Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.459/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_459/2014

Urteil vom 18. Mai 2015

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiber Näf.

Verfahrensbeteiligte
Y.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Kenad Melunovic,
Beschwerdeführerin,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau, Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus,
5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Qualifizierte Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, Geldwäscherei;
Strafzumessung; Verletzung des rechtlichen Gehörs, der Informations-
und Teilnahmerechte; Verwertungsverbot etc.,

Beschwerde gegen das Urteil (SST.2013.22) des Obergerichts des Kantons Aargau,
Strafgericht, 1. Kammer, vom 20. März 2014.

Sachverhalt:

A. 
Y.________ war im März 2010 und im Juni/Juli 2010 auf verschiedene Art und
Weise für einen von A.________ geführten, von den Niederlanden aus in der
Schweiz operierenden Drogenhändlerring tätig, welcher mit Heroin handelte. Sie
verkaufte insgesamt mindestens 790 bis 1'060 Gramm Heroingemisch für ca. Fr.
23'100.-- bis ca. Fr. 31'200.--. Sie war zudem an der Verteilung von weiteren
455 bis 560 Gramm Heroingemisch durch Dritte beteiligt. Sie nahm Erlöse, die
andere Mitglieder des Drogenhändlerrings durch den Verkauf von Heroin erzielt
hatten, entgegen und leitete diese an X.________ weiter. Sie händigte im
Auftrag von X.________ mehrere Mobiltelefone an Drogenkuriere aus. Gemeinsam
mit ihrem Ehemann Y.A.________ beschaffte sie ein Navigationsgerät, das sie
einem Drogenkurier übergab.

B. 
Das Bezirksgericht Baden sprach Y.________ am 27. September 2012 der mehrfachen
qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art.
19 Ziff. 1 in Verbindung mit Ziff. 2 lit. a-c aBetmG (in der bis zum 30. Juni
2011 geltenden Fassung), der mehrfachen Gehilfenschaft zu qualifizierter
Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie der gewerbs- und
bandenmässigen Geldwäscherei im Sinne von Art. 305bis Ziff. 1 in Verbindung mit
Ziff. 2 lit. b und c StGB schuldig. Es bestrafte sie mit einer Freiheitsstrafe
von 5 ½ Jahren.

Y.________ erklärte Berufung. In der Berufungsverhandlung stellte sie die
Anträge, sie sei von Schuld und Strafe freizusprechen. Eventualiter sei sie
wegen mehrfacher qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz
und wegen mehrfacher Gehilfenschaft dazu sowie wegen Geldwäscherei zu einer
bedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten zu verurteilen.

Das Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, sprach Y.________
mit Urteil (SST.2013.22) vom 20. März 2014 in teilweiser Gutheissung der
Berufung in einzelnen Anklagepunkten frei. Es sprach sie in den übrigen
Anklagepunkten der qualifizierten Widerhandlung gegen das
Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Ziff. 1 in Verbindung mit Ziff. 2
lit. a-c aBetmG (in der bis zum 30. Juni 2011 geltenden Fassung) sowie der
gewerbs- und bandenmässigen Geldwäscherei im Sinne von Art. 305bis Ziff. 1 in
Verbindung mit Ziff. 2 lit. b und c StGB schuldig. Es bestrafte sie mit einer
Freiheitsstrafe von fünf Jahren sowie mit einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen
zu Fr. 10.--, Letztere bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von zwei Jahren.

C. 
Y.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragt, das Urteil des
Obergerichts vom 20. März 2014 sei aufzuheben und sie sei freizusprechen.
Eventualiter sei sie zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren zu verurteilen
und für die erlittene Überhaft praxisgemäss zu entschädigen. Subeventualiter
sei die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Subsubeventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen mit der
Anweisung, das Verfahren an die Staatsanwaltschaft zur Wiederholung des
Strafverfahrens gegen sie zurückzuweisen. Zudem ersucht sie um unentgeltliche
Rechtspflege. Y.________ stellt ausserdem den prozessualen Antrag, ihre
Beschwerde und die Beschwerde des Beschuldigten X.________ gegen das diesen
betreffende Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau (SST.2013.28) vom 20.
März 2014 seien gemeinsam zu beurteilen, und die beiden Beschwerdeverfahren
seien zu vereinigen.

D. 
Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau hat auf eine Vernehmlassung
verzichtet und beantragt unter Hinweis auf die vorinstanzlichen Erwägungen die
Abweisung der Beschwerde.

Das Obergericht des Kantons Aargau hat in seiner Vernehmlassung zur Frage der
Verletzung der Teilnahmerechte Stellung genommen. Die Beschwerdeführerin hat
sich zu dieser Vernehmlassung geäussert. Ihre Stellungnahme ist dem Obergericht
zur Kenntnis zugestellt worden.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerdeführerin stellt den Antrag, ihr Beschwerdeverfahren sei mit dem
Beschwerdeverfahren in Sachen des Beschuldigten X.________ zu vereinigen.

