Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.1061/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_1061/2014

Urteil vom 18. April 2016

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiber M. Widmer.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Corinne Seeholzer,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Zug, Leitender Oberstaatsanwalt,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Entschädigung und Genugtuung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, Strafabteilung,
vom 25. September 2014.

Sachverhalt:

A.
Die Mutter von A.________ erklärte am 26. Juni 2009 gegenüber der Zuger
Polizei, ihre Tochter sei in den Jahren 2006 bis 2008 von ihrem damaligen
Klassenlehrer X.________ mehrfach sexuell missbraucht worden. Aufgrund dieser
Anschuldigung leitete die Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren ein. X.________
wurde vom 11. August 2009 bis zum 18. August 2009 in Untersuchungshaft
versetzt. Die Schulleitung stellte X.________ am 12. August 2009 zunächst frei
und kündigte das Arbeitsverhältnis am 14. Dezember 2009.
Mit Anklageschrift vom 11. Januar 2013 wurde X.________ vorgeworfen, die damals
noch nicht 16 Jahre alte Schülerin A.________ im Zeitraum von ca. 2006 bis ca.
Januar 2008 während der Schulzeiten mindestens einmal wöchentlich im
Klassenzimmer sexuell missbraucht und in einem Fall vergewaltigt zu haben.

B.
Das Strafgericht des Kantons Zug sprach X.________ mit Urteil vom 3. Oktober
2013 von allen Vorwürfen frei. Es sprach ihm für die Untersuchungshaft eine
Entschädigung von Fr. 2'400.-- zu. Für die Kosten seiner Verteidigung
entschädigte es ihn mit Fr. 65'000.-- und für das privat eingeholte
Glaubhaftigkeitsgutachten mit Fr. 4'375.--. Sodann richtete es ihm eine
Genugtuung von Fr. 20'000.-- aus. Die darüber hinausgehenden Entschädigungs-,
Schadenersatz- und Genugtuungsforderungen wies das Strafgericht ab.
Auf Berufung von X.________ hin bestätigte das Obergericht des Kantons Zug mit
Urteil vom 25. September 2014 die ihm zugesprochenen Entschädigungs- und
Genugtuungszahlungen und wies die darüber hinausgehenden Forderungen ab.

C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt im Wesentlichen, das
obergerichtliche Urteil sei in Bezug auf die abgewiesenen weitergehenden
Entschädigungsforderungen sowie die Kostenfolgen aufzuheben. Es sei ihm
Schadenersatz nach gerichtlichem Ermessen, mindestens jedoch Fr. 235'889.10
beziehungsweise eventualiter Fr. 132'200.85 zuzüglich 5 % Zins seit dem 12.
August 2009 zuzusprechen. Für das Verfahren vor Obergericht sei er mit
mindestens Fr. 5'000.-- zu entschädigen. Allenfalls sei die Sache zur
Neubeurteilung an das Strafgericht beziehungsweise das Obergericht
zurückzuweisen.

D.
Das Obergericht des Kantons Zug verzichtet auf eine Vernehmlassung und
beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen. Die Staatsanwaltschaft liess sich
nicht vernehmen.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, gestützt auf Art. 429 Abs. 1 lit. b
StPO sei die beschuldigte Person für die wirtschaftlichen Einbussen, die sich
aus dem Strafverfahren ergeben, zu entschädigen. Die in der bundesrätlichen
Botschaft zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts angeführten
Beispielfälle, in denen eine Entschädigungspflicht bejaht werde, seien nicht
abschliessend. Zu entschädigen seien auch Schäden, die sich mittelbar aus dem
Strafverfahren ergäben wie etwa der Verlust der Arbeitsstelle. Der Staat müsse
den gesamten Schaden wiedergutmachen, der durch das Strafverfahren verursacht
worden sei. Die gegen ihn geführte Strafuntersuchung sei adäquat kausal für
seine Entlassung gewesen. Das Verhalten der Schulleitung beziehungsweise der
Einwohnergemeinde B.________, welche das Arbeitsverhältnis trotz Bindung an die
Unschuldsvermutung gekündigt habe, sei nicht derart aussergewöhnlich, dass ein
den Kausalzusammenhang unterbrechendes Drittverschulden vorliege.

1.2. Die Vorinstanz erwägt, eine Entschädigung von Erwerbseinbussen gestützt
auf Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO setze einen engen zeitlichen Zusammenhang zu
einzelnen Verfahrenshandlungen voraus. Dies ergebe sich aus dem Gesetzestext
und der Botschaft zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts. Bei den vom
Beschwerdeführer geltend gemachten Erwerbseinbussen fehle es an einem solch
engen zeitlichen Zusammenhang. Diese hätten sich nicht unmittelbar durch die
zeitliche Beanspruchung im Strafverfahren ergeben, weshalb es an einer
strafprozessualen Anspruchsgrundlage fehle. Auch wenn man davon ausginge, dass
grundsätzlich ein Anspruch auf Entschädigung bestehe, würde es vorliegend am
adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Strafverfahren und den angeführten
wirtschaftlichen Einbussen fehlen. Dass die Einwohnergemeinde B.________ dem
Beschwerdeführer während des laufenden Strafverfahrens kündige, sei nach dem
gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung nicht zu
erwarten gewesen. Falls man dennoch von einem adäquaten Kausalzusammenhang
ausginge, würde dieser jedenfalls durch das grobe Drittverschulden der
Einwohnergemeinde B.________ unterbrochen. Diese habe eine Verdachtskündigung
ausgesprochen und sich missbräuchlich verhalten. Selbst wenn ein Unterbruch der
Adäquanz zu verneinen wäre, würde es wenigstens teilweise am adäquaten
Kausalzusammenhang fehlen. Seit dem rechtskräftigen Freispruch dürfe vom
Beschwerdeführer erwartet werden, wieder als Lehrer zu arbeiten. Für die
Zeitspanne ab dem 1. August 2014 (Beginn Schuljahr 2014/2015) bis zu seiner
Pensionierung im März 2017 stelle das Strafverfahren daher keine adäquate
Ursache für einen (allfälligen) Erwerbsausfall mehr dar.

1.3.

1.3.1. Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder
wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie u.a. Anspruch auf
Entschädigung der wirtschaftlichen Einbussen, die ihr aus ihrer notwendigen
Beteiligung am Strafverfahren entstanden sind (Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO).
Die Strafbehörde prüft den Anspruch von Amtes wegen. Sie kann die beschuldigte
Person auffordern, ihre Ansprüche zu beziffern und zu belegen (Art. 429 Abs. 2
StPO). Die Gesetzesbestimmung begründet eine Kausalhaftung des Staates. Dieser
muss den gesamten Schaden wiedergutmachen, der mit dem Strafverfahren in einem
Kausalzusammenhang im Sinne des Haftpflichtrechts steht (Botschaft vom 21.
Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBI 2006 1329 Ziff.
2.10.3.1; Urteil 6B_251/2015 vom 24. August 2015 E. 2.2.2).
Die Höhe der wirtschaftlichen Einbussen wird nach den zivilrechtlichen Regeln
berechnet (Urteil 6B_1026/2013 vom 10. Juni 2014 E. 3.1 mit Hinweisen;
WEHRENBERG/FRANK, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2.
Aufl. 2014, N. 25 zu Art. 429 StPO). Nach konstanter Rechtsprechung entspricht
der Schaden der Differenz zwischen dem gegenwärtigen - nach dem schädigenden
Ereignis festgestellten - Vermögensstand und dem Stand, den das Vermögen ohne
das schädigende Ereignis hätte (Urteil 6B_251/2015 vom 24. August 2015 E. 2.2.2
mit Hinweisen). Der Schaden ist die ungewollte beziehungsweise unfreiwillige
Vermögensverminderung. Er kann in einer Vermehrung der Passiven, einer
Verminderung der Aktiven oder in entgangenem Gewinn bestehen (BGE 139 V 176 E.
8.1.1 S. 187 f.; 132 III 359 E. 4. S. 366; je mit Hinweisen).
Die Strafbehörde ist nicht verpflichtet, alle für die Beurteilung des
Entschädigungsanspruchs bedeutsamen Tatsachen von Amtes wegen abzuklären.
Gestützt auf Art. 429 Abs. 2 StPO hat sie die beschuldigte Person im Falle
eines (teilweisen) Freispruchs zur Frage der Entschädigung aber mindestens
anzuhören und gegebenenfalls aufzufordern, ihre Ansprüche zu beziffern und zu
belegen. Es obliegt der beschuldigten Person, ihre Ansprüche zu begründen und
auch zu belegen (Urteil 6B_251/2015 vom 24. August 2015 E. 2.2.2 mit
Hinweisen). Dies entspricht der zivilrechtlichen Regel, wonach wer
Schadenersatz beansprucht, den Schaden zu beweisen hat (Art. 42 Abs. 1 OR). Nur
wenn sich der Schaden nicht ziffernmässig nachweisen lässt, ist er gestützt auf
Art. 42 Abs. 2 OR nach Ermessen des Richters mit Rücksicht auf den gewöhnlichen
Lauf der Dinge und auf die vom Geschädigten getroffenen Massnahmen abzuschätzen
(Urteil 6B_666/2014 vom 16. Dezember 2014 E. 4.1). Die Beweiserleichterung
gemäss Art. 42 Abs. 2 OR ist restriktiv anzuwenden (BGE 133 III 462 E. 4.4.2 S.
471 mit Hinweisen; Urteil 6B_1026/2013 vom 10. Juni 2014 E. 3.1).

1.3.2. Weder aus dem offenen Wortlaut der Norm noch aus den Ausführungen in der
bundesrätlichen Botschaft ergibt sich, dass gestützt auf Art. 429 Abs. 1 lit. b
StPO nur diejenigen wirtschaftlichen Einbussen entschädigt werden, die in einem
Kausalzusammenhang mit einer bestimmten Verfahrenshandlung stehen. Die
Vorinstanz weist zwar mit Recht darauf hin, dass in der Botschaft ausgeführt
wird, es gehe vor allem um die Lohn- oder Erwerbseinbusse, die wegen der
vorläufigen Verhaftung oder der Beteiligung an Verfahrenshandlungen erlitten
wurde, sowie um die Reisekosten (BBl 2006 1329 Ziff. 2.10.3.1). Allerdings ist
diese Aufzählung nicht abschliessend. Im Parlament wurde die Frage nicht
thematisiert und Art. 437 des Entwurfs zu einer Schweizerischen
Strafprozessordnung vom 21. Dezember 2005 (E-StPO), welcher dem heutigen Art.
429 StPO entspricht, in beiden Räten jeweils ohne Diskussion angenommen (vgl.
AB 2006 S 1059; AB 2007 N 1032). Eine Einschränkung des Anspruchs auf
Entschädigung der wirtschaftlichen Einbussen, wie sie die Vorinstanz annimmt,
liesse sich allenfalls aus dem Vorentwurf zu einer Schweizerischen
Strafprozessordnung vom Juni 2001 respektive dem dazugehörigen Begleitbericht
(vgl. Art. 499 VE-StPO; S. 290 f. des Begleitberichts) ableiten. Darin wird
ausgeführt, dass nur die finanziellen Folgen einer notwendigen Beteiligung am
Verfahren vergütet werden, d.h. die aktive oder passive Beteiligung an
Verfahrenshandlungen, die von den Strafbehörden angeordnet wurden (S. 291 des
Begleitberichts).
In der Lehre wird überwiegend die Ansicht vertreten, dass nicht nur der
unmittelbar aus einer bestimmten Verfahrenshandlung (insbesondere einer
Zwangsmassnahme) entstandene Schaden, sondern auch die mittelbar aus dem
Strafverfahren sich ergebenden wirtschaftlichen Einbussen, beispielsweise
aufgrund des Verlusts der Arbeitsstelle, zu entschädigen sind (vgl. WEHRENBERG/
FRANK, a.a.O., N. 23 f. zu Art. 429 StPO; YVONA GRIESSER, in: Kommentar zur
Schweizerischen Strafprozessordnung, Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], 2.
Aufl. 2014, N. 6 zu Art. 429 StPO; NIKLAUS SCHMID, Handbuch des schweizerischen
Strafprozessrechts, 2. Aufl. 2013, S. 811 N. 1814 f.; DERSELBE, Schweizerische
Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, N. 8 zu Art. 429 StPO;
JEANNERET/KUHN, Précis de procédure pénale, 2013, N. 5066; JO PITTELOUD, Code
de procédure pénale suisse, commentaire à l'usage des praticiens, 2012, N. 1354
zu Art. 429 StPO; MIZEL/RÉTORNAZ, in: Commentaire romand, Code de procédure
pénale suisse, 2011, N. 43 und 45 zu Art. 429 StPO; RIEDO/FIOLKA/NIGGLI,
Strafprozessrecht sowie Rechtshilfe in Strafsachen, 2011, N. 3102; MAURO MINI,
in: Commentario, Codice svizzero di procedura penale, Zürich/St. Gallen 2010,
N. 6 zu Art. 429 StPO; zum altrechtlichen zürcherischen Untersuchungsverfahren:
RUTH WALLIMANN BAUR, Entschädigung und Genugtuung durch den Staat an unschuldig
Verfolgte im ordentlichen zürcherischen Untersuchungsverfahren, Diss. Zürich
1998, S. 103 Ziff. 5.2.2). Dieser Auffassung folgen auch einige kantonale
Gerichte (vgl. Urteile des Obergerichts des Kantons Zürich vom 14. Oktober 2015
[SB140563] E. 3 sowie vom 22. September 2015 [SB150026] E. 1.2.2 und E. 1.4.3;
Urteil des Kantonsgerichts Freiburg vom 15. Juni 2015 [501 2011 83] E. 6a;
Urteil des Kantonsgerichts Neuenburg vom 29. April 2014 [RJN2014 S. 298 ff.] E.
2; Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, vom
15. April 2013 [470 13 49] E. 3.1; Entscheid der Anklagekammer des Kantons St.
Gallen vom 12. Februar 2013 [AK.2012.372] E. 3.2) und auch das
Bundesstrafgericht (vgl. Entscheid der Beschwerdekammer vom 22. Februar 2016
[BB.2015.100] E. 4 und 6).

1.3.3. Das Bundesgericht hat sich bisher noch nicht dazu geäussert, ob und
gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen in Fällen wie dem vorliegenden
eine Entschädigungspflicht des Staates gestützt auf Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO
besteht. Die in der Literatur und teilweise in der (kantonalen) Rechtsprechung
erkennbare Stossrichtung (vgl. E. 1.3.2), dass der Staat den gesamten sich aus
dem Strafverfahren ergebenden Schaden wiedergutzumachen hat, wenn die
beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen wird, erscheint indessen
sachlich gerechtfertigt. Der Umstand, dass ein Strafverfahren geführt wird, ist
(natürlich) kausal für alle damit in Zusammenhang stehenden
Verfahrenshandlungen und die sich daraus allenfalls ergebenden wirtschaftlichen
Einbussen der beschuldigten Person. Gerade für den Verlust der Arbeitsstelle
dürfte zudem oftmals nicht eine einzelne Verfahrenshandlung ursächlich sein,
sondern eine Kombination der mit dem Strafverfahren einhergehenden
Verfahrenshandlungen beziehungsweise der Umstand an sich, dass eine
Strafuntersuchung geführt wird. Müsste die beschuldigte Person belegen, dass
die erlittene wirtschaftliche Einbusse auf eine ganz bestimmte
Verfahrenshandlung zurückzuführen ist, wäre eine Entschädigung in vielen Fällen
illusorisch. Ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen der wirtschaftlichen
Einbusse und dem Strafverfahren muss deshalb genügen. Es wäre stossend, wenn
die (teilweise) zu Unrecht verfolgte Person einen aus der Strafverfolgung
resultierenden Schaden selbst zu tragen hätte oder ausserhalb des
Strafverfahrens geltend machen müsste, wenn dieser nicht einer bestimmten
Verfahrenshandlung zugeordnet werden kann (vgl. dazu auch WEHRENBERG/FRANK,
a.a.O., N. 34 zu Art. 429 StPO). Dem Gesetzestext und den Materialien zu Art.
429 Abs. 1 lit. b StPO lässt sich nichts entnehmen, was gegen eine derartige
Auslegung sprechen würde. Sie steht zudem im Einklang mit der Bestimmung von
Art. 420 StPO, welche die Ausschliesslichkeit der staatlichen Ersatzpflicht
verankert. Demnach ist nur der Bund oder der Kanton, der das Verfahren geführt
hat, dazu verpflichtet, die der beschuldigten Person zustehenden
Entschädigungen oder Genugtuungen zu zahlen. Dem Staat steht in der Folge
gegebenenfalls ein Rückgriffsrecht auf jene Personen zu, welche diese Kosten
vorsätzlich oder grobfahrlässig herbeigeführt haben (Urteil 6B_5/2013 vom 19.
Februar 2013 E. 2.6 mit Hinweisen; BBl 2006 1325 Ziff. 2.10.1; THOMAS DOMEISEN,
in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 2
f. zu Art. 420 StPO). Ein allfälliger Rückgriff des Gemeinwesens auf Personen,
die im Namen und zu Lasten einer Behörde gehandelt haben, richtet sich
demgegenüber nicht nach der StPO, sondern nach dem Verwaltungsrecht von Bund
und Kantonen (BBl 2006 1325 Ziff. 2.10.1).

1.3.4. Nach dem Vorstehenden ist der dem Beschwerdeführer durch den Verlust
seiner Arbeitsstelle entstandene Schaden gestützt auf Art. 429 Abs. 1 lit. b
StPO grundsätzlich zu entschädigen, sofern dieser mit dem Strafverfahren in
einem adäquaten Kausalzusammenhang steht.

1.4. Vorliegend stellt sich jedoch die Frage, ob der Beschwerdeführer die
geforderte Entschädigung gesamthaft auf Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO stützen
kann. Das Strafverfahren wurde Mitte 2009 eingeleitet und damit vor
Inkrafttreten der StPO. Die Vorinstanz äussert sich wie das erstinstanzliche
Gericht nicht dazu, ob der Entschädigungsanspruch für die Zeit vor dem 1.
Januar 2011 nach der bis Ende 2010 geltenden Strafprozessordnung des Kantons
Zug zu beurteilen ist. Die übergangsrechtlichen Bestimmungen der
Schweizerischen Strafprozessordnung enthalten keine Bestimmungen hinsichtlich
der Verfahrenskosten sowie allfälliger Entschädigungen und Genugtuungen in
solchen Fällen. Das Bundesgericht hat indessen bereits mehrfach entschieden,
dass sich solche Ansprüche grundsätzlich nach der im Zeitpunkt ihres Entstehens
massgebenden Rechtsgrundlage beurteilen. Mit Hinweis auf eine in der Literatur
vertretene Meinung hat es allerdings ebenfalls festgehalten, dass es aus
Gründen der Vereinfachung des Verfahrens ausnahmsweise zulässig sein kann, wenn
der gesamte Anspruch nach dem neuen Recht beurteilt wird, sofern dieses nicht
nachteiliger ist (vgl. Urteile 6B_875/2013 vom 7. April 2014 E. 3.2.1 f.;
6B_184/2013 vom 1. Oktober 2013 E. 8.2; 6B_668/2012 vom 11. April 2013 E. 2.4,
nicht publiziert in: BGE 139 IV 206; je mit Hinweisen; NIKLAUS SCHMID,
Übergangsrecht der Schweizerischen Strafprozessordnung, 2010, N. 374).
Der Beschwerdeführer rügt nicht, die Vorinstanz habe die von ihm geltend
gemachten Ansprüche zu Unrecht nach den Bestimmungen der StPO beurteilt. Es ist
auch nicht ersichtlich, dass die Anwendung dieser Bestimmungen für die
Gesamtheit seiner Forderungen sich zu seinem Nachteil auswirken würde. Im Sinne
einer Vereinfachung des Verfahrens ist dieses Vorgehen daher ausnahmsweise als
zulässig zu erachten.

1.5.

1.5.1. Ein natürlicher Kausalzusammenhang besteht dann, wenn das
schadensstiftende Verhalten für den eingetretenen Schaden eine notwendige
Bedingung (conditio sine qua non) bildet, d.h. nicht hinweggedacht werden
könnte, ohne dass auch der eingetretene Erfolg entfiele. Ob ein natürlicher
Kausalzusammenhang vorliegt, ist eine Tatfrage (BGE 139 V 176 E. 8.4.1 und
8.4.3 S. 189 f.; 132 III 715 E. 2.2 S. 718; je mit Hinweisen). Das
Bundesgericht ist an die diesbezüglichen Feststellungen der Vorinstanz gebunden
(Art. 105 Abs. 1 BGG), vorbehältlich von Ausnahmen im Sinne von Art. 105 Abs. 2
BGG.

1.5.2. Ein adäquater Kausalzusammenhang liegt vor, wenn ein Umstand nicht nur
conditio sine qua non des Schadens, sondern auch nach dem gewöhnlichen Lauf der
Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet ist, den eingetretenen
Erfolg zu bewirken, so dass der Eintritt dieses Erfolgs als durch die fragliche
Bedingung wesentlich begünstigt erscheint (BGE 139 V 176 E. 8.4.2 S. 190; 129 V
177 E. 3.2 S. 181; Urteil 4A_275/2013 vom 30. Oktober 2013 E. 5; je mit
Hinweisen). Die adäquate Kausalität ist eine Rechtsfrage, die vom Bundesgericht
frei zu prüfen ist (Art. 95 lit. a BGG; BGE 139 V 176 E. 8.4.3 S. 190; 132 III
715 E. 2.2 S. 718; Urteil 4A_275/2013 vom 30. Oktober 2013 E. 5.1; je mit
Hinweisen).
Der adäquate Kausalzusammenhang wird unterbrochen, wenn zu einer an sich
adäquaten Ursache eine andere Ursache hinzutritt, die einen derart hohen
Wirkungsgrad aufweist, dass erstere nach wertender Betrachtungsweise als
rechtlich nicht mehr beachtlich erscheint. Entscheidend ist die Intensität der
beiden Ursachen (BGE 130 III 182 E. 5.4 S. 188 mit Hinweisen). Das Verhalten
eines Dritten vermag den Kausalzusammenhang nur zu unterbrechen, wenn diese
Zusatzursache derart ausserhalb des normalen Geschehens liegt, derart unsinnig
ist, dass damit nicht zu rechnen war (BGE 116 II 519 E. 4b S. 524 mit
Hinweisen).

1.5.3. Das Vorliegen der natürlichen Kausalität zwischen dem Strafverfahren und
der Entlassung des Beschwerdeführers beziehungsweise der von diesem geltend
gemachten wirtschaftlichen Einbussen ist unbestritten. Wie die Vorinstanz zu
Recht ausführt, fehlt es demgegenüber an einem adäquaten Kausalzusammenhang
zwischen dem Strafverfahren und der Entlassung des Beschwerdeführers. Die
Strafbehörden tragen nicht die Verantwortung für ein Fehlverhalten anderer
Behörden und haben auch nicht für allfällig daraus entstehenden Schaden
einzustehen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zug, welches die Auflösung des
Arbeitsverhältnisses mit Blick auf die Vereinbarkeit mit dem einschlägigen
Personalrecht geprüft hat, kam in seinem Urteil vom 25. Oktober 2011 zum
Schluss, dass die Entlassung des Beschwerdeführers sachlich nicht
gerechtfertigt war und eine unzulässige Verdachtskündigung ausgesprochen wurde.
Das rechtswidrige Verhalten der Schulbehörde haben die Strafbehörden indessen
nicht zu vertreten und sie hatten auch nicht mit einem solchen zu rechnen.
Vielmehr hätte von der Schulbehörde trotz der für alle involvierten Personen
schwierigen Situation ein behutsames und umsichtiges, ihrer Fürsorgepflicht als
Arbeitgeberin gerecht werdendes Verhalten erwartet werden dürfen. Der Umstand
alleine, dass gegen den Beschwerdeführer eine Strafuntersuchung geführt wurde,
war nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung
nicht geeignet, dessen Entlassung zu bewirken.

1.6. Die Vorinstanz hat eine Schadenersatzpflicht gestützt auf Art. 429 Abs. 1
lit. b StPO nach dem Vorstehenden zu Recht verneint. Auf die vom
Beschwerdeführer gerügten angeblichen Mängel in der Führung der
Strafuntersuchung durch die Staatsanwaltschaft sowie die geltend gemachte
Schadenshöhe ist daher mangels strafprozessualer Anspruchsgrundlage nicht
einzugehen.

2.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die
bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug,
Strafabteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 18. April 2016

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: M. Widmer

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