürlichen Sachverhaltsfeststellung und der Verletzung der
Unschuldsvermutung erhebt der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit den
Feststellungen, auf welcher Höhe das Opfer die Bahnhofstrasse betrat respektive
die erste Kollision (mit dem Fahrzeug von Y.________) erfolgte und wo sich die
zweite Kollision (mit dem Auto des Beschwerdeführers) ereignete. Der
Beschwerdeführer ist der Ansicht, das Opfer habe die Strasse (in Fahrtrichtung
von Y.________ aus gesehen) rund 2 - 4 m vor dem Fussgängerstreifen betreten.
Zudem sei die Annahme, die zweite Kollision sei (in Fahrtrichtung des
Beschwerdeführers aus gesehen) 2.3 m vor dem Fussgängerstreifen erfolgt,
offensichtlich unzutreffend (Beschwerde S. 8 ff.).

1.4.

1.4.1. Nach den erstinstanzlichen Feststellungen betrat das Opfer die
Bahnhofstrasse auf dem Fussgängerstreifen, wo es nach wenigen Metern vom ersten
Fahrzeug erfasst wurde. Die erste Instanz würdigt namentlich die Aussagen des
Zeugen F.________, der wenige Meter hinter dem Opfer ging und beide Kollisionen
aus nächster Nähe beobachten konnte. Sie lässt in ihre Beweiswürdigung zudem
die Aussagen beider Fahrzeuglenker sowie eines Mitfahrers im ersten Auto, ein
Gutachten der AXA Versicherungen AG (als Haftpflichtversicherer des
Beschwerdeführers) und eine Expertise des Instituts für Rechtsmedizin der
Universität Bern (nachfolgend: IRM Bern) einfliessen. Das Bezirksgericht
Bremgarten schätzt die erste Schilderung des Zeugen, wonach das Opfer den
Fussgängerstreifen habe überqueren wollen und dort vom ersten Auto erfasst
worden sei, als glaubhaft ein. Dieser Beweiswürdigung schliesst sich die
Vorinstanz an (Entscheid S. 12, erstinstanzliches Urteil S. 24 ff.). Die Rüge
einer ungenügenden Entscheidmotivation ist unbegründet (vgl. zum in Art. 29
Abs. 2 BV gewährleisteten Anspruch auf rechtliches Gehör BGE 138 I 232 E. 5.1
S. 237 mit Hinweisen). Indem die Vorinstanz unter Hinweis auf die
erstinstanzlichen Erwägungen ebenfalls auf den Zeugen abstellt, verwirft sie
implizit mit den gleichen Überlegungen der Erstinstanz die weiteren
Beweismittel, welche im erstinstanzlichen Entscheid eingehend gewürdigt wurden.
Im Übrigen reicht der Hinweis, die Vorinstanz habe sich mit den Ausführungen im
Plädoyer oder in der Berufungsantwort nicht auseinandergesetzt, nicht aus. Die
Begründung der Beschwerde muss in der Beschwerdeschrift selbst enthalten sein (
BGE 140 III 115 E. 2 S. 116; 138 IV 47 E. 2.8.1 S. 54; je mit Hinweisen).

1.4.2. Soweit sich der Beschwerdeführer auf die Einvernahme von F.________ vor
dem Bezirksamt Bremgarten beruft, legt er einzig dar, wie dessen Aussagen
seiner Auffassung nach richtig zu würdigen gewesen wären. Dieses
appellatorische Vorbringen vermag keine Willkür darzutun und genügt den
Begründungsanforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG nicht. Der Beschwerdeführer
verweist zudem auf die am Unfallort angetroffene Situation. Dabei legt er nicht
näher dar, von welchen Trümmerteilen die Rede in seiner Argumentation ist. Dies
ist nicht weiter erstaunlich, kann dem Situationsplan zur Frage, ob die mit der
Nummer 6 bezeichneten Teile vom ersten oder zweiten Fahrzeug stammen, nichts
Näheres entnommen werden. Sollte sich der Beschwerdeführer auf Teile des ersten
Autos beziehen, lässt seine Argumentation eine erste Kollision noch vor dem
Fussgängerstreifen als vertretbar erscheinen. Sie vermag hingegen das
vorinstanzliche Beweisergebnis nicht ernstlich in Frage zu stellen und als
unhaltbar erscheinen lassen. Ebenso wenig dringt die Rüge der Aktenwidrigkeit
durch. Der Beschwerdeführer hebt eine einzelne Aussage des Zeugen hervor. Er
setzt sich hingegen weder mit dessen weiteren Schilderungen noch mit der
Beweiswürdigung, welche das Aussageverhalten von F.________ überzeugend
beleuchtet, auseinander.