1.1. Die Verfahren gegen die Beschwerdeführerin, den Beschuldigten X.________
und gegen eine weitere Person wurden von der Staatsanwaltschaft Baden am 5.
August 2011 vereinigt. Das erstinstanzliche Verfahren und das
Berufungsverfahren wurden gegen die Beschwerdeführerin und den Beschuldigten
X.________ gemeinsam durchgeführt. In den beiden Beschwerden in Strafsachen
gegen das Urteil SST.2013.22 vom 20. März 2014 in Sachen der Beschwerdeführerin
und gegen das Urteil SST.2013.28 vom 20. März 2014 in Sachen des Beschuldigten
X.________ werden im Wesentlichen dieselben Rügen erhoben, im Besonderen die
Rüge der Verletzung der Teilnahmerechte der Beschuldigten bei Beweiserhebungen,
namentlich bei Einvernahmen von anderen Beschuldigten.

1.2. Gleichwohl rechtfertigt es sich nicht, die beiden Verfahren zu vereinigen.
Die Beschwerdeführerin rügte bereits im kantonalen Verfahren, auch im
Berufungsverfahren, die Missachtung ihrer Teilnahmerechte gemäss Art. 147 Abs.
1 StPO. Demgegenüber trug der Beschuldigte X.________ im kantonalen Verfahren,
damals noch durch einen anderen Anwalt vertreten, keine diesbezüglichen
Beanstandungen vor. Er erhebt die Rüge der Verletzung der Teilnahmerechte
erstmals im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesgericht, in welchem er nunmehr
durch denselben Anwalt vertreten ist wie die Beschwerdeführerin.

Die Vorinstanz geht im Urteil in Sachen X.________ auf die Frage der Verletzung
von Teilnahmerechten überhaupt nicht ein. Sie unterlässt dies offenbar deshalb,
weil X.________ im Berufungsverfahren nicht ausdrücklich eine Verletzung von
Teilnahmerechten rügte. Hingegen befasst sich die Vorinstanz im Urteil in
Sachen der Beschwerdeführerin mit der von dieser im kantonalen Verfahren, auch
im Berufungsverfahren, erhobenen Rüge der Verletzung von Teilnahmerechten. Die
Vorinstanz prüft allerdings nicht, ob die Rüge begründet ist, ob mithin
tatsächlich Teilnahmerechte der Beschwerdeführerin verletzt wurden. Sie prüft
dies nicht mit der Begründung, dass die Beschwerdeführerin den Entscheid der
Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Aargau vom 24. Oktober 2011,
worin in Bestätigung einer Verfügung der Staatsanwaltschaft Baden vom 19.
September 2011 eine Verletzung von Teilnahmerechten der Beschwerdeführerin
verneint worden war, nicht beim Bundesgericht anfocht, was nach der Meinung der
Vorinstanz möglich gewesen wäre.
Damit stellen sich in den beiden Verfahren in Sachen der Beschwerdeführerin
einerseits und in Sachen des Beschuldigten X.________ andererseits teilweise
unterschiedliche prozessuale Fragen, weshalb eine Vereinigung der beiden
Verfahren nicht sachgerecht ist.

Der Antrag auf Vereinigung der beiden Beschwerdeverfahren ist daher abzuweisen.

2.

2.1.

2.1.1. Die Staatsanwaltschaft Baden vertrat während des gesamten
Strafverfahrens die Auffassung, dass den Beschuldigten über das Recht auf
Konfrontation mit Mitbeschuldigten hinaus keine Informations- und
Partizipationsrechte zustehen, also kein Recht auf Teilnahme an den
Einvernahmen von Mitbeschuldigten beziehungsweise weiteren Beschuldigten. Der
Verteidiger der Beschwerdeführerin stellte mit Schreiben vom 26. August 2011,
also nach Vereinigung der Verfahren gegen sie und die Beschuldigten X.________
und Y.A.________ am 5. August 2011, unter Hinweis auf Art. 147 Abs. 1 StPO das
Gesuch, dass sie über alle weiteren Beweiserhebungen informiert und ihr das
Recht auf Anwesenheit und Teilnahme daran eingeräumt werde. Die
Staatsanwaltschaft Baden antwortete mit Schreiben vom 8. September 2011, dass
den Beschuldigten oder ihren Verteidigern von einer einmaligen
Konfrontationseinvernahme abgesehen bis zum Vorliegen eines
Bundesgerichtsentscheids über den Anwendungsbereich von Art. 147 Abs. 1 StPO
keine Teilnahmerechte an Einvernahmen von mitbeschuldigten Personen gewährt
werden. Mit Schreiben vom 16. September 2011 ersuchte der Verteidiger der
Beschwerdeführerin um Erlass einer anfechtbaren Verfügung. Am 19. September
2011 wies die Staatsanwaltschaft Baden den Antrag der Beschwerdeführerin auf
Teilnahme an Befragungen von Mitbeschuldigten ab. Zur Begründung stellte sich
die Staatsanwaltschaft grundsätzlich auf den Standpunkt, es reiche aus, dass
einer beschuldigten Person im Verlauf des Verfahrens mindestens einmal die
Gelegenheit gegeben werde, den sie belastenden Personen Fragen zu stellen oder
stellen zu lassen. Diesem Gebot werde im vorliegenden Verfahren im Rahmen
vorgesehener Konfrontationseinvernahmen Rechnung getragen. Die
Staatsanwaltschaft vertrat in der genannten Verfügung vom 19. September 2011
die Ansicht, dass die beschuldigte Person gestützt auf Art. 147 Abs. 1 StPO ein
Recht auf Konfrontation mit den mitbeschuldigten Personen besitzt, deren
Aussagen sie belasten. Hingegen lasse sich aus Art. 147 Abs. 1 StPO kein Recht
auf Anwesenheit bei vorherigen Einvernahmen von mitbeschuldigten Personen
ableiten. Ein solches Anwesenheitsrecht würde im Widerspruch zu Art. 146 Abs. 1
StPO stehen, wonach die einzuvernehmenden Personen getrennt einvernommen
werden.

