Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.1025/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_1025/2014

Urteil 9. Februar 2015

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Oberholzer,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiberin Unseld.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Haefliger,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Solothurn, Franziskanerhof, Barfüssergasse
28, Postfach 157, 4502 Solothurn,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Widerhandlung gegen das Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen;
schriftliches Verfahren, Kosten- und Entschädigungsfolgen,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn,
Strafkammer, vom 16. September 2014.

Sachverhalt:

A.

 X.________ duldete im Restaurant A.________ in B.________ am 1. März 2013, ca.
11.10 Uhr, und 5. März 2013, ca. 19.40 Uhr, das Rauchen ausserhalb des
bewilligten Fumoirs und benutzte entgegen der Bewilligung die Gaststube als
Fumoir.

B. 

B.a. X.________ wurde deswegen mit Strafbefehl vom 4. April 2013 wegen
mehrfacher Widerhandlung gegen das kantonale Gesetz vom 9. Juni 1996 über das
Gastgewerbe und den Handel mit alkoholhaltigen Getränken (Wirtschaftsgesetz) zu
einer Busse von Fr. 600.-- sowie zu den Verfahrenskosten von Fr. 400.--
verurteilt. X.________ erhob gegen den Strafbefehl Einsprache.

B.b. Der Amtsgerichtspräsident von Thal-Gäu bestätigte am 11. Dezember 2013 den
Schuldspruch wegen mehrfacher Widerhandlung gegen das Wirtschaftsgesetz und die
Busse von Fr. 600.--. Es auferlegte X.________ die Verfahrenskosten von Fr.
1'000.--.

B.c. Auf Berufung von X.________ sprach das Obergericht des Kantons Solothurn
diesen am 16. September 2014 der mehrfachen Widerhandlung gegen das
Bundesgesetz vom 3. Oktober 2008 zum Schutz vor Passivrauchen schuldig. Es
bestrafte ihn mit einer Busse von Fr. 600.-- und auferlegte ihm die Kosten des
erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens.

C.

 X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, ihn vom Vorwurf der
Widerhandlung gegen das Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen
freizusprechen. Die Kosten der bisherigen Verfahren seien vom Staat zu tragen
und es sei ihm eine angemessene Parteientschädigung auszurichten.

Erwägungen:

1. 

1.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz sei der rechtlichen
Würdigung des erstinstanzlichen Urteils nicht gefolgt. Sie hätte daher eine
mündliche Verhandlung durchführen müssen. Art. 405 Abs. 1 StPO verweise auf den
in Art. 350 Abs. 1 StPO verankerten Grundsatz "iura novit curia". In Art. 406
StPO fehle ein Verweis auf die Bestimmungen über die erstinstanzliche
Verhandlung, weshalb Art. 350 Abs. 1 StPO im schriftlichen Verfahren nicht
anwendbar sei. Der Grundsatz "nulla poena sine lege" gelte auch für
verfahrensrechtliche Bestimmungen.

1.2. Das Berufungsverfahren ist grundsätzlich mündlich (Art. 405 Abs. 1 StPO).
Schriftliche Berufungsverfahren sollen nach der Intention des Gesetzgebers die
Ausnahme bleiben. Art. 406 StPO regelt abschliessend, wann Ausnahmen zulässig
sind (BGE 139 IV 290 E. 1.1). Gemäss Art. 406 Abs. 1 StPO kann die Berufung
u.a. in einem schriftlichen Verfahren behandelt werden, wenn ausschliesslich
Rechtsfragen zu entscheiden sind (lit. a) oder wenn ausschliesslich
Übertretungen Gegenstand des erstinstanzlichen Urteils bilden und mit der
Berufung nicht ein Schuldspruch wegen eines Verbrechens oder Vergehens
beantragt wird (lit. c). Beides war vorliegend der Fall. Die Vorinstanz durfte
die Berufung des Beschwerdeführers folglich im schriftlichen Verfahren
erledigen.

