Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.1032/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_1032/2014

Urteil vom 8. Januar 2015

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterinnen Jacquemoud-Rossari, Jametti,
Gerichtsschreiberin Unseld.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Till Gontersweiler,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Strafzumessung (mehrfache Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz etc.),

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, vom 29. August 2014.

Sachverhalt:

A. 
Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte X.________ am 29. August 2014 in
Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils wegen mehrfacher Widerhandlung gegen
das Betäubungsmittelgesetz und mehrfachen Vergehens gegen das Waffengesetz zu
einer unbedingten Freiheitsstrafe von 36 Monaten. Auf den Widerruf des
bedingten Vollzugs der vom Obergericht des Kantons Zürich am 14. Oktober 2008
ausgefällten Freiheitsstrafe von zwei Jahren verzichtete es in teilweiser
Gutheissung der Berufung von X.________ und verlängerte die Probezeit um zwei
Jahre.

B. 
X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, ihn zu einer bedingten
Freiheitsstrafe von 24 Monaten zu verurteilen. Eventualiter sei eine
teilbedingte Strafe von 30 Monaten, subeventualiter von 36 Monaten,
auszusprechen und den zu vollziehenden Teil der Strafe auf sechs Monate
festzusetzen.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe seine persönlichen
Verhältnisse und die Wirkung der Strafe auf sein Leben bei der Festsetzung des
Strafmasses zu wenig berücksichtigt. Die Straftaten seien auf sein fehlendes
Selbstwertgefühl zurückzuführen, das seinen Ursprung in seiner Kindheit habe.
Er habe mit dem Geld aus dem Drogenhandel seine Schulden abzahlen sowie Frauen
beeindrucken wollen und nie aus "bösartigen" Gründen gehandelt. Er lebe
zwischenzeitlich in einer stabilen Beziehung mit einer gemeinsamen Tochter und
habe sich mit der von ihm geleiteten A.________ GmbH in die legale Arbeitswelt
eingegliedert. Die mühsam erkämpfte zwischenmenschliche Beziehung mit seiner
Ehefrau und sein Unternehmen würden den Vollzug einer Freiheitsstrafe nicht
überleben.

1.2. Das Bundesgericht hat die Grundsätze der Strafzumessung gemäss Art. 47 ff.
StGB wiederholt dargelegt (vgl. BGE 136 IV 55 E. 5.4 und 5.5 mit Hinweisen).
Darauf kann verwiesen werden. Das Sachgericht verfügt auf dem Gebiet der
Strafzumessung über ein weites Ermessen. Das Bundesgericht greift auf
Beschwerde in Strafsachen hin nur ein, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen
Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie von rechtlich nicht
massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wesentliche Gesichtspunkte ausser
Acht gelassen bzw. durch Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch
gewichtet hat (BGE 136 IV 55 E. 5.6; 135 IV 130 E. 5.3.1; 134 IV 17 E. 2.1; je
mit Hinweisen).

1.3. 

1.3.1. Der Beschwerdeführer macht sinngemäss eine erhöhte Strafempfindlichkeit
geltend. Eine solche durfte die Vorinstanz trotz seiner familiären Situation
und seiner neuen Arbeitstätigkeit ohne Verletzung von Bundesrecht verneinen.
Eine erhöhte Strafempfindlichkeit ist gemäss der Rechtsprechung nur bei
aussergewöhnlichen Umständen zu bejahen, da die Verbüssung einer
Freiheitsstrafe für jede arbeitstätige und in ein familiäres Umfeld
eingebettete Person mit einer gewissen Härte verbunden ist (vgl. etwa Urteile
6B_375/2014 vom 28. August 2014 E. 2.6; 6B_605/2013 vom 13. Januar 2014 E.
2.4.3; 6B_499/2013 vom 22. Oktober 2013 E. 1.4; je mit Hinweisen).
Aussergewöhnliche Umstände sind vorliegend weder dargetan noch ersichtlich.