2.1.2. Die Beschwerdeführerin erhob gegen die Verfügung der Staatsanwaltschaft
Baden Beschwerde. Die Beschwerdekammer in Strafsachen des Obergerichts des
Kantons Aargau wies mit Entscheid (SBK.2011.249) vom 24. Oktober 2011 die
Beschwerde ab, soweit sie darauf eintrat. Sie erwog, die Frage, ob
Einvernahmen, an welchen die beschuldigte Person oder ihr Verteidiger nicht
hätten teilnehmen können, verwertbar seien, sei vom Sachgericht im ordentlichen
Strafverfahren zu entscheiden. Die Beschwerdekammer verwies zudem auf ihren
Grundsatzentscheid (SBK. 2011.91) vom 19. Mai 2011 (teilweise wiedergegeben in
FP 2011 S. 208 ff.), wonach Art. 146 Abs. 1 StPO für sämtliche
Verfahrensabschnitte den Grundsatz der getrennten Einvernahmen von mehreren
Personen statuiere, wodurch die Unbefangenheit der einzuvernehmenden Person
gewährleistet und ein kollusives Aussageverhalten erschwert werden sollen. Die
Beschwerdekammer erkannte, die Verfügung der Staatsanwaltschaft, wonach
zunächst getrennte Einvernahmen und hernach Konfrontationseinvernahmen
durchzuführen seien, sei daher nicht zu beanstanden.

Die Beschwerdeführerin focht diesen Entscheid der Beschwerdekammer nicht an.
Sie erhob mithin keine Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht.

2.2.

2.2.1. Die Beschwerdeführerin machte an der erstinstanzlichen Hauptverhandlung
vor dem Bezirksgericht Baden vom 20. September 2012 geltend, dass die sie
belastenden Aussagen der Mitbeschuldigten zufolge Verletzung ihrer
Teilnahmerechte unverwertbar seien und sie daher vollumfänglich freizusprechen
sei. Die Staatsanwaltschaft vertrat an der erstinstanzlichen Hauptverhandlung
die gegenteilige Auffassung und verwies zur Begründung auf den unangefochten
gebliebenen Entscheid der Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Aargau
vom 24. Oktober 2011.

Das Bezirksgericht Baden erwog in der schriftlichen Begründung seines Urteils
vom 27. September 2012 in Sachen der Beschwerdeführerin, in Anbetracht des in
der Zwischenzeit in einer anderen Strafsache ergangenen
Bundesgerichtsentscheids 1B_264/2012 vom 10. Oktober 2012 (BGE 139 IV 25) stehe
fest, dass die Staatsanwaltschaft Baden der Beschwerdeführerin zu Unrecht die
Teilnahme an den einzelnen Einvernahmen der Mitbeschuldigten verweigert hat.
Die Verletzung von Art. 147 Abs. 1 StPO mache aber das vorliegende
Beweisergebnis nicht generell unverwertbar. Gemäss Art. 147 Abs. 4 StPO seien
Beweise, die in Missachtung von Art. 147 Abs. 1 StPO erhoben worden seien,
bloss gegenüber der nicht anwesenden Partei unverwertbar. Die
Beschwerdeführerin habe auch nach Abweisung ihres Gesuchs um Teilnahme an den
Einvernahmen sämtlicher Mitbeschuldigter durch Verfügung der Staatsanwaltschaft
vom 19. September 2011 weiter ausgesagt und sich selber belastet. So habe sie
in ihrer Schlusseinvernahme vom 3. November 2011 die eigenen während des
Verfahrens gemachten Aussagen grösstenteils bestätigt. Das Beweisergebnis
stütze sich zum grössten Teil auf diese Aussagen der Beschwerdeführerin. In der
Hauptverhandlung vom 20. September 2012 habe diese die Sachverhaltsdarstellung
der Staatsanwaltschaft im Grossen und Ganzen nochmals bestätigt. In Bezug auf
die Aussagen, durch welche die Beschwerdeführerin sich selbst belaste, sei Art.
147 Abs. 4 StPO logischerweise nicht anwendbar. Das Gericht stütze sich fast
ausschliesslich auf die Aussagen der Beschwerdeführerin. Wo es doch auf
Aussagen der Mitbeschuldigten X.________ und Y.A.________ abstelle, habe die
Beschwerdeführerin anlässlich der jeweiligen Konfrontationseinvernahmen sowie
an der Hauptverhandlung die Möglichkeit gehabt, zum Sachverhalt Stellung zu
nehmen. Die Verletzung von Art. 147 Abs. 1 StPO bleibe deshalb hier
unbeachtlich.

2.2.2. Rund zwei Wochen nach Ausfällung des erstinstanzlichen Urteils fällte
das Bundesgericht in einer anderen Angelegenheit einen Grundsatzentscheid zur
Frage des Rechts zur Teilnahme an Beweiserhebungen gemäss Art. 147 Abs. 1 StPO
(Urteil 1B_264/2012 vom 10. Oktober 2012, BGE 139 IV 25). Es erwog, dass die
beschuldigte Person gestützt auf Art. 147 Abs. 1 StPO grundsätzlich ein Recht
auf Teilnahme an den Einvernahmen von mitbeschuldigten Personen hat und dass
dieses Recht nicht durch Art. 146 StPO betreffend getrennte Einvernahmen und
Gegenüberstellung eingeschränkt wird. Einschränkungen des Teilnahmerechts
können sich aber aus verschiedenen Bestimmungen der StPO ergeben, wobei das
Bundesgericht insoweit unter anderem zwischen den Teilnahmerechten von noch
nicht einvernommenen beschuldigten Personen einerseits und von bereits
einvernommenen beschuldigten Personen andererseits differenziert (siehe im
Besonderen BGE 139 IV 25 E. 4 und E. 5).

2.2.3. Am 20. März 2014 fand die gemeinsame Berufungsverhandlung betreffend die
Beschwerdeführerin und die Beschuldigten X.________ und Y.A.________ statt. Die
Beschwerdeführerin machte auch im Berufungsverfahren geltend, die
Staatsanwaltschaft habe es ihr verunmöglicht, ihr Recht auf Teilnahme an den
Einvernahmen der mitbeschuldigten Personen sowie von Zeugen und
Auskunftspersonen im Sinne von Art. 147 Abs. 1 StPO wahrzunehmen, indem es in
der Untersuchung unterlassen worden sei, sie auf die jeweiligen
Einvernahmetermine aufmerksam zu machen. Ausserdem sei ihr das
Akteneinsichtsrecht in Bezug auf sämtliche Mitbeteiligte verweigert worden.
Daher seien alle Einvernahmen unverwertbar und sei sie freizusprechen.

3.

3.1. Die Vorinstanz erwog in ihrem Urteil (SST.2013.22) vom 20. März 2014 in
Sachen der Beschwerdeführerin, indem diese den Entscheid der Beschwerdekammer
des Obergerichts vom 24. Oktober 2011 nicht angefochten habe, habe sie auf ihre
Teilnahmerechte verzichtet. Dies ergehe auch daraus, dass sie sich trotz der
Abweisung ihres Gesuchs um Teilnahme an den Einvernahmen der Mitbeschuldigten
nicht etwa geweigert habe, weitere Aussagen zu machen, sondern weitere, sich
selbst belastende Aussagen gemacht habe. Daher verbiete sich im
Berufungsverfahren eine erneute Prüfung der Frage nach dem Umfang der
Teilnahmerechte der beschuldigten Person gestützt auf Art. 147 Abs. 1 StPO.
Daran vermöge auch nichts zu ändern, dass in der Zwischenzeit das Bundesgericht
in einem anderen Fall mit Urteil 1B_264/2012 vom 10. Oktober 2012 (BGE 139 IV
25) in Bezug auf den Umfang der Teilnahmerechte der beschuldigten Person gemäss
Art. 147 Abs. 1 StPO ganz anders entschieden habe als die Beschwerdekammer des
Obergerichts im Entscheid vom 24. Oktober 2011 in Sachen der
Beschwerdeführerin.

3.2. Dieser Auffassung der Vorinstanz kann nicht gefolgt werden. Aus dem
Umstand, dass die Beschwerdeführerin den Beschwerdeentscheid des Obergerichts
nicht anfocht, kann nicht auf einen Verzicht auf die Gewährung von
Teilnahmerechten gemäss Art. 147 Abs. 1 StPO geschlossen werden. Die
Beschwerdeführerin konnte auf der Grundlage der damaligen bundesgerichtlichen
Rechtsprechung und in Anbetracht der Erwägungen im Entscheid der
Beschwerdekammer des Obergerichts von einer Beschwerde in Strafsachen an das
Bundesgericht gegen den Entscheid der Beschwerdekammer des Obergerichts in
guten Treuen in der Überlegung absehen, dass die Fragen, ob ihre Rechte auf
Teilnahme an Einvernahmen von Mitbeschuldigten verletzt worden seien und welche
Konsequenzen sich aus einer allfälligen Verletzung der Teilnahmerechte
bezüglich der Verwertbarkeit von belastenden Aussagen ergeben, allein im
Hauptverfahren vor dem Sachgericht zur Entscheidung gestellt werden konnten und
dass das Bundesgericht auf eine Beschwerde gegen den Zwischenentscheid der
Beschwerdekammer des Obergerichts mangels eines nicht wieder gutzumachenden
Nachteils (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) nicht eingetreten wäre (siehe Urteile
1B_61/2012 vom 9. Februar 2012 E. 2 und 1B_441/2011 vom 20. September 2011 E.
2; vgl. auch Urteile 1B_320/2011 vom 29. September 2011 und 1B_291/2011 vom 15.
Juli 2011, dazu ANDRÉ VOGELSANG, Art. 147 StPO: Wirksamer Gegenpol zur Allmacht
der Staatsanwaltschaft oder bloss toter Buchstabe? Anwaltsrevue 2012 S. 230
ff., 232 f.). Mit diesem Argument begründete der Verteidiger der
Beschwerdeführerin in seinem 2. Vortrag an der Berufungsverhandlung, weshalb
von einer Beschwerde in Strafsachen gegen den Entscheid der Beschwerdekammer
des Obergerichts abgesehen worden war (siehe Protokoll der
Berufungsverhandlung, S. 20). Darauf geht die Vorinstanz nicht ein.

