Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.187/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_187/2014

Urteil vom 5. Februar 2015

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Oberholzer,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiber Faga.

Verfahrensbeteiligte
Y.________,
vertreten durch Advokat Oliver Borer,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Verfahrenseinstellung (Bestechung, ungetreue Geschäftsbesorgung mit
Bereicherungsabsicht), Verfahrenskosten,

Beschwerde gegen den Beschluss des
Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung
Strafrecht, vom 5. November 2013.

Sachverhalt:

A.

 Das Besondere Untersuchungsrichteramt Basel-Landschaft eröffnete am 14.
Dezember 2010 gegen X.________ ein Untersuchungsverfahren wegen
ordnungswidriger Führung der Geschäftsbücher, Steuerbetrug und Gehilfenschaft
zur ungetreuen Geschäftsbesorgung zum Nachteil der A.________ AG. Am 16.
Dezember 2010 wurde gegen deren Angestellten, Y.________, ein
Untersuchungsverfahren wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung eröffnet. Die
Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft dehnte am 14. September 2011 das Verfahren
gegen X.________ auf die Straftatbestände des gewerbsmässigen Betrugs und der
Urkundenfälschung aus. Gleichentags eröffnete sie ein Verfahren gegen
Z.________ wegen gewerbsmässigen Betrugs, Urkundenfälschung und ungetreuer
Geschäftsbesorgung.

 Am 6. August 2013 stellte die Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft die gegen
X.________, Y.________ und Z.________ geführte Strafuntersuchung ein. Sie
auferlegte die Kosten des Verfahrens X.________ und Y.________ zu je 40% und
nahm den auf Z.________ entfallenden Anteil auf die Staatskasse. Die
Staatsanwaltschaft verzichtete darauf, X.________ und Y.________ eine
Entschädigung respektive Genugtuung zuzusprechen, während sie die Entschädigung
und Genugtuung für Z.________ auf insgesamt Fr. 1'548.40 bemass.

 Die gegen die Einstellungsverfügung im Kosten- und Entschädigungspunkt
erhobene Beschwerde von Y.________ wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft am
5. November 2013 ab.

B.

 Y.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, die Verfahrenskosten
und die Entscheidgebühr der Einstellungsverfügung seien auf die Staatskasse zu
nehmen, und es sei ihm eine angemessene Entschädigung zuzusprechen.
Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Vorinstanz stellt in tatsächlicher Hinsicht fest, dass X.________
respektive die X.________ Immobilien für die A.________ AG
Transportdienstleistungen erbrachte. Der Beschwerdeführer war auf Seiten der
A.________ AG für die Zuteilung der Transportaufträge zuständig. Da die
Vertragsparteien kein exaktes Mindestvolumen vereinbart hatten, verfügte der
Beschwerdeführer über einen gewissen Ermessensspielraum. Um möglichst viele
Aufträge von der A.________ AG zu erhalten, liess X.________ dem
Beschwerdeführer Provisionen zukommen. Diese werden von der Staatsanwaltschaft
auf rund 0.5 Mio. Franken (bar) respektive Fr. 20'000.-- (private Benzinbezüge)
beziffert.

 Mit der Entgegennahme der wettbewerbsverzerrenden Provisionsleistungen habe
der Beschwerdeführer nach der vorinstanzlichen Einschätzung unlauter im Sinne
von Art. 4a Abs. 1 lit. b UWG (passive Bestechung) gehandelt und die Einleitung
des Strafverfahrens betreffend Bestechung rechtswidrig und schuldhaft bewirkt.
Zudem habe der Beschwerdeführer seine Rechenschafts- und Herausgabepflicht im
Sinne von Art. 321b OR verletzt, indem er die Provisionszahlungen nicht der
A.________ AG herausgegeben habe (Entscheid S. 5 ff.).

1.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, die vorinstanzliche Feststellung, wonach
er Provisionszahlungen entgegengenommen habe, verletze die Unschuldsvermutung
im Sinne von Art. 10 StPO, Art. 32 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK. X.X._________
(recte: X.________) habe ihn zu Unrecht belastet, um einem Verfahren wegen
Steuerhinterziehung respektive Steuerbetrugs zu entgehen. Den Aussagen dessen
Lebenspartnerin wie auch der Buchhalterin der X.________ Immobilien komme kein
Beweiswert zu. Zudem habe kein gültiger Strafantrag der A.________ AG
vorgelegen, weshalb ein Strafverfahren nicht hätte eröffnet werden dürfen
respektive früher hätte eingestellt werden müssen (Beschwerde S. 6 ff.).

1.3.

1.3.1. Gemäss Art. 426 Abs. 2 StPO können der beschuldigten Person bei
Einstellung des Verfahrens die Verfahrenskosten ganz oder teilweise auferlegt
werden, wenn sie rechtswidrig und schuldhaft die Einleitung des Verfahrens
bewirkt oder dessen Durchführung erschwert hat. Unter den gleichen
Voraussetzungen kann gemäss Art. 430 Abs. 1 lit. a StPO eine Entschädigung
herabgesetzt oder verweigert werden.

 Diese Bestimmungen kodifizieren die Praxis des Bundesgerichts und der
EMRK-Organe, wonach eine Kostenauflage möglich ist, wenn der Beschuldigte in
zivilrechtlich vorwerfbarer Weise gegen eine geschriebene oder ungeschriebene
Verhaltensnorm klar verstossen und dadurch die Einleitung des Strafverfahrens
veranlasst hat. Das Verhalten muss unter rechtlichen Gesichtspunkten vorwerfbar
sein. Gegen Verfassung und Konvention verstösst es, in der Begründung des
Entscheids, mit dem ein Freispruch oder eine Verfahrenseinstellung erfolgt und
dem Beschuldigten Kosten auferlegt werden oder eine Entschädigung verweigert
wird, diesem direkt oder indirekt vorzuwerfen, er habe sich strafbar gemacht
bzw. es treffe ihn ein strafrechtliches Verschulden (BGE 120 Ia 147 E. 3b S.
155; 119 Ia 332 E. 1b S. 334; je mit Hinweisen; Botschaft des Bundesrats zur
Vereinheitlichung des Strafprozessrechts vom 21. Dezember 2005, BBl 2006 1326
Ziff. 2.10.2 und 1329 f. Ziff. 2.10.3.1; Urteil 6B_820/2014 vom 27. November
2014 E. 3.1 mit Hinweisen). In tatsächlicher Hinsicht darf sich die
Kostenauflage nur auf unbestrittene oder bereits klar nachgewiesene Umstände
stützen (BGE 112 Ia 371 E. 2a S. 374).

 Das Bundesgericht prüft frei, ob der Kostenentscheid direkt oder indirekt den
Vorwurf strafrechtlicher Schuld enthält, und unter Willkürgesichtspunkten, ob
die beschuldigte Person in zivilrechtlich vorwerfbarer Weise gegen geschriebene
oder ungeschriebene Verhaltensnormen klar verstossen und dadurch das
Strafverfahren veranlasst hat (BGE 116 Ia 162 E. 2f S. 175 f.).

1.3.2. Verhaltensnormen, die direkt oder indirekt Schädigungen untersagen bzw.
ein schädigende Handlungen vermeidendes Verhalten vorschreiben, ergeben sich
auch aus dem UWG. Die Spezialtatbestände von Art. 3 bis 6 UWG sind auf
zivilrechtliche Sachverhalte zugeschnitten. Der Umstand, wonach diese
Tatbestände gemäss Art. 23 UWG auf Antrag als Vergehen strafbar sind, ändert
nichts daran, dass sich in zivilrechtlicher Weise schuldig macht, wer im Sinne
von Art. 4a UWG unlauter handelt. Wer durch unlauteren Wettbewerb in seinen
wirtschaftlichen Interessen bedroht oder verletzt wird, kann nach Art. 9 UWG
dem Richter das Verbot einer drohenden Verletzung (Abs. 1 lit. a), die
Beseitigung einer bestehenden Verletzung (Abs. 1 lit. b) und die Feststellung
der Widerrechtlichkeit einer Verletzung (Abs. 1 lit. c) beantragen sowie nach
Massgabe des Obligationenrechts auf Schadenersatz und Genugtuung sowie auf
Herausgabe eines Gewinns klagen (Abs. 3). Ein Verstoss gegen die Normen des UWG
ist mithin widerrechtlich im Sinne von Art. 41 Abs. 1 OR und kann bei
Freispruch oder Einstellung des Verfahrens die Auferlegung von Verfahrenskosten
oder den Verzicht auf die Zusprechung einer Entschädigung auslösen (Urteil
6B_143/2010 vom 22. Juni 2010 E. 3.1 mit Hinweis).

1.4. Der Beschwerdeführer sieht in der vorinstanzlichen Würdigung der
belastenden Aussagen die Unschuldsvermutung verletzt. Inwiefern das Sachgericht
den Grundsatz "in dubio pro reo" als Beweiswürdigungsregel verletzt hat, prüft
das Bundesgericht unter dem Gesichtspunkt der Willkür. Diese aus der
Unschuldsvermutung abgeleitete Maxime wurde wiederholt dargelegt, worauf zu
verweisen ist (BGE 127 I 38 E. 2a S. 41 mit Hinweisen; vgl. zum Begriff der
Willkür BGE 139 III 334 E. 3.2.5 S. 339; 138 I 49 E. 7.1 S. 51; je mit
Hinweisen).

 Was der Beschwerdeführer gegen die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen
vorbringt, wonach ihm X.________ Provisionen von rund 0.5 Mio. Franken in bar
und Fr. 20'000.-- in Form von Benzinbezügen zukommen liess, vermag eine
Verletzung der Unschuldsvermutung nicht zu begründen. Das Bundesgericht ist
keine Appellationsinstanz, die eine freie Prüfung in rechtlicher und
tatsächlicher Hinsicht vornimmt. Insbesondere reicht für die Rüge einer
willkürlichen Beweiswürdigung nicht aus, wenn der Beschwerdeführer zum
Beweisergebnis wie in einem appellatorischen Verfahren frei plädiert und
darlegt, wie seiner Auffassung nach die vorhandenen Beweise richtigerweise zu
würdigen gewesen wären. Dies ist beispielsweise der Fall, soweit der
Beschwerdeführer unterstreicht, X.________ habe ihn wahrheitswidrig der
passiven Bestechung beschuldigt, um sich selbst aus einem Strafverfahren wegen
Steuerdelikten zu halten. Der Vorwurf einer falschen Anschuldigung (Art. 303
StGB) an die Adresse von X.________ wie auch die Behauptung, den belastenden
Aussagen komme kein Beweiswert zu, dringen nicht durch. Solche allgemein
gehaltenen Einwände sind ungenügend und erschöpfen sich in einer unzulässigen
appellatorischen Kritik am angefochtenen Entscheid.

1.5. Der Vorwurf widerrechtlichen Verhaltens im Sinne von Art. 4a Abs. 1 lit. b
UWG und die Kostenauflage sowie der Verzicht auf die Ausrichtung einer
Entschädigung und Genugtuung verletzen die Unschuldsvermutung nicht (E. 1.3
hievor).

 Indem die Vorinstanz das Strafantragsrecht der A.________ AG und damit den
Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Beschwerdeführers und der
Reaktion dessen Arbeitgeberin respektive der Strafverfolgungsbehörden bejaht,
verletzt sie im Ergebnis kein Bundesrecht. Nach Art. 23 Abs. 2 UWG kann
Strafantrag wegen unlauteren Wettbewerbs stellen, wer nach den Artikeln 9 und
10 UWG zur Zivilklage berechtigt ist. Klageberechtigt nach Art. 9 UWG ist, wer
durch unlauteren Wettbewerb in seiner Kundschaft, seinem Kredit oder
beruflichen Ansehen, in seinem Geschäftsbetrieb oder sonst in seinen
wirtschaftlichen Interessen bedroht oder verletzt wird (vgl. Killias/Gilliéron,
in: Basler Kommentar zum Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 2013, N.
37 zu Art. 23 UWG). Für die Antragsberechtigung wird insbesondere verlangt,
dass der Antragsteller mindestens behauptet, in seinen eigenen wirtschaftlichen
Interessen beeinträchtigt worden zu sein (Christof Riedo, Der Strafantrag,
2004, S. 257; Niggli/Maeder, Wirtschaftsstrafrecht der Schweiz: Hand- und
Studienbuch, 2013, S. 622). Dies ist hier der Fall. Die A.________ AG hielt im
Strafantrag vom 20. Januar 2011 fest, sie sei als Arbeitgeberin des
Beschwerdeführers durch dessen Machenschaften in ihrem Ansehen und
wirtschaftlichen Interesse verletzt (Untersuchungsakten pag. 10.20.014). Eine
Beeinträchtigung entsprechender Interessen lag durchaus im Raum, nachdem der
Beschwerdeführer unter dem (wie sich später herausstellte begründeten) Verdacht
stand, im Zusammenhang mit der Vergabe von Transportaufträgen grössere
Geldbeträge unter der Hand entgegengenommen zu haben. Der Beschwerdeführer hat
sich unlauter im Sinne des UWG und damit widerrechtlich verhalten. Sein
Verhalten war geeignet, seine Arbeitgeberin in ihren wirtschaftlichen
Interessen zu verletzen, was in Bezug auf die Antragsberechtigung genügt
(Riedo, a.a.O., S. 259). Die A.________ AG war mithin berechtigt, einen
entsprechenden Strafantrag zu stellen. Durch sein schuldhaftes Verhalten löste
der Beschwerdeführer das gegen ihn geführte Strafverfahren aus. Ob die
A.________ AG tatsächlich geschädigt wurde, wie die Vorinstanz (ohne dies näher
zu substanziieren) annimmt und was der Beschwerdeführer bestreitet, ist im
Zusammenhang mit der Strafantragsberechtigung unerheblich. Selbst wenn dies
bejaht würde, läge in diesem zivilrechtlichen Vorwurf keine Verletzung der
Unschuldsvermutung (E. 1.3 hievor). Soweit der Beschwerdeführer ergänzend auf
seine Ausführungen im kantonalen Verfahren verweist, ist er damit nicht zu
hören. Die Begründung der Beschwerde muss in der Beschwerdeschrift selbst
enthalten sein, und der blosse Verweis auf Ausführungen in anderen
Rechtsschriften oder auf die Akten reicht nicht aus (BGE 138 IV 47 E. 2.8.1 S.
54; 133 II 396 E. 3.1 S. 399 f.; je mit Hinweisen).

 Der Schluss der Vorinstanz, dass der Beschwerdeführer das Verfahren in
rechtlich vorwerfbarer Weise veranlasst hat, ist nicht zu beanstanden. Der
angefochtene Entscheid verletzt kein Bundesrecht.

2.

 Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Der
Beschwerdeführer wird ausgangsgemäss kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft,
Abteilung Strafrecht, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. Februar 2015

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Faga

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