Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.1213/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_1213/2014

Urteil vom 7. April 2015

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Oberholzer,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiberin Unseld.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Kurt Gaensli,
Beschwerdeführer,

gegen

Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Maulbeerstrasse 10, 3011 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Diebstahl, Sachbeschädigung etc.; Strafzumessung, Widerruf des bedingten
Strafvollzugs,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, Strafabteilung,
1. Strafkammer, vom 1. Juli 2014.

Sachverhalt:

A.

A.a. Das Kollegialgericht Emmental-Oberaargau sprach X.________ am 12. Mai 2011
der Gehilfenschaft zu Diebstahl, Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch, des
mehrfachen banden- und gewerbsmässigen Diebstahls sowie des Versuchs dazu, der
mehrfachen Sachbeschädigung, des mehrfachen Hausfriedensbruchs und der
mehrfachen Widerhandlung gegen das Ausländergesetz (AuG) sowie das
Betäubungsmittelgesetz (BetmG) schuldig. Es auferlegte ihm eine Freiheitsstrafe
von 34 Monaten, unter Einbezug der mit Urteil der Préfecture du district de
Lavaux-Oron vom 7. Februar 2008 ausgesprochenen Geldstrafe von 10 Tagessätzen,
sowie eine Busse von Fr. 200.--. Zudem erklärte es die mit Urteil des
Kreisgerichts Thun vom 26. Juni 2008 bedingt ausgesprochene Freiheitsstrafe von
20 Monaten für vollziehbar. X.________ erhob gegen dieses Urteil Berufung.

A.b. Das Obergericht des Kantons Bern befand X.________ am 14. Juni 2012 des
Diebstahls, des banden- und gewerbsmässigen Diebstahls sowie des Versuchs dazu,
der mehrfachen Sachbeschädigung, des mehrfachen Hausfriedensbruchs und der
mehrfachen Widerhandlung gegen das Ausländergesetz schuldig. Es verurteilte ihn
zu einer Freiheitsstrafe von 34 Monaten und erklärte die Freiheitsstrafe von 20
Monaten gemäss Urteil des Kreisgerichts Thun vom 26. Juni 2008 für vollziehbar.
Auf den Widerruf der von der Préfecture du district de Lavaux-Oron am 7.
Februar 2008 bedingt ausgesprochenen Geldstrafe von 10 Tagessätzen verzichtete
es. Der erstinstanzliche Schuldspruch wegen Widerhandlung gegen das
Betäubungsmittelgesetz und die Busse von Fr. 200.-- erwuchsen unangefochten in
Rechtskraft.

A.c. Das Bundesgericht hiess am 26. September 2013 die Beschwerde von
X.________ gegen diesen Entscheid teilweise gut. Es hob das Urteil vom 14. Juni
2012 bezüglich des Schuldspruchs wegen Diebstahls, begangen am 21. Mai 2009 in
Konolfingen, sowie des Widerrufs des bedingten Vollzugs der Freiheitsstrafe von
20 Monaten auf und wies die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz
zurück. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat (Urteil
6B_712/2012, teilweise veröffentlicht in BGE 139 IV 282).

B. 
Das Obergericht des Kantons Bern sprach X.________ am 1. Juli 2014 der
Gehilfenschaft zu Diebstahl, begangen am 21. Mai 2009 in Konolfingen, schuldig
und bestätigte den Widerruf des bedingten Vollzugs der Freiheitsstrafe von 20
Monaten.

C. 
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, die Gesamtstrafe
von 34 Monaten angemessen zu reduzieren und vom Widerruf der bedingten
Freiheitsstrafe von 20 Monaten abzusehen.

Erwägungen:

1. 

1.1. Aufgrund der Bindungswirkung eines bundesgerichtlichen
Rückweisungsentscheids ist es den erneut mit der Sache befassten Gerichten wie
auch den Parteien im Rückweisungsverfahren - abgesehen von allenfalls
zulässigen Noven - verwehrt, der Überprüfung einen anderen als den bisherigen
Sachverhalt zugrunde zu legen oder die Sache unter rechtlichen Gesichtspunkten
zu prüfen, die im Rückweisungsentscheid ausdrücklich abgelehnt oder überhaupt
nicht in Erwägung gezogen worden sind (BGE 135 III 334 E. 2 und E. 2.1 mit
Hinweisen). Die neue Entscheidung der kantonalen Instanz ist somit auf
diejenige Thematik beschränkt, die sich aus den bundesgerichtlichen Erwägungen
als Gegenstand der neuen Beurteilung ergibt. Das Verfahren wird nur insoweit
neu in Gang gesetzt, als dies notwendig ist, um den verbindlichen Erwägungen
des Bundesgerichts Rechnung zu tragen (BGE 123 IV 1 E. 1; 117 IV 97 E. 4;
Urteil 6B_296/2014 vom 20. Oktober 2014 E. 1.2.2 mit Hinweisen). Diese
Bindungswirkung von bundesgerichtlichen Rückweisungsentscheiden, die in den
früheren Prozessgesetzen des Bundes (siehe Art. 66 Abs. 1 aOG, Art. 277 ^
ter aBStP) ausdrücklich statuiert war, wird im BGG als selbstverständlich
vorausgesetzt (BGE 135 III 334 E. 2.1; Urteil 6B_296/2014 vom 20. Oktober 2014
E. 1.2.2; je mit Hinweisen).

1.2. Nicht einzutreten ist auf die Beschwerde, soweit der Beschwerdeführer die
Freiheitsstrafe von 34 Monaten anficht. Das Bundesgericht befasste sich damit
bereits im Urteil 6B_712/2012 vom 26. September 2013 und befand, die Strafe
halte sich im Rahmen des sachrichterlichen Ermessens (E. 5). Für eine erneute
Überprüfung der Strafzumessung besteht kein Anlass. Daran ändert nichts, dass
bezüglich der Tat vom 21. Mai 2009 in Konolfingen angesichts des Verbots der
reformatio in peius (Art. 391 Abs. 2 Satz 1 StPO) nur ein Schuldspruch wegen
Gehilfenschaft zu Diebstahl ergehen konnte (BGE 139 IV 282 E. 2). Dies führt
nicht zu einer Strafminderung, da für die Strafzumessung insoweit nicht die
rechtliche Qualifikation, sondern der dem Beschwerdeführer von der Vorinstanz
zur Last gelegte Sachverhalt relevant ist. Art. 391 Abs. 2 Satz 1 StPO verlangt
lediglich, dass sich die abweichende Sachverhaltswürdigung durch die Vorinstanz
im Vergleich zum erstinstanzlichen Gericht im Dispositiv nicht in einem
schärferen Schuldspruch niederschlägt und auch nicht zu einer härteren Strafe
führt, wenn ausschliesslich die beschuldigte Person ein Rechtsmittel ergriff
(vgl. BGE 139 IV 282 E. 2.6). Vorliegend sprach bereits die erste Instanz eine
Freiheitsstrafe von 34 Monaten aus.

2. 

2.1. Der Beschwerdeführer beantragt, es sei auf den Widerruf des bedingten
Vollzugs der Vorstrafe von 20 Monaten zu verzichten. Er habe bereits die
Freiheitsstrafe von 34 Monaten zu vollziehen. Zudem verfüge er seit längerer
Zeit über eine geregelte Arbeit. Er sei sehr um seine Familie bemüht und plane
die weitere gemeinsame Zukunft mit seinen Kindern. Die Vorinstanz begründe
nicht, weshalb eine Gefahr weiterer Straftaten vorliege.

2.2. 

2.2.1. Begeht der Verurteilte während der Probezeit ein Verbrechen oder
Vergehen und ist deshalb zu erwarten, dass er weitere Straftaten verüben wird,
so widerruft das Gericht die bedingte Strafe oder den bedingten Teil der Strafe
(Art. 46 Abs. 1 StGB). Ist nicht zu erwarten, dass der Verurteilte weitere
Straftaten begehen wird, so verzichtet das Gericht auf einen Widerruf. Es kann
den Verurteilten verwarnen oder die Probezeit um höchstens die Hälfte der im
Urteil festgesetzten Dauer verlängern (Art. 46 Abs. 2 StGB).

2.2.2. Ein während der Probezeit begangenes Verbrechen oder Vergehen führt
nicht zwingend zum Widerruf des bedingten Strafaufschubs. Dieser soll nach Art.
46 Abs. 1 StGB nur erfolgen, wenn wegen der erneuten Straffälligkeit eine
eigentliche Schlechtprognose besteht (BGE 134 IV 140 E. 4.2 f. mit Hinweisen).
Die Prüfung der Bewährungsaussichten des Täters ist anhand einer
Gesamtwürdigung aller wesentlichen Umstände vorzunehmen (BGE 134 IV 140 E.
4.4). In die Beurteilung der Bewährungsaussichten im Falle des Widerrufs des
bedingten Strafvollzugs einer Freiheitsstrafe ist im Rahmen der Gesamtwürdigung
auch miteinzubeziehen, ob die neue Strafe bedingt oder unbedingt ausgesprochen
wird. Besonders günstige Umstände, wie sie Art. 42 Abs. 2 StGB für den
bedingten Strafaufschub bei entsprechender Vorverurteilung verlangt, sind für
den Widerrufsverzicht nicht erforderlich. Art und Schwere der erneuten
Delinquenz bleiben jedoch auch unter neuem Recht für den Entscheid über den
Widerruf insoweit von Bedeutung, als diese Rückschlüsse auf die Legalbewährung
des Verurteilten erlauben. Die Prognose für den Entscheid über den Widerruf
kann umso eher negativ ausfallen, je schwerer die während der Probezeit
begangenen Delikte wiegen (BGE 134 IV 140 E. 4.5 mit Hinweisen).

2.2.3. Dem Richter steht bei der Prüfung der Prognose des künftigen
Legalverhaltens ein Ermessensspielraum zu. Das Bundesgericht greift nur ein,
wenn der Richter sein Ermessen über- bzw. unterschreitet oder missbraucht und
damit Bundesrecht verletzt (BGE 134 IV 140 E. 4.2).

2.3. Die Vorinstanz erwägt u.a., der Beschwerdeführer habe trotz der
zweimaligen Untersuchungshaft von 100 und 73 Tagen, der Verurteilung vom 26.
Juni 2008 zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten und der laufenden Probezeit
einschlägig weiter delinquiert. Er habe damit eine enorme Gleichgültigkeit
gegenüber dem Straf- und Vollzugssystem offenbart, was bei der Prognosebildung
klarerweise negativ zu werten sei. Die Probezeitdelikte würden zudem schwer
wiegen. Zwar habe der Beschwerdeführer seit der Entlassung am 17. März 2011 aus
der fast einjährigen Untersuchungshaft keine Einbruchdiebstähle mehr begangen.
Anders als in BGE 134 IV 140 sei jedoch keine echte Trendwende oder positive
Persönlichkeitsentwicklung auszumachen. Auch das laufende Strafverfahren habe
ihn nicht von weiterem strafbarem Verhalten abgehalten. Gemäss dem
Anzeigerapport vom 10. Juli 2013 habe sich seine Ehefrau am 30. Juni 2013 um
05.42 bei der Polizei gemeldet und angegeben, der Beschwerdeführer sei soeben
betrunken nach Hause gekommen und habe in diesem Zustand das Mobiliar zerstört.
Als die Polizisten einen Atemlufttest hätten durchführen wollen, habe sich der
Beschwerdeführer losgerissen und sei geflüchtet. Er sei deshalb mit
rechtskräftigem Strafbefehl vom 8. August 2013 wegen Hinderung einer
Amtshandlung zu einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu Fr. 30.-- verurteilt
worden. Der Vorfall zeige, dass die Familiensituation des Beschwerdeführers bei
weitem nicht so harmonisch sei, wie die Verteidigung geltend mache. Immerhin
habe die Ehefrau gemäss dem Anzeigerapport vom 10. Juli 2013 verlangt, dass der
Beschwerdeführer die gemeinsame Wohnung verlasse. Sie müsse alleine für die
drei Kinder sorgen. Zudem scheine der Beschwerdeführer zumindest eine gewisse
Affinität zum Alkohol zu haben. Die Kleinkinder hätten ihn bereits früher nicht
daran gehindert, straffällig zu werden. Der Betreuungsaufwand scheine einseitig
auf den Schultern der Ehefrau zu lasten, welche dem Beschwerdeführer auch noch
bei der Schuldensanierung entscheidend zu helfen haben werde. Schliesslich
könne diesem auch keine Einsicht oder Geständnisbereitschaft zugute gehalten
werden (angefochtenes Urteil S. 14 f.).
Die Vorinstanz hält zusammenfassend fest, es liege keine Stabilisierung der
persönlichen, familiären und beruflichen Situation des Beschwerdeführers vor.
Ein tiefgreifender innerer Wandel oder eine nachhaltige Veränderung und
Festigung der Lebensumstände sei nicht auszumachen. Es sei zu erwarten, dass
dieser weitere Straftaten begehen werde, weshalb die bedingte Strafe zu
widerrufen sei. An dieser Schlechtprognose ändere nichts, dass die neue Strafe
zu vollziehen sei (angefochtenes Urteil S. 15).

2.4. Die vorinstanzlichen Erwägungen lassen keine Verletzung von Bundesrecht
erkennen. Die Vorinstanz nimmt entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers
eine Gesamtwürdigung vor und setzt sich mit den wesentlichen Umständen
auseinander. Sie begründet nachvollziehbar und stimmig, warum sie von einer
Schlechtprognose ausgeht.
Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur gerügt
werden, wenn sie willkürlich ist (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 137 IV 1 E.
4.2.3; 134 IV 36 E. 1.4.1; vgl. zum Begriff der Willkür: BGE 138 I 305 E. 4.3;
137 I 1 E. 2.4). Die Willkürrüge muss in der Beschwerde explizit vorgebracht
und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 264 E.
2.3; 137 IV 1 E. 4.2.3; 136 II 489 E. 2.8; je mit Hinweisen). Nicht zu hören
ist der Beschwerdeführer, soweit er geltend macht, seine berufliche und
familiäre Situation sei stabil. Die Vorinstanz würdigt die ihr zur Verfügung
stehenden Informationen und gelangt zur Überzeugung, dies sei nicht der Fall.
Der Beschwerdeführer setzt sich damit nicht auseinander. Eine willkürliche
Beweiswürdigung ist weder dargetan noch ersichtlich.
Der Beschwerdeführer wurde einschlägig rückfällig. Er liess sich weder durch
die Verurteilung vom 26. Juni 2008 noch die in diesem Zusammenhang erfolgte
Untersuchungshaft von 100 Tagen beeindrucken. Er wurde in der Folge gar nur
rund zwei Monate nach der vom 30. September bis 11. Dezember 2009 andauernden
erneuten Untersuchungshaft einschlägig straffällig, als er zur nächsten
Einbruchsserie schritt (angefochtenes Urteil S. 14). Von vornherein nicht zu
entlasten vermag ihn, dass er selber nie in ein Einbruchsobjekt einstieg (vgl.
Beschwerde S. 5), da er gemäss den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz
als "Logistiker" fungierte und an den Diebstählen nicht bloss in
untergeordneter Stellung teilnahm. Die Vorinstanz hat das ihr zustehende
Ermessen nicht überschritten, wenn sie von einer eigentlichen Schlechtprognose
ausgeht und den bedingten Vollzug der Freiheitsstrafe von 20 Monaten widerruft.
Die Rüge des Beschwerdeführers ist unbegründet.

3. 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die
Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern,
Strafabteilung, 1. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. April 2015

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Unseld

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