1.3. Entgegen dem Einwand des Beschwerdeführers kann aus Art. 405 Abs. 1 StPO
nicht abgeleitet werden, eine abweichende rechtliche Würdigung durch das
Berufungsgericht sei nur im mündlichen Verfahren möglich. Art. 405 Abs. 1 StPO
verweist für die mündliche Berufungsverhandlung auf die Bestimmungen über die
erstinstanzliche Hauptverhandlung. Darüber hinaus gelten gemäss Art. 379 StPO
sowohl für das mündliche als auch das schriftliche Berufungsverfahren die
allgemeinen Bestimmungen der StPO. Das Gericht ist gemäss Art. 350 Abs. 1 StPO
an den in der Anklage umschriebenen Sachverhalt, nicht aber an die darin
vorgenommene rechtliche Würdigung gebunden. Art. 350 Abs. 1 StPO bildet zwar
Bestandteil des 7. Titels der StPO über das erstinstanzliche Hauptverfahren
(Art. 328 ff. StPO). Dies bedeutet jedoch nicht, dass allgemeine Bestimmungen
wie Art. 350 Abs. 1 StPO, die nicht die mündliche Hauptverhandlung im engeren
Sinne betreffen, über den Verweis von Art. 379 StPO nicht auch auf das
schriftliche Berufungsverfahren zur Anwendung gelangen können (vgl. Urteile
6B_702+754/2013 vom 26. November 2013 E. 1.2 mit Hinweisen). Ein Anspruch auf
eine mündliche Berufungsverhandlung ergibt sich vorliegend im Übrigen auch
nicht aus Art. 6 Abs. 1 EMRK und der Rechtsprechung des Europäischen
Gerichtshofes für Menschenrechte (vgl. dazu BGE 119 Ia 316 E. 2b mit
zahlreichen Hinweisen; Urteil 6B_362/2012 vom 29. Oktober 2012 E. 7.3.2).
Will das Gericht den Sachverhalt rechtlich anders würdigen als die
Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift, so eröffnet es dies den anwesenden
Parteien und gibt ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme (Art. 344 StPO). Der
Würdigungsvorbehalt kann im mündlichen Verfahren auch im Zeitpunkt der
Urteilsberatung noch ergehen. In solchen Fällen kann auch eine schriftliche
Eröffnung der abweichenden rechtlichen Würdigung erfolgen mit der Gelegenheit
der Parteien zur schriftlichen Stellungnahme (vgl. Hauri/Venetz, in: Basler
Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 13 zu Art. 344
StPO). Entsprechend genügt auch bei einer Rückweisung durch das Bundesgericht
zur neuen rechtlichen Würdigung, wenn das Berufungsgericht einen
Schriftenwechsel durchführt. Eine mündliche Verhandlung ist nicht notwendig
(Urteil 6B_1161/2013 vom 14. April 2014 E. 2.2.3; zur Zulässigkeit von
schriftlichen Rückweisungsverfahren auch Urteile 6B_1220/2013 vom 18. September
2014 E. 1.4; 6B_4/2014 vom 28. April 2014 E. 4; 6B_76/2013 vom 29. August 2013
E. 1.1). Die Vorinstanz schliesst zutreffend auch daraus, dass eine abweichende
rechtliche Würdigung nicht zwingend an die Mündlichkeit des Verfahrens
gekoppelt ist (Urteil S. 14).

1.4. Das vom Beschwerdeführer angerufene Bestimmtheitsgebot als Teilgehalt des
Legalitätsprinzips ergibt sich u.a. aus dem in Art. 1 StGB und Art. 7 Abs. 1
EMRK verankerten Grundsatz "nulla poena sine lege" (vgl. BGE 139 I 72 E. 8.2.1;
138 IV 13 E. 4.1; je mit Hinweisen). Das Bestimmtheitsgebot ist auf dem Gebiet
des Prozessrechts nicht anwendbar (vgl. POPP/BERKEMEIER, in: Basler Kommentar,
Strafrecht I, 3. Aufl. 2014, N. 20 zu Art. 1 StGB). Der Beschwerdeführer kann
daraus für die Auslegung von Art. 405 f. StPO nichts zu seinen Gunsten
ableiten.

1.5. Die Vorinstanz eröffnete dem Beschwerdeführer am 13. August 2014, dass der
Sachverhalt rechtlich auch unter dem Aspekt der Widerhandlung gegen das
Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen (Art. 5 Abs. 1 lit. b und c) und/oder
gegen das Gesundheitsgesetz (§ 63 Abs. 1 lit. f) geprüft werde. Dieser konnte
sich in der Folge in einer schriftlichen Stellungnahme zur rechtlichen
Qualifikation äussern. Dessen Rüge, die Vorinstanz habe zu Unrecht kein
mündliches Verfahren durchgeführt, ist unbegründet.

2. 

2.1. Der Beschwerdeführer argumentiert, er sei von der Staatsanwaltschaft und
der ersten Instanz auf einer anerkannt falschen Grundlage verurteilt worden. Er
habe sich zu Recht gewehrt und den Fall an das Obergericht weitergezogen. Da
ihn dieses gestützt auf das Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen schuldig
gesprochen habe, habe er obsiegt. Es seien daher sämtliche Verfahrenskosten vom
Staat zu übernehmen und es sei ihm für alle Instanzen eine angemessene
Parteientschädigung zuzusprechen. Die Vorinstanz bringe zu Unrecht Art. 426
Abs. 3 lit. a StPO zur Anwendung. Es sei schon vor dem von der Vorinstanz
zitierten Artikel aus dem Jahre 2014 klar gewesen, dass sein Verhalten nicht
unter das Wirtschaftsgesetz subsumiert werden könne.

