Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.980/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
5A_980/2014

Urteil vom 27. August 2015

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Marazzi, Herrmann, Schöbi, Bovey,
Gerichtsschreiberin Friedli-Bruggmann.

Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
vertreten durch Fürsprecher Harold Külling,
Beschwerdeführer,

gegen

Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Lenzburg, Familiengericht.

Gegenstand
Zustimmung zum Erbteilungsvertrag,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Kammer für
Kindes- und Erwachsenenschutz, vom 7. November 2014.

Sachverhalt:

A.

A.a. Am 6. Mai 2011 verstarb B.A.________ (Erblasserin). Einziger gesetzlicher
Erbe ist ihr Sohn A.A.________. C.A.________ (geb. 1999) und D.A.________ (geb.
2001) sind dessen Kinder. In einer öffentlichen letztwilligen Verfügung vom 24.
Februar 2006 verfügte B.A.________ wie folgt:

"Meine Erbschaft fällt bei meinem Tode an meine Enkel C.A.________ und
D.A.________, U.________, belastet mit dem Nutzniessungsrecht zu Gunsten meines
Alleinerben A.A.________, 1961, U.________. Sollte die Ehefrau des Alleinerben
vor ihm sterben, oder sollte die Ehe durch Scheidung aufgelöst werden, so fällt
die Erbschaft direkt an meinen Sohn A.A.________, 1961, U.________."

A.b. Am 17. Mai 2011 eröffnete das Gerichtspräsidium Lenzburg das Testament. Im
Erbenverzeichnis der Gemeindekanzlei U.________ vom 14. Juni 2011 ist
A.A.________ als einziger gesetzlicher Erbe seiner verstorbenen Mutter
eingetragen. In der Erbbescheinigung des Gerichtspräsidiums Lenzburg vom 28.
Juni 2011 wurden unter Vorbehalt erbrechtlicher Klagen C.A.________ und
D.A.________ als einzige Erben anerkannt.

B.

B.a. Mit Schreiben vom 13. Juli 2011 wandte sich A.A.________ an die
Vormundschaftsbehörde U.________ und teilte dieser mit, dass die letztwillige
Verfügung der Erblasserin seinen Pflichtteilsanspruch verletze und zudem eine
unsittliche Auflage und Bedingung enthalte, welche die Verfügung ungültig
mache. Eine allfällige Klage hätte sich gegen seine Kinder zu richten; die
Klagefrist laufe am 6. Mai 2012 ab. Deshalb sei den beiden Kindern ein
geeigneter Beistand zu ernennen. Eine gerichtliche Auseinandersetzung sei nach
Möglichkeit aus familiärer Rücksichtnahme zu vermeiden.

B.b. Am 8. August 2011 wurde die Amtsvormundin E.________ zur Beiständin der
Kinder gemäss aArt. 395 Ziff. 1 ZGB ernannt.

B.c. Vertreten durch ihre Beiständin schlossen C.A.________ und D.A.________
mit ihrem Vater A.A.________ im März/April 2012 in einfacher Schriftform einen
Erbteilungsvertrag ab. Darin stellten die Parteien die Ungültigkeit und
Unverbindlichkeit der letztwilligen Verfügung (s. Sachverhalt Bst. A.a) fest.
Gleichzeitig wurde vertraglich festgehalten, die Einsetzung der beiden Enkel
als Erben sei unwirksam und der gesamte Nachlass, insbesondere der hälftige
Miteigentumsanteil an der Liegenschaft Nr. xxx Grundbuch U.________, werde auf
A.A.________ übertragen. A.A.________ verpflichtete sich, seinen beiden Kindern
je einen Betrag von Fr. 10'000.-- zu überweisen.

B.d. Am 30. April 2012 genehmigte die Vormundschaftsbehörde U.________ den
Erbteilungsvertrag (Bst. B.c) und entliess die Beiständin aus ihrem Amt.

B.e. Mit Verfügung vom 11. Juni 2012 wies das Grundbuchamt Lenzburg die
Anmeldung der vertraglich vereinbarten Handänderung (Bst. B.c) mit der
Begründung ab, es fehle die "Anmeldung des Erbganges von 1939 B.A.________".
Ausserdem sei A.A.________ gemäss Erbbescheinigung des Gerichtspräsidiums
Lenzburg nicht Erbe der Verstorbenen (vgl. Bst. A.b ). Der Eigentumsübergang
ins Alleineigentum von A.A.________ sei daher nicht mittels vorgelegtem
Erbteilungsvertrag möglich, sondern bedürfe eines öffentlich beurkundeten
Vertrags.

B.f. In der Folge beauftragte A.A.________ Notarin Dr. iur. F.________, die
Erbteilung schriftlich zu beurkunden. Die Notarin setzte einen mit dem ersten
Vertrag (Bst. B.c) inhaltlich deckungsgleichen Vertrag zwischen A.A.________
und seinen beiden Kindern auf. Am 16. Juli 2013 unterzeichneten A.A.________
und E.________ diesen Vertrag, und die Notarin errichtete die öffentliche
Urkunde.

B.g. Mit Eingabe vom 5. August 2013 ersuchte die Notarin die Kindes- und
Erwachsenenschutzbehörde um Genehmigung dieses öffentlich beurkundeten
Vertrags. Am 22. Januar 2014 verweigerte das Familiengericht Lenzburg in seiner
Funktion als Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) seine Zustimmung in
zwei separaten Entscheiden für beide Kinder.

C. 
A.A.________ legte gegen die beiden Entscheide Beschwerde beim Obergericht des
Kantons Aargau ein. Dieses wies das Rechtsmittel mit Entscheid vom 7. November
2014 ab.

D. 
Mit Beschwerde vom 10. Dezember 2014 wendet sich A.A.________
(Beschwerdeführer) an das Bundesgericht. Er verlangt, den Entscheid des
Obergerichts aufzuheben und dem öffentlich beurkundeten Erbteilungsvertrag
(Bst. B.f ) die Zustimmung zu erteilen. Das Bundesgericht hat die Vorinstanz
und das Familiengericht Lenzburg sowie die Kinder zur Vernehmlassung
eingeladen. Das Familiengericht hat in getrennten Eingaben vom 11. März 2015
betreffend jedes der beiden Kinder auf eine Vernehmlassung verzichtet und im
Übrigen auf die Begründung im vorinstanzlichen Entscheid verwiesen. Mit
Schreiben vom 10. März 2015 (Datum der Postaufgabe) hat auch die Vorinstanz
unter Hinweis auf ihren Entscheid auf eine Vernehmlassung verzichtet.
C.A.________ und D.A.________ erklärten in separaten Schreiben vom 10. März
2015 übereinstimmend, dass sie mit der Beschwerde ihres Vaters einverstanden
seien und hinter ihm stünden. Das Bundesgericht hat die Vernehmlassungen zur
Wahrung des rechtlichen Gehörs dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht und
dem Familiengericht in Kopie zugestellt.

E. 
Die Beschwerde wurde an der Sitzung der II. zivilrechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts vom 27. August 2015 öffentlich beraten und das Urteil
anschliessend an die Beratung und Abstimmung mündlich eröffnet.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Entscheid des Obergerichts hat die Zustimmung der Kindesschutzbehörde
zu einem zwischen Vater und Kindern abgeschlossenen Vertrag zum Gegenstand
(Art. 416 ZGB). Angefochten ist also ein öffentlich-rechtlicher Entscheid, der
in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Zivilrecht steht und gegen den die
Beschwerde in Zivilsachen grundsätzlich zulässig ist (Art. 72 Abs. 2 Bst. b
Ziff. 6 BGG; Urteile 5A_658/2012 vom 19. Dezember 2012 E. 1.2 und 5A_817/2011
vom 23. Januar 2012 E. 1). Das Obergericht hat als letzte kantonale Instanz
(Art. 75 Abs. 1 BGG) einen Endentscheid (Art. 90 BGG) gefällt. Der
Beschwerdeführer hat das Rechtsmittel rechtzeitig ergriffen (Art. 100 Abs. 1
BGG). Der Streit ist vermögensrechtlicher Natur (vgl. Urteil 5A_379/2014 vom 4.
Juli 2014 E. 1). Der für eine Beschwerde in Zivilsachen nötige Streitwert von
Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 Bst. b BGG) ist erreicht.

1.2. Der Beschwerdeführer ist am Erbteilungsvertrag als Partei beteiligt. Zudem
ist er der Vater der anderen Vertragsparteien. Er hat ein rechtliches
geschütztes Interesse an der Klärung der Frage, ob die Kindes- und
Erwachsenenschutzbehörde die Zustimmung zum Vertrag vom 16. Juli 2013 zu Recht
verweigert hat (Art. 76 Abs. 1 BGG).

2.
Im ordentlichen Beschwerdeverfahren sind vor Bundesgericht in rechtlicher
Hinsicht alle Rügen gemäss Art. 95 f. BGG zulässig. Unter Vorbehalt der
Verletzung verfassungsmässiger Rechte wendet das Bundesgericht das Recht in
diesem Bereich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es kann eine
Beschwerde daher auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen
oder den Entscheid mit einer Begründung bestätigen, die von jener der
Vorinstanz abweicht (vgl. BGE 136 III 247 E. 4 S. 252 zur Motivsubstitution).
Demgegenüber ist das Bundesgericht grundsätzlich an den Sachverhalt gebunden,
den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diesbezüglich kann
einzig vorgebracht werden, die vorinstanzliche Feststellung des Sachverhalts
sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne
von Art. 95 BGG (Art. 97 Abs. 1 BGG). Hierfür gilt das strenge Rügeprinzip
(Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 133 II 249 E. 1.4.2 S.
254).

3. 
Umstritten ist, ob das Familiengericht seine Zustimmung zum Vertrag vom 16.
Juli 2013 (s. Sachverhalt Bst. B.f ) zu Recht verweigert hat.

3.1. Das Obergericht erwähnt zunächst, dass die minderjährigen Kinder beim
Abschluss des Vertrages vom 17. [recte: 16.] Juli 2013 nicht rechtsgültig
vertreten waren. Zur Hauptsache setzt es sich mit der Frage auseinander, ob der
erwähnte Vertrag "im Interesse der schutzbedürftigen Kinder" sei. Es verneint
die Frage zunächst unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten, weil die Kinder im
Gegenzug zu einer Bezahlung von je Fr. 10'000.-- zugunsten ihres Vaters auf
einen (teilweise mit einem Nutzniessungsrecht belasteten) "Nettonachlass" von
mindestens Fr. 110'234.-- verzichten würden. Zur Erklärung weist das
Obergericht darauf hin, dass die letztwillige Verfügung vom 24. Februar 2006
(s. Sachverhalt Bst. A.a ) zufolge verstrichener Klagefrist nicht mehr
angefochten werden könne. Selbst im Falle einer erfolgreichen Anfechtung wäre
eine Konversion der ungültigen Verfügung in Betracht zu ziehen, die vorab die
Begünstigung des Beschwerdeführers in Frage stellen würde. Auch im Hinblick auf
persönliche und familiäre Interessen ist das Obergericht der Meinung, der
Vertrag sei mit dem Kindeswohl nicht vereinbar. Allein ein gegen die Kinder
gerichtetes Gerichtsverfahren bzw. dessen Auswirkungen auf die bloss auf dem
Papier betroffenen Kinder vermöchten die Genehmigung nicht zu rechtfertigen.
Das Familiengericht habe seine Zustimmung zum öffentlich beurkundeten Vertrag
vom 16. Juli 2013 deshalb zu Recht verweigert. Daran ändere auch der Umstand
nichts, dass die früher zuständige Vormundschaftsbehörde U.________ am 30.
April 2012 den Vertrag vom März/April 2012 genehmigt und der Beschwerdeführer
folglich auf eine rechtzeitige Anfechtung der letztwilligen Verfügung
verzichtet habe. Das Familiengericht sei nicht an den Entscheid der noch nicht
als Fachbehörde ausgestalteten Vormundschaftsbehörde gebunden, soweit es in
begründeter Weise zu einem anderen Ergebnis komme.

3.2. Demgegenüber hält der Beschwerdeführer daran fest, dass das gewählte
Vorgehen im Wohl und im Interesse der Kinder liege. Er argumentiert
zusammengefasst damit, dass die letztwillige Verfügung der Erblasserin
unsittlich und rechtswidrig sei und eine Ungültigkeitsklage daher hätte
gutgeheissen werden müssen. Angesichts des ungültigen Testaments hätten die
Kinder gar keinen Anspruch auf einen Nettonachlass in der erwähnten Höhe. Da er
von Gesetzes wegen Alleinerbe sei, würden die von ihm versprochenen Fr.
10'000.-- eine freiwillige Leistung darstellen. Weiter rügt der
Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 314a Abs. 1 ZGB: Obwohl seine beiden
Kinder im Zeitpunkt des Entscheids des Familiengerichts "zweifelsohne
urteilsfähig" gewesen seien, habe es die Behörde bisher nicht für nötig
befunden, die Kinder nach ihren Interessen zu befragen. Schliesslich beruft
sich der Beschwerdeführer auf den Entscheid der Vormundschaftsbehörde
U.________ vom 30. April 2012, die dem gleichlautenden schriftlichen Vertrag
vom März/April 2012 "in vorbildlicher Weise" zugestimmt habe. Auf diese
"verbindliche und rechtskräftig gewordene Zustimmung" habe er sich verlassen
dürfen. Indem das Familiengericht den Entscheid der Vormundschaftsbehörde
U.________ nicht bestätige, verletze es sein Vertrauen in eine behördliche
Zusicherung und damit Art. 5 Abs. 3 BV.

4.

4.1. Haben die Eltern in einer Angelegenheit Interessen, die denen des Kindes
widersprechen, ist die elterliche Vertretungsmacht in der fraglichen
Angelegenheit von Gesetzes wegen ausgeschlossen (Art. 306 Abs. 3 ZGB).
Diesfalls ernennt die Kindesschutzbehörde einen Beistand oder regelt diese
Angelegenheit selbst (Art. 306 Abs. 2 ZGB). Der Beschwerdeführer war es, der im
Jahre 2011 um Bestellung eines "geeigneten und kompetenten Beistands" ersucht
hat (s. Sachverhalt Bst. B.a). Dass er auch mit Bezug auf das als
"Erbteilungsvertrag" betitelte Rechtsgeschäft vom 16. Juli 2013 Interessen hat,
die denjenigen seiner beiden minderjährigen Kinder widersprechen, stellt er vor
Bundesgericht nicht in Abrede. Es bleibt somit dabei, dass die
Vertretungsbefugnis des Beschwerdeführers für das erwähnte Geschäft von
Gesetzes wegen entfallen war (Art. 306 Abs. 3 ZGB).

4.2. Nun ergibt sich aber aus dem angefochtenen Entscheid, dass E.________, die
beim Abschluss des Vertrages vom 16. Juli 2013 als Beiständin der beiden Kinder
auftrat, am fraglichen Tag gar nicht mehr als "Beiständin ad hoc" eingesetzt
war, stellt das Obergericht doch fest, dass die Vormundschaftsbehörde
U.________ die Beiständin schon am 30. April 2012 aus ihrem Amt entlassen hatte
(s. Sachverhalt Bst. B.d). Dass diese Feststellung offensichtlich unrichtig
(Art. 97 Abs. 1 BGG) wäre, macht der Beschwerdeführer nicht geltend. Zutreffend
folgert das Obergericht, dass die minderjährigen Kinder nicht rechtsgültig
vertreten waren, als E.________ in ihrem Namen mit dem Beschwerdeführer den
besagten Vertrag abschloss. Unbestrittenermassen hat die Kindesschutzbehörde
die Angelegenheit am 16. Juli 2013 auch nicht selbst geregelt. Und schliesslich
wird weder geltend gemacht noch ist ersichtlich, dass der Vertrag vom 16. Juli
2013 in Anwesenheit der beiden Kinder abgeschlossen worden wäre und die Kinder
an diesem Rechtsgeschäft in irgend einer Weise mitgewirkt, also im Sinne von
Art. 17 ff. ZGB selbst gehandelt hätten. Deshalb stellt sich von vornherein
auch nicht die Frage, ob die minderjährigen (Art. 14 ZGB) Kinder am 16. Juli
2013 mit Bezug auf das fragliche Geschäft urteilsfähig (Art. 16 ZGB) waren und
deshalb unter Vorbehalt der Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters selbst
hätten handeln können (Art. 19 Abs. 1 und Art. 19a Abs. 1 ZGB).

5. Vorliegend ist nun entscheidend, dass es um die Genehmigung eines öffentlich
beurkundeten Vertrages geht. Während das kantonale Recht die Art der
Beurkundung regelt (Art. 55 SchlT ZGB), ist der Begriff der öffentlichen
Beurkundung ein solcher des Bundesrechts. Damit bestimmt Bundesrecht den Umfang
des Formzwanges (BGE 125 III 131 E. 4a S. 133; 113 II 402 E. 2a S. 403 f.; je
mit weiteren Hinweisen). Der öffentlichen Beurkundung unterliegen alle objektiv
und subjektiv wesentlichen Angaben (BGE 125 III 131 E. 4b S. 133; 119 Ia 441 E.
2c S. 442). Zu diesen Tatsachen gehört auch die genaue Bezeichnung der
Parteien, die sich durch die Erklärungen berechtigen und verpflichten, sowie
die Angabe des Vertretungsverhältnisses, wenn ein Dritter für eine Partei
handelt; das Vertretungsverhältnis ist in der Urkunde richtig wiederzugeben (
BGE 112 II 330 E. 1a S. 332; 99 II 161 E. 2b S. 162 mit Verweis auf BGE 45 II
565; zuletzt bestätigt im Urteil 5A_651/2010 vom 17. Januar 2011 E. 5.2.1, wo
explizit festgehalten wurde, dass die Gültigkeit der Urkunde die
Bevollmächtigung des Dritten voraussetzt).

5.1. In der streitgegenständlichen Urkunde wird Frau E.________ als Beiständin
der Kinder angegeben; sie hat den Vertrag auch unterschrieben. Wohl hatte die
damals zuständige Vormundschaftsbehörde U.________ Frau E.________ ursprünglich
als Beiständin für dieses Geschäft eingesetzt. Indes hat sie die Beiständin mit
dem Genehmigungsentscheid vom 30. April 2012 aus ihrem Amt entlassen (Bst.
B.d). Am 16. Juli 2013, dem Zeitpunkt der Unterzeichnung der öffentlichen
Urkunde, war Frau E.________ folglich nicht (mehr) Beiständin. Die Urkunde gibt
damit ein Vertretungsverhältnis wieder, das gar nicht (mehr) bestand. Daher ist
eine objektiv wesentliche Angabe unrichtig verurkundet. Wie ohne Weiteres aus
den Akten hervorgeht (Art. 105 Abs. 1 BGG), eröffnete der Gemeinderat
U.________ seinen Entscheid vom 30. April 2012, mit dem er E.________ aus ihrem
Amt entliess, nicht nur dieser selbst, sondern auch dem Beschwerdeführer und
dessen Anwalt. Unter diesen Umständen können die Urkundsparteien - der
Beschwerdeführer und E.________ - mit Bezug auf den (vermeintlichen) Bestand
einer Beistandschaft von E.________ auch nicht im Sinne von Art. 3 Abs. 2 ZGB
gutgläubig gewesen sein. Der Vertrag leidet offensichtlich unter einem
Formmangel.

5.2. Der formungültige Vertrag ist nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung
nichtig und damit unheilbar unwirksam (BGE 116 II 700 E. 3b S. 702; 112 II 330
E. 1b ff. S. 332 ff.).

 Die in Art. 416 Abs. 1 ZGB vorgesehene behördliche Mitwirkungshandlung setzt
gemäss verbreiteter Auffassung ein gültig abgeschlossenes Rechtsgeschäft
voraus, weil die Zustimmung das Handeln des Beistands nicht ersetzen kann (Urs
Vogel, in: Basler Kommentar, Erwachsenenschutz, 2012, N. 2 zu Art. 416/417 ZGB;
Ernst Langenegger, in: Rosch/Büchler/Jakob, Erwachsenenschutzrecht, Einführung
und Kommentar zu Art. 360 ff. ZGB und VBVV, 2. Aufl. 2015, N. 4 zu Art. 416
ZGB; Patrick Fassbind, Erwachsenenschutz, 2012, S. 304; Yvo Biderbost, in:
Büchler/Häfeli/Leuba/Stettler, FamKomm Erwachsenenschutz, 2013, N. 4 f. zu Art.
416 ZGB). Der Vollständigkeit halber sei sodann auf die bundesgerichtliche
Rechtsprechung zum alten Vormundschaftsrecht (in Kraft bis zum 31. Dezember
2012) verwiesen, wonach die Zustimmung der Vormundschaftsbehörde weder die
fehlende Vertretungsmacht des Vormunds heilen noch ein rechtlich unwirksames
Vertretungsverhältnis durch ein gültiges ersetzen kann (BGE 107 II 105 E. 5 S.
113 f.).

 Weil der Vertrag formungültig war, haben die Vorinstanzen, welche die
Genehmigung des Vertrages verweigert haben, jedenfalls im Ergebnis kein
Bundesrecht verletzt.

5.3. In Rechtsprechung und Lehre wird die Frage aufgeworfen, ob die
Formungültigkeit stets von Amtes wegen als absolute Nichtigkeit zu behandeln
sei. In seiner Rechtsprechung hält das Bundesgericht die Formungültigkeit nur
dann für unbeachtlich und die Berufung darauf für unstatthaft, wenn sie gegen
Treu und Glauben verstösst und einen offenbaren Rechtsmissbrauch im Sinne von
Art. 2 Abs. 2 ZGB darstellt. Ein solcher Rechtsmissbrauch wird aber nur
angenommen, wenn der an sich formungültige Vertrag bereits erfüllt wurde (vgl.
BGE 140 III 200 E. 4.2 S. 202; 138 III 123 E. 2.4.2 S. 128; 112 II 330 E. 2. S.
333). Es stellt sich durchaus die Frage, ob es richtig ist, wenn ein Gericht
die Nichtigkeit von Amtes wegen feststellt, wenn man einer Partei im Falle
einer Berufung darauf Rechtsmissbrauch vorwerfen würde. Hier liegen aber keine
Verhältnisse vor, aus welchen auf Rechtsmissbrauch geschlossen werden könnte.
Der zwischen dem Beschwerdeführer und seinen Kindern abgeschlossene Vertrag
bedurfte gemäss Art. 416 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB der Genehmigung durch die
Kindesschutzbehörde, um überhaupt wirksam zu werden. Es kann keine Rede davon
sein, dass die sich aus dem Vertrag ergebenden Rechte bzw. Pflichten erfüllt
worden wären. Damit kann auch kein Rechtsmissbrauch eingewendet werden (BGE 140
III 200 E. 4.2 S. 202 mit Hinweisen).

 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die streitgegenständliche Vereinbarung
an einem Formmangel leidet, weil die Kinder nicht rechtsgültig vertreten waren.
Der offensichtlich formungültige Vertrag kann nicht genehmigt werden. Das führt
zur Abweisung der Beschwerde.

5.4. Weil die Vereinbarung nichtig ist, wird sie behandelt, wie wenn es sie
nicht gäbe. Inhaltlich führt die Abweisung der Beschwerde auch nicht zu einer
abgeurteilten Sache. Es ist Vater und Kindern unbenommen, nochmals eine Lösung
zu suchen. Dementsprechend muss an dieser Stelle offen bleiben, ob die
vorinstanzliche Sichtweise, wonach der in Aussicht genommene Erbteilungsvertrag
weder unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten noch im Hinblick auf persönliche
und familiäre Aspekte im Interesse der Kinder liegt (E. 3.1), vor Bundesrecht
standhielte.

6. 
Der Beschwerdeführer kritisiert schliesslich, dass die Kinder vor dem Entscheid
vom 22. Januar 2014 von der KESB nicht angehört wurden. Die Behörde habe
dadurch Art. 314a Abs. 1 ZGB verletzt.

 Dem Beschwerdeführer ist beizupflichten, dass die Kinder mit (damals) 13 und
15 Jahren in einem Alter waren, in dem eine Anhörung angezeigt gewesen wäre.
Eine Rückweisung der Angelegenheit an die Vorinstanz oder die KESB zur Anhörung
der Kinder würde allerdings angesichts der Formnichtigkeit des strittigen
Vertrags einen formalistischen Leerlauf bedeuten, weshalb darauf zu verzichten
ist (vgl. weiterführend Urteil 5A_503/2010 vom 28. März 2011 E. 2.4; mit
Hinweis auf BGE 133 I 201 E. 2.2 S. 204 f. betreffend Heilung von
Gehörsverletzungen). Das Bundesgericht hat beide Kinder zur Vernehmlassung
eingeladen.

7. 
Gestützt auf die vorigen Erwägungen ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem
Ausgang des Verfahrens unterliegt der Beschwerdeführer. Er hat deshalb für die
Gerichtskosten aufzukommen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Familiengericht Lenzburg
ist keine Entschädigung geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). C.A.________ und
D.A.________ ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, C.A.________, D.A.________, der
Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Lenzburg, Familiengericht, und dem
Obergericht des Kantons Aargau, Kammer für Kindes- und Erwachsenenschutz,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. August 2015
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Die Gerichtsschreiberin: Friedli-Bruggmann

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