Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.45/2014
Zurück zum Index Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2014
Retour à l'indice Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2014


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_45/2014

Urteil vom 24. April 2015

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiber Held.

Verfahrensbeteiligte
Y.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Benno Lindegger,
Beschwerdeführer,

gegen

1. Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, Zürcherstrasse 323, 8510
Frauenfeld,
2. A.________,
3. B.________,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Strafzumessung, bedingter Strafvollzug (versuchte schwere Körperverletzung);
Willkür,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 28.
Oktober 2013.

Sachverhalt:

A.

 X.________ wartete am 21. Mai 2009 zusammen mit Y.________ und Z.________ auf
dem Bahnsteig am Bahnhof in Kreuzlingen auf den Zug. Als A.________ und
B.________ auf der tiefer gelegenen Perronrampe erschienen (und lärmten),
rannte Y.________ die Treppen hinunter und schlug A.________ ohne Vorwarnung
mit der Faust zunächst ins Gesicht und dann auf den Hinterkopf, wodurch dieser
zu Boden stürzte. B.________ wurde beim Versuch, weitere Attacken auf
A.________ zu unterbinden, von dem hinter ihm stehenden Z.________
festgehalten. Y.________ schlug B.________ zweimal mit der Faust ins Gesicht,
woraufhin Z.________ diesen sofort losliess. X.________, der das Geschehen
zuvor vom Perron aus beobachtet hatte, eilte hinzu und sprang aus vollem Lauf
mit dem rechten Fuss Richtung Kopf des an der Rampenwand sitzenden A.________,
der auf die Seite kippte. Anschliessend trat er mehrmals von vorne und von oben
auf den am Boden liegenden A.________ ein, der sich vor den ausschliesslich
gegen seinen Kopf geführten Tritten mit den Armen schützte. X.________ trug
Turnschuhe und stützte sich während des Tretens teilweise noch am Handlauf der
Perronrampe ab. Gleichzeitig schlug Y.________ mit Fäusten weiter auf
B.________ ein und stiess dessen Kopf mit grosser Wucht (mehrmals) gegen die
Betonwand. B.________ hockte zusammengekauert an der Wand der Perronrampe und
schützte sich mit Armen und Händen vor weiteren Schlägen. Y.________ versetzte
ihm einen Kniestoss gegen den geschützten Kopf. Anschliessend trat X.________
zweimal Richtung Oberkörper von B.________, bevor er sich mit Y.________ und
Z.________ entfernte, ohne sich um die Opfer zu kümmern.

 A.________ erlitt diverse Kontusionsmale und Blutergüsse an der Stirn und an
beiden Unterarmen sowie eine Prellung/Verstauchung der Wirbelsäule. Die
Blessuren klangen nach vier Tagen ab. B.________ trug Beulen am Hinterkopf
sowie an Schläfe und Stirn davon. Sein Unterkiefer schmerzte und am linken Arm
hatte er einen blauen Fleck. Die Beulen spürte er vier Tage lang, hatte jedoch
keine (Kopf-) Schmerzen. Er konsultierte keinen Arzt.

B.

 Das Bezirksgericht Kreuzlingen sprach X.________ vom Vorwurf der versuchten
vorsätzlichen Tötung frei und verurteilte ihn (neben weiterer Schuldsprüche für
Fahren in fahrunfähigem Zustand und für mehrfache grobe Verletzung von
Verkehrsregeln) sowie Y.________ wegen versuchter schwerer und (vollendeter)
einfacher Körperverletzung zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 30
Monaten respektive einer bedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten.
Das Obergericht des Kantons Thurgau verurteilte Y.________ im
Berufungsverfahren am 28. Oktober 2013 wegen versuchter schwerer und
(vollendeter) einfacher Körperverletzung zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe
von 30 Monaten, von denen es sechs Monate als vollziehbar erklärte und 24
Monate bei einer Probezeit von zwei Jahren bedingt aussprach. Gegen X.________
sprach es eine Freiheitsstrafe von 4 ½ Jahren wegen versuchter vorsätzlicher
Tötung und versuchter schwerer Körperverletzung (sowie der nicht angefochtenen
Schuldsprüche wegen mehrfacher grober Verletzung von Verkehrsregeln) aus.