1.3.2. Bezüglich des vom Beschwerdeführer vorgebrachten Tatmotivs führt die
Vorinstanz zutreffend aus, dass es auch legale Mittel und Wege gegeben hätte,
um an Geld zu kommen und die Schulden abzuzahlen (Urteil E. 5.1 S. 13). Für die
Annahme einer verminderten Schuldfähigkeit im Sinne von Art. 19 Abs. 2 StGB
genügt nicht jede geringfügige Herabsetzung der Fähigkeit, sich zu beherrschen.
Der Betroffene muss vielmehr in hohem Masse in den Bereich des Abnormen fallen.
Seine Geistesverfassung muss nach Art und Grad stark vom Durchschnitt nicht
bloss der Rechts-, sondern auch der Verbrechensgenossen abweichen (BGE 133 IV
145 E. 3.3 mit Hinweis). Dies behauptet der Beschwerdeführer zu Recht nicht.
Sein fehlendes Selbstwertgefühl, das zur deliktischen Tätigkeit beigetragen
haben soll, führt nicht zwingend zu einer Strafminderung.

1.3.3. Die Vorinstanz setzt sich in ihren Erwägungen zur Strafzumessung mit den
wesentlichen schuldrelevanten Komponenten auseinander und würdigt diese
zutreffend. Sie legt dar, dass das objektive und subjektive Tatverschulden des
Beschwerdeführers als nicht mehr leicht zu qualifizieren ist, und
berücksichtigt die Deliktsmehrheit. Sie nimmt zudem auf sein Vorleben sowie
seine persönlichen Verhältnisse Bezug und hält ihm sein Geständnis, seine
Kooperation sowie seine Einsicht und Reue zugute. Die Freiheitsstrafe von 36
Monaten hält sich im Rahmen des sachrichterlichen Ermessens. Eine Verletzung
von Bundesrecht liegt nicht vor.

2. 

2.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Verweigerung des teilbedingten
Vollzugs. Die Vorinstanz stelle ihm zu Unrecht keine besonders günstige
Prognose. Sie argumentiere widersprüchlich, da sie anerkenne, dass er sich
heute in geregelten und stabilen Lebensverhältnissen befinde. Sie schliesse
daraus, er werde sich künftig nicht mehr strafbar machen.

2.2.

2.2.1. Gemäss Art. 43 StGB kann das Gericht den Vollzug einer Freiheitsstrafe
von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren nur teilweise aufschieben,
wenn dies notwendig ist, um dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu
tragen (Art. 43 Abs. 1 StGB).
Die subjektiven Voraussetzungen von Art. 42 StGB gelten auch für die Anwendung
von Art. 43 StGB (BGE 134 IV 1 E. 5.3.1 mit Hinweisen). Wo besonders günstige
Umstände im Sinne von Art. 42 Abs. 2 StGB fehlen, kommt auch ein teilbedingter
Vollzug der Freiheitsstrafe nicht in Betracht. Ob besonders günstige Umstände
vorliegen, ist unabhängig von der voraussichtlichen Wirkung des Vollzugs eines
Teils der Freiheitsstrafe zu beurteilen (Urteil 6B_540/2007 vom 16. Mai 2008 E.
5.2; vgl. auch Urteile 6B_623/2009 vom 5. November 2009 E. 3.2 und 3.3; 6B_393/
2007 vom 2. November 2007 E. 4; je mit Hinweisen).

2.2.2. Unter "besonders günstigen Umständen" sind solche Umstände zu verstehen,
die ausschliessen, dass die Vortat die Prognose verschlechtert. Der früheren
Verurteilung kommt zunächst die Bedeutung eines Indizes für die Befürchtung zu,
dass der Täter weitere Straftaten begehen könnte. Die Gewährung des bedingten
bzw. teilbedingten Strafvollzuges ist daher nur möglich, wenn eine
Gesamtwürdigung aller massgebenden Faktoren den Schluss zulässt, dass trotz der
Vortat eine begründete Aussicht auf Bewährung besteht. Dabei ist zu prüfen, ob
die indizielle Befürchtung durch die besonders günstigen Umstände zumindest
kompensiert wird. Das trifft etwa zu, wenn die neuerliche Straftat mit der
früheren Verurteilung in keinerlei Zusammenhang steht, oder bei einer besonders
positiven Veränderung in den Lebensumständen des Täters (BGE 134 IV 1 E. 4.2.3
mit Hinweisen).