2.2. Die Vorinstanz erwägt bezüglich der erstinstanzlichen Verfahrenskosten,
sie sei nach eingehender Auseinandersetzung mit aktuellster Literatur aus dem
Jahre 2014 zum Schluss gekommen, die Bestimmungen des Wirtschaftsgesetzes seien
nicht anwendbar. Von einer ex-tunc-Fehlerhaftigkeit, wie sie Art. 426 Abs. 3
lit. a StPO für die Kostenbefreiung verlange, könne nicht ausgegangen werden.
Abgesehen davon habe der Beschwerdeführer klar zum Ausdruck gebracht, dass er
auch einen korrekten Schuldspruch der ersten Instanz nicht akzeptiert hätte. Es
bleibe bei der grundsätzlichen Kostentragungspflicht von Art. 426 Abs. 1 StPO
(Urteil S. 16).
Hinsichtlich der zweitinstanzlichen Kosten führt die Vorinstanz aus, der
Beschwerdeführer sei wiederum wegen mehrfacher Übertretungen schuldig
gesprochen worden und zu einer betragsmässig gleichen Busse verurteilt worden,
wie bereits im erstinstanzlichen Verfahren. Er sei mit seinem Antrag auf
Freispruch unterlegen und habe daher auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu
tragen (Urteil S. 16 f.).
Entsprechend der Kostenauferlegung habe der Beschwerdeführer keinen Anspruch
auf eine Parteientschädigung (Urteil S. 17).

2.3.

2.3.1. Die Kostentragungspflicht der beschuldigten Person im erstinstanzlichen
Verfahren ist in Art. 426 StPO geregelt. Nach Art. 426 Abs. 1 Satz 1 StPO trägt
die beschuldigte Person die Verfahrenskosten, wenn sie verurteilt wird. Das
Gericht ist an den in der Anklage wiedergegebenen Sachverhalt gebunden, nicht
aber an dessen rechtliche Würdigung durch die Anklagebehörde (Art. 350 Abs. 1
StPO; BGE 133 IV 235 E. 6.3 mit Hinweis). Legt das Gericht bei einer
abweichenden tatbestandsmässigen oder rechtlichen Beurteilung dem Urteil einen
anderen als den zur Anklage gebrachten Straftatbestand zugrunde, hat kein
Freispruch respektive kein Teilfreispruch zu erfolgen (Urteile 6B_803/2014 vom
15. Januar 2015 E. 3.4.2; 6B_574/2012 vom 28. Mai 2013 E. 2.4.2; je mit
Hinweisen). Eine andere rechtliche Würdigung des angeklagten Sachverhalts hat
auf die Verteilung der Verfahrenskosten keinen Einfluss (vgl. Thomas Domeisen,
in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 6
zu Art. 426 StPO). Da es zu einem Schuldspruch kam, auferlegte die Vorinstanz
dem Beschwerdeführer gestützt auf Art. 426 Abs. 1 Satz 1 StPO zu Recht die
erstinstanzlichen Verfahrenskosten.

2.3.2. Ein "fehlerhafter" Strafbefehl fällt entgegen der Auffassung der
Vorinstanz nicht unter Art. 426 Abs. 3 lit. a StPO (Urteil 6B_485/2013 vom 22.
Juli 2013 E. 2.3). Da es sich bei der Einsprache gegen einen Strafbefehl nicht
um ein Rechtsmittel im technischen Sinne handelt, gelangen auch die
Bestimmungen über die Kostenregelung im Rechtsmittelverfahren nicht zur
Anwendung. Die Kosten sind vielmehr so zu verlegen, wie wenn statt des
Strafbefehls sogleich Anklage erhoben worden wäre ( NIKLAUS OBERHOLZER,
Grundzüge des Strafprozessrechts, 3. Aufl., N. 1729 S. 609 mit Hinweis). Eine
abweichende, selbst günstigere rechtliche Würdigung des erstinstanzlichen
Gerichts im Vergleich zum Strafbefehl würde die verurteilte Person höchstens
dann von der Kostenpflicht im Sinne von Art. 426 Abs. 1 Satz 1 StPO befreien,
wenn ein Anspruch auf einen (korrekten) Strafbefehl bestünde. Ob sich ein
solcher Anspruch aus der StPO herleiten lässt, liess die Rechtsprechung bisher
offen (Urteile 6B_523/2014 vom 15. Dezember 2014 E. 5.5; 6B_485/2013 vom 22.
Juli 2013 E. 2.1; 6B_367/2012 vom 21. Dezember 2012 E. 3 mit Hinweisen).
Voraussetzung für einen Anspruch auf einen Strafbefehl wäre auf jeden Fall,
dass die beschuldigte Person im Vorverfahren den Sachverhalt eingestanden hat
oder dieser anderweitig ausreichend geklärt ist (vgl. Art. 352 Abs. 1 StPO).
Dies macht der Beschwerdeführer nicht geltend. Es ist nicht Sache des
Bundesgerichts, in den Akten danach zu forschen, ob die Voraussetzungen für
einen Strafbefehl erfüllt waren.

2.4.

2.4.1. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe
ihres Obsiegens oder Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Ob bzw. inwieweit
eine Partei im Sinne dieser Bestimmung obsiegt oder unterliegt, hängt davon ab,
in welchem Ausmass ihre vor der zweiten Instanz gestellten Anträge gutgeheissen
werden (Urteile 6B_1046/2013 vom 14. Mai 2014 E. 3.3; 6B_586/2013 vom 1. Mai
2014 E. 3.2; 6B_438/2013 vom 18. Juli 2013 E. 2.4). Ausnahmen von der
allgemeinen Kostenregelung von Art. 428 Abs. 1 StPO sieht Art. 428 Abs. 2 StPO
für den Fall vor, dass die Voraussetzungen für das Obsiegen erst im
Rechtsmittelverfahren geschaffen worden sind (lit. a) oder der angefochtene
Entscheid nur unwesentlich abgeändert wird (lit. b).

2.4.2. Das Bundesgericht entschied vor Inkrafttreten der StPO unter § 165 Abs.
2 Satz 1 der Strafprozessordnung des Kantons Basel-Stadt vom 8. Januar 1997
(aStPO/BS), es sei nicht offensichtlich unhaltbar, einem Beschwerdeführer, der
im Appellationsverfahren mit seinem Antrag auf Schuldspruch wegen fahrlässiger
(anstatt vorsätzlicher) Körperverletzung obsiegt habe, mit seinem Antrag auf
Reduktion der Geldstrafe aber nicht durchgedrungen sei, die gesamten Kosten des
Appellationsverfahrens aufzuerlegen. § 165 Abs. 2 Satz 1 aStPO/BS sah vor, dass
die Kosten eines Rechtsmittelverfahrens in sinngemässer Anwendung der
allgemeinen Grundsätze von §§ 35 f. aStPO/BS nach dem Ausgang der Sache
entweder vom Staat oder von der unterliegenden Partei zu tragen sind. Das
Bundesgericht verwies in seiner Begründung auf Art. 428 Abs. 2 StPO, der
explizit statuiere, dass einer Partei, die ein Rechtsmittel ergriffen und einen
für sie günstigeren Entscheid erwirkt habe, die Verfahrenskosten auferlegt
werden können, wenn "die Voraussetzungen für das Obsiegen erst im
Rechtsmittelverfahren geschaffen worden sind" oder "der angefochtene Entscheid
nur unwesentlich abgeändert wird" (Urteil 6B_707/2010 vom 4. Februar 2011 E.
2.4).
Der Entscheid ist in der Lehre auf Kritik gestossen (Domeisen, a.a.O., N. 21 zu
Art. 428 StPO; Yvona Griesser, in: Kommentar zur Schweizerischen
Strafprozessordnung, Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 12a
zu Art. 428 StPO; Christopher Geth, Anmerkung zum Urteil des Bundesgerichts vom
4. Februar 2011, 6B_707/2010, forumpoenale 4/2011, S. 218). Beanstandet wurde
insbesondere, es bestehe ein Anspruch auf eine zutreffende rechtliche Würdigung
des angeklagten Sachverhalts (Griesser, a.a.O., N. 12a zu Art. 428 StPO; Geth,
a.a.O., S. 218). Jedenfalls wenn das Rechtsmittelgericht von einem anderen
Deliktstypus ausgehe oder eine Qualifikation wegfalle, müsse eine wesentliche
Änderung des Urteils angenommen werden, auch wenn das Strafmass beibehalten
werde (Geth, a.a.O., S. 218).

2.4.3. An der zitierten Rechtsprechung kann in dieser absoluten Form unter der
StPO nicht mehr festgehalten werden. Eine unzulässige reformatio in peius im
Sinne von Art. 391 Abs. 2 Satz 1 StPO liegt nicht nur bei einer Verschärfung
der Sanktion, sondern auch bei einer härteren rechtlichen Qualifikation der Tat
vor. Dies ist etwa der Fall, wenn der neue Straftatbestand eine höhere
Strafdrohung vorsieht sowie bei zusätzlichen Schuldsprüchen (BGE 139 IV 282 E.
2.5). Das Bundesgericht erwog dazu, durch die Verurteilung zu einer schwerer
eingestuften Straftat erhöhe sich der Schuldvorwurf, was per se eine
Schlechterstellung bewirke. Münde das Rechtsmittelverfahren in einen
Schuldspruch wegen einer verwerflicheren Tat, leide darunter auch der Leumund
der betroffenen Person. Zu denken sei beispielsweise an eine Verurteilung wegen
vorsätzlicher anstelle der ursprünglichen fahrlässigen Körperverletzung oder
Tötung. Daneben könne eine Umqualifikation einer Übertretung in ein Verbrechen
oder Vergehen konkrete Nachteile wie einen Eintrag im Strafregister (vgl. Art.
366 Abs. 2 lit. a StGB; Art. 3 und 9 der Verordnung vom 29. September 2006 über
das Strafregister [SR 331]) nach sich ziehen (BGE 139 IV 282 E. 2.4.3).
Anerkennt man ein solches Interesse der beschuldigten Person an einem milderen
Schuldspruch, kann nicht von einer bloss unwesentlichen Abänderung des
erstinstanzlichen Entscheids im Sinne von Art. 428 Abs. 2 lit. b StPO
gesprochen werden, wenn diese im Berufungsverfahren mit ihrem Antrag auf eine
minder schwere rechtliche Qualifikation der Tat durchdringt.

2.4.4. Der Beschwerdeführer beantragte im Berufungsverfahren einen Freispruch.
Ein solcher hat - wie bereits erwähnt - nur zu erfolgen, wenn die angeklagte
Tat unter keinen Straftatbestand fällt (oben E. 2.3.1). Fraglich ist, ob der
Beschwerdeführer als obsiegende Partei gelten kann und ob er sich damit
überhaupt auf Art. 428 Abs. 1 StPO berufen kann, da seinem Antrag auf
Freispruch nicht stattgegeben wurde und er insofern nicht obsiegte.
Selbst wenn von einem Obsiegen des Beschwerdeführers auszugehen wäre, da der
Schuldspruch wegen Widerhandlung gegen das Wirtschaftsgesetz aufgehoben wurde,
so wäre die Kostenauflage nicht bundesrechtswidrig. Die neue rechtliche
Qualifikation ist nicht günstiger. Der Beschwerdeführer wurde wiederum wegen
mehrfacher Übertretungen schuldig gesprochen, weshalb der angefochtene
Entscheid nur unwesentlich abgeändert wurde. Die Vorinstanz durfte diesem in
Anwendung von Art. 428 Abs. 2 lit. b StPO daher die Kosten des
Rechtsmittelverfahrens auferlegen. Ein besonderes Interesse des
Beschwerdeführers an der abweichenden rechtlichen Würdigung ist vorliegend
weder dargetan noch ersichtlich. Die Kostenauflage erscheint auch unter diesem
Gesichtspunkt nicht unbillig.
Dem Beschwerdeführer wird damit das Recht auf eine korrekte Beurteilung seiner
Tat nicht abgesprochen, da er seine Einwände betreffend die rechtliche
Würdigung im Rechtsmittelverfahren geltend machen konnte und diese auch zu
behandeln waren. Da der angefochtene Entscheid nur unwesentlich abgeändert
wurde, hat er nach dem Verursacherprinzip angesichts des Schuldspruchs gestützt
auf Art. 428 Abs. 2 lit. b StPO jedoch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu
tragen.

2.5. Die Entschädigungsfrage folgt den gleichen Regeln wie der Kostenentscheid
(vgl. Art. 429 Abs. 1 StPO; Art. 436 Abs. 2 StPO; Art. 436 Abs. 1 i.V.m. Art.
430 Abs. 2 und Art. 428 Abs. 2 StPO). Es gilt der Grundsatz, dass bei
Auferlegung der Kosten keine Entschädigung oder Genugtuung auszurichten ist,
während bei Übernahme der Kosten durch die Staatskasse die beschuldigte Person
Anspruch auf Entschädigung hat (BGE 137 IV 352 E. 2.4.2 mit Hinweisen). Da der
Beschwerdeführer für die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens
aufkommen muss, sprach ihm die Vorinstanz zu Recht keine Parteientschädigung
zu.

3.

 Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die
Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn,
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 9. Februar 2015

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Unseld

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