Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.436/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_436/2014

Urteil vom 2. März 2015

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Oberholzer,
Gerichtsschreiberin Siegenthaler.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Urs Vögeli,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Territorialprinzip; Anspruch auf Konfrontation mit Belastungszeugen;
Anklagegrundsatz; Strafzumessung (Betrug, betrügerischer Missbrauch einer
Datenverarbeitungsanlage),

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht,
1. Kammer, vom 20. März 2014.

Sachverhalt:

A.

 Das Bezirksgericht Baden stellte das Verfahren gegen X.________ am 27. Januar
2012 wegen Verjährung in verschiedenen Anklagepunkten ein und sprach ihn frei
von mehreren Vorwürfen des Betrugs, der Urkundenfälschung sowie der
Veruntreuung. Wegen mehrfachen Betrugs, mehrfacher Veruntreuung und
Urkundenfälschung sowie mehrfachen betrügerischen Missbrauchs einer
Datenverarbeitungsanlage verurteilte es ihn zu einer Freiheitsstrafe von 14
Monaten.

B.

 In teilweiser Gutheissung seiner Berufung stellte das Obergericht des Kantons
Aargau das Verfahren gegen X.________ am 20. März 2014 in weiteren
Anklagepunkten wegen zwischenzeitlicher Verjährung ein. Es verurteilte ihn
wegen mehrfachen Betrugs, mehrfachen betrügerischen Missbrauchs einer
Datenverarbeitungsanlage, Veruntreuung und Urkundenfälschung zu einer
Freiheitsstrafe von 9 Monaten sowie zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu
Fr. 100.--.

C.

 X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, das Urteil des
Obergerichts des Kantons Aargau vom 20. März 2014 sei aufzuheben und die Sache
zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Er ersucht um
unentgeltliche Rechtspflege.

D.

 Obergericht und Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau verzichten auf eine
Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Territorialprinzips
(Beschwerde, S. 3 f.). Er sei in 33 Fällen des mehrfachen betrügerischen
Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage verurteilt worden, obschon sich der
Transaktionsort im Ausland befunden habe. Einen Bezug zur Schweiz hätten die
Sachverhalte lediglich insofern, als der Sitz der geschädigten
Kreditkartenunternehmen in der Schweiz liege und die Entreicherung hier
stattgefunden habe. Alle übrigen Tatbestandselemente seien hingegen im Ausland
erfüllt worden, weshalb Italien als Ort zu gelten habe, wo "der Erfolg des
ganzen Delikts" eingetreten sei. Dies sei auch der Ort, wo der Beschwerdeführer
den Erfolgseintritt gewollt habe. Die vorhandenen Anknüpfungspunkte zur Schweiz
reichten für einen relevanten Inlandbezug gemäss Art. 5 aStGB nicht aus. Die
betroffenen Kreditkartenunternehmen seien international tätige juristische
Personen und deshalb nicht als Schweizer zu betrachten. Die Sachlage sei eine
andere als in BGE 121 IV 145. Vorliegend rechtfertige es sich, den Schutz von
Art. 5 aStGB juristischen Personen nicht zu gewähren.

1.2. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden.

1.2.1. Nicht Art. 5 aStGB gelangt vorliegend zur Anwendung, sondern die
Regelung gemäss Art. 3 Ziff. 1 i.V.m. Art. 7 Abs. 1 aStGB (der Beschwerdeführer
beging die betreffenden Delikte im Zeitraum von Dezember 2001 bis August 2002
und damit vor Inkrafttreten des neuen Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches),
inhaltlich identisch mit Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 8 Abs. 1 StGB. Demnach
untersteht dem Schweizerischen Strafgesetz, wer in der Schweiz ein Verbrechen
oder Vergehen begeht, und ein solches gilt unter anderem als da begangen, wo
der Erfolg eingetreten ist.

 Die in Bezug auf den Betrug nach Art. 146 StGB entwickelte Rechtsprechung zum
Begehungs- bzw. Erfolgsort hat auch für den betrügerischen Missbrauch einer
Datenverarbeitungsanlage gemäss Art. 147 StGB zu gelten, zumal sich diese
Bestimmung an den Tatbestand des Betruges anlehnt (vgl. Urteil 6B_810/2007 vom
15. Mai 2008 E. 2.3). Bei einem Betrug wird der Ort der schädigenden
Vermögensverfügung bzw. der Vermögensschädigung ebenso als Erfolgsort angesehen
wie derjenige, an dem die beabsichtigte Bereicherung eingetreten ist oder hätte
eintreten sollen (BGE 125 IV 177 E. 2a S. 180; 117 Ib 210 E. 3b/cc S. 214;
Urteil 6B_127/2013 vom 3. September 2013 E. 4.2.2; je mit Hinweisen). So gilt
beispielsweise der Erfolg als in der Schweiz eingetreten, wenn das Opfer der
Schädigung eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz ist, auch wenn ein
Grossteil der deliktischen Handlung im Ausland verübt wurde (BGE 124 IV 241 E.
4c).

1.2.2. Demzufolge liegt keine Verletzung des Territorialprinzips vor. Mit dem
Vermögensschaden der Kreditunternehmen, die ihren Sitz in der Schweiz haben,
ist ein Erfolg in der Schweiz eingetreten. Damit gelten die betreffenden
Delikte als hier begangen, und der Beschwerdeführer untersteht auch
diesbezüglich dem Schweizerischen Strafgesetz.

2.

2.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 6 EMRK (Beschwerde, S.
7 ff.). Er sei gestützt auf die Aussagen seines Mitbeschuldigten sowie zweier
weiterer Personen verurteilt worden, wobei nie eine Konfrontationseinvernahme
stattgefunden habe, an der ihm die Teilnahmerechte gewährt worden wären.

2.2. Die fraglichen Einvernahmen fanden noch unter der Geltung des kantonalen
Strafprozessrechts statt. Nach den massgebenden Übergangsbestimmungen behalten
sie ihre Gültigkeit, auch wenn sie den Anforderungen der Strafprozessordnung
nicht genügen sollten (Art. 448 Abs. 2 StPO), soweit sie im Einklang mit BV und
EMRK stehen (vgl. Urteil 6B_89/2014 vom 1. Mai 2014 E. 1.2 mit Hinweisen).

2.3. Der in Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK garantierte Anspruch des Beschuldigten,
den Belastungszeugen Fragen zu stellen, ist ein besonderer Aspekt des Rechts
auf ein faires Verfahren. Eine belastende Zeugenaussage ist grundsätzlich nur
verwertbar, wenn der Beschuldigte wenigstens einmal während des Verfahrens
angemessene und hinreichende Gelegenheit hatte, das Zeugnis in Zweifel zu
ziehen und Fragen an den Belastungszeugen zu stellen. Dieser Anspruch wird als
Konkretisierung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) auch durch Art. 32
Abs. 2 BV gewährleistet (vgl. BGE 133 I 33 E. 2.2 S. 37; 131 I 476 E. 2.2 S.
480; Urteil 6B_529/2014 vom 10. Dezember 2014 E. 4.2.1, zur Publikation
vorgesehen; je mit Hinweisen).

 Der Beschuldigte hat den Antrag auf Befragung eines Zeugen den Behörden
rechtzeitig und formgerecht einzureichen. Stellt er seinen Beweisantrag nicht
rechtzeitig, kann er den Strafverfolgungsbehörden nachträglich nicht vorwerfen,
sie hätten durch Verweigerung der Konfrontation oder ergänzender Fragen an
Belastungszeugen seinen Grundrechtsanspruch verletzt (BGE 131 I 476 E. 2.1; 125
I 127 E. 6c/bb mit Hinweisen).

2.4. Der Beschwerdeführer hat nie einen Antrag auf Konfrontation mit den
Belastungszeugen gestellt, obschon die Gelegenheit dazu bestanden hätte.
Stattdessen beschränkte er sich schon vor Vorinstanz ausschliesslich darauf,
die Unverwertbarkeit der Einvernahmen geltend zu machen, was er im Übrigen
selbst ausdrücklich bestätigt (vgl. Beschwerde, S. 9). Unter diesen Umständen
kann er nun nicht den Strafverfolgungsbehörden vorwerfen, sie hätten seinen
Grundrechtsanspruch auf Konfrontation mit dem Belastungszeugen verletzt.

3.

3.1. In Bezug auf den Vorwurf des mehrfachen Betrugs bzw. mehrfachen
betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage macht der
Beschwerdeführer eine Verletzung des Anklagegrundsatzes geltend (Beschwerde, S.
5 ff.). Die Anklagebehörde habe es unterlassen darzutun, in welchen Fällen
Waren und Dienstleistungen mittels online-Anwendung der Kreditkarten bezogen
und in welchen diese offline eingesetzt worden seien. Infolgedessen sei der
Anklageschrift nicht zu entnehmen, in welchen der 456 Fälle dem
Beschwerdeführer Betrug oder aber betrügerischer Missbrauch einer
Datenverarbeitungsanlage vorgeworfen werde. Die Vorinstanz vertrete die
Meinung, es sei eine Alternativklage erhoben worden. Dabei verkenne sie, dass
eine solche nur zulässig sei, wenn für die Staatsanwaltschaft aufgrund der
gegebenen Beweislage zwar feststehe, dass eine von zwei gleichwertigen
Versionen zutreffe, indessen trotz Ausschöpfung aller Erkenntnisgrundlagen
offengeblieben sei, welche die richtige sei. Diese Voraussetzungen seien im
konkreten Fall nicht erfüllt. Es wäre ein leichtes gewesen abzuklären, bei
welchen Bezügen die Kreditkarten offline oder online eingesetzt worden seien.
Dass dies nicht getan worden sei, könne nun nicht durch Anhebung einer
Alternativanklage korrigiert werden. Vielmehr hätte jeder einzelne Fall einem
konkreten Straftatbestand zugeordnet werden müssen. Er habe ein Recht zu
wissen, in welchen Fällen Betrug und in welchen ein betrügerischer Missbrauch
einer Datenverarbeitungsanlage vorliege.

3.2. Nach dem Anklagegrundsatz (Art. 9 Abs. 1 StPO) bestimmt die Anklageschrift
den Gegenstand des Gerichtsverfahrens (Umgrenzungsfunktion). Die Anklage hat
die der beschuldigten Person zur Last gelegten Delikte in ihrem Sachverhalt so
präzise zu umschreiben, dass die Vorwürfe in objektiver und subjektiver
Hinsicht genügend konkretisiert sind. Zugleich bezweckt das Anklageprinzip den
Schutz der Verteidigungsrechte der beschuldigten Person und garantiert den
Anspruch auf rechtliches Gehör (Informationsfunktion; BGE 133 IV 235 E. 6.2 f.;
Urteil 6B_130/2012 vom 22. Oktober 2012 E. 6.2, nicht publ. in: BGE 138 IV 209;
je mit Hinweisen). Die Anklageschrift ist nicht Selbstzweck, sondern Mittel zum
Zweck der Umgrenzung des Prozessgegenstandes und der Information der
beschuldigten Person, damit diese die Möglichkeit hat, sich zu verteidigen
(Urteil 6B_676/2013 vom 28. April 2014 E. 3.5.3).

3.3. Laut Anklageschrift bezog der Beschwerdeführer zusammen mit seinem
Mittäter im Zeitraum vom 1. Dezember 2001 bis ca. 19. August 2002 mit
mindestens 37 illegal "geskimmten" Kreditkarten Waren und Dienstleistungen im
Wert von insgesamt Fr. 267'297.05 (die jeweiligen Begehungsorte und
Geschädigten werden im Anhang zur Anklageschrift detailliert aufgelistet). Die
konkrete Vorgehensweise sei davon abhängig gewesen, wie die Karten von den
einzelnen Geschäften als Vertragspartner der jeweiligen Kreditkartenfirmen
eingesetzt worden seien. Bei der "online-Anwendung" der gefälschten
Kreditkarten seien diese über einen Terminal eingelesen worden, der mit einem
Zentralrechner verbunden gewesen sei. Der Beschwerdeführer und sein Mittäter
hätten in diesen Fällen die OK-Taste betätigten und zusätzlich einen Beleg
unterschreiben müssen. Bei der "offline-Anwendung" hätten die betreffenden
Geschäfte ein sogenanntes "Ritsch-Ratsch-Gerät" eingesetzt, wobei die beiden
Mittäter auch hier einen Zahlungsbeleg hätten unterzeichnen müssen. In den
Fällen einer "online-Anwendung" sei der Tatbestand des mehrfachen
betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage erfüllt worden, in
denjenigen einer "offline-Anwendung" jener des mehrfachen Betrugs.

3.4. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers liegt keine Verletzung des
Anklagegrundsatzes vor. Die Anklageschrift schildert die beiden ihm
vorgeworfenen Handlungsmuster klar und nachvollziehbar. Zwar umschreibt sie
nicht die konkrete Vorgehensweise in jedem einzelnen Fall, doch verletzt dies
allein das Anklageprinzip noch nicht. Bezieht man nebst den allgemeinen
Ausführungen auch die angefügte Aufzählung der einzelnen Bezüge mit ein
(versehen mit Detailangaben wie Ort, Geschädigte und genaue Deliktssumme), so
ist mit hinreichender Klarheit zu erkennen, was Gegenstand der Anklage bildet.
Die dem Beschwerdeführer in diesem Anklagepunkt vorgeworfenen Taten beschränken
sich auf lediglich zwei zwar unterschiedliche, jedoch nicht wesentlich
voneinander abweichende Handlungsmuster, die übersichtlich und leicht
verständlich erklärt werden. Damit war es ihm ohne Weiteres möglich, eine
Verteidigungsstrategie hinsichtlich beider Tatvarianten zu entwickeln. Unter
diesen Umständen ist nicht ersichtlich, dass und inwiefern ihm eine wirksame
Verteidigung nicht möglich gewesen sein soll. Entsprechendes macht der
Beschwerdeführer auch nicht geltend. Die Anklageschrift bzw. Zusatzanklage vom
30. April 2010 verletzt den Anklagegrundsatz nicht.

3.5. Die Rüge des Beschwerdeführers erweist sich in anderer Hinsicht als
begründet. Zu Recht macht er geltend, er habe einen Anspruch darauf zu wissen,
in welchen Fällen er wegen Betrugs und in welchen er wegen betrügerischen
Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage verurteilt werde.

 Wenn die Anhebung einer Alternativanklage zulässig ist, bedeutet dies nicht,
dass das urteilende Gericht ebenfalls offenlassen kann, welchen Tatbestand es
als erfüllt erachtet. Selbst wenn der Unrechtsgehalt der in Frage kommenden
Strafnormen identisch ist, obliegt es dem Gericht, in jedem einzelnen
Anklagepunkt die Beweise zu würdigen und den jeweiligen Sachverhalt verbindlich
festzustellen, sodass er anschliessend unter den einen oder anderen Tatbestand
subsumiert werden kann. Die Beschwerde ist in diesem Punkt gutzuheissen.

4.

4.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Strafzumessung.

4.2. Das Bundesgericht hat die Grundsätze der Strafzumessung wiederholt
dargelegt. Darauf kann verwiesen werden (vgl. BGE 136 IV 55 E. 5.4 ff. mit
Hinweisen). Das Sachgericht verfügt auf dem Gebiet der Strafzumessung über
einen Ermessensspielraum. Das Bundesgericht greift nur ein, wenn die Vorinstanz
den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie von
rechtlich nicht massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wesentliche
Gesichtspunkte ausser Acht gelassen bzw. durch Überschreitung oder Missbrauch
ihres Ermessens falsch gewichtet hat (BGE 136 IV 55 E. 5.6 S. 61; 135 IV 130 E.
5.3.1; 134 IV 17 E. 2.1; je mit Hinweisen).

4.3.

4.3.1. Zunächst kritisiert der Beschwerdeführer, die Vorinstanz werte zu
Unrecht straferhöhend, dass er keine Reue zeigte. Einsicht und Reue würden
sich, soweit vorhanden, strafmindernd auswirken. Ihr Fehlen dürfe aber nicht
straferhöhend gewertet werden (Beschwerde, S. 12 f.).

4.3.2. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung darf das Fehlen von Einsicht
und Reue durchaus straferhöhend gewertet werden (BGE 113 IV 56 E. 4c). Diese
Praxis wurde unter der Geltung des neuen Rechts weitergeführt (vgl. Urteil
6B_694/2012 vom 27. Juni 2013 E. 2.3.4 mit Hinweisen). Dass die Vorinstanz die
fehlende Reue des Beschwerdeführers straferhöhend wertet, ist
bundesrechtskonform.

4.4.

4.4.1. Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, die Vorinstanz habe bei der
Berechnung der Tagessatzhöhe auf seine Angaben anlässlich der erstinstanzlichen
Hauptverhandlung vom 23. Januar 2012 abgestellt, wonach er mit einem 50%-Pensum
monatlich Fr. 2'200.-- verdiente. Gemäss Art. 34 Abs. 2 StGB bemesse sich der
Tagessatz einer Geldstrafe allerdings nach den persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters im Zeitpunkt des Urteils. Aktuell
erziele er mit Fr. 3'600.-- für ein 100%-Pensum ein deutlich geringeres
Einkommen als von der Vorinstanz angenommen (Beschwerde, S. 13 f.).

4.4.2. Der Einwand des Beschwerdeführers ist zutreffend. Die Vorinstanz hätte
den Tagessatz der Geldstrafe nach seinen derzeitigen persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnissen bemessen müssen. Art. 34 Abs. 2 StGB besagt,
dass das Gericht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit möglichst aktuell und
genau zu ermitteln hat. Nachdem die Vorinstanz dies unterlassen hat, erweist
sich ihre Tagessatzberechnung gestützt auf veraltete Daten als
bundesrechtswidrig.

4.5.

4.5.1. Schliesslich bringt der Beschwerdeführer vor, die Vorinstanz
berücksichtige die Verletzung des Beschleunigungsgebots mit einer
Strafreduktion von einem Drittel nur ungenügend (Beschwerde, S. 12). Sie stelle
für die Berechnung der Verfahrensdauer auf die Mitteilung der
Verfahrenseröffnung am 23. Februar 2007 ab. Es treffe zwar zu, dass dies der
Zeitpunkt sei, in dem die massgebliche Zeitspanne in der Regel zu laufen
beginne. Vorliegend sei aber zu berücksichtigen, dass in Bezug auf die
Kreditkartendelikte bereits im August 2002 erste Einvernahmen des
Beschwerdeführers und seines Mitbeschuldigten stattgefunden hätten, anlässlich
welcher die beiden darauf aufmerksam gemacht worden seien, dass sie wegen des
Verdachts des Betrugs, der Urkundenfälschung und des betrügerischen Missbrauchs
einer Datenverarbeitungsanlage festgenommen worden seien. Damit habe der
Beschwerdeführer schon ab diesem Zeitpunkt Kenntnis von der Anhebung einer
Strafuntersuchung gegen ihn gehabt.

4.5.2. Das Beschleunigungsgebot (Art. 5 StPO, Art. 29 Abs. 1 BV und Art. 6
Ziff. 1 EMRK) verpflichtet die Behörden, das Strafverfahren voranzutreiben, um
den Beschuldigten nicht unnötig über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe im
Ungewissen zu lassen (BGE 133 IV 158 E. 8; 130 IV 54 E. 3.3.1; je mit Hinweis).

4.5.3. Der Einwand des Beschwerdeführers erweist sich als zutreffend. Bereits
bei seiner ersten polizeilichen Einvernahme im August 2002 erfuhr er vom gegen
ihn bestehenden Tatverdacht und stand somit schon seit damals unter dem
Eindruck einer gegen ihn laufenden Strafuntersuchung. Dass die
Strafverfolgungsbehörden erst Jahre später formell ein Verfahren gegen ihn
eröffneten, darf ihm nicht zum Nachteil gereichen. Der Zeitpunkt der formellen
Verfahrenseröffnung bzw. ihrer Mitteilung kann deshalb im vorliegenden Fall
nicht entscheidend sein für die Berechnung der Verfahrensdauer und die
Beurteilung, ob bzw. in welchem Umfang der Beschleunigungsgrundsatz verletzt
wurde.

 Indem die Vorinstanz die Verfahrensdauer erst ab der formellen
Verfahrenseröffnung berechnet, berücksichtigt sie nicht, dass der
Beschwerdeführer sich bereits seit wesentlich längerer Zeit im Ungewissen über
den gegen ihn gerichteten Tatverdacht befand. Damit lässt sie einen
wesentlichen Aspekt ausser Acht.

5.

5.1. Die Beschwerde ist teilweise gutzuheissen. Das Urteil des Obergerichts des
Kantons Aargau vom 20. März 2014 ist aufzuheben und die Sache zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

 Diese wird hinsichtlich der Schuldsprüche wegen mehrfachen Betrugs und
mehrfachen betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage im
Einzelfall festzulegen haben, welcher der beiden Straftatbestände jeweils
erfüllt ist. Weiter wird sie überprüfen müssen, ob eine Strafminderung von 30
Prozent infolge Verletzung des Beschleunigungsgebots nach wie vor angemessen
erscheint, wenn die Verfahrensdauer nun länger ausfällt als von ihr angenommen.
Bei dieser Gelegenheit wird sie auch ihre Argumentation hinsichtlich des
Strafmilderungsgrundes nach Art. 48 lit. e StGB zu überdenken und die
diesbezüglichen Ausführungen des Beschwerdeführers miteinzubeziehen haben (vgl.
Beschwerde, S. 10 f.). Schliesslich wird sie die Tagessatzhöhe der Geldstrafe
gestützt auf die aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers
neu berechnen müssen.

5.2. Der Beschwerdeführer wird im Umfang seines Unterliegens kostenpflichtig
(Art. 66 Abs. 1 BGG). Sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist infolge
Aussichtslosigkeit der entsprechenden Rechtsbegehren abzuweisen (Art. 64 Abs. 1
BGG). Bei der Festsetzung der Gerichtskosten ist seiner finanziellen Lage
Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).

 Im Umfang seines Obsiegens ist dem Beschwerdeführer vom Kanton Aargau für das
bundesgerichtliche Verfahren eine angemessene Parteientschädigung auszurichten
(Art. 68 Abs. 2 BGG). Sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird in diesem
Umfang gegenstandslos. Die Entschädigung ist praxisgemäss seinem
Rechtsvertreter zuzusprechen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und im Übrigen abgewiesen. Das
Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 20. März 2014 wird aufgehoben
und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen, soweit es nicht
gegenstandslos geworden ist.

3. 
Dem Beschwerdeführer werden Gerichtskosten von Fr. 800.-- auferlegt.

4. 
Der Kanton Aargau hat dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt
Urs Vögeli, für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von
Fr. 1'500.-- auszurichten.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 2. März 2015

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Siegenthaler

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