2.2.3. Dem Richter steht bei der Prüfung der Prognose des künftigen
Legalverhaltens ein Ermessensspielraum zu. Das Bundesgericht greift nur ein,
wenn der Richter sein Ermessen über- bzw. unterschreitet oder missbraucht und
damit Bundesrecht verletzt (BGE 134 IV 140 E. 4.2).

2.3. Der Beschwerdeführer wurde am 12. Oktober 2005 wegen mehrfacher
Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Gefängnisstrafe von
zwei Jahren verurteilt. Am 14. Oktober 2008 wurde gegen ihn wegen gleicher
Delikte eine bedingte Freiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt (kant. Akten,
act. 63). Er wurde damit innerhalb der letzten fünf Jahre vor den vorliegend zu
beurteilenden Taten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten
verurteilt. Gestützt auf Art. 42 Abs. 2 i.V.m. Art. 43 StGB müssen für einen
teilweisen Aufschub der Strafe daher besonders günstige Umstände vorliegen
(oben E. 2.2.1).

2.4. Der Beschwerdeführer ist mehrfach einschlägig vorbestraft und delinquierte
noch während laufender Probezeit erneut (Urteil S. 16). Die Vorinstanz wertet
zu seinen Gunsten, dass seit der Entlassung aus der Untersuchungshaft eine
Stabilisierung in seinen persönlichen Beziehungen eingetreten ist, dass er
Vater einer damals drei Monate alten Tochter ist, dass er beruflich wieder
Tritt gefasst hat und sich freiwillig in eine Therapie begibt. Sie
berücksichtigt somit die vom Beschwerdeführer vorgetragenen Lebensumstände. Im
Ergebnis verneint sie eine besonders günstige Prognose, was in Anbetracht der
Umstände ohne Weiteres im Rahmen ihres Ermessens liegt. Die Veränderungen im
Leben des Beschwerdeführers sind zwar positiv zu werten. Besondere Umstände,
die trotz der wiederholten Verurteilungen des Beschwerdeführers wegen
Betäubungsmitteldelikten die Annahme einer besonders günstigen Prognose
aufdrängen würden, liegen jedoch nicht vor.

2.5. Die Erwägungen der Vorinstanz sind entgegen dem Einwand des
Beschwerdeführers nicht widersprüchlich. Besonders günstige Umstände, wie sie
Art. 42 Abs. 2 StGB verlangt, sind für den Widerrufsverzicht nicht
erforderlich, sondern es genügt das Fehlen einer ungünstigen Prognose (vgl.
Art. 46 Abs. 1 und 2 StGB; BGE 134 IV 140 E. 4.3 und 4.5). Die Vorinstanz
würdigt bei der Prüfung des Widerrufs des bedingten Vollzugs der Vorstrafe vom
14. Oktober 2008 zudem im Einklang mit der Rechtsprechung (vgl. BGE 134 IV 140
E. 4.5), dass die Freiheitsstrafe von 36 Monaten für die neuen Taten zu
vollziehen ist. Es sei zu erwarten, dass der erneute Vollzug einer
Freiheitsstrafe den Beschwerdeführer endlich und nachhaltig beeindrucken und
die nötige Warnwirkung zeitigen werde (Urteil S. 17). Nicht zu beanstanden ist,
wenn sie für den Vollzug der neuen Strafe eine besonders günstige Prognose
verneint und bezüglich des Widerrufs des bedingten Vollzugs der Vorstrafe davon
ausgeht, der Beschwerdeführer werde sich künftig nicht mehr strafbar machen.
Die Rügen des Beschwerdeführers sind unbegründet.

3. 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die
Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 8. Januar 2015

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Unseld

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