C.

 Gegen das Urteil des Obergerichts führen sowohl Y.________ (6B_45/2014) als
auch X.________ (separates Verfahren 6B_1250/2013) Beschwerde in Strafsachen.
Y.________ beantragt sinngemäss, der Entscheid des Obergerichts sei aufzuheben,
und er sei zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten bei einer
Probezeit von zwei Jahren zu verurteilen. Eventualiter sei die Sache zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Das Obergericht und die Staatsanwaltschaft beantragen die Abweisung der
Beschwerde. A.________ und B.________ haben sich nicht vernehmen lassen.

 Y.________ hält in seiner Replik an den gestellten Anträgen fest.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen das Strafmass. Aktenwidrig sei,
dass er keinen Kontakt mit den Opfern aufgenommen habe. Ebenfalls strafmindernd
hätte die massive Berichterstattung und die mediale Vorverurteilung gewichtet
werden müssen. Die Vorinstanz berücksichtige nicht hinreichend, dass er
aufgrund seiner privaten und beruflichen/schulischen Situation besonders
strafempfindlich sei. Das Strafmass verstosse im Vergleich zu ähnlich
gelagerten Fällen gegen das Gebot der Gleichbehandlung der Strafzumessung.
Zudem komme die Vorinstanz ihrer Begründungspflicht nicht nach und verletze
seinen Anspruch auf rechtliches Gehör. Sie setze keine Einsatzstrafe fest und
begründe nicht hinreichend, warum unter Berücksichtigung sämtlicher
Strafzumessungsfaktoren keine bedingt vollziehbare Freiheitsstrafe mehr in
Betracht komme, obwohl das Strafmass von 30 Monaten im Grenzbereich zwischen
bedingter und teilbedingter Freiheitsstrafe liege.

1.2. Die Vorinstanz erwägt, verschiedene Komponenten seien beim
Beschwerdeführer und X.________ in gleichem oder ähnlichem Mass zu
berücksichtigen. Besonders sei zu beachten, dass es hinsichtlich der schweren
Körperverletzung (und der Tötung) lediglich beim Versuch geblieben sei. Die
Strafe sei somit gemäss Art. 22 StGB entweder zu mildern oder wenigstens im
Rahmen der ordentlichen Strafzumessung zu mindern. Zugunsten der "Täter" sei zu
berücksichtigen, dass zwischen dem tatsächlich eingetretenen Erfolg und dem vom
Eventualvorsatz umfassten eine deutliche Distanz bestehe, die Einfluss habe, in
welchem Umfang der blosse Versuch eine Strafmilderung rechtfertige.
Strafmindernd wirke sich zudem aus, dass kein planmässiges strukturiertes
Vorgehen erkennbar sei und Schadenersatz und Genugtuung gezahlt worden seien.
Die Veröffentlichung der Videoaufzeichnung, die vier Jahre nach der Ermittlung
der Täter immer noch in in ihrer gesamten Länge im Internet abrufbar sei, sei
unverhältnismässig gewesen und habe zu einer Vorverurteilung und Ausgrenzung
geführt. Der Wirkung auf das Leben des Beschwerdeführers (und das von
X.________) sei strafmindernd zu berücksichtigen, jedoch nicht in sonderlich
hohem Ausmass. Darüber hinaus könne nicht von einer überdurschnittlichen
Belastung durch die Medienberichterstattung gesprochen werden. Dass die drei in
den Medien teilweise als "Schläger von Kreuzlingen" bezeichnet wurden, hätten
sie angesichts ihrer Tat hinzunehmen. Die erste Instanz bejahe zu Recht eine
Verletzung des Beschleunigungsgebots. Aufgrund des Fahndungsaufrufs im
Internet, der schweizweit ein grosses Echo ausgelöst habe, wäre die
Staatsanwaltschaft verpflichtet gewesen, möglichst schnell Anklage zu erheben,
zumal es sich um junge Täter gehandelt habe. Insbesondere die Einholung der
Expertise beim IRM St. Gallen sei zu spät erfolgt. Effektiv liege eine
Verfahrensverzögerung von zwei Jahren vor. Die infolge der Verletzung des
Beschleunigungsgebots zu berücksichtigende Reduktion müsse in Relation zur
ausgesprochenen Strafe stehen und sei vorliegend mit rund 15 % anzusetzen.

 Hinsichtlich des Beschwerdeführers sei die versuchte schwere Körperverletzung
das schwerste Delikt. Sein Verschulden erscheine schwer. Das brutale und
rücksichtlose Vorgehen zeuge von massiver krimineller Energie und einem
erschreckenden Aggressionspotenzial. Der Beschwerdeführer sei der Initiant des
ganzen Vorfalls gewesen und habe dem Beschwerdegegner 2 ohne ersichtlichen
Grund mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Seine nicht unerhebliche
Alkoholisierung führe zu einer "freilich nur leichte[n] Verminderung der
Schuldfähigkeit". In Rechnung gezogen werden dürfe auch der tatsächlich
eingetretene Taterfolg, der wesentlich geringer sei, als der vom
Beschwerdeführer in Kauf genommene. Der Beschwerdeführer weise keine Vorstrafen
auf, und sein Lebenslauf erscheine als unauffällig. Dem Geständnis komme
aufgrund des durch die Internetveröffentlichung entstandenen Drucks und der
erdrückenden Beweislage keine allzu grosse Bedeutung zu, zumal der
Beschwerdeführer im Wesentlichen nur das zugegeben habe, was auf dem Video zu
sehen sei. Dass er den Vorfall bedaure, sei glaubwürdig und müsse
berücksichtigt werden. Allerdings habe er mit den Opfern keinen Kontakt
aufgenommen, da er und seine Familie wegen des öffentlichen Drucks mit sich
selber beschäftigt gewesen seien. Zu seinen Gunsten seien die Vorverurteilung
aufgrund der unverhältnismässig ausführlichen und lang dauernden Publikation im
Internet sowie die überlange Verfahrensdauer in Rechnung zu stellen. Zu
berücksichtigen seien sein Wohlverhalten nach der Tat, seine
Strafempfindlichkeit und - wenn auch nicht in erheblichem Ausmass - dass er im
Zeitpunkt der Tat noch nicht 20 (18 ½) Jahre alt gewesen sei. Die von der
Staatsanwaltschaft beantragte dreijährige Freiheitsstrafe dürfe unter
Berücksichtigung aller Faktoren als schuldangemessen gelten, "als die Strafe
bei etwas mehr als drei Jahren liegen müsste, aber aufgrund der besonderen
Strafempfindlichkeit auf drei Jahre reduziert werden könnte". Die Verletzung
des Beschleunigungsgebots ziehe eine weitere deutliche Reduzierung nach sich,
weshalb unter Berücksichtigung aller Umstände eine Freiheitsstrafe von
zweieinhalb Jahren als angemessen erscheine, von denen sechs Monaten unbedingt
auszusprechen seien.

1.3. Das Bundesgericht hat die Grundsätze der Strafzumessung nach Art. 47 ff.
StGB wiederholt dargelegt und greift in diese nur ein, wenn die Vorinstanz den
gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, von rechtlich nicht
massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wesentliche Gesichtspunkte ausser
Acht gelassen bzw. in Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch
gewichtet hat (vgl. BGE 136 IV 55 E. 5.4 ff. S. 59 ff. mit Hinweisen).
Gemäss Art. 50 StGB hat das Gericht, sofern es sein Urteil zu begründen hat,
die für die Zumessung der Strafe erheblichen Umstände und deren Gewichtung
festzuhalten. Es hat seine Überlegungen in den Grundzügen wiederzugeben, so
dass die Strafzumessung nachvollziehbar ist. Die blosse Auflistung einzelner
Strafzumessungsfaktoren genügt nicht (BGE 121 IV 49 E. 2a/aa). Nicht
erforderlich ist, dass der Sachrichter die Gewichtung der einzelnen
Strafzumessungsfaktoren in Zahlen oder in Prozenten wiedergibt (BGE 136 IV 55
E. 5.6; 127 IV 101 E. 2c). Die für die Zumessung der Strafe erheblichen
Umstände und deren Gewichtung müssen jedoch im Hinblick auf eine transparente,
in den Grundzügen nachvollziehbare und überprüfbare Strafzumessung aus dem
Urteil hervorgehen. Dies gilt entsprechend für die Gewichtung der im Gesetz
genannten Strafschärfungs- und Strafmilderungsgründe (Urteile 6B_372/2011 vom
12. Juli 2011 E. 2.3; 6B_401/2007 vom 8. November 2007 E. 4.2, nicht publ. in:
BGE 134 IV 132).

1.4.

1.4.1. Die Strafzumessung verstösst in mehrfacher Hinsicht gegen Bundesrecht.
Den Erwägungen lässt sich nicht entnehmen, warum die Vorinstanz das Verschulden
als schwer einstuft und eine Freiheitsstrafe von 30 Monaten festsetzt. Sie
begnügt sich damit, zahlreiche schuldrelevante Tat- und Täterkomponenten zu
nennen, würdigt diese jedoch über weite Strecken gar nicht oder nur
unzureichend. Zwar lässt sich aus den allgemeinen, für beide Mittäter und der
anschliessend für den Beschwerdeführer gemachten Erwägungen erkennen, welche
Verschuldenskomponenten straferhöhend oder strafmindernd berücksichtigt werden,
jedoch zeigt die Vorinstanz nicht auf, in welchem Umfang ("leicht", "stark"
etc.) sie die jeweiligen Kriterien gewichtet (vgl. Urteil 6B_417/2012 vom 14.
Januar 2013 E. 4.2 und 4.3 mit Hinweisen). Sie begründet weder, ob sie im
Ausbleiben des Erfolgs einen Strafmilderungsgrund (Art. 22 Abs. 1 i.V.m. Art.
48a StGB) sieht, noch in welchem Ausmass sie die Strafe (andernfalls) mindert
(vgl. Urteil 6B_466/2013 vom 25. Juli 2013 E. 2.3.2 mit Hinweis). Die
Vorinstanz vermengt zudem die das Verschulden bestimmenden objektiven und
subjektiven Strafzumessungskriterien mit den Täterkomponenten (vgl. Urteile
6B_466/2013 vom 25. Juli 2013 E. 2.3.2 und 6B_611/2010 vom 26. April 2011 E.
3.4; je mit Hinweis).

 Die Erwägungen zur verminderten Schuldfähigkeit (Art. 19 Abs. 2 StGB) des
Beschwerdeführers genügen den für eine nachvollziehbare Strafzumessung
entwickelten Grundsätzen nicht. Die Vorinstanz legt nicht dar, in welchem
Ausmass die Schuldfähigkeit des Beschwerdeführers in rechtlicher Hinsicht
eingeschränkt ist und wie sich dies auf die Einschätzung des Tatverschuldens
auswirkt (vgl. BGE 136 IV 55 E. 5.7; Urteil 6B_585/2008 vom 19. Juni 2009 E.
3.5).

 Ob die Voraussetzungen für eine Gesamtstrafenbildung im Sinne von Art. 49 Abs.
1 StGB erfüllt sind, lässt sich nicht überprüfen, da die Vorinstanz sich nur
zum Verschulden hinsichtlich der versuchten schweren Körperverletzung zu Lasten
des Beschwerdegegners 3 äussert. Ausführungen in Bezug auf die (vollendete)
einfache Körperverletzung zu Lasten des Beschwerdegegners 2 fehlen vollständig.
Nicht begründet und nachvollziehbar ist weder, ob die Vorinstanz auch für die
einfache Körperverletzung eine unbedingte Freiheitsstrafe für angemessen
erachtet (vgl. Art. 34 Abs. 1, Art. 37 Abs. 1, Art. 40 und 41 Abs. 1 StGB sowie
BGE 134 IV 82 E. 4.1, 97 E. 4.2.2), noch das Ausmass, in welchem die Vorinstanz
die (festzusetzende) Einsatzstrafe infolge Deliktsmehrheit erhöht (vgl. Urteile
6B_524/2010 und 6B_626/2011 vom 8. Dezember 2011 E. 4.4 mit Hinweisen).

1.4.2. Aktenwidrig ist zudem, der Beschwerdeführer habe mit den Opfern keinen
Kontakt aufgenommen. Das entsprechende Entschuldigungsschreiben wurde
anlässlich der Berufungsverhandlung (zusammen mit den Plädoyernotizen) von der
Vorinstanz zu den Akten genommen. Ihr Verweis auf die anderslautende Aussage
des Beschwerdeführers anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung ist
unbehelflich - da zum damaligen Zeitpunkt das Entschuldigungsschreiben noch
nicht verfasst war - und wäre nicht erforderlich gewesen, wenn der
Beschwerdeführer anlässlich der Berufungsverhandlung zur Person und Sache
befragt worden wäre (vgl. Art. 343 i.V.m. Art. 405 Abs. 1 StPO).
Im Hinblick auf eine Vorverurteilung durch die Medienberichterstattung verkennt
die Vorinstanz, dass diese nicht losgelöst von der Internetpublikation
betrachtet werden kann. Ohne den im Überwachungsvideo zu sehenden Tatablauf
hätten die Printmedien keine Tat- und Täterbilder veröffentlichen können, und
es wäre angesichts der (eher) harmlosen Verletzungen der Beschwerdegegner 2 und
3 nicht zu einer derart intensiven vorverurteilenden, schweizweiten
Medienberichterstattung gekommen, in deren Folge die Eltern des
Beschwerdeführers psychologische Hilfe in Anspruch nehmen mussten. Die
Vorinstanz wird die Medienberichterstattung zusammen mit den weiteren, deutlich
über die üblichen mit einem Strafverfahren verbundenen Beeinträchtigungen in
Form von Morddrohungen, "fremden Leuten vor der Tür" und der Zeitdauer bis zur
Normalisierung des Alltags bei der Strafzumessung berücksichtigen müssen.
Hingegen unterschreitet sie ihr Ermessen nicht, wenn sie die mit einem
teilbedingten Strafvollzug verbundenen negativen Folgen für das berufliche
Fortkommen des Beschwerdeführers lediglich in geringem Masse strafmindernd
gewichtet. Zwar sind die einschneidenden Folgen eines allfällig unbedingten
Vollzugs bei der Strafzumessung zu berücksichtigen (BGE 134 IV 17 E. 3.4-3.6),
jedoch stellt die Verbüssung einer Freiheitsstrafe für jeden, der in ein
günstiges berufliches und/oder familiäres Umfeld eingebettet ist, eine gewisse
Härte dar, die nur bei aussergewöhnlichen Umständen strafmindernd zu
berücksichtigten ist (Urteil 6B_222/2012 vom 8. Oktober 2012 E. 1.6 mit
Hinweisen). Die private und berufliche Situation des Beschwerdeführers stellen
keine derartigen Umstände dar. Hinzuweisen ist darauf, dass eine 30-monatige
Freiheitsstrafe nicht im Grenzbereich zwischen bedingtem und teilbedingtem
Strafvollzug liegt und die ehemalige Praxis zur "18-Monate-Grenze" bei der
Strafzumessung (BGE 118 IV 337 E. 2c) nicht in das neue Recht übernommen wurde
(BGE 134 IV 17 E. 3.3-3.6).

2.

 Die Beschwerde ist gutzuheissen. Es sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs.
1 und 4 BGG). Die Beschwerdegegner 2 und 3 haben sich nicht vernehmen lassen
und keine Anträge gestellt, weshalb sie keine Gerichtskosten zu tragen (Art. 66
Abs. 1 BGG) und keine Parteientschädigung zu entrichten (Art. 68 Abs. 1 BGG)
haben.

 Der Kanton Thurgau hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Kantonsgerichts Thurgau vom
28. Oktober 2013 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die
Vorinstanz zurückgewiesen.

2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3. 
Der Kanton Thurgau hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. April 2015

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Held

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben