Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.987/2014
Zurück zum Index II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2014
Retour à l'indice II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2014


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_987/2014

Urteil vom 20. Mai 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Herrmann,
nebenamtliche Bundesrichterin van de Graaf,
Gerichtsschreiber Möckli.

Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

B.________,
Beschwerdegegnerin,

Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) T.________.

Gegenstand
Beistandschaft, Erteilung einer Weisung und Sistierung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 27.
Oktober 2014.

Sachverhalt:

A. 
B.________ und A.A.________ sind die nicht verheirateten Eltern von C.________,
geb. 2006, und D.________, geb. 2012. B.________ ist bereits Mutter von
E.________, geb. 2002, die bei ihrem Vater F.________ lebt, seit sie sieben
Monate alt ist.

B. 
Am 30. Oktober 2013 beantragte das Sozialzentrum U.________, für C.________ und
D.________ eine Beistandschaft zu errichten und die Erziehungsfähigkeit von
B.________ und A.A.________, welche damals noch zusammen lebten, zu prüfen. Mit
Zirkulationsbeschlüssen vom 21. November 2013 errichtete die KESB V.________
für C.________ und D.________ eine Beistandschaft nach Art. 308 Abs. 1 und 2
ZGB und ernannte, nachdem die Familie zwischenzeitlich nach W.________
umgezogen war, G.________ von der Berufsbeistandschaft X.________ zur
Beiständin. Gleichzeitig ersuchte sie die KESB T.________, die Beistandschaft
für C.________ und D.________ zur Weiterführung zu übernehmen.

 Am 8. Dezember 2013 ging bei der KESB T.________ eine anonyme
Gefährdungsmeldung ein. Am 9. Dezember 2013 meldete auch Dr. med. H.________
eine Gefährdung des Kindeswohls, nachdem die Familie bei ihr in psychiatrischer
Abklärung gewesen war. Am 7. Juli 2014 erstatteten zudem I.A.________ und
J.A.________, die Eltern von A.A.________, eine Gefährdungsmeldung, nachdem
sich dieser Ende Juni 2014 von B.________ getrennt hatte. Am gleichen Tag
berichtete die Kantonspolizei über die Intervention am Wohnort der Familie
wegen häuslicher Gewalt.

 Am 9. Juli 2014 beantragte A.A.________ einen Beistandswechsel. Am 18. Juli
2014 verfügte das Bezirksgericht Y.________ superprovisorisch die Wegweisung
von A.A.________ aus der ehemals gemeinsamen Wohnung in Z.________ und eine
Kontaktsperre.

C. 
Am 27. August 2014 beschloss die KESB T.________, die Beistandschaften für
C.________ und D.________ weiterzuführen, unter Bestätigung von G.________ als
Beiständin und ihrer Beauftragung mit der Installation und Überwachung einer
multisystemischen Therapie und unter Weisung gegenüber den Eltern, daran
teilzunehmen; das Verfahren betreffend Regelung der elterlichen Sorge wurde bis
zum Abschluss der Therapie sistiert.

 Gegen diesen Beschluss erhob A.A.________ eine Beschwerde mit den Begehren um
dessen Aufhebung, eventualiter Rückweisung der Sache unter Ernennung neuer
Behördenmitglieder, um Ernennung von Kinderanwälten, um Ernennung eines neuen
Beistandes, um Anordnung eines Vaterschaftstests, um Übertragung des
Sorgerechts an ihn, eventualiter Gewährung des gemeinsamen Sorgerechts und
Aufhebung der diesbezüglichen Sistierung, um getrennte wöchentliche
Besuchsrechte, um separate Fremdplatzierung der Kinder, eventuell Platzierung
mit B.________ in einem Mutter-Kind-Heim, um Einvernehmung der Grosseltern, um
psychiatrische und medizinische Begutachtung von C.________ und um Erteilung
der unentgeltlichen Rechtspflege.

 In seinem Entscheid vom 27. Oktober 2014 hielt das Obergericht Thurgau fest,
dass nur die Inhalte des Dispositivs des Beschlusses der KESB anfechtbar seien
(Weiterführung der Beistandschaft; Bestätigung der Beiständin; Umfang ihres
Auftrages; Weisung an die Eltern; Verfahrenssistierung betreffend elterliche
Sorge); diesbezüglich wies es die Beschwerde ab und auf die übrigen
Rechtsbegehren trat es nicht ein.

D. 
Gegen den obergerichtlichen Entscheid hat A.A.________ am 12. Dezember 2014
eine Beschwerde erhoben mit den Begehren um Ernennung von Kinderanwälten, um
Erstellung eines Erziehungsgutachtens über B.________, um Bestimmung des
gemeinsamen Sorgerechts, um medizinische und psychiatrische Begutachtung von
C.________, um medizinische Begutachtung von D.________, um Entzug der Obhut
von B.________ gegenüber den Kindern, um Installation eines abwechselnden
Besuchsrechts, um Aufhebung des Beschlusses, eventualiter Rückweisung der Sache
an die Vorinstanz, um Anordnung eines Drogentests bzw. einer Haaranalyse bei
der Mutter, um Feststellung der Verletzung von Art. 6 EMRK und Art. 8 EMRK, um
Anordnung eines Drogentests beim Freund der Mutter, um Aufhebung der Sistierung
des Sorgerechtsverfahrens, um Anordnung eines Vaterschaftstestes in Bezug auf
D.________, um Übertragung des alleinigen Sorgerechts an ihn (Beschwerdeführer)
und um Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege. Es wurden keine
Vernehmlassungen eingeholt.

Erwägungen:

1. 
Angefochten ist der kantonal letztinstanzliche Entscheid im Bereich des
Kindesschutzes (Art. 72 Abs. 1 und Art. 75 Abs. 1 BGG). Inhaltlich wird in
erster Linie die Verfahrenssistierung betreffend das Sorgerecht angefochten.
Sistierungsentscheide sind keine Endentscheide, sondern Zwischenentscheide,
welche nur bei nicht wieder gutzumachendem Nachteil oder bei
Verfahrensverzögerung angefochten werden können, was im Einzelnen zu begründen
ist (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; BGE 138 III 190 E. 6 S. 191 f.; Urteil 8C_581/
2014 vom 16. März 2015 E. 5). Eine entsprechende Begründung enthält die
Beschwerde nicht. Indes ist formell letztlich der ganze Entscheid angefochten
und mindestens die Komponente der Weiterführung der Beistandschaft trägt den
Charakter eines Endentscheides (Art. 90 BGG). Die Beschwerde erweist sich somit
vom Grundsatz her als zulässig, wobei auf die einzelnen
Eintretensvoraussetzungen im jeweiligen Sachzusammenhang einzugehen ist.

2. 
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 273 ZGB sowie von Art. 6 und
8 EMRK und ferner von Art. 9 Abs. 3 UN-KRK, weil ihm seitens der Mutter und der
KESB grundlos der Umgang mit seinen Kindern verweigert werde, obwohl er ein
entsprechendes Anrecht habe; gerade bei jüngeren Kindern sei wichtig, dass der
Vater aktiv an deren Entwicklung teilnehme.

 Mit diesen Vorbringen äussert sich der Beschwerdeführer inhaltlich zum
Besuchsrecht. Gegenstand des angefochtenen Entscheides war aber lediglich die
Sistierung des Verfahrens über das elterliche Sorgerecht. Vor Bundesgericht
kann der Verfahrensgegenstand nicht ausgedehnt und folglich nicht zum Inhalt
des mit dem Sorgerecht zusammenhängenden Besuchsrechts Stellung bezogen werden.
Auf diese Vorbringen ist mithin nicht einzutreten.

 Der Beschwerdeführer verlangt in seinen Rechtsbegehren zwar auch die Aufhebung
der Verfahrenssistierung. Er begründet diesen Antrag aber nicht, weshalb auf
diesen nicht eingetreten werden kann (Art. 42 Abs. 1 BGG). Der Vollständigkeit
halber sei erwähnt, dass das Obergericht die Sistierung als richtig
betrachtete, weil erst die Abklärungen und Erfahrungen im Zusammenhang mit der
multisystemischen Therapie die nötigen Informationen für den Entscheid über das
Sorge-, Obhuts- und Besuchsrechts liefern würden. Der Beschwerdeführer müsste
deshalb ausführen, dass und inwiefern die von ihm angerufenen Bestimmungen
verlangen, dass ihm sofort und nicht erst auf der Grundlage der Abklärungen ein
Besuchsrecht einzuräumen wäre.

3. 
Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, gemäss Art. 275a ZGB habe er als
Elternteil ein Recht auf (seitens der KESB und der Beiständin vorenthaltene)
Information und Auskunft, und zwar auch als nicht sorgeberechtigter Vater; dies
müsse umso mehr gelten, als seit dem 1. Juli 2014 bei unverheirateten Eltern
das gemeinsame Sorgerecht die Regel sei.

 Das Informationsrecht des Beschwerdeführers war nicht Gegenstand des
kantonalen Beschwerdeverfahrens - entsprechend wurde dazu im angefochtenen
Entscheid auch kein Sachverhalt festgestellt - und kann vor Bundesgericht nicht
thematisiert werden (Art. 99 Abs. 2 BGG).

4. 
Gleiches gilt für das Vorbringen, die Mutter konsumiere vermutlich Kokain,
weshalb eine Haaranalyse anzuordnen sei.

 Ebenfalls nicht Gegenstand des angefochtenen Entscheides war die Anordnung
eines Drogentests in Bezug auf den neuen Freund der Mutter.

5. 
Wenn der Beschwerdeführer der Mutter vorwirft, dass sie die Bedürfnisse der
Kinder nicht erkenne, und er daraus folgert, es seien Kinderanwälte zu
bestellen, ist Folgendes festzuhalten: Für die physischen und psychischen
Bedürfnisse der Kinder sorgt die Beiständin, nicht ein Kinderanwalt. Ob den
Kindern für das vor der KESB hängige Verfahren ein Rechtsvertreter beizugeben
wäre, war nicht Gegenstand des angefochtenen Entscheides. Soweit sich das
entsprechende Rechtsbegehren auch auf das Verfahren vor Bundesgericht beziehen
sollte, ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund den Kindern eine Vertretung
beizugeben wäre, zumal die Einholung von Vernehmlassungen angesichts der
offensichtlichen Unbegründetheit der Beschwerde entbehrlich war (vgl. Lit. C).

6. 
Was die beantragten Begutachtungen der Kinder anbelangt, wurde eine
multisystemische Therapie angeordnet, was jedoch vor Obergericht nicht
angefochten wurde und auch vorliegend nicht angefochten wird. Soweit andere
Abklärungen verlangt werden, versucht der Beschwerdeführer wiederum, den
Verfahrensgegenstand auszuweiten, was unzulässig ist.

7. 
Die Bestätigung der Beiständin war zwar Verfahrensgegenstand. Mit der nicht
weiter ausgeführten pauschalen Behauptung, diese mache sich des Amtsmissbrauchs
schuldig und vertrete nicht die Interessen der Kinder, ist aber nicht
ansatzweise eine Rechtsverletzung aufzuzeigen.

8. 
Insgesamt ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit überhaupt auf
sie eingetreten werden kann. Wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, ist sie
als von Anfang an aussichtslos zu bezeichnen, weshalb es an den materiellen
Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege fehlt und das entsprechende
Gesuch abzuweisen ist (Art. 64 Abs. 1 BGG). Angesichts der Umstände
rechtfertigt es sich jedoch, von der Erhebung einer Gerichtsgebühr abzusehen
(Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der KESB T.________ und dem Obergericht des
Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 20. Mai 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: Möckli

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben