Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.1045/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]                 
{T 0/2}
                               
6B_1045/2014, 6B_1046/2014

Urteil vom 19. Mai 2015

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiber Boog.

Verfahrensbeteiligte
6B_1045/2014
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau,
Beschwerdeführerin 1,

gegen

X.________,
Beschwerdegegnerin,

und

6B_1046/2014
Y.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Jeanine Hollinger,
Beschwerdeführer 2,

gegen

1. X.________,
2. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerinnen.
Gegenstand
6B_1045/2014
Einstellung des Verfahrens (Entführung usw.),

6B_1046/2014
Einstellung des Strafverfahrens (Entführung usw.); Kosten und
Parteientschädigung,

Beschwerden gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht,
1. Kammer, vom 25. September 2014.

Sachverhalt:

A.

A.a. X.________ brachte im Sommer 2010 im Einverständnis mit ihrem heute
getrennt von ihr lebenden Ehemann Y.________ den gemeinsamen Sohn Z.________,
geboren am 17. Dezember 2005, in die Ukraine, wo er die Sommerschulferien bei
seiner Grossmutter verbringen sollte. Die Eltern hatten vereinbart, dass
Z.________ auf den Schulbeginn am 18. August 2010 in die Schweiz zurückkehren
sollte. Als Z.________ im August 2010 noch nicht in der Schweiz angekommen war,
überzeugte X.________ ihren Ehemann, den Aufenthalt des Sohnes bis Ende des
Jahres 2010 zu verlängern, weil sie wegen ihrer Dissertation und ihrer
Anstellung an der ETH Zürich nicht in der Lage war, das Kind zu betreuen.
Nachdem X.________ der Aufforderung, den Sohn Ende des Jahres 2010 in die
Schweiz zurückzubringen, erneut nicht nachgekommen war, reiste Y.________
selber in die Ukraine, um seinen Sohn zurück in die Schweiz zu holen. Auf
Anweisung X.________ verweigerte ihm die Schwiegermutter indes den Zugang zu
seinem Sohn. Anfang April 2011 verschwand X.________ aus einem Aufenthalt in
der Psychiatrischen Klinik Königsfelden, Brugg, und verlegte ihren Wohnsitz in
die Ukraine. Am 16. Januar 2013 wurde sie in Untersuchungshaft versetzt.

 X.________ wird vorgeworfen, sie habe entgegen ihren Versprechungen gegenüber
ihrem Ehemann von Anbeginn die Absicht gehabt, ihren Sohn für immer in der
Ukraine zurückzuhalten.

A.b. Das Bezirksgericht Brugg stellte mit superprovisorischer Verfügung vom 7.
April 2011 Z.________ vorläufig unter die Obhut von Y.________ und
verpflichtete X.________, den Sohn zur Ausübung der Obhut bis spätestens am 10.
April 2011 herauszugeben. Mit Teilentscheid vom 21. April 2011 bestätigte das
Bezirksgericht Brugg diese Verfügung und verpflichtete X.________, ihren Sohn
Z.________ unverzüglich in die eheliche Wohnung zurückzubringen. Dieser
Verpflichtung kam X.________ nicht nach und verweigerte ihrem Ehemann jeglichen
Kontakt zum gemeinsamen Sohn. Sie versagte auch aus der Untersuchungshaft die
Zustimmung zur Ausreise des Sohnes aus der Ukraine.

B.

 Das Bezirksgericht Brugg erklärte X.________ am 3. Dezember 2013 der
Freiheitsberaubung gemäss Art. 183 Ziff. 1 Satz 1 StGB und der Entziehung eines
Unmündigen gemäss aArt. 220 StGB (in der bis zum 30. Juni 2014 geltenden
Fassung) schuldig und verurteilte sie zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren,
unter Anrechnung der ausgestandenen Untersuchungs- und Sicherheitshaft. Von der
Anklage der Entführung im Sinne von Art. 183 Ziff. 1 Satz 2 und Art. 183 Ziff.
2 StGB sprach es sie frei. Ferner widerrief das Bezirksgericht die mit
Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach vom 11. Oktober 2011 bedingt
aufgeschobene Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 200.--.

 Gegen dieses Urteil erhob die Beurteilte Berufung und die Staatsanwaltschaft
Brugg-Zurzach Anschlussberufung. Mit Urteil vom 5. September 2014 trat das
Obergericht des Kantons Aargau auf die Berufung nicht ein. Es hob das
erstinstanzliche Dispositiv auf, bestätigte den erstinstanzlichen Freispruch
von der Anklage der Entführung gemäss Art. 183 Ziff. 1 Satz 2 sowie Art. 183
Ziff. 2 StGB und stellte das gegen X.________ geführte Strafverfahren
hinsichtlich der Freiheitsberaubung und des Entziehens von Unmündigen ein. Die
erstinstanzlichen Verfahrenskosten und die Kosten des Berufungsverfahrens
auferlegte es zur Hälfte Y.________. Überdies forderte es von diesem die dem
amtlichen Verteidiger der Beschuldigten für beide Instanzen zugesprochenen
Parteientschädigungen im Umfang von 50 % zurück. Schliesslich entliess es
X.________ aus der Sicherheitshaft (vgl. zur Sicherheitshaft Urteil des
Bundesgerichts 1B_399/2013 und 1B_415/2013 vom 29. November 2013).

C.

 Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau und Y.________ führen Beschwerde
in Strafsachen. Die Oberstaatsanwaltschaft stellt Antrag auf Aufhebung des
angefochtenen Urteils und Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur
Durchführung eines Berufungsverfahrens. Y.________ beantragt, die Sache sei zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter sei die Berufung
von X.________ abzuweisen.

D.

 Das Obergericht des Kantons Aargau beantragt die Abweisung der Beschwerde der
Oberstaatsanwaltschaft. Zur Beschwerde von Y.________ liess sie sich nicht
vernehmen. Die Oberstaatsanwaltschaft hat auf Gegenbemerkungen zur Beschwerde
von Y.________ verzichtet. X.________ hat sich nicht vernehmen lassen.

Erwägungen:

1.

 Das Bundesgericht vereinigt mehrere Verfahren, wenn diese in einem engen
sachlichen Zusammenhang stehen, namentlich wenn sie sich gegen denselben
Entscheid richten, und wenn sie die gleichen Parteien sowie ähnliche oder
gleiche Rechtsfragen betreffen (vgl. BGE 126 V 283 E. 1; 113 Ia 390 E. 1).
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Es rechtfertigt sich
daher, die beiden Beschwerden gestützt auf Art. 71 BGG in sinngemässer
Anwendung von Art. 24 Abs. 2 lit. b BZP zu vereinigen und in einem einzigen
Entscheid zu beurteilen.

2.

2.1. Das Bezirksgericht Brugg sprach die Beschwerdegegnerin wegen
Freiheitsberaubung im Sinne von Art. 183 Ziff. 1 Satz 1 StGB und wegen
Entziehens eines Unmündigen im Sinne von aArt. 220 StGB schuldig. In Bezug auf
den Vorwurf der Entführung gemäss Art. 183 Ziff. 1 Satz 2 und 183 Ziff. 2 StGB
sprach es sie frei (vgl. hiezu nunmehr Urteil des Bundesgerichts 6B_123/2014
vom 2. Dezember 2014 E. 4.5, zur Publikation bestimmt). Dieser Freispruch
bildete nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. Die Beschwerdeführerin 1
wendete sich in ihrer Anschlussberufung lediglich gegen die Strafzumessung und
die Kostenverlegung. Der Beschwerdeführer 2 focht den Entscheid nicht an. Die
Beschwerdegegnerin trug auf vollumfänglichen Freispruch an.

2.2. Der Beschwerdeführer 2 hat am 4. März 2011 gegen die Beschwerdegegnerin
Strafanzeige/Strafantrag wegen Entziehens von Unmündigen gemäss aArt. 220 StGB
gestellt (Sachverhaltsakten act. 179) und sich im Verfahren als Strafkläger
konstituiert (Art. 119 Abs. 2 lit. a StPO). Zivilforderungen gegenüber der
Beschwerdegegnerin hat er nicht geltend gemacht (Beschwerde 2 S. 5 f.).

2.3. Zur Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht ist nach Art. 81 Abs. 1
BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine
Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a) und ein rechtlich geschütztes
Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit.
b).

 Die Privatklägerschaft hat gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG ein
rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des
angefochtenen Entscheids, wenn dieser sich auf die Beurteilung ihrer
Zivilansprüche auswirken kann. Dies setzt im Falle eines Freispruchs
grundsätzlich voraus, dass die Privatklägerschaft, soweit zumutbar, ihre
Zivilansprüche aus strafbarer Handlung im Strafverfahren geltend gemacht hat (
BGE 137 IV 246 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Unbekümmert um die fehlende
Legitimation in der Sache selbst kann die Privatklägerschaft die Verletzung von
Verfahrensrechten geltend machen, deren Missachtung eine formelle
Rechtsverweigerung darstellt. Zulässig sind Rügen formeller Natur, die von der
Prüfung der Sache selber getrennt werden können. Nicht zu hören sind Rügen, die
im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids
abzielen (BGE 138 IV 248 E. 2 mit Hinweisen).

 Gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 6 BGG ist zudem diejenige Person zur
Beschwerde berechtigt, die den Strafantrag stellt, soweit es um das
Strafantragsrecht als solches geht.

2.4. Der Beschwerdeführer 2 ist mangels geltend gemachter Zivilforderungen im
bundesgerichtlichen Verfahren in Bezug auf den Schuldpunkt nicht zur Beschwerde
legitimiert (anders für das Berufungsverfahren; Art. 382 Abs. 1 StPO; BGE 139
IV 78 E. 3.3.3). Es fehlt mithin insofern an einem rechtlichen Interesse an der
Aufhebung des Einstellungsbeschlusses der Vorinstanz. Bei dieser Sachlage kann
offenbleiben, ob dem Beschwerdeführer 2, der in eigenem Namen Beschwerde führt,
in Bezug auf den Tatbestand der Freiheitsberaubung die Stellung eines
indirekten Opfers zukommt und er unter diesem Titel zur Beschwerde legitimiert
wäre (vgl. Art. 116 Abs. 2 StPO; Art. 1 Abs. 2 und 39 OHG).

 Soweit der Beschwerdeführer 2 im Zusammenhang mit aArt. 220 StGB als
Strafantragssteller Beschwerde führt (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 6 BGG) und
seine Beschwerde das Strafantragsrecht betrifft, ist seine Legitimation indes
zu bejahen. Dasselbe gilt, soweit der Beschwerdeführer 2 sich gegen die
teilweise Auferlegung der erst- und zweitinstanzlichen Verfahrenskosten sowie
die teilweise Rückforderung der an den Vertreter der Beschwerdegegnerin
ausgerichteten Parteientschädigung wendet. Der Beschwerdeführer ist auch
insofern vom angefochtenen Urteil beschwert und hat ein rechtlich geschütztes
Interesse im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG (BGE 128 IV 228 E. 2).

2.5. Der Staatsanwaltschaft steht gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 BGG das
Beschwerderecht in Strafsachen ohne Einschränkung zu (BGE 134 IV 36 E. 1.4).
Sie kann namentlich auch die Höhe der Entschädigung für die private oder die
amtliche Verteidigung anfechten (BGE 139 IV 199 E. 2).

3.

3.1. Die Vorinstanz nimmt an, die Beschwerdegegnerin habe den gemeinsamen Sohn
im Juni 2010 im Einverständnis des Beschwerdeführers 2 für die Dauer der
Sommerferien zu ihrer Mutter in die Ukraine verbracht. In der Folge habe der
Beschwerdeführer 2 - wenn auch widerwillig - der Verlängerung des Aufenthalts
des Kindes bis Dezember 2010 zugestimmt. Der Sohn habe sich somit in der Zeit
von Juni bis Dezember 2010 nicht gegen den Willen des Vaters, sondern im
Einverständnis beider Elternteile bei seiner Grossmutter in der Ukraine
aufgehalten. Das Kind verfüge über die ukrainische Staatsbürgerschaft, spreche
Russisch und habe in der Ukraine den Kindergarten besucht. Damit habe sich der
tatsächliche Mittelpunkt seiner Lebensführung spätestens ab August 2010 in der
Ukraine befunden, auch wenn sein Verbleib ursprünglich nur für die Dauer
mehrerer Monate während der Sommerferien geplant gewesen sei. Demzufolge habe
er dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Eine Freiheitsentziehung zu
seinem Nachteil hätte ab Juni 2010 somit nur in der Ukraine begangen werden
können. Es fehle daher an der schweizerischen Zuständigkeit zur
strafrechtlichen Verfolgung des der Beschwerdegegnerin vorgeworfenen
Verhaltens. Im Übrigen lasse sich, wie die erste Instanz im Zusammenhang mit
der Anklage der Kindsentführung erwogen habe, nicht nachweisen, dass die
Beschwerdegegnerin von Anbeginn weg die Absicht gehabt habe, den Sohn in der
Ukraine zu belassen. Damit könne auf die Berufung zufolge Fehlens einer
Prozessvoraussetzung im Sinne von Art. 403 Abs. 1 lit. c StPO nicht eingetreten
werden und sei das Verfahren einzustellen (angefochtenes Urteil S. 11 ff.).

 Ergänzend führt die Vorinstanz aus, die Beschwerdegegnerin habe sich auch
keine Freiheitsberaubung durch ein Unterlassen in der Schweiz zu Schulden
kommen lassen. Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen sei nicht
nachgewiesen, dass sie den gemeinsamen Sohn an seinem Aufenthaltsort in der
Ukraine gefangen oder festgehalten habe. Im Übrigen läge auch bei dieser
Konstellation der Handlungs- und Erfolgsort in der Ukraine, weshalb die
ukrainischen Behörden für die strafrechtliche Verfolgung zuständig wären
(angefochtenes Urteil S. 13).

3.2. Zum gleichen Ergebnis gelangt die Vorinstanz in Bezug auf den Schuldspruch
des Entziehens von Unmündigen gemäss aArt. 220 StGB. Da der Sohn Z.________ im
Juni 2010 im Einverständnis beider Elternteile in die Ukraine verbracht worden
sei, komme die Erfüllung des Tatbestandes nur in der Form der Weigerung zur
Rückgabe des Kindes in Betracht. Ein strafbares Verhalten der
Beschwerdegegnerin läge indes nur vor, wenn diese überhaupt die Pflicht
getroffen hätte, Z.________ in die Schweiz zurückzubringen. Eine solche Pflicht
habe indes nicht bestanden, da sich der tatsächliche Lebensmittelpunkt des
Sohnes und damit sein gewöhnlicher Aufenthalt in die Ukraine verlagert habe.
Habe ein Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, sei für die Frage des
Obhuts- und Sorgerechts der Richter an seinem gewöhnlichen Aufenthalt
zuständig. Damit fehle es auch in diesem Punkt an der schweizerischen
Gerichtsbarkeit. Die Regelung des Obhuts- und Sorgerechts sowie des daraus
fliessenden Aufenthaltsbestimmungsrechts fielen in die Zuständigkeit der
ukrainischen Behörden und richteten sich nach ukrainischem Recht. Da kein in
der Schweiz anerkanntes ukrainisches Erkanntnis aktenkundig sei, welches die
Beschwerdegegnerin verpflichte, Z.________ in die Schweiz zurückzubringen, habe
sie sich durch ihr Verhalten nicht strafbar gemacht. Im Übrigen gelte auch in
diesem Zusammenhang, dass eine von Anfang an bestehende Absicht der
Beschwerdegegnerin, den gemeinsamen Sohn nicht mehr zurück in die Schweiz zu
bringen, nicht nachgewiesen sei (angefochtenes Urteil S. 14 f.).

4.

4.1. Die Beschwerdeführerin 1 rügt zunächst, die Vorinstanz sei im
schriftlichen Verfahren auf die Berufung nicht eingetreten, habe aber das
erstinstanzliche Urteil gleichzeitig zumindest teilweise materiell abgeändert,
indem sie einen Freispruch erlassen und das Strafverfahren teilweise
eingestellt habe. Ein derartiges Vorgehen verletze die Bestimmungen der
Strafprozessordnung. Indem die Vorinstanz auf die Durchführung einer mündlichen
Verhandlung verzichtet habe, obwohl die Beschwerdegegnerin eine solche
beantragt habe, und nicht mindestens einen Schriftenwechsel angeordnet habe,
habe sie ihr rechtliches Gehör verletzt. Dies sei insbesondere deshalb stossend
gewesen, weil sie (die Beschwerdeführerin 1) dadurch gezwungen gewesen sei, die
Beschwerdegegnerin aus der Haft zu entlassen (Beschwerde S. 3 f.).