1.4.3. Dass und inwiefern das vorinstanzliche Beweisergebnis, wonach sich die
erste Kollision auf dem Fussgängerstreifen ereignete, schlechterdings nicht
mehr vertretbar sowie die Unschuldsvermutung verletzt sein sollte, zeigt der
Beschwerdeführer nicht auf. Ebenso ist verfassungs- und konventionsrechtlich
nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz (wie bereits die erste Instanz) in
vorweggenommener Beweiswürdigung darauf verzichtet hat, zur Frage des ersten
Kollisionsortes ein Gutachten in Auftrag zu geben. Mit seinem Beweisantrag
vermag der Beschwerdeführer die vorinstanzliche antizipierte Beweiswürdigung
nicht zu erschüttern. Das Bezirksgericht Bremgarten hielt fest, dass auf der
nassen Fahrbahn keine Spuren auf eine bestimmte Kollisionsstelle hindeuten. Zum
selben Schluss gelangte nicht nur das IRM Bern. Auch das Privatgutachten der
AXA Versicherungen AG blieb in dieser Frage äusserst vage (S. 18), was die
erste Instanz zutreffend unterstrich (erstinstanzliches Urteil S. 26 f.). Von
einer gerichtlichen Expertise wäre kein weiterer Erkenntnisgewinn zu erwarten
gewesen (vgl. zum Recht des Betroffenen, mit erheblichen Beweisanträgen gehört
zu werden, sowie zur antizipierten Beweiswürdigung BGE 138 V 125 E. 2.1 S. 127;
137 II 266 E. 3.2 S. 270; 136 I 265 E. 3.2 S. 272, 229 E. 5.3 S. 236 f.; je mit
Hinweisen).

1.4.4. Zusammenfassend steht fest, dass das Opfer die Bahnhofstrasse auf dem
Fussgängerstreifen betrat und dort vom ersten Fahrzeug erfasst wurde.

1.5.

1.5.1. Auf dem Situationsplan, welcher die angetroffene Unfallsituation
wiedergibt, grenzt das Fahrzeugheck des Beschwerdeführers an den
Fussgängerstreifen. Die Vorinstanz gelangt im Zusammenhang mit der Ermittlung
des zweiten Kollisionsortes zur Überzeugung, dass das Auto des
Beschwerdeführers nach der Kollision und dem Stillstand ca. 4 m zurückversetzt
wurde. Um das darunterliegende Opfer zu bergen, sei der Beschwerdeführer rund 2
m rückwärtsgefahren. Zudem sei der Personenwagen beim Anheben nochmals ca. 2 m
zurückversetzt worden. Bei einer Wagenlänge von etwa 5 m habe sich die
Fahrzeugfront in der ursprünglichen Endposition deshalb ca. 9 m nach dem
Fussgängerstreifen befunden. Die Vorinstanz würdigt die Aussagen des
Beschwerdeführers, von Y.________, F.________ sowie von G.________ (Mitfahrer
im ersten Fahrzeug).

1.5.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, das Rückwärtsfahren habe er in den
Einvernahmen mit 0.5 - 1 m und Y.________ mit 1 - 2 m angegeben. Laut
F.________ und G.________ habe er (der Beschwerdeführer) lediglich versucht,
rückwärts zu fahren. Wie die Vorinstanz zum Schluss gelange, er habe in einer
ersten Phase ca. 2 m zurückgesetzt, sei nicht nachvollziehbar und zudem
aktenwidrig. Gleiches gelte in Bezug auf die zweite Phase, als das Fahrzeug von
mehreren Personen angehoben worden sei, um das Opfer zu bergen. Keine befragte
Person erwähne eine Distanz von 2 m. Er sowie Y.________ hätten ein Anheben
ohne Verschieben geschildert. F.________ habe in der ersten Einvernahme ein
Zurückstossen, in der zweiten Einvernahme lediglich ein Anheben geschildert.
G.________ habe ein Zurücksetzen des Fahrzeugs beobachtet, ohne zur Distanz
weitere Angaben zu machen. Im Übrigen sei es nicht realistisch, dass ein
schwerer Bus von Hand 2 m verschoben werde, wenn zur Befreiung des Opfers
wenige Zentimeter reichen würden (Beschwerde S. 10 ff.).