3.3. Auch wenn aber davon ausgegangen wird, dass ein Zwischenentscheid zu
Fragen der Gewährung und Verweigerung von Teilnahmerechten einen nicht wieder
gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bewirken kann
und daher, soweit letztinstanzlich, mit Beschwerde in Strafsachen an das
Bundesgericht anfechtbar ist (siehe nun BGE 139 IV 25 E. 1; Urteil 1B_404/2012
vom 4. Dezember 2012 E. 2; ANDREAS NOLL, Das Recht des Beschuldigten zur
Teilnahme an Einvernahmen, 2013, S. 91 ff., S. 106 f.), kann die Verletzung von
Teilnahmerechten stattdessen auch mit der Beschwerde in Strafsachen gegen das
Endurteil gerügt werden, falls die Voraussetzungen gemäss Art. 93 Abs. 3 BGG
erfüllt sind. Ist die Beschwerde nach Art. 93 Abs. 1 und Abs. 2 BGG nicht
zulässig oder wurde von ihr kein Gebrauch gemacht, so sind die betreffenden
Vor- und Zwischenentscheide durch Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar,
soweit sie sich auf dessen Inhalt auswirken.

4.

4.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, zentrales Thema und damit Gegenstand
der sie gemeinsam mit dem Mitbeschuldigten X.________ betreffenden
Berufungsverhandlung seien die gesetzwidrige Verfahrensführung durch
systematische Ausschaltung der Parteiöffentlichkeit und die dadurch geschaffene
Situation eines "Gefangenendilemmas" gewesen. Sie wirft der Vorinstanz vor,
diese setze sich in ihrem Urteil mit der beanstandeten Verletzung des Anspruchs
auf ein gesetzmässiges und faires Verfahren (Art. 2 Abs. 2 und Art. 3 StPO),
insbesondere durch Verweigerung der Informations- und Partizipationsrechte
(Art. 101 Abs. 1, Art. 107 Abs. 1 und Art. 147 Abs. 1 StPO), und den möglichen
Rechtsfolgen nicht genügend auseinander. Dazu wäre sie aber aufgrund der
Offizialmaxime und des Grundsatzes  "iura novit curia" sowie ihrer
richterlichen Fürsorgepflicht verpflichtet gewesen. Die Beschwerdeführerin
macht geltend, ihre Teilnahmerechte im Sinne von Art. 147 Abs. 1 StPO seien
systematisch missachtet worden. Die Beweise seien deshalb gemäss Art. 147 Abs.
4 StPO nicht verwertbar. Daher sei sie vollumfänglich freizusprechen.

4.2. Die Strafprozessordnung regelt in Art. 142 bis 146 die Einvernahmen. Art.
146 StPO handelt von der Einvernahme mehrerer Personen und von den
Gegenüberstellungen. Nach Art. 146 Abs. 1 StPO werden die einzuvernehmenden
Personen getrennt einvernommen. Gemäss Art. 146 Abs. 2 Satz 1 StPO können die
Strafbehörden Personen, einschliesslich solcher, die ein
Aussageverweigerungsrecht haben, einander gegenüberstellen.

Art. 147 f. StPO regeln die Teilnahmerechte bei Beweiserhebungen. Gemäss Art.
147 Abs. 1 Satz 1 StPO haben die Parteien das Recht, bei Beweiserhebungen durch
die Staatsanwaltschaft und die Gerichte anwesend zu sein und einvernommenen
Personen Fragen zu stellen. Art. 147 Abs. 1 StPO statuiert damit den Grundsatz
der Parteiöffentlichkeit der Beweiserhebungen.

4.3.

4.3.1. Das Teilnahme- und Fragerecht gemäss Art. 147 Abs. 1 StPO hat nichts zu
tun mit der Gegenüberstellung im Sinne von Art. 146 Abs. 2 StPO als Ausnahme
vom Grundsatz der getrennten Einvernahmen gemäss Art. 146 Abs. 1 StPO. Wer im
Sinne von Art. 147 Abs. 1 StPO an der Einvernahme einer anderen Person
teilnimmt, wird dadurch weder gemäss Art. 146 Abs. 1 StPO einvernommen noch im
Sinne von Art. 146 Abs. 2 StPO der einvernommenen Person gegenübergestellt (
ANDREAS NOLL, Das Recht des Beschuldigten zur Teilnahme an Einvernahmen, 2013,
S. 25 f., 99; FELIX BOMMER, Zur Einschränkung des Teilnahmerechts des
Beschuldigten an der Einvernahme Mitbeschuldigter, recht 2012 S. 143 ff., 145
f.; ANDREAS DONATSCH, Erste Erfahrungen mit dem Beweisrecht, FP 2012 S. 235
f.). In Art. 147 Abs. 1 StPO ist allgemein von "Parteien", "Beweiserhebungen"
und "einvernommenen Personen" die Rede. Die beschuldigte Person ist Partei in
demjenigen Verfahren, in welchem sie beschuldigt wird, und sie kann daher
gestützt auf Art. 147 Abs. 1 StPO an den Beweiserhebungen, die in diesem
Verfahren durchgeführt werden, teilnehmen, wozu auch die Einvernahmen von im
gleichen Verfahren mitbeschuldigten Personen gehören. Die beschuldigte Person
hat somit gestützt auf Art. 147 Abs. 1 Satz 1 StPO das Recht, bei Einvernahmen
von im gleichen Verfahren mitbeschuldigten Personen durch die
Staatsanwaltschaft und die Gerichte anwesend zu sein und den einvernommenen
mitbeschuldigten Personen Fragen zu stellen. Dieses Recht wird durch Art. 146
Abs. 1 und Abs. 2 StPO betreffend getrennte Einvernahmen und Gegenüberstellung
in keiner Weise berührt.

In diesem Sinne hat das Bundesgericht in seinem Grundsatzentscheid 1B_264/2012
vom 10. Oktober 2012 (BGE 139 IV 25) entschieden. Danach gilt der Anspruch der
beschuldigten Person auf Teilnahme an Beweiserhebungen grundsätzlich auch für
die Einvernahmen von mitbeschuldigten Personen, was sich sowohl aus der
Systematik der StPO und dem Wortlaut der massgebenden Bestimmungen als auch aus
den Gesetzesmaterialien ergibt (zitierter BGE E. 4, E. 5.1 und E. 5.2). Der
Gesetzgeber will die Partei- und Teilnahmerechte der beschuldigten Person bei
Beweiserhebungen stärken, weil die Stellung der Staatsanwaltschaft im
Vorverfahren ausgebaut und die nochmalige Abnahme von (im Vorverfahren
ordnungsgemäss erhobenen) Beweisen im Hauptverfahren eingeschränkt worden ist
(zitierter BGE E. 5.3). Das Bundesgericht hat diese Rechtsprechung im Urteil
1B_404/2012 vom 4. Dezember 2012 (E. 2.1) bestätigt.

4.3.2. Auch die Lehre vertritt wohl überwiegend die Auffassung, dass die
beschuldigte Person gestützt auf Art. 147 Abs. 1 StPO das Recht hat, an den
Einvernahmen der mitbeschuldigten Personen teilzunehmen und diesen Personen
Fragen zu stellen, und dass dieses Recht durch Art. 146 Abs. 1 und Abs. 2 StPO
betreffend getrennte Einvernahmen und Gegenüberstellungen nicht berührt wird
(siehe die Literaturhinweise in BGE 139 IV 25 E. 5.1). Auch die neueste Lehre
teilt wohl überwiegend diese Auffassung (vgl. DORRIT SCHLEIMINGER METTLER, in:
Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, Art. 147
StPO N 7c; WOLFGANG WOHLERS, Das Anwesenheits- und Fragerecht der
Verfahrensparteien bei Einvernahmen im Vorverfahren, FP 2013 S. 160 ff., 163
f.; THOMAS SPRENGER, Teilnahmerechte der Parteien im Strafverfahren - Wird die
Ausnahme zum Grundsatz? FP 2013 S. 167 ff., 170, 172; ANDREAS NOLL, a.a.O., S.
25 ff., 35 ff.;  anderer Auffassung FABIEN GASSER, Trois ans de pratique du
nouveau CPP, FZR 2014 S. 1 ff., 5 f.;  zweifelnd NIKLAUS SCHMID, Handbuch des
schweizerischen Strafprozessrechts, 2. Aufl. 2013, N 823 Fn. 107).

4.4. Der Grundsatz der Parteiöffentlichkeit bei Einvernahmen von
mitbeschuldigten Personen kann allerdings unter Umständen zu Effizienzverlusten
und zu gewissen prozessualen Ungleichbehandlungen von Mitbeschuldigten führen.
Die Strafprozessordnung enthält indessen mehrere Bestimmungen, durch deren
Anwendung das Problem entschärft werden kann (siehe im Einzelnen BGE 139 IV 25
E. 5.4). Das Bundesgericht hat ausserdem in einem  "obiter dictum" die Frage
aufgeworfen, aber nicht abschliessend beantwortet, ob in Anbetracht des
Kontextes zwischen dem Teilnahmerecht bei Beweiserhebungen (Art. 147 Abs. 1
StPO) und dem Akteneinsichtsrecht (Art. 101 Abs. 1 StPO) quasi in analoger
Anwendung von Art. 101 Abs. 1 StPO und in teleologischer Reduktion von Art. 147
Abs. 1 StPO eine beschuldigte Person an der Einvernahme einer mitbeschuldigten
Person nur teilnehmen kann, wenn sie selber in einer Einvernahme bereits mit
dem Sachverhalt konfrontiert wurde, welcher der mitbeschuldigten Person in der
Einvernahme vorgehalten wird (BGE 139 IV 25 E. 5.5.4;  ablehnend ERNST REBER,
Das Teilnahmerecht des Beschuldigten an Einvernahmen Mitbeschuldigter,
Anwaltsrevue 2012, S. 293 ff, 299; ANDREAS NOLL, a.a.O., S. 46 ff., 100).
Ausnahmen von der durch Art. 147 Abs. 1 StPO gewährleisteten
Parteiöffentlichkeit von Beweiserhebungen können sich sodann aus verschiedenen
Bestimmungen ergeben, im Besonderen aus Art. 108 Abs. 1 lit. a StPO bei
begründetem Verdacht des Rechtsmissbrauchs durch eine Partei, aus Art. 146 Abs.
4 lit. a StPO im Falle einer Interessenkollision sowie aus Art. 149 Abs. 1 in
Verbindung mit Abs. 2 lit. b StPO zum Schutz der einzuvernehmenden Person
(siehe zum Ganzen im Einzelnen BGE 139 IV 25 E. 5.5.6 - E. 5.5.10).

4.5. Das Recht auf Teilnahme an Beweiserhebungen gemäss Art. 147 Abs. 1 StPO
gilt allerdings nur in demjenigen Verfahren, in welchem die Person, die das
Teilnahmerecht beansprucht, Partei ist. Die beschuldigte Person kann mithin an
Einvernahmen von anderen beschuldigten Personen gestützt auf Art. 147 Abs. 1
StPO nur teilnehmen, wenn diese anderen Personen im gleichen Verfahren wie sie
selbst beschuldigt werden. Der Anspruch der beschuldigten Person auf Teilnahme
an Beweiserhebungen gemäss Art. 147 Abs. 1 StPO gilt hingegen nicht in getrennt
geführten Verfahren gegen andere beschuldigte Personen. Dies hat das
Bundesgericht in BGE 140 IV 172 E. 1.2 klargestellt und in den Urteilen 6B_1021
/2013 vom 29. September 2014 E. 3.2 und 6B_518/2014 vom 4. Dezember 2014 E. 2
bestätigt. In getrennt geführten Verfahren kommt den beschuldigten Personen im
jeweils anderen Verfahren keine Parteistellung zu. Die Einschränkung der
Teilnahmerechte von beschuldigten Personen in getrennten Verfahren im Vergleich
zu mitbeschuldigten Personen im gleichen Verfahren ist vom Gesetzgeber implizit
vorgesehen und hinzunehmen (BGE 140 IV 172 E. 1.2.3). Die beschuldigte Person
hat gegenüber in anderen Verfahren beschuldigten Personen nur, aber immerhin
das Recht, mindestens einmal Fragen zu stellen. Die Aussagen von in anderen
Verfahren beschuldigten Personen können mithin nur dann zulasten einer
beschuldigten Person verwertet werden, wenn diese wenigstens einmal angemessene
und hinreichende Gelegenheit hatte, die sie belastenden Aussagen in Zweifel zu
ziehen und Fragen an die Beschuldigten in den getrennten Verfahren zu stellen,
wobei diese Personen gemäss Art. 178 lit. f StPO als Auskunftspersonen
einzuvernehmen sind (BGE 140 IV 172 E. 1.3 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung
zum früheren Recht).

5. 
Die Vorinstanz hätte mithin im Berufungsverfahren prüfen müssen, ob und
inwiefern Teilnahmerechte der Beschwerdeführerin gemäss Art. 147 Abs. 1 StPO
verletzt wurden. Diese Prüfung hätte ergeben, dass die Beschwerdeführerin
gestützt auf Art. 147 Abs. 1 Satz 1 StPO das Recht hatte, an den Einvernahmen
der im gleichen Verfahren mitbeschuldigten Personen teilzunehmen, es sei denn,
dass eine Teilnahme aus den aus dem Gesetz resultierenden Gründen (vgl. E. 4
hievor; siehe dazu BGE 139 IV 25 E. 5.4 und E. 5.5) ausser Betracht fiel.
Soweit Teilnahmerechte der Beschwerdeführerin verletzt wurden, sind Aussagen,
die sie belasten, nicht verwertbar.

Die Sache ist daher in Gutheissung der Beschwerde in diesem Punkt an die
Vorinstanz zurückzuweisen. Diese wird prüfen, welche zu Lasten der
Beschwerdeführerin berücksichtigten Aussagen zufolge Verletzung der
Teilnahmerechte nicht verwertet werden dürfen und welche Konsequenzen sich
daraus ergeben.

6.

6.1. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des Rechts auf Einsicht in die
Akten betreffend die Verfahren der weiteren Beschuldigten. Die Vorinstanz
erwägt, aus den Akten gehe nicht hervor, dass ein Gesuch um Akteneinsicht
eingereicht wurde. Die Beschwerdeführerin anerkennt, dass in der Tat kein
Gesuch gestellt wurde. Zur Begründung führt sie aus, davon sei abgesehen
worden, weil es als aussichtslos erschienen sei. Die Staatsanwaltschaft habe
während des gesamten Verfahrens unerschütterlich den Standpunkt vertreten, dass
den einzelnen Beschuldigten über ein einmaliges Konfrontationsrecht mit den
anderen Beschuldigten hinaus keine Teilnahmerechte bei Befragungen zustünden.
Die Staatsanwaltschaft habe diesen Standpunkt in ihrer Verfügung vom 19.
September 2011 in Sachen der Beschwerdeführerin formalisiert.

6.2. Die Staatsanwaltschaft Baden vertrat in der Tat stets die Auffassung, dass
die beschuldigte Person im Verlauf des Verfahrens lediglich mindestens einmal
die Gelegenheit erhalten muss, den sie belastenden Personen Fragen zu stellen
beziehungsweise stellen zu lassen, und dass diesem Anspruch im Rahmen von
vorgesehenen Konfrontationseinvernahmen Rechnung zu tragen sei. Dies gelte in
gleicher Weise sowohl in Bezug auf Mitbeschuldigte im gleichen Verfahren als
auch betreffend Beschuldigte in getrennten Verfahren. Aus Art. 147 Abs. 1 StPO
ergebe sich kein Recht der beschuldigten Person auf Teilnahme an den
Einvernahmen von mitbeschuldigten Personen und auf Informationen betreffend die
Einvernahmetermine.

6.3. Zwischen dem Akteneinsichtsrecht (Art. 101 Abs. 1 StPO) und dem
Teilnahmerecht an Beweiserhebungen (Art. 147 Abs. 1 StPO) bestehen nach der
Rechtsprechung gewisse sachliche Zusammenhänge (siehe BGE 139 IV 25 E. 5.5.2).
Es bestehen indessen auch gewichtige Unterschiede. Das Akteneinsichtsrecht
ermöglicht eine Information über die Beweiserhebung; das Teilnahmerecht
ermöglicht hingegen eine Mitwirkung an der Beweiserhebung (siehe dazu ANDREAS
NOLL, a.a.O., S. 52 f.). Aus der Sicht der Staatsanwaltschaft dürfte das
Teilnahmerecht der beschuldigten Person an Beweiserhebungen eher als das
Akteneinsichtsrecht geeignet sein, die Ermittlung der Wahrheit durch
Kollusionen zu erschweren und die Effizienz des Verfahrens zu beeinträchtigen.
Aus der Handhabung des Teilnahmerechts durch die Staatsanwaltschaft lassen sich
daher keine zwingenden Schlüsse auf die Handhabung des Akteneinsichtsrechts
durch diese Behörde ziehen. Dass die Staatsanwaltschaft Baden in Bezug auf das
Teilnahmerecht eine restriktive Auffassung vertrat, drängte nicht den Schluss
auf, dass ein Gesuch um Einsicht in die Akten betreffend die anderen
Beschuldigten von vornherein aussichtslos wäre und daher davon abzusehen sei.

Die Beschwerde ist in diesem Punkt abzuweisen.

7. 
Die Beschwerdeführerin ersucht um unentgeltliche Rechtspflege. Das Gesuch ist
gegenstandslos geworden, soweit die Beschwerde gutgeheissen wird. Es ist im
Übrigen gutzuheissen, da die Beschwerde in den übrigen Punkten nicht von
vornherein aussichtslos war und die finanzielle Bedürftigkeit der
Beschwerdeführerin ausgewiesen ist.

Somit sind keine Kosten zu erheben. Der Kanton Aargau hat dem Vertreter der
Beschwerdeführerin, Rechtsanwalt Kenad Melunovic, eine Entschädigung von Fr.
2'500.-- zu zahlen. Zudem ist dem Vertreter der Beschwerdeführerin,
Rechtsanwalt Kenad Melunovic, eine Entschädigung von Fr. 500.-- aus der
Bundesgerichtskasse auszurichten. 

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Der Antrag auf Vereinigung des Verfahrens 6B_459/2014 mit dem Verfahren 6B_450/
2014 wird abgewiesen.

2. 
Die Beschwerde wird, soweit die Frage des Teilnahmerechts betreffend,
gutgeheissen, das Urteil (SST.2013.22) des Obergerichts des Kantons Aargau,
Strafgericht, 1. Kammer, vom 20. März 2014 aufgehoben und die Sache zur neuen
Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

Die Beschwerde wird im Übrigen, soweit die Frage des Akteneinsichtsrechts
betreffend, abgewiesen.

3. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird, soweit es nicht gegenstandslos
geworden ist, gutgeheissen.

4. 
Es werden keine Kosten erhoben.

5. 
Der Kanton Aargau hat dem Vertreter der Beschwerdeführerin, Rechtsanwalt Kenad
Melunovic, für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr.
2'500.-- zu zahlen.

6. 
Dem Vertreter der Beschwerdeführerin, Rechtsanwalt Kenad Melunovic, wird eine
Entschädigung von Fr. 500.-- aus der Bundesgerichtskasse ausgerichtet.

7. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 18. Mai 2015

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Näf

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