4.2. Das Berufungsverfahren richtet sich sinngemäss nach den Bestimmungen des
erstinstanzlichen Hauptverfahrens (vgl. Art. 379 StPO). Die Verfahrensleitung
prüft im Hauptverfahren, ob die Prozessvoraussetzungen erfüllt sind und
Verfahrenshindernisse bestehen (Art. 329 Abs. 1 lit. b und c StPO). Kann ein
Urteil definitiv nicht ergehen, so stellt das Gericht das Verfahren ein (Art.
329 Abs. 4 StPO; vgl. auch Art. 329 Abs. 5 StPO).

 Das Berufungsgericht entscheidet gemäss Art. 403 Abs. 1 StPO in einem
schriftlichen Verfahren, ob auf die Berufung einzutreten ist, wenn die
Verfahrensleitung oder eine Partei Prozesshindernisse oder fehlende
Prozessvoraussetzungen geltend macht (vgl. Art. 403 Abs. 1 lit. c StPO). Stellt
die Berufungsinstanz ein Prozesshindernis fest, ergeht analog zu Art. 329 Abs.
4 StPO eine Einstellung des Verfahrens (Urteile des Bundesgerichts 6B_142/2012
vom 28. Februar 2013 E. 2.7 und 6B_512/2012 vom 30. April 2013 E. 1.3.3).

4.3. Die Vorinstanz gab den Parteien am 4. September 2014 gemäss Art. 403 Abs.
1 und 2 StPO Gelegenheit, sich zur Frage einer Verfahrenseinstellung wegen
fehlender Prozessvoraussetzungen zu äussern (Akten des Obergerichts,
unpaginiert). Die Parteien nahmen in der Folge mit Eingaben vom 11., 16. und
17. September 2014 Stellung zum Vorliegen eines möglichen Prozesshindernisses
(angefochtenes Urteil S. 8; Akten des Obergerichts). In der Folge trat die
Vorinstanz in Anwendung von Art. 403 Abs. 1 lit. c StPO auf die Berufung nicht
ein. Gleichzeitig fasste sie das erstinstanzliche Urteilsdispositiv neu,
bestätigte den Freispruch der Beschwerdegegnerin von der Anklage der Entführung
gemäss Art. 183 Ziff. 1 Satz 2 sowie Art. 183 Ziff. 2 StGB und stellte in den
übrigen Punkten das gegen die Beschwerdegegnerin geführte Strafverfahren ein.
Darüber hinaus änderte sie den Kostenentscheid des Bezirksgerichts ab.

 Das prozessuale Vorgehen der Vorinstanz verletzt kein Bundesrecht. Zu den
Prozessvoraussetzungen zählt namentlich, dass die beschuldigte Person der
schweizerischen Gerichtsbarkeit nach den Bestimmungen über den räumlichen
Geltungsbereich gemäss Art. 3 - 8 StGB untersteht ( HAUSER/SCHWERI/HARTMANN,
Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl., 2005, § 41 Rz. 7; MARLÈNE KISTLER
VIANIN, in: Commentaire Romand, Code de procédure pénale suisse, 2011, Art. 403
N 9). Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz auf die Berufung
nicht eingetreten ist, wenn sie zum Schluss gelangt ist, die schweizerische
Gerichtsbarkeit sei nicht gegeben. Entgegen der Auffassung der
Beschwerdeführerin 1 hat die Vorinstanz die Beschwerdegegnerin auch nicht
freigesprochen und insofern einen materiellen Entscheid gefällt (Beschwerde 1
S. 3). Vielmehr hat sie den erstinstanzlichen Freispruch der Beschwerdegegnerin
von der Anklage der Entführung, der im Berufungsverfahren nicht angefochten
war, bestätigt und in Bezug auf die übrigen Punkte, welche Gegenstand des
zweitinstanzlichen Verfahrens bildeten, das Verfahren eingestellt. Dass sie
überdies als Folge der Verfahrenseinstellung die Kosten abweichend vom
erstinstanzlichen Urteil verlegte, ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

5.