 Die Vorinstanz gibt die Aussagen der beteiligten Personen zur Veränderung der
Endposition des zweiten Fahrzeugs im Kern korrekt wieder (Entscheid S. 14 f.).
Zusammengefasst schilderte der Beschwerdeführer ein einmaliges Zurücksetzen um
0.5 - 1 m während des Anhebens des Fahrzeugs. F.________ sprach von einem
Versuch des Beschwerdeführers, mit dem Auto zurückzufahren, wobei das Opfer
unter dem Auto hängengeblieben sei. Mit der Hilfe weiterer Personen sei das
Fahrzeug angehoben worden. Dass es dabei gleichzeitig auch zurückgestossen
wurde, erwähnte der Zeuge nur in der ersten Einvernahme. Laut G.________ habe
der Beschwerdeführer seinen Personenwagen zurückgesetzt, wobei das Opfer
mitgeschleift worden sei. Mit dem Anheben des Fahrzeugs respektive mit der
Entlastung der Vorderachse habe der Bus zurückgesetzt werden können. Y.________
gab schliesslich an, der Beschwerdeführer sei 1 - 2 m zurückgefahren und habe
das Opfer mitgeschleift. In der Folge hätten sie das Fahrzeug angehoben, um das
Opfer zu befreien.

 Damit kann sich die Schlussfolgerung der Vorinstanz, das Auto sei in einer
ersten Phase zurückgefahren, grundsätzlich auf sämtliche Zeugenaussagen
stützen. Dies trifft auch auf jene Schilderungen zu, die lediglich von einem
(abgebrochenen) Versuch sprechen. Ebenso findet die Feststellung, wonach in der
zweiten Phase das Fahrzeug tatsächlich zurückversetzt (und nicht nur angehoben)
wurde, teilweise eine Stütze in den Schilderungen. Während der Beschwerdeführer
diese Sachverhaltsfeststellungen richtigerweise nicht als willkürlich rügt,
bringt er vor, für eine Distanz von insgesamt 4 m fänden sich in den Akten
keine Anhaltspunkte. Diese Rüge erfolgt zu Recht. Es ist mit Blick auf die
zitierten Aussagen nicht nachvollziehbar, wie die fragliche Distanz ermittelt
wurde. Jene Zeugen, aus deren Aussagen sich ein zweimaliges Zurücksetzen
ableiten lässt (F.________ und G.________), umschreiben die Wegstrecken nicht
einmal annähernd (beispielsweise mit "halber Wagenlänge" etc.), geschweige denn
exakt. Jene Personen, die ihre Beobachtungen mit Meterangaben näher umschreiben
konnten (die beiden Fahrzeuglenker), schildern nur ein einmaliges Zurücksetzen
(der Beschwerdeführer mit insgesamt 0.5 - 1 m, Y.________ mit insgesamt 1 - 2
m). Wesentlich in diesem Zusammenhang ist auch Folgendes. Die Vorinstanz will
ausgehend von der ursprünglichen Endlage des zweiten Fahrzeugs und einem
Anhalteweg von 15.3 m die zweite Kollision ca. 2.3 m vor dem Fussgängerstreifen
lokalisieren. Eigentlicher Angelpunkt ihrer Argumentation ist damit die
effektive Endlage und die Wegstrecke, um die der zweite Personenwagen nach dem
Stillstand zurücksetzte respektive zurückgesetzt wurde. Die vorinstanzliche
Sachverhaltsfeststellung muss in diesem gewichtigen Punkt als wenig
differenzierte Schätzung bezeichnet werden, welche sich auf kein
Beweisfundament stellen lässt. Im Ergebnis ist sie unhaltbar.

1.5.3. Die Lokalisation des zweiten Kollisionsortes anhand der vorinstanzlichen
Sachverhaltsfeststellung, wonach das Fahrzeug des Beschwerdeführers nach dem
Stillstand um insgesamt 4 m zurücksetzte respektive zurückgesetzt wurde,
verletzt das Willkürverbot und die Unschuldsvermutung.

1.5.4. Im Rahmen der Feststellung des zweiten Kollisionsortes macht der
Beschwerdeführer geltend, die vorinstanzliche antizipierte Beweiswürdigung
verletze sein rechtliches Gehör. Die Rüge ist begründet. Im vorinstanzlichen
Entscheid fehlt eine nähere Auseinandersetzung mit der Längswurfweite des
Opfers. Ebenso lässt die Vorinstanz im Gegensatz zum Bezirksgericht Bremgarten
die relevante Frage nach der Geschwindigkeit des ersten Fahrzeugs
unbeantwortet. Fest steht, mit welcher ungefähren Geschwindigkeit das Opfer die
Strasse betrat. Ebenso ist (auch mit Blick auf die erstinstanzlichen
Erwägungen) davon auszugehen, dass die Vorinstanz zur Geschwindigkeit des
ersten Personenwagens Feststellungen treffen kann. Weiter ist bekannt, wie und
in welchem Bereich das Opfer vom ersten Fahrzeug erfasst wurde. Die
Vorinstanzen stützen sich diesbezüglich auf das Gutachten des IRM Bern. Besagte
Expertise geht zudem davon aus, dass das Opfer die Fahrbahn in einem flachen
Winkel in Richtung Dintikon überquerte (S. 12). Damit sind (zusammen mit der
Grösse des Opfers und dem konkreten Unfallfahrzeug) mehrere relevante Faktoren
verfügbar oder feststellbar. Das Parteigutachten bemisst die Längswurfweite auf
ca. 9 - 12 m. Eine gerichtliche Expertise zur Beantwortung der Wurfweite
erscheint nicht von vornherein als untauglich. Indem der Beschwerdeführer den
Verzicht darauf als Gehörsverletzung rügt, verhält er sich entgegen der
Auffassung der Beschwerdegegner 1 - 3 nicht treuwidrig. Zum einen ging die
erste Instanz von einer Wurfweite des Opfers von 9 m aus. Zum andern beantragte
der Beschwerdeführer vor Vorinstanz ausdrücklich eine Expertise für den Fall,
dass den Schlussfolgerungen des Privatgutachtens zur Wurfweite nicht gefolgt
würde (Berufungsantwort S. 6). Indem die Vorinstanz darauf verzichtet, verletzt
sie das Recht des Beschwerdeführers, mit erheblichen Beweisanträgen zur
Wurfweite des Opfers gehört zu werden. Zu keiner anderen Beurteilung führen die
Aufzeichnungen im Situationsplan sowie der von der Vorinstanz zitierte Zeuge.
Insbesondere steht mit dessen Aussage, wonach sich das Opfer in der Luft
überschlagen habe, eine Wurfweite von mehreren Metern nach wie vor im Raum. Die
Vorinstanz wird zur Feststellung der Wurfweite des Opfers eine sachverständige
Person beiziehen müssen.

2.

 Es stellt sich die Frage, ob das vorinstanzliche Sachverhaltsfundament (unter
Berücksichtigung der noch zu ermittelnden Wurfweite des Opfers) eine Prüfung
des einschlägigen Bundesrechts ermöglicht. Art. 33 SVG regelt die Pflichten des
Fahrzeuglenkers gegenüber Fussgängern. Danach ist den Fussgängern das
Überqueren der Fahrbahn in angemessener Weise zu ermöglichen (Abs. 1). Vor
Fussgängerstreifen hat der Fahrzeugführer besonders vorsichtig zu fahren und
nötigenfalls anzuhalten, um den Fussgängern den Vortritt zu lassen, die sich
schon auf dem Streifen befinden oder im Begriff sind, ihn zu betreten (Abs. 2).
Diese Regelung wird in Art. 6 Abs. 1 VRV konkretisiert, wonach der
Fahrzeugführer vor Fussgängerstreifen ohne Verkehrsregelung jedem Fussgänger
den Vortritt gewähren muss, der sich bereits auf dem Streifen befindet oder
davor wartet und ersichtlich die Fahrbahn überqueren will. Er muss die
Geschwindigkeit rechtzeitig mässigen und nötigenfalls anhalten, damit er dieser
Pflicht nachkommen kann (vgl. auch Art. 49 Abs. 2 SVG und Art. 47 VRV). Der
Fahrzeuglenker hat, wenn er sich einem Fussgängerstreifen nähert, beide
Fahrbahnen und Trottoirseiten zu beobachten (vgl. BGE 129 IV 39 E. 2.2 S. 43).

2.1. Nach den Feststellungen des Bezirksgerichts Bremgarten erfasste der
Personenwagen von Y.________ das Opfer mit einer Geschwindigkeit von 40 km/h
auf dem Fussgängerstreifen frontal im Bereich der linken Fahrzeugecke. Dadurch
wurde das Opfer 9 m durch die Luft auf die Gegenfahrbahn geschleudert und dort
vom Beschwerdeführer ungebremst mit einer Geschwindigkeit von 30 km/h erfasst.
Kurz zuvor hatte der Beschwerdeführer ein anderes Auto von der
Mitteldorfstrasse in die Bahnhofstrasse einbiegen lassen. Der Beschwerdeführer
hat das Opfer vor der zweiten Kollision nicht gesehen. Diese ereignete sich
(aus der Sicht des Beschwerdeführers) 9 m vor dem Fussgängerstreifen am Ende
der Flugphase. Nur die zweite Kollision bewirkte die tödlichen Verletzungen.
Zum Unfallzeitpunkt herrschte dichter Kolonnenverkehr respektive
ununterbrochener Gegenverkehr. Es war dunkel und es regnete. Es war für den
Beschwerdeführer nur erschwert möglich, das Opfer in dem Moment zu sehen, als
es auf den Fussgängerstreifen zuging und diesen betrat. Hingegen wäre es dem
Beschwerdeführer im Zeitpunkt der ersten Kollision möglich gewesen, das Opfer
wahrzunehmen. Im besagten Zeitpunkt war der Beschwerdeführer 18 m vom
Fussgängerstreifen entfernt. Hätte er in diesem Moment gebremst, wäre er bei
einem Anhalteweg von 13.5 m demnach 4.5 m vor dem Fussgängerstreifen zum Stehen
gekommen. Da das Opfer in die Richtung des Beschwerdeführers geschleudert
wurde, wäre es gleichwohl zur Kollision gekommen. Das Fahrzeug des
Be-schwerdeführers hätte selbst bei einem sofort (im Zeitpunkt der ersten
Kollision) eingeleiteten Bremsmanöver noch eine Geschwindigkeit von 20 - 25 km/
h aufgewiesen. Dies hätte unter Berücksichtigung der Eigengeschwindigkeit des
Opfers eine Aufprallgeschwindigkeit von 40 - 50 km/h ergeben, weshalb die
tödlichen Verletzungen nicht vermeidbar gewesen wären.

2.2. Dem erstinstanzlich festgestellten Unfallablauf bis zur ersten Kollision
schliesst sich die Vorinstanz im Ergebnis an (wobei nach ihren Feststellungen
diese ca. 2.2 m vom rechten Fahrbahnrand erfolgte). Die übrigen Feststellungen
zur zweiten Phase des Unfalls beschränken sich im Wesentlichen auf die
Endposition und den Anhalteweg des zweiten Fahrzeugs sowie, davon abgeleitet,
den Ort der zweiten Kollision ca. 2.3 m vor dem Fussgängerstreifen.

2.3. Weitere die zweite Kollision betreffende Umstände fehlen im
vorinstanzlichen Entscheid (anders als im erstinstanzlichen Urteil) gänzlich.
Es lässt sich nicht beurteilen, ob der Beschwerdeführer mit der gebotenen
Aufmerksamkeit und einer angemessenen Geschwindigkeit auf den
Fussgängerstreifen zufuhr. Die Vorinstanz stellt insbesondere nicht fest, ab
welchem Moment der Beschwerdeführer das Opfer hätte erblicken können und ob es
bereits beim Betreten des Fussgängerstreifens oder erst im Zeitpunkt der ersten
Kollision für den Beschwerdeführer erkennbar war. Ebenso blieb unbeantwortet,
welche Distanz das Fahrzeug des Beschwerdeführers zum Fussgängerstreifen
aufwies, als das Opfer die Fahrbahn betrat und als es vom ersten Auto
angefahren wurde. In tatsächlicher Hinsicht massgebend ist weiter, ob der
Beschwerdeführer bei gebotener Aufmerksamkeit in der Lage gewesen wäre, sein
Fahrzeug rechtzeitig anzuhalten. Wäre es gleichwohl zur Kollision mit dem Opfer
gekommen, stellt sich schliesslich die (durch den Beizug von Sachverständigen
zu beantwortende) Frage, welche Verletzungen mit welchen Folgen das Opfer
erlitten hätte.

2.4. Nach Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG müssen beim Bundesgericht anfechtbare
Entscheide die massgebenden Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art enthalten.
Der vorinstanzliche Entscheid hat eindeutig aufzuzeigen, auf welchem
festgestellten Sachverhalt und auf welchen rechtlichen Überlegungen er beruht (
BGE 135 II 145 E. 8.2 S. 153 mit Hinweisen). Die Begründung ist insbesondere
mangelhaft, wenn der angefochtene Entscheid jene tatsächlichen Feststellungen
nicht trifft, die zur Überprüfung des eidgenössischen Rechts notwendig sind
oder wenn die rechtliche Begründung des angefochtenen Entscheids so lückenhaft
oder unvollständig ist, dass nicht geprüft werden kann, wie das eidgenössische
Recht angewendet wurde. Die Begründung ist ferner mangelhaft, wenn einzelne
Tatbestandsmerkmale, die für die Subsumtion unter eine gesetzliche Norm von
Bedeutung sind, von der Vorinstanz nicht oder nicht genügend abgeklärt wurden (
BGE 119 IV 284 E. 5b S. 287 mit Hinweis).

2.5. Der angefochtene Entscheid genügt den Anforderungen von Art. 112 Abs. 1
lit. b BGG nicht. Das vorinstanzliche Sachverhaltsfundament ist unzureichend.
Eine Prüfung des einschlägigen Bundesrechts ist nicht möglich. Damit verletzt
die Vorinstanz Bundesrecht (BGE 135 II 145 E. 8.2 S. 153 mit Hinweis). Es
erübrigt sich, auf die weiteren Rügen des Beschwerdeführers einer ungenügenden
Entscheidmotivation näher einzugehen. Die Vorinstanz wird die
Sachverhaltsfeststellung in wesentlichen Punkten ergänzen und neu darlegen
müssen.

3.

 Der Beschwerdeführer obsiegt teilweise, soweit er eine willkürliche
Beweiswürdigung, die Verletzung der Unschuldsvermutung und die Verletzung des
rechtlichen Gehörs rügt (E. 1.5). Deshalb sowie in Anwendung von Art. 112 Abs.
3 BGG ist der angefochtene Entscheid aufzuheben. Die Sache ist an die
Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese einen Entscheid trifft, der den
Anforderungen von Art. 112 Abs. 1 BGG genügt. Im Übrigen ist die Beschwerde
abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.

 Die Parteien werden im Umfang ihres Unterliegens kostenpflichtig (Art. 66 Abs.
1 BGG). Da der Beschwerdeführer mit seiner gegen die vorinstanzliche
Sachverhaltsfeststellung gerichteten Beschwerde im Wesentlichen durchdringt,
rechtfertigt es sich, ihm keine Kosten aufzuerlegen. Die Beschwerdegegner 1-3
beantragten die Abweisung der Beschwerde und werden kostenpflichtig. Ihnen sind
die Gerichtskosten zur Hälfte aufzuerlegen. Dem Kanton Aargau sind keine
Verfahrenskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG).

 Der Kanton Aargau und die Beschwerdegegner 1-3 haben als unterliegende
Parteien dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von je der Hälfte der
auf Fr. 3'000.-- bestimmten Entschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Das Urteil des Obergerichts des
Kantons Aargau vom 18. März 2014 wird aufgehoben und die Sache zur neuen
Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde
abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten werden im Umfang von Fr. 1'000.-- den Beschwerdegegnern 1-3
je zu einem Drittel und unter solidarischer Haftung auferlegt.

3. 
Der Kanton Aargau hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr.
1'500.-- zu bezahlen.

4. 
Die Beschwerdegegner 1-3 haben dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung
von insgesamt Fr. 1'500.-- unter solidarischer Haftung zu bezahlen.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Strafgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. Mai 2015

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Faga

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben