Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.444/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_444/2014

Urteil vom 7. Januar 2015

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Oberholzer,
Gerichtsschreiber Held.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Fürsprecher Gino Keller,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Gehilfenschaft zum Diebstahl; Willkür; Strafzumessung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht,
1. Kammer, vom 6. März 2014.

Sachverhalt:

A.

A.a. Im März 2007 kamen X.________ und Y.________ überein, die
Geschäftseinnahmen einer Fast-Food-Filiale zu entwenden. Sie holten bei
Mitarbeitern der Restaurant-Kette Informationen ein und kundschafteten die
Fahrtrouten des Filialleiters zur Bank aus. Sie beschlossen, diesen mit
Motorradhelmen maskiert auf dem Bankparkplatz abzupassen, ihm die Gelder zu
entreissen und anschliessend mit zuvor hierfür entwendeten Mofas zu flüchten.
Am Tag vor der geplanten Tat nahm X.________ von dem Vorhaben Abstand und
versuchte vergeblich, auch Y.________ die Tat auszureden. Y.________ sagte ihm,
er werde die Tat auch alleine durchführen.

 Y.________ bedrohte den Filialleiter am 12. Dezember 2007 vor der Bank mit
einer Pistole. Als dieser sich weigerte, ihm die Wocheneinnahmen in Höhe von
Fr. 160'739.-- herauszugeben, feuerte Y.________ mehrere Schüsse ab.
Anschliessend floh er ohne Beute. Der Filialleiter blieb unverletzt.

A.b. Y.________ teilte X.________ Anfang August 2008 mit, dass er zusammen mit
einem Bekannten einen Menschen getötet hatte. X.________ überlies ihm auf
Bitten seinen Ausländerausweis, damit Y.________ sich im Falle einer Kontrolle
ausweisen und somit der Strafverfolgung entziehen könne.

 Anlässlich einer Kontrolle an der deutsch-französischen Grenze täuschte
Y.________ zwei Grenzbeamte mit dem Ausländerausweis von X.________ über seine
wahre Identität und konnte sich so der eingeleiteten internationalen Fahndung
entziehen. Er wurde wenige Tage später in Strassburg verhaftet.

B.

 Das Obergericht des Kantons Aargau verurteilte X.________ am 6. März 2014 im
schriftlichen Berufungsverfahren wegen Gehilfenschaft zu Diebstahl,
Begünstigung und weiterer Taten (mehrfacher Diebstahl) zu einer bedingten
Freiheitsstrafe von 22 Monaten, teilweise als Zusatzstrafe zum Urteil des
Bezirksgerichts Brugg vom 15. Januar 2008. Es ordnete eine fünfjährige
Probezeit mit Bewährungshilfe an und widerrief den X.________ für eine
Gefängnisstrafe von 10 Monaten gewährten bedingten Strafvollzug.

C.

 X.________ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt im Hauptpunkt, er sei
vom Vorwurf der Gehilfenschaft zu versuchtem Diebstahl und der Begünstigung
frei zu sprechen, und die Sache sei an die Vorinstanz zurückzuweisen.
X.________ ersucht um unentgeltliche Rechtspflege.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen seine Verurteilung wegen
Gehilfenschaft zu Diebstahl und rügt eine Verletzung von Art. 23 und 25 StGB.
Entgegen der vorinstanzlichen Erwägungen sei kein Platz für die Anwendung der
Rücktrittsregelungen. Er habe seine Mitwirkung eingestellt, bevor die geplante
Tat ins Versuchsstadium gelangt sei. Selbst wenn man die Rücktrittsregeln für
anwendbar erachte, habe er alles getan, um Y.________ von der Tatausführung
abzuhalten. Dass er die Tat effektiv verhindere, könne nicht erwartet werden.
Zudem habe er keinen Vorsatz zur Förderung des durch Y.________ begangenen
Raubversuchs gehabt. Die im Hinblick auf seine eigene Tatbegehung gemachten
straflosen Vorbereitungshandlungen könnten durch die Abstandnahme von der
Haupttat nicht zu einer (psychischen) Gehilfenschaft werden. Die Vorinstanz
verletze seinen Anspruch auf rechtliches Gehör, da ihm psychische
Gehilfenschaft nie vorgeworfen worden sei.

1.2. Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer habe im Rahmen des
ursprünglich geplanten mittäterschaftlichen Diebstahls das spätere Opfer
zusammen mit Y.________ über einen Zeitraum eines halben Jahres observiert.
Durch die Aufgabe des ursprünglich auf aktive Tatbeteiligung gerichteten
Vorsatzes seien die als Mittäterleistungen gedachten Handlungen zu
Hilfeleistung für den das Delikt ausführenden Täter geworden. Die Hilfeleistung
sei im mittäterschaftlichen Handeln inbegriffen. Das Observieren sei sowohl
eine intellektuelle (Beteiligung an der Planung der Straftat) als auch
(zumindest für die Dauer der Observierung) eine psychische Gehilfenschaft und
habe die Erfolgschancen der tatbestandsmässigen Handlung erhöht. Der
Beschwerdeführer habe gewusst, dass er Y.________ bei einer Straftat, deren
Umrisse er gekannt habe, Hilfe leiste. Dass er versucht habe, Y.________ die
geplante Tat auszureden, stelle kein ernsthaftes Bemühen im Sinne von Art. 23
Abs. 4 StGB dar. Y.________ habe ihm mitgeteilt, die Tat auch ohne Hilfe
durchzuführen. Der Beschwerdeführer habe deshalb nicht davon ausgehen können,
dass Y.________ auf ihn höre.

1.3.

1.3.1. Als Gehilfe ist nach Art. 25 StGB strafbar, wer zu einem Verbrechen oder
Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet. Als Hilfeleistung gilt jeder kausale
Beitrag, der die Tat fördert, so dass sich diese ohne Mitwirkung des Gehilfen
anders abgespielt hätte. Der Gehilfe fördert eine Tat, wenn er sie durch einen
untergeordneten Tatbeitrag unterstützt bzw. wenn er die Ausführung der Haupttat
durch irgendwelche Vorkehren oder durch psychische Hilfe erleichtert. Die
Hilfeleistung muss tatsächlich zur Tat beitragen und die Erfolgschancen der
tatbestandserfüllenden Handlung erhöhen. Nicht erforderlich ist, dass es ohne
die Beihilfe nicht zur Tat gekommen wäre (BGE 129 IV 124 E. 3.2 mit Hinweisen).
Art. 25 StGB erfordert subjektiv, dass der Gehilfe weiss oder damit rechnet,
eine bestimmt geartete Straftat zu unterstützen, und dass er dies will oder in
Kauf nimmt. Es genügt, wenn er den Geschehensablauf voraussieht, das heisst,
die wesentlichen Merkmale des vom Täter zu verwirklichenden strafbaren Tuns
erkennt. Einzelheiten der Tat braucht er hingegen nicht zu kennen (vgl. BGE 132
IV 49 E. 1 mit Hinweisen).

1.3.2. Bemüht sich einer von mehreren Tätern oder Teilnehmern aus eigenem
Antrieb, die Vollendung der Tat zu verhindern, so kann das Gericht seine Strafe
mildern oder von seiner Bestrafung absehen, wenn die Tat unabhängig von seinem
Tatbeitrag begangen wird (Art. 23 Abs. 4 StGB). Ein Rücktritt bei mehreren
Tatbeteiligten (das Gesetz unterscheidet insoweit nicht zwischen Mittäter,
Anstifter oder Gehilfe) ist nur in Form tätiger Reue möglich. Der im
Vorbereitungsstadium vorsätzlich an der geplanten Tatausführung Beteiligte kann
nur Straffreiheit erlangen, wenn er seine Tatbeiträge neutralisiert oder die
Tat anders verhindert. Gelingt ihm dies nicht und wirken seine Beiträge bis zur
Tatbegehung durch die anderen Beteiligten fort, muss er sich diese trotz
Abstandnahme von der weiteren Ausführung zurechnen lassen, unabhängig davon, ob
er ursprünglich noch weitere Tatbeiträge leisten wollte (Niggli/Maeder, in:
Basler Kommentar, Strafrecht 1, 3. Aufl. 2013, N. 24 ad Art. 23 StGB; Günter
Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, AT I, 4. Aufl. 2011, N. 74 und 128 zu
§ 13; Grace Marie Luise Schild Trappe, Harmlose Gehilfenschaft, Diss. Bern
1995, S. 172).

1.4.

1.4.1. Der Schuldspruch wegen Gehilfenschaft zum versuchten Diebstahl verletzt
kein Bundesrecht. Die Vorinstanz hat die Vorbereitungshandlungen zutreffend als
Gehilfenschaft qualifiziert. Die gemeinsamen Vorbereitungshandlungen haben den
Raubversuch (objektiv) gefördert, was der Beschwerdeführer im Übrigen auch
nicht bestreitet.

 Unbehelflich ist das Vorbringen, er habe die Tatbeiträge zur Begehung seiner
eigenen Tat (in Mittäterschaft) und nicht zur Unterstützung des später von
Y.________ alleine verübten Raubversuchs geleistet, und seine "straflosen
Vorbereitungshandlungen" könnten durch die Abstandnahme von der eigenen Tat
nicht zur Hilfeleistungen eines Dritten werden. Der Beschwerdeführer hat im
Vorbereitungsstadium zur Begehung des ursprünglich geplanten Diebstahls
mitgewirkt, seine Hilfeleistungen mithin vorsätzlich erbracht. Dass er die Tat
ursprünglich als eigene wollte, begründet keine Mittäterschaft (vgl. BGE 135 IV
152 E. 2.3.1; 130 IV 58 E. 9.2.1; je mit Hinweisen) und ändert nichts an der
rechtlichen Qualifikation der Vorbereitungshandlungen. Die (nachträgliche)
Abstandnahme von der Tat vor Versuchsbeginn bei mehreren Beteiligten richtet
sich nach den allgemeinen Zurechnungs- und Teilnahmeregeln. Sie lässt zwar den
gemeinsamen Tatentschluss als notwendige Grundlage für die Zurechnung der von
Y.________ später begangenen Tatbeiträge entfallen, vermag aber nicht
rückwirkend den Vorsatz des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Vornahme seiner
Vorbereitungshandlungen zu beseitigen. Mit Erbringung seiner Tatbeiträge lag
bereits ein - wenn auch in diesem Moment noch strafloser - beendeter
"Gehilfenschaftsversuch" vor, unabhängig davon, dass der Beschwerdeführer
ursprünglich noch weitere Beiträge liefern wollte. Aufgrund der Akzessorietät
der Gehilfenschaft lag mit Begehung des Raubversuchs eine strafbare vollendete
Teilnahme daran vor, da die Vorbereitungshandlungen den Raubversuch gefördert
haben (sh. vorstehend E. 1.3.3). Dass Y.________ aufgrund der alleinigen
Tatausführung die Wegnahme der Wocheneinnahmen unter Zuhilfenahme einer
Schusswaffe erzwingen wollte, stellt keine wesentliche Abweichung vom
Kausalverlauf der ursprünglich vorgestellten Tat dar, sondern einen über den
ursprünglichen Tatplan hinausgehenden Exzess, den die Vorinstanz dem
Beschwerdeführer nicht zurechnet.

 Inwiefern das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers verletzt sein soll, ist
nicht ersichtlich. Sowohl im erstinstanzlichen als auch im Berufungsverfahren
erfolgte ein Schuldspruch wegen Gehilfenschaft zu versuchtem Diebstahl, und der
Beschwerdeführer konnte hierzu in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht
umfassend Stellung nehmen.

1.4.2. Ein Rücktritt gemäss Art. 23 Abs. 4 StGB scheidet von vornherein aus, da
der Beschwerdeführer seine Tatbeiträge nicht neutralisiert hat und diese bis
ins Versuchsstadium fortgewirkt haben (sh. vorstehend E. 1.4.1). Insofern kann
offenbleiben, ob sein vergeblicher Versuch, Y.________ ebenfalls zur Tataufgabe
zu bewegen, ein ernsthaftes Bemühen im Sinne von Art. 23. Abs. 4 StGB
darstellt.

2.

2.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den Schuldspruch der Begünstigung.
Es sei nicht erstellt, dass Y.________ überhaupt von der Grenzpatrouille
kontrolliert worden sei. Dessen Aussagen seien unglaubhaft und widersprächen
jeglicher Lebenserfahrung. Die Vorinstanz habe es unterlassen, bei der
Grenzwache Abklärungen über den Vorfall zu treffen und setze sich nicht
(hinreichend) mit seinen Argumenten auseinander. Der Y.________ überlassene
Ausländerausweis sei kein taugliches Mittel, um jemanden vor der
Strafverfolgung zu bewahren. Zudem fehle es an der erheblichen zeitlichen und
inhaltlichen Erschwernis der Strafverfolgung.

2.2. Die Vorinstanz erwägt, die Aussagen von Y.________ seien übereinstimmend,
gleichbleibend und logisch konsistent. Es sei nicht ersichtlich, weshalb er
gerade in Bezug auf die Grenzkontrolle gelogen habe sollte, da der Vorfall für
die Beurteilung der ihm vorgeworfenen Straftaten nicht relevant gewesen sei.
Der Beschwerdeführer verhalte sich widersprüchlich, wenn er einerseits
vorbringe, Y.________ habe die Grenzkontrolle provoziert, andererseits aber
bestreitet, dass diese überhaupt stattgefunden habe. Auffällig sei zudem, dass
der Beschwerdeführer nur die Aussage hinsichtlich der Grenzkontrolle als falsch
bezeichnet, sich ansonsten jedoch auf die Aussagen von Y.________ beruft. Der
Beschwerdeführer habe die Verhaftung sowohl zeitlich als auch inhaltlich
erheblich erschwert, denn zwischen der Übergabe des Ausweises und der
Verhaftung hätten ca. 20 Tage gelegen.

2.3. Der Begünstigung nach Art. 305 Abs. 1 StGB macht sich schuldig, wer
jemanden der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder dem Vollzug einer der in
den Artikeln 59 - 61, 63 und 64 StGB vorgesehenen Massnahmen entzieht. Die
Begünstigung dient dem Schutz der ungehinderten Strafrechtspflege. Die
Tathandlung des Entziehens setzt voraus, dass der Täter eine Amtshandlung im
Strafverfahren mindestens für eine gewisse Zeit verhindert hat. Sie ist
vollendet, wenn beispielsweise eine strafprozessuale Zwangsmassnahme wie die
Verhaftung erst später erfolgen kann, als es ohne die Handlung des
Begünstigenden geschehen wäre. Eine blosse Beistandshandlung, welche die
Strafverfolgung nur vorübergehend oder geringfügig behindert bzw. stört, genügt
nicht. Es muss nachgewiesen sein, dass der Flüchtige, Verdächtige usw. gerade
wegen der Handlung des angeblichen Begünstigers dem Zugriff für eine gewisse
Zeit entzogen worden ist (BGE 129 IV 138 E. 2.1 mit Hinweisen).

2.4.

2.4.1. Die Rügen der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen erschöpfen
sich in appellatorischer Kritik. Der Beschwerdeführer setzt sich mit der
Begründung der Vorinstanz nicht auseinander, sondern beschränkt sich darauf
vorzutragen, er halte die Aussagen von Y.________ für lebensfremd und
unglaubhaft. Er zeigt nicht auf, warum Y.________ nur in Bezug auf die
Grenzkontrolle, die für dessen Verurteilung keine Rolle gespielt hat, gelogen,
im Übrigen aber stimmig und zutreffend ausgesagt haben soll. Die Vorinstanz
durfte willkürfrei auf die Aussagen von Y.________ abstellen und musste keine
weiteren Sachverhaltsabklärungen treffen. Sie begründet ihre Erwägungen
hinreichend und war nicht gehalten, sich mit allen - zum Teil widersprüchlichen
- Einwänden des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen. Eine Verletzung des
rechtlichen Gehörs wegen mangelnder Begründung ist nicht ersichtlich.

2.4.2. Der Schuldspruch wegen Begünstigung verstösst nicht gegen Bundesrecht.
Zwar rügt der Beschwerdeführer zu Recht, dass im Hinblick auf eine vollendete
(und nicht nur versuchte) Begünstigung entgegen der Vorinstanz nicht auf den
Zeitpunkt der Übergabe des Ausländerausweises an Y.________, sondern auf dessen
Verwendung abzustellen ist. Erst der Gebrauch zur Identitätstäuschung führte
dazu, dass Y.________ dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden trotz
internationalen Haftbefehls für eine gewisse Zeit entzogen wurde. Der Einwand
des Beschwerdeführers, es fehle an der notwendigen zeitlichen Intensität für
eine Begünstigung, geht an der Sache vorbei. Der erste mögliche Zugriff wurde
(vollständig) vereitelt und nicht nur vorübergehend oder geringfügig
beeinträchtigt. Die Verhaftung in Strassburg erfolgte durch andere Beamte und
aufgrund anderer äusserer Umstände. Sie stellt in zeitlicher und räumlicher
Hinsicht einen zur vereitelten Verhaftung anlässlich der Grenzkontrolle
eigenständigen Lebenssachverhalt dar. Das Überlassen des Ausländerausweise
diente ausschliesslich dem Zweck, Y.________ der Strafverfolgung zu entziehen,
und ist vorliegend nicht nur als eine Beistands-, sondern tatbestandliche
Vereitelungshandlung zu qualifizieren, auch wenn die Verhaftung wenige Tage
später erfolgen konnte.

 Unklar bleibt, ob der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe die
Voraussetzungen von Art. 305 Abs. 2 StGB zu unrecht verneint. Hierauf wäre
nicht einzutreten, da er sich nicht mit den vorinstanzlichen Erwägungen
auseinandersetzt und nicht aufzeigt, inwieweit diese Bundesrecht verletzen
sollen.

3.

3.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Strafzumessung. Er rügt eine
Verletzung von Art. 47 und Art. 49 Abs. 2 StGB. Die Vorinstanz erhöhe im Rahmen
der Zusatzstrafenbildung die erstinstanzlich ausgesprochene Freiheitsstrafe von
zwei auf 15 Monate. Sie begründe das Strafmass in Verletzung des Grundsatzes
der "reformatio in peius" u.a mit der besonderen Gewalttätigkeit des
Beschwerdeführers, obwohl er erstinstanzlich nicht wegen Art. 139 Abs. 3 StGB
verurteilt worden sei. Die für den Tatbestand der Begünstigung ausgesprochene
Strafe von 15 Monaten sei übersetzt. Die Vorinstanz dürfe das von Y.________
begangene Tötungsdelikt nicht straferhöhend berücksichtigen. Art. 305 StGB
schütze die ungehinderte Strafrechtspflege und diene nicht der indirekten
Bestrafung des Begünstigers für Verfehlungen des Begünstigten.

3.2. Die Rügen des Beschwerdeführers gehen sachlich und rechtlich an der Sache
vorbei. Die Erwägungen der Vorinstanz zur Zusatzstrafenbildung sind nicht zu
beanstanden. Sie ist (innerhalb der gesetzlichen Grenzen) sowohl bei der
Strafzumessung der einzelnen Delikte als auch der Bemessung der hypothetischen
Gesamtstrafe, die sie bei gleichzeitiger Beurteilung aller Straftaten
auszusprechen gehabt hätte, hinsichtlich Strafart, Strafmass und Vollzugsart
frei. Hypothetische Überlegungen, welche Gesamtstrafe das Bezirksgericht Brugg,
das die zwei-monatige Grundstrafe ausgesprochen hat, insoweit für angemessen
erachtet hätte, musste sie nicht anstellen. Derartige Überlegungen sind im
Übrigen weder praktikabel noch mit der Unabhängigkeit des urteilenden Gerichts
zu vereinbaren (vgl. zum Ganzen: BGE 138 IV 113 E. 3.4.1; 137 IV 57 E. 4.3.1;
Jürg-Beat Ackermann, in: Basler Kommentar, Strafrecht I, 3. Aufl. 2013, N. 173
ff. zu Art. 49 StGB; je mit Hinweisen).
Was der Beschwerdeführer gegen das Strafmass vorbringt, ist unbehelflich. Die
von ihm beanstandeten Strafen für die einzelnen Delikte weichen zum Teil vom
angefochtenen Entscheid ab. Ob die (gedankliche) Einsatzstrafe der Vorinstanz
von 30 Monaten für den Einbruchsdiebstahl in eine Käserei mit einem
Deliktsbetrag von Fr. 2'635.-- sowie eine Freiheitsstrafe von 22 Monaten für
das Überlassen des Ausländerausweises an Y.________ angesichts der konkreten
Tatumstände und der jeweiligen Strafrahmen vor Bundesrecht standhalten würden,
erscheint zweifelhaft, kann aber offenbleiben. Der Beschwerdeführer verkennt,
dass die Vorinstanz unter Berücksichtigung des Verschlechterungsgebots nicht
über die vom erstinstanzlichen Gericht ausgesprochene teilweise Zusatzstrafe
von 22 Monaten hinaus gegangen ist. Hierzu äussert er sich nicht. Er zeigt
nicht auf, inwieweit die 22-monatige Zusatzstrafe (respektive eine
hypothetische Gesamtstrafe von 24 Monaten) für sämtliche von ihm begangenen
Delikte nicht mehr vom sachrichterlichen Ermessen gedeckt und somit
bundesrechtswidrig sein sollte.

4.

4.1. Der Beschwerdeführer moniert, der Widerruf der 10-monatigen
Freiheitsstrafe des Bezirksgerichts Brugg vom 5. September 2006 (die nicht
Gegenstand der teilweisen Zusatzstrafe bildet) könne nicht gestützt auf Art. 49
Abs. 2 StGB im Wege der retrospektiven Konkurrenz widerrufen werden. Die
Legalprognose habe sich aufgrund der geringfügigen neuen Delikte nicht
verschlechtert. Zudem benötige er keine Bewährungshilfe, da er aus eigenem
Antrieb deliktfrei lebe und sozial integriert sei.

4.2. Der Beschwerdeführer scheint die Grundsätze der Nichtbewährung (Art. 46
StGB) mit jenen der retrospektiven Konkurrenz (Art. 49 Abs. 2 StGB) zu
verwechseln und setzt sich mit den vorinstanzlichen Erwägungen zum Widerruf
aufgrund einer negativen Legalprognose nicht auseinander.

 Nicht gehört werden kann der Beschwerdeführer mit seiner Rüge, die Vorinstanz
stütze sich bei ihrer Legalprognose auf "veraltete" Tatsachen. Dass er
(mittlerweile) fest und nicht nur temporär angestellt ist, bringt der
Beschwerdeführer erstmals im bundesgerichtlichen Verfahren vor. Es ist jedoch
nicht Aufgabe des Bundesgerichts, Beweise abzunehmen und Tatsachen
festzustellen, über die sich das kantonale Gericht nicht ausgesprochen hat
(Art. 105 Abs. 1 BGG; BGE 136 III 209 E. 6.1 S. 249 f. mit Hinweisen). Neue
Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst der
Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG), was in der
Beschwerde darzulegen ist (BGE 134 V 223 E. 2.2.1 S. 226 mit Hinweis). Zudem
zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, inwiefern diesem Umstand im Hinblick auf
die Anordnung der Bewährungshilfe massgebliche Bedeutung zukommen sollte. Die
Vorinstanz führt explizit aus, "alleine die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit -
insbesondere einer temporären - vermag einer erhebliche Veränderung der
Lebensumstände jedenfalls nicht zu begründen". Auch dass er bei seiner Familie
lebt, ist ungeeignet, seine (zwischenzeitliche) soziale Integration zu belegen,
denn dies hielt ihn auch zuvor nicht davon ab zu delinquieren. Die Rügen sind
unbegründet, soweit sie überhaupt den Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs.
2 BGG genügen.

5.

 Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Das
Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist infolge Aussichtslosigkeit der
Rechtsbegehren abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Die Gerichtskosten sind
dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seiner finanziellen
Lage ist mit einer reduzierten Gerichtsgebühr Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs.
2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'600.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. Januar 2015

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Held

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