5.1. Die Beschwerdeführerin 1 macht in Bezug auf die Frage der schweizerischen
Gerichtsbarkeit geltend, die Beschwerdegegnerin habe spätestens im Dezember
2010 den Vorsatz gefasst, das Kind in der Ukraine zurückzubehalten. Denn dem
Beschwerdeführer 2, der zu jenem Zeitpunkt in die Ukraine gereist war, sei es
auf Anweisung der Beschwerdegegnerin verwehrt worden, seinen Sohn eigenhändig
in die Schweiz zurückzuholen. Im Dezember 2010, als sie ihrer Mutter die
Anweisung erteilt habe, das Kind zurückzubehalten, habe sich die
Beschwerdegegnerin noch in der Schweiz befunden. Sie sei auch während weiterer
drei Monate in der Schweiz verblieben, ohne den Sohn in die Schweiz an seinen
gewöhnlichen Aufenthaltsort zu bringen und damit den rechtmässigen Zustand
wieder herzustellen. Dadurch habe sie den Tatbestand der Freiheitsberaubung
sowohl durch Unterlassen als auch durch aktives Tun erfüllt, wobei der
Handlungsort in der Schweiz liege. Die Vorinstanz nehme daher zu Unrecht an, es
liege ein Auslanddelikt vor. Ob der Entscheid des Bezirksgerichts Brugg, mit
welchem der Sohn unter die Obhut des Beschwerdeführers 2 gestellt wurde,
nichtig oder anfechtbar sei, sei ohne Belang, da die Frage, wer das Sorgerecht
oder die Obhut innegehabt habe, für die Freiheitsberaubung unerheblich sei. Es
treffe auch nicht zu, dass der Beschwerdeführer 2 mit dem Verbleib seines
Sohnes in der Ukraine einverstanden gewesen sei und dessen Aufenthalt
legalisiert habe. Dies ergebe sich namentlich daraus, dass das Kind auf August
2010 in einer Privatschule angemeldet gewesen sei. Aus dem Umstand, dass er auf
die falschen Versprechungen seiner Ehefrau vertraut habe, lasse sich jedenfalls
nicht auf sein Einverständnis schliessen. Im Übrigen sei nachgewiesen, dass die
Beschwerdegegnerin von Anfang an die Absicht gehabt habe, den Sohn nicht mehr
in die Schweiz zurückzubringen, denn sie habe sich ohne Wissen des
Beschwerdeführers 2 bereits im Frühling 2010 um die ukrainische
Staatsbürgerschaft des Sohnes bemüht. Daraus ergebe sich, dass sie den Vorsatz
für die Freiheitsberaubung in der Schweiz gefasst und aufrecht erhalten habe
(Beschwerde S. 4 f.).

 Die Beschwerdeführerin 1 rügt weiter, die Vorinstanz verletze Bundesrecht auch
insofern, als sie die schweizerische Gerichtsbarkeit in Bezug auf den
Tatbestand des Entziehens eines Unmündigen im Sinne von aArt. 220 StGB
verneine. Dass die minderjährige Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt am
gleichen Ort wie der Inhaber des Obhutsrechts habe, sei nicht Voraussetzung der
Strafbarkeit. Es stehe einer Bestrafung mithin nicht entgegen, wenn das
entzogene Kind einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Land
begründet habe. Die Regelung internationaler Abkommen über die zivilrechtliche
Zuständigkeit von Zivilgerichten im Falle von Kindsentführungen berühre die
Zuständigkeit für die strafrechtliche Verfolgung der entsprechenden Taten
nicht. Die Beschwerdegegnerin sei daher nach schweizerischem Recht strafbar, da
beide Elternteile die elterliche Sorge ausgeübt hätten und die
Beschwerdegegnerin sich geweigert habe, den gemeinsamen Sohn in die Schweiz
zurückzubringen. Die Beschwerdegegnerin sei mit dem Beschwerdeführer 2
verheiratet gewesen. Solange sie sich in der Schweiz aufgehalten habe, habe ein
gemeinsames Sorgerecht nach schweizerischem Recht bestanden. Sie habe daher -
auch nachdem der Sohn in die Ukraine verbracht worden sei - nicht alleine über
dessen Aufenthalt entscheiden dürfen (Beschwerde S. 6 ff.).

5.2. Gemäss Art. 3 Abs. 1 StGB ist dem Schweizerischen Strafgesetzbuch
unterworfen, wer in der Schweiz ein Verbrechen oder ein Vergehen verübt. Nach
Art. 8 Abs. 1 StGB (aArt. 7 Abs. 1 StGB) gilt ein Verbrechen oder ein Vergehen
als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt,
und da, wo der Erfolg eingetreten ist. Als Ausführung der Tat gilt jedes
einzelne tatbestandsmässige Verhalten. Dabei genügt bereits eine teilweise
Erfüllung des Tatbestands auf schweizerischem Gebiet, nicht aber der blosse
Entschluss zur Tat oder die Vorbereitungshandlung (BGE 119 IV 250 E. 3c;
Urteile des Bundesgerichts Urteil 6B_123/2014 vom 2. Dezember 2014 E. 2.3
[nicht publ. in BGE 141 IV 10], und 6B_127/2013 vom 3. September 2013 E. 4.2,
je mit weiteren Hinweisen).

 Beim Unterlassungsdelikt liegt der Handlungsort dort, wo der Täter handeln
müsste (BGE 125 IV 14 E. 2c/aa). Ist die strafrechtlich gebotene Handlung nicht
an einen bestimmten Ort gebunden, ist der Handlungsort jeder bis zu diesem
Zeitpunkt faktisch gewählte, vorübergehende Aufenthaltsort des
Unterlassungstäters (Urteil 6B_123/2014 vom 2. Dezember 2014 E. 2.3 [nicht
publ. in BGE 141 IV 10], mit weiteren Hinweisen).

 Nach der Rechtsprechung erscheint es im internationalen Verhältnis zur
Vermeidung negativer Kompetenzkonflikte grundsätzlich als geboten, auch in
Fällen ohne engen Bezug zur Schweiz die schweizerische Zuständigkeit zu bejahen
(BGE 133 IV 171 E. 6.3).

5.3.

5.3.1. Gemäss aArt. 220 StGB (in der bis zum 30. Juni 2014 geltenden Fassung)
wird auf Antrag bestraft, wer eine minderjährige Person dem Inhaber des
Obhutsrechts entzieht oder sich weigert, sie ihm zurückzugeben. Rechtsgut ist
das Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teilbereich des familienrechtlichen
Sorgerechts. Die Befugnis, den Aufenthaltsort des Kindes sowie die Art und
Weise seiner Unterbringung zu bestimmen, ist Teil der elterlichen Sorge (BGE
136 III 353 E. 3.2; vgl. nunmehr Art. 301a Abs. 1 ZGB). Der Tatbestand schützt
demnach - auch nach dem neuen Wortlaut - diejenige Person, die über den
Aufenthaltsort des Kindes bestimmen darf (BGE 125 IV 14 E. 2a S. 15 f.; 118 IV
61 E. 2a S. 63). Wer dies ist, ergibt sich aus dem Zivilrecht (BGE 128 IV 154
E. 3.3 S. 160; aArt. 297 Abs. 1 ZGB; vgl. nunmehr Art. 296 Abs. 2; 301a Abs. 1
ZGB).

 Der Beschwerdeführer 2 und die Beschwerdegegnerin waren in der Tatzeit
unbestrittenermassen beide Inhaber der elterlichen Sorge über den gemeinsamen
Sohn. Die Beschwerdegegnerin durfte daher nicht uneingeschränkt über den
Aufenthaltsort des Kindes entscheiden. Da der Beschwerdeführer 2 dem Verbleiben
des Kindes in der Ukraine nicht zugestimmt und er seinen Wohnsitz in der
Schweiz hatte, hätte die Beschwerdegegnerin den gemeinsamen Sohn in die Schweiz
zurückbringen müssen. Damit besteht bezüglich des Tatbestands des Entziehens
eines Unmündigen ein schweizerischer Begehungsort im Sinne von Art. 8 Abs. 1
StGB (Urteil 6B_123/2014 vom 2. Dezember 2014 E. 2.4 [nicht publ. in BGE 141 IV
10]; BGE 125 IV 14 E. 2c/cc S. 17). Dies gilt umsomehr, als sich auch die
Beschwerdegegnerin Ende des Jahres 2010, als sie ihre Mutter angewiesen hatte,
den Sohn dem Beschwerdeführer 2 nicht herauszugeben, in der Schweiz weilte.

 Dieselben Erwägungen gelten in Bezug auf die Anklage der Freiheitsberaubung
gemäss Art. 183 Ziff. 1 StGB. Nach dieser Bestimmung macht sich strafbar, wer
jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält (1. Halbsatz). Soweit die
Beschwerdegegnerin sich in der fraglichen Zeit in der Schweiz aufhielt, hätte
sie von ihrem Aufenthaltsort aus die Anweisung erteilen müssen, den Sohn in die
Schweiz zurückzuführen. Indem sie dies unterliess, blieb sie in der Schweiz
pflichtwidrig untätig. Daraus ergibt sich die Schweizerische Gerichtsbarkeit.
Bei dieser Sachlage muss nicht geprüft werden, ob die Beschwerdegegnerin
bereits im Sommer 2010 den Vorsatz gefasst hatte, das Kind dauerhaft in die
Ukraine zu verbringen, wofür die Beschwerde führenden Parteien stichhaltige
Gründe vorbringen. Ob das Verhalten der Beschwerdegegnerin nach der neueren
Rechtsprechung als Freiheitsberaubung im Sinne von Art. 183 Ziff. 1 StGB zu
würdigen ist, bildet nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens und muss
daher nicht geprüft werden (vgl. hiezu nunmehr BGE 141 IV 10 E. 4.4).

5.3.2. Was die Vorinstanz in diesem Kontext zur Zuständigkeit der Gerichte am
Ort des gewöhnlichen Aufenthalts eines Minderjährigen erwägt, ist ohne
Bedeutung, zumal es hier nicht um die Regelung der Kinderbelange, namentlich
die Zuteilung der elterlichen Sorge sowie die Regelung des persönlichen
Verkehrs zwischen Eltern und Kindern geht (vgl. BGE 138 III 11 E. 5.1; 132 III
586 E. 2.2.1). Es mag zutreffen, dass gemäss Art. 20 Abs. 1 lit. b IPRG (SR
291) eine natürliche Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in dem Staat hat, in
dem sie während längerer Zeit lebt, selbst wenn diese Zeit zum vornherein
befristet ist. Doch gilt diese gesetzliche Umschreibung nicht für
Staatsverträge, denen die Schweiz beigetreten ist (vgl. Urteil 5A_427/2009 vom
27. Juli 2009 E. 3.2, publ. in: FamPra.ch 2009 S. 1088; KURT SIEHR, Das
Internationale Privatrecht der Schweiz, 2002, S. 138 f.). Gemäss Art. 85 Abs. 1
IPRG gilt für den Schutz von Kindern in Bezug auf die Zuständigkeit der
schweizerischen Gerichte oder Behörden das Haager Übereinkommen vom 19. Oktober
1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung,
Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung
und der Massnahmen zum Schutz von Kindern (HKsÜ; SR 0.211.231.011). Nach Art. 5
Abs. 1 HKsÜ sind zur Ergreifung von Massnahmen zum Schutz der Person oder des
Vermögens des Kindes die Behörden des Vertragsstaats zuständig, in dem das Kind
seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Bei widerrechtlichem Verbringen oder
Zurückhalten des Kindes bleiben diese Behörden, wie die Beschwerdeführerin 1 zu
Recht vorbringt (Beschwerde 1 S. 9), nach Art. 7 Abs. 1 lit. a und b HKsÜ so
lange zuständig, bis das Kind einerseits einen gewöhnlichen Aufenthalt in einem
anderen Staat erlangt hat und andererseits jede sorgeberechtigte Person,
Behörde oder sonstige Stelle das Verbringen oder Zurückhalten genehmigt hat
oder das Kind sich in diesem anderen Staat mindestens während eines Jahres
aufgehalten hat, nachdem die sorgeberechtigte Person seinen Aufenthaltsort
kannte oder hätte kennen müssen, kein während dieses Zeitraums gestellter
Antrag auf Rückgabe mehr anhängig ist und das Kind sich in seinem neuen Umfeld
eingelebt hat (vgl. Urteile 5A_218/2014 vom 25. Juni 2014 E. 4.2; 5A_509/2012
vom 20. August 2012 E. 5.2). Zweck dieser Bestimmung ist es zu verhindern, dass
sich der entführende Elternteil missbräuchlich Vorteile mit Bezug etwa auf das
Obhuts- und Sorgerecht erwirken kann ( MONIQUE JAMETTI GREINER, in: Ingeborg
Schwenzer [Hrsg.], FamKomm Scheidung, 2. Aufl., 2011, Anhang IPR N 120; dies.,
Der neue internationale Kindesschutz in der Schweiz, FamPra.ch 9/2008 S. 288).
Dass die Voraussetzungen von Art. 7 Abs. 1 lit. b HKsÜ erfüllt wären, behauptet
die Vorinstanz zu Recht nicht.

 Das angefochtene Urteil verletzt in diesem Punkt somit Bundesrecht.

6.

6.1. In Bezug auf die Anklage des Entziehens eines Unmündigen nimmt die
Vorinstanz in einer Eventualbegründung an, die Strafbarkeit der
Beschwerdegegnerin wäre auch zu verneinen, wenn die schweizerische
Gerichtsbarkeit zu bejahen wäre. Die Beschwerdegegnerin sei mit Strafbefehl der
Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach vom 11. Oktober 2011 wegen Entziehens von
Unmündigen, begangen im Zeitraum vom 1. Januar bis 11. Oktober 2011
rechtskräftig verurteilt worden. Da die Verurteilung nur die Herbeiführung und
die Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustandes bis zum Urteilszeitpunkt
erfasse, sei das Aufrechterhalten des Dauerzustandes nach dem Urteil als
selbstständige Tat zu werten. Dementsprechend habe die Staatsanwaltschaft
Brugg-Zurzach aufgrund desselben Verhaltens der Beschwerdegegnerin ab dem 11.
Oktober 2011 erneut Anklage erhoben, nachdem diese Z.________ noch immer nicht
in die Schweiz zurückgebracht hatte. Die strafrechtliche Verfolgung des
Aufrechterhaltens eines Dauerzustandes nach einem verurteilenden Erkanntnis als
selbstständige Tat setze daher einen neuen Strafantrag voraus. Ein solcher
Antrag liege für die Zeit ab dem 12. Oktober 2011 nicht vor. Es fehle daher
auch insofern an einer Prozessvoraussetzung, so dass auch aus diesem Grund
nicht auf die Berufung eingetreten werden könne und das Verfahren einzustellen
sei (angefochtenes Urteil S. 15 f.).

6.2. Die Beschwerdeführerin 1 macht geltend, aus dem Schreiben des
Beschwerdeführers 2 vom 25. Januar 2013 (Sachverhaltsakten act. 521) ergebe
sich, dass er für alle in Frage kommenden Delikte Strafantrag gestellt habe. Es
liege daher kein Prozesshindernis vor. Ausserdem handle es sich bei Art. 220
StGB um ein Dauerdelikt. Bei einem solchen beginne die Antragsfrist erst mit
der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes zu laufen. Da das Delikt am 25.
Januar 2013 noch nicht beendet war, sei der Strafantrag somit fristgerecht
gestellt worden (Beschwerde 1 S. 11).

6.3. Gemäss Art. 31 StGB (aArt. 29 StGB) erlischt das Recht, Strafantrag zu
stellen, nach Ablauf von drei Monaten. Die Frist beginnt mit dem Tag, an
welchem der antragsberechtigten Person der Täter bekannt wird. Ein Dauerdelikt
liegt vor, wenn die Begründung des rechtswidrigen Zustandes mit den Handlungen,
die zu seiner Aufrechterhaltung vorgenommen werden, bzw. mit der Unterlassung
seiner Aufhebung eine Einheit bildet und das auf das Fortdauern des
deliktischen Erfolgs gerichtete Verhalten vom betreffenden Straftatbestand
ausdrücklich oder sinngemäss mitumfasst ist. Dauerdelikte sind mit anderen
Worten dadurch gekennzeichnet, dass die zeitliche Fortdauer eines
rechtswidrigen Zustandes oder Verhaltens noch tatbestandsmässiges Unrecht
bildet. Das Dauerdelikt ist vollendet, wenn die strafbare Handlung ausgeführt
wurde. Beendet ist es mit dem Ende oder der Unterdrückung des rechtswidrigen
Zustandes. Die Rechtsprechung hat ein Dauerdelikt etwa bejaht bei der
Freiheitsberaubung und der qualifizierten Entführung gemäss Art. 183 Ziff. 2
i.V.m. Art. 184 Abs. 4 StGB, der Vernachlässigung von Unterhaltspflichten im
Sinne von Art. 217 StGB sowie dem Vorenthalten und Entziehen von Unmündigen
nach Art. 220 StGB (BGE 132 IV 49 E. 3.1.2; 131 IV 83 E. 2.1.2, mit Hinweisen).
Die Strafantragsfrist beginnt bei Dauerdelikten an dem Tag zu laufen, an
welchem das strafbare Verhalten aufhört (BGE 132 IV 49 E. 3.1.2.3). Wie das
Bundesgericht im Zusammenhang mit der Vernachlässigung von Unterhaltspflichten
festgehalten hat, ist es dem Gläubiger nicht zumutbar, alle drei Monate einen
Strafantrag zu stellen, wenn der Schuldner seinen Verpflichtungen während einer
langen Zeitspanne nicht nachkommt (BGE a.a.O.). Dies bedeutet indes nicht, dass
der Strafantrag bei Dauerdelikten erst nach Beendigung des Dauerdelikts
gestellt werden könnte. Wird der Antrag erhoben, solange der deliktische
Zustand noch andauert, so erstreckt er sich auch auf das nachträglich noch
weiter andauernde tatbestandsmässige Verhalten weiter (BGE 128 IV 81 E. 2a;
CHRSTOF RIEDO, in: Basler Kommentar, Strafrecht I, 3. Aufl. 2013, Art. 30 N 101
und Art. 31 N 22).

6.4. Der Beschwerdeführer 2 erstattete am 4. März 2011 Strafanzeige/Strafantrag
gegen die Beschwerdegegnerin wegen Entziehens von Unmündigen im Sinne von aArt.
220 StGB (Sachverhaltsakten act. 179). Sein Strafantrag bezieht sich mithin auf
ein Dauerdelikt. Die Antragsfrist beginnt bei der Tatvariante der "Weigerung
der Rückgabe" von Art. 220 StGB mithin erst ab dem Zeitpunkt, in welchem der
rechtswidrige Zustand beendet wird ( ANDREAS ECKERT, in: Basler Kommentar,
Strafrecht II, 3. Aufl. 2013, Art. 220 N 36; ANDREAS DONATSCH/WOLFGANG WOHLERS,
Strafrecht IV, 4. Aufl., 2011, S. 29). Da der Antrag indes auch auf die auf den
Antrag folgende spätere deliktische Tätigkeit weiterwirkt, liegt im zu
beurteilenden Fall auch für die Zeit nach dem 11. Oktober 2011 ein gültiger
Strafantrag vor. Daran ändert nichts, dass die Beschwerdegegnerin mit
Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach vom 11. Oktober 2011 für den
Zeitraum 1. Januar bis 11. Oktober 2011 des Entziehens von Unmündigen schuldig
erklärt und zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt wurde (Sachverhaltsakten
act. 397). Für die von dieser Verurteilung erfasste Dauer des Delikts verbietet
der Grundsatz "ne bis in idem" in einem späteren Verfahren indes eine erneute
Bestrafung (BGE 135 IV 6 E. 3.2). Im Übrigen hat der Beschwerdeführer 2 am 25.
Januar 2013 für alle in Frage kommenden Delikte erneut Strafantrag gestellt
(vgl. Beschwerdebeilage 21; Sachverhaltsakten act. 520 f.). Da das Dauerdelikt
auch zu jenem Zeitpunkt nicht beendet war, ist auch dieser Antrag rechtzeitig
erhoben worden. Die Auffassung der Vorinstanz, wonach kein gültiger Strafantrag
vorliege, verstösst somit gegen Bundesrecht.

7.

 Aus den obstehenden Erwägungen ergibt sich, dass das angefochtene Urteil in
verschiedener Hinsicht Bundesrecht verletzt. Bei diesem Ergebnis kann
offenbleiben, ob die Zusprechung einer Genugtuung an die Beschwerdegegnerin
gemäss Art. 429 Abs. 1 lit. c StPO für die ausgestandene Untersuchungshaft von
618 Tagen (angefochtenes Urteil S. 19 ff.; Beschwerde 1 S. 11) vor Bundesrecht
standhält. Mit der Gutheissung der Beschwerden und der Aufhebung des
vorinstanzlichen Urteils in den angefochtenen Punkten entfällt darüber hinaus
auch die Grundlage für den Kostenentscheid der Vorinstanz. Diese wird in ihrem
neuen Entscheid die Kosten neu zu verlegen haben. Ob die Verlegung der
Verfahrenskosten für beide Instanzen, mit Einschluss der Rückforderung der
Entschädigung für die amtliche Verteidigung (angefochtenes Urteil S. 21 f.;
Beschwerde 1 S. 11 f.; Beschwerde 2 S. 16 f.), bundesrechtskonform ist, muss
daher ebenfalls nicht geprüft werden.

8.

 Die Beschwerde der Beschwerdeführerin 1 ist teilweise gutzuheissen, soweit auf
sie eingetreten werden kann; im Übrigen ist sie abzuweisen. Die Beschwerde des
Beschwerdeführers 2 ist gutzuheissen, soweit darauf einzutreten ist. Da die
Beschwerdegegnerin im bundesgerichtlichen Verfahren keine Eingaben gemacht und
keine Anträge gestellt hat, sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs.
1 und 4 BGG). Der Kanton Aargau hat den Beschwerdeführer 1 im Rahmen seines
Obsiegens angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Verfahren 6B_ 1045/2014 und 6B_1046/2014 werden vereinigt.

2. 
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin 1 wird teilweise gutgeheissen, soweit
darauf einzutreten ist; im Übrigen wird sie abgewiesen. Die Beschwerde des
Beschwerdeführers 2 wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist. Das
Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 25. September 2014 wird
aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz
zurückgewiesen.

3. 
Es werden keine Kosten erhoben.

4. 
Der Kanton Aargau hat dem Beschwerdeführer 2 für das bundesgerichtliche
Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- auszurichten.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 19. Mai 2015

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